Volltext Seite (XML)
MlsdmfferTageblatt Jiaffonale Tageszeitung für die ^andwirtschast. Montag, den 2V Februar 1828 Der mm 6W des ReWWente» s 114 Rr.43. — 87.Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Wilsdruff « Dresd en Postscheck: Dresden 2646 für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr, 8 Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amt^aup!m7n^ -erichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Noffen behördliches bestimmte Mak o« .«»»»«»«« r«««««» «» «I« «o»«««« michMt««,, 5«»«. «ri «»»»u»« d» »« «» »« >»»«»»»p»«»» L ««. i» «»»»>, b«i d«ch »U »»tru r^o «M., d«i P»s!drftkll»n, » ««. ,»,L,lich «dtr-»- . «kbühr. Si»,«I»«»inrrn Wochenblatt für Wilsdruff «. Umaeaend v-ft»-«.» »LE>»»»^chrst«ftk««» —— > u 2-2 nehme»,» je» er IeitBe. AeÄe»,e» entgegen. I«A»lle hthere« De»alt, Krieg oder sonstiger Betrted»jtSrunge7i besteht kein Anspr»ch »»f Lieferung »« zeit»»» »der Kür,»»> »«» B«,»,»preise». — Rü-Kse»»»«, ei»ges»»»1rr Schriststtit« tzsplgt u»r, »om Port» deiliegt. Klärung. Rach dem aufgeregten parlamentarischen und poli tischen Durcheinander der letzten Tage ist jetzt eine gewisse Klärung uns Beruhigung eingetreten. Diese Beruhi gung der aufgeregten Gemüter ist sicher nicht zuletzt auf das nochmalige Eingreifen des Reichspräsidenten zurück- zusühren, der, wie es amtlich heißt, der Reichsregierung kundgetan hat, „daß er aus vaterländischem Interesse mit ihr der restlosen Durchführung des Rotprogramms aus schlaggebende Bedeutung beimißt, und daß er einen dem Vorhaben der Reichsregierung entsprechenden Auflösungs termin in Aussicht nehmen wird". Dieses Notprogramm wird denn wohl auch, vorausgesetzt, daß keine unvorher gesehenen Zwischenfälle eintreten, in der am 27. Februar beginnenden neuen Parlamentstagung durchberaten wer den können, nachdem sich die Regierungsparteien auf das vom Kabinett vorgelegte Arbeitsprogramm geeinigt haben. Um zu vermeiden, daß aus der Gesamtheit dieses Programms etwa Stücke herausgebrochen werden könn ten, soll das Ganze, einschließlich Etat und Nachtrags etat, in einem Mantelgesetz zusammengefaßt und durch entsprechende Klauseln in den einzelnen Gesetzen miteinander verbunden werden. Das ursprüngliche, von der Regierung vorgelegte Not programm hat noch mancherlei Änderungen erfahren. Das neue Rotprogramm sieht nunmehr folgende Punkte vor: A. Landhilfe: 1. Zur Organisation und Förderung des Absatzes von Schlachtvieh und Fleisch sowie von Einrichtungen, die diesem Zwecke dienen, werden 30 Millionen Reichsmark in den Etat für das Jahr 1028 eingestellt. Zweck dieser Maßnahme ist es, auch die aus dem Vieh- und Fleischmarkl zwischen Erzeugern und Verbrauchern bestehende hohe Preisspanne zu verringern. 2. Zur Behebung der gegenwärtigen außerodentlichen Not stände in der Landwirtschaft wird zwecks Sicherung der ratio nellen Fortführung der Betriebe ein einmaliger Belag von 30 Millionen Reichsmark in ven Etat für 1928 eingestellt. 3. Zur Rationalisierung des landwirtschaftlichen Genossen schaftswesens wird ein einmaliger Betrag von 25 Millionen Reichsmark in den Haushalt für 1928 eingestellt. 4. Der Renlenbankkreditanstalt soll durch Gesetzesänderung die Möglichkeit gegeben werden, sich an zentralen Unter nehmungen zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktion zu beteiligen und diesen Unternehmungen Kredite zu gewähren. 5. Im Haushaltsgesetz für 1928 wird der Reichsminister der Finanzen ermächtigt, sich zusammen mit den Ländern und Gemcindeverbänden an einer Organisation zu beteiligen, die die Aufgabe hat, inländische Kreditinstitute bei der Durch führung der Umschuldung drückender landwirtschaftlicher Schulden zu unterstützen. Reichsgarantiefonds 75 Millionen Reichsmark. 6. Ratenweise Herabsetzung des Gefrierfleischkontingcntes entsprechend dem Stande der Fleischversorgung der Bevölkerung. 7. Sicherung der gleichmäßigen Herabsetzung der veterinär polizeilichen Grenzsperren zur Verhütung der Einschleppung von Tierseuchen. 8. Erweiterung des Einfuhrscheinsystems aus die Ausfuhr von Schweinen und Schweinefleisch. 9. Zur Förderung der Geflügelzucht und des Absatzes ihrer Erzeugnisse werden in den Rachtragshaushalt sür 1927 und den Haushalt für 1928 je 500 000 Reichsmark eingestellt. L. Aufbesserung der Rentenbezüge. 1. Für Altinvaliden und Werkspensionäre und ihre Witwen und Waisen sind 100 Millionen Reichsmark in den Haushalt für 1928 eingesetzt. 2. Für die Kleinrentner werden insgesamt 50 Millionen Reichsmark bewilligt und außerdem Erleichterungen im Ver fahren sür die Rentenerlangung (statt Kannvorschrift: Muß- vorschrist usw.). Dazu treten noch die Beschlüsse über das Liyuidatious- schädengesetz. Es steht natürlich noch nicht fest, ob dieses Notpro gramm restlos vom Reichstag verabschiedet werden wird. Zwar haben die größeren Oppositionsparteien eine loyale Mitarbeit zugesagt, doch wurden auch gewisse Vorbehalte gemacht und Abänderungsanträge in Aussicht gestellt. Die Sozialdemokraten melden schon ihren schärfsten Wider stand gegen mehrere im Notprogramm vorgesehenen Punkte für die Landhilfe an, die den Deutschnationalen noch immer nicht weit genug zu gehen scheinen. Die Durchführung des Notprogramms wird davon abhän gen, ob die bisherigen Regierungsparteien bei seiner Durchberatung zusammenhalten werden oder nicht. Schon bei der Aufstellung dieses Notprogramms hat es manchen schweren Kampf innerhalb der Regierungs koalition gegeben. Und im Regierungslager melden sich Stimmen, die darauf aufmerksam machen, daß noch manche schwere Klippe zu umsegeln sein wird. Nach Erledigung des Notprogramms soll dann der Reichstag aufgelöst werden. Die Regierung hat in einer offiziösen Verlautbarung mitteilen lassen, „daß sie nach Erledigung des Programms — selbstverständlich auch für den Fall seines Scheiterns — die Auflösung des Reichstages vom Herrn Reichspräsidenten erbitten wird. Die Ncichsregierung wird ihrerseits alle Vorkehrungen treffen, um Neuwahlen spätestens in der zweiten Hälfte des Mai zu ermöglichen. Sollte wider Erwarten zur Durchführung von Restpunkten des Programms der Reichstag über das Ende des Etatsjahres hinaus beraten müssen, so fordert die Reichsregierung, daß hierfür im Reichstag die geschäftsmäßigen Voraussetzungen ge- Neichsiagswahl im Mai. Durchführung des Notprogram m s. In der wechselnden Situation der Regierungskrise trat Sonnabend eine neue Wendung durch das erneute Eingreifen des Reichspräsidenten von Hindenburg ein. Der Reichspräsident liest durch das Kabinett an die Par teien die Mitteilung gelangen, er sei nicht geneigt, den Reichstag sofort aufzulösen. Hindenburg ist der Ansicht, daß auch ohne eine völlige Einigung der Parteien über das Arbeitsprogramm ein Weiterarbeiten des Reichs tages möglich ist. Falls das jetzige Kabinett stürzt, soll ein Geschäftsministcrium eingesetzt werden. Gleichzeitig hat der Reichspräsident seine Zustimmung zu einer Er klärung der Regierung gegeben, daß im Mai, entweder am 13. oder am 29., der neue Reichstag gewählt wer den soll. Der Reichstag, oer Sonnabend vormittag zusammen trat, vertagte sich alsbald wieder bis nachmittag, da die herrschende Unsicherheit eine Verhandlung unwesentlich machte, auch für die bisher geplante Vertagung auf die Dauer von zehn Tagen keine Möglichkeit vorhanden war. Vorschläge der Regierung. Im Laufe des Tages veröffentlichte das Reichs kabinett eine Kundgebung, in der es dem Wunsche des Reichspräsidenten mit folgenden Worten beitrat: Die Reichsregierung hat den Parteien für die Ver handlungen des Reichstages bis zum Ablauf des Etats jahres ein Notprogramm vorgelegt. Sie legt auf feine restlose Durchführung zur Wirkfammachung der vsrge- fchlagenen Maßnahmen entschiedenes Gewicht. Sie wird nach Erledigung des Programms, selbstverständlich auch sür den Fall seines Scheiterns, die Auflösung des Reichs tages vom Herrn Reichspräsidenten erbitten. Die Reichsregierung wird ihrerseits alle Vorkehrun gen treffen, um Neuwahlert spätestens in der zweiten Hälfte des M a i zu ermöglichen. Sollte wider Erwarten zur Durchführung von Nestpunkten der Reichstag über das Ende des Etatsjahres hinaus beraten müssen, so fordert die Negierung, daß hierfür im Reichstage die ge schäftsordnungsmäßigen Voraussetzungen geschaffen, die Verhandlungen aber so geführt werden, daß der in Aus sicht genommene späteste Wahltermin eingehalten werden kann. Der Reichspräsident hat der Reichsregierung kund- getan, daß er mit ihr aus vaterländischen Interessen der restlosen Durchführung des Notprogramms ausschlag gebende Bedeutung beimißt und daß er einen dem Vor schlag der Neichsregierung entsprechenden Anflösungs- termin für den Reichstag in Aussicht nehmen wird. Das Noiprogramm. Das im Kabinett nach langen Verhandlungen formulierte Arbeits- oder Notprogramm, das der Reichstag vor seinem Auseinandergehen noch bewältigen soll, fordert im ganzen 158 Millionen Mark Mehrbelastung des Etats, die zum Teil für den Etat 1927, zum Teil für den Etat 1928 und für den Nachtragsetat bestimmt sind. Von diesen 158 Millionen sind 133 Millionen dauernde Mehrbelastung. Die Deckung denkt sich der Reichsfinanzminister dadurch, daß er mit stärkeren Zolleinnahmen rechnen zu dürfen glaubt, und zwar sollen die Zolleinnahme» von 1050 aus 1200 Millionen erhöht werden. Für die Landwirtschaft betragen die gesamten Auf wendungen zweimal 30 Millionen. Die ersten dienen zur Orga nisation des Vertriebs von Schlachtvieh und Fleisch, die den Zweck hat, die Spanne zwischen Erzeuger- und Handelspreis zu mindern. Die zweiten 30 Millionen sollen der Sicherung einer rationellen Fortführung der Betriebe dienen. Ferner ist für die Landwirtschaft eine Reihe von Einzelmaßnahmen vorgesehen. Darunter zweimal 500 000 Mark, die im Nach schassen, die Verhandlungen aber jo geführt werden, daß der von ihr in Aussicht genommene späteste Wahltermin eingehalten werden kann". Es ist also in den nächsten Wochen bestimmt mit Neuwahlen zu rechnen. Wenn sie stattfinden werden, steht allerdings noch nicht fest. Dem Reichstag ist nunmehr der angekündigte Ent wurf des Gesetzes zur Fortführung der Straf rechtsreform zngegangen. Die Entwürfe eines all gemeinen deutschen Strafgesetzbuches und eines Straf vollzugsgesetzes sollen, wenn der Reichstag in der dritten Wahlperiode nicht über sie beschließt, der Beschlußfassung des Reichstages in der folgenden Wahlperiode unter liegen, ohne daß es der erneuten Einbringung bedarf. Die Entwürfe sollen als neue Vorlage gelten. Gin Jahr Gefängnis für Krantz beantragt Berlin. Im Krantz-Prozeß beantragte der erste Staats anwalt wegen gemeinschaftlichen Totschlages ein Jahr Gefängnis, wegen Vergehens gegen das Waffengeseh ein Monat Gefängnis. Bei Zusammenziehung zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr einer Woche Gefängnis. iragsnai uns un Hausycm >92s muergclrracyt wcroen und zur Hebung der Geflügelzucht bestimmt sind, ferner fallen die landwrrychaslllchen Genossenschaften 20 Millionen .nr Verhütung des Niederbruchs und zur Fortführung der allen Genossen,chaften erhalten. Das Programm sieht unter anderem auch eine ratenweise Herabsetzung des Gcfrierfleischkontingents entsprechend dem Stande der Fleischversorgung der Bevölkerung vor und eine Ausdehnung des Einsuhrscheinsystems ans die Einfuhr van Schweinen und Schweinefleisch. Die für Kleinrentner bestimmten Summen werden von 25 auf 40 Millionen erhöht. Davon sollen 15 Millionen sofort ausgcschüttel werden. Erhöhte Richtsätze für die Rentner über 65 Jahre werden angenommen. Eilt Rentenrechtsanspruch wird gewährleistet. Um die Werkpeusioucn auf die Höhe der Invalidenrente zu bringen, werden drei Millionen jährlich im Etat eingesetzt. Die Steigerungssätze der Invalidenrente vom 1. Oktober 1921 sollen mit Wirkung vom 1. Juli 1928 ab um 40 Prozent erhöht werden. Dafür sind insgesamt 100 Millionen ausgeworfen, die eine Dauerbelastung darstellen. Das Kriegsschüdenschlußgesetz sieht entsprechend den Vor schlägen des Rcichswirtfchaftsrats insgesamt 1,263 Milliarden Mark vor, die auf 15 Jahre verteilt werden. Die Verzinsung dafür setzt am 1. Juli ein. Es soll besondere Rücksicht auf die unteren Sätze bis 4000 Mark genommen werden, für die eine volle Entschädigung vorgesehen ist. Der Standpunkt -er Parteien. Natürlich wurde den ganzen Tag sowohl zwischen dem Kabinett und den Parteien, anch denjenigen der bis herigen Opposition, verhandelt wie innerhalb der Frak tionen selbst. Die Erledigung des Notprogramms vor dem Schluß des Reichstages hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn möglichst alle, wenigstens der weit über wiegende Teil der Abgeordneten, damit einverstanden sind. Soweit es sich übersehen ließ, stimmte das Zentrum dem Programm unbedingt zu, die D e u t s ch n a t i o - nalen verlangten verschiedene Verbesserungen zu gunsten der Landwirtschaft und wünschten keine bestimmte Festlegung des Wahltermins, die Deutsche Volks- Partei wollte Kürzung der Aufwendungen für die Invalidenversicherung, dafür Aufbesserung der Klein rentner und der Liquidationsgeschädigten. Die sozial demokratische Fraktion gab bekannt, sie verzichte auf endgültige Stellungnahme bis zum Vorliegen des for mulierten Arbeitsprogramms der bisherigen Koalitions- Parteien. Die sozialdemokratische Fraktion werde eine Bindung der Regierungsparteien an das Programm verlangen, ehe sie selbst sich zu diesem Programm erklärt. Die Demokraten wollen an der Durchführung des Programms Mitarbeiten unter der Bedingung, daß die Neuwahlen spätestens im Mai stattfinden, verlangten aber genaue Formulierung der Notgesetze und Einigung zwischen den bisherigen Regierungsparteien. An diesen zum Teil sich widersprechenden Punkten hing also noch die endgültige Entscheidung. * Auch Auflösung des preußischen Landtages. Der Ältestenrat des Preußischen Landtages beschloß, sich hinsichtlich der Auflösung des Landtages dem Reichs tage auzuschließen. Der bisher genannte Wahltermin (25. März) ist nach Ansicht des Ältestenrats und der Staatsregierung aus technischen Gründen nicht innezu halten. Der Ältestenrat und auch die Staatsregierung gaben ihrer Ansicht dahin Ausdruck, daß als frühester Termin der 22. April in Frage kommen könnte. Der Landtag soll bis zum 1. März vertagt werde». Ju der Zwischenzeit sollen jedoch die Ausschußberatungen fortgesetzt werden, insbesondere soll auch die rheinisch- westfälische Eingemeindungsvorlage im Ausschuß zur Erledigung kommen. Frankreich in Waffen. Annahme der französischen Wehrvorlage im Senat. Der Französische Senat hat mit 269 gegen 35 Stim men die Wehrvorlage, die im Falle eines Krieges die Mobilisierung der Gesamtnatiou vorsteht, verabschiedet. Vor der Abstimmung gab es eine interessante De batte über die kritischen Juli- uud Augusttagc des Jahres 1914. Senator Messimy, der bei Ausbruch des Krieges französischer Kriegsminister war, kam in seinen Ausführungen auf die sogenannte 10-Kilometn- Zone zu sprechen, d. h. über die Truppenkonzentration an der deutsch-französischen Grenze. Messimy führte aus: Am 3V. Juli 1914 in der Frühe ersuchte mich General Joffre um die Ermächtigung, Deckungsmaßnahmen zu treffen. Diese Maßnahme» zu treffen, hätte geheißen, gleichzeitig mehrere Armeekorps und die gesamten Kavallericdivisioncn mobil zu machen. Das hätte den Alarm im ganzen Lande und im Auslande bedeutet. Die Negierung gab also ledig lich die Ermächtigung, sämtliche in der Nähe stationierte!! Truppen an die Grenze zu werfen. Man fragte mich, wie man den Kontakt mit dem Fcindc ver m e ive » könne. Ich riet, die Verteidigungslinie 10 Kilometer zurückzuverlegen, damit nicht etwa ein Gemebrscknnr