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Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag zs Uhr.j Inserate werden mit p'pf. für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 26. Sonntag, den 1. Mär; 1908. 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Dttendorf-Gkrilla, 28. Februar 1903. Hj Der Bezirksausschuß der Königlichen Amtshauptmannschaft Dresden-N. genehmigte in seiner gestrigen Sitzung das Regulativ über das öffentliche Anschlagswesen in der Gemeinde Ottendorf-Moritzdorf. Die Sonne steigt von Tag zu Tag höher. Die Temperatur ist mild und die Luft just wie zur Osterzeit. Die Vegetation verrät ringsum Frühlingsahnen. Im Gelände erscheinen Wiesen und Felder in beginnendem Grün und die frischen Triebe machen sich schon an mancherlei Ziersträuchern bemerkbar. Als erste Verkündiger des Lenzes sind auch die Stare bereits zurückgekehrt. Sie begrüßen die alte Heimat mit fröhlichem Ge sänge. — Die sogenannte „stille Zeit" beginnt am Montag nach dem Sonntag Lätare, in diesem Jahre also mit dem 23. März. Von diesem Tage an bis mit erstem Osterfeiertag ist die Abhaltung öffentlicher Tanzbelustigungen verboten. Das Osterfest fällt diesmal auf den 12. und 13. April. Das neue Schuljahr 1903 bis mit 1904 beginnt mit Montag, den 20. April. — Mit dem 1. März beginnt nach säch sischem Jagdgesetze die Schonzeit sowohl für weibliches als auch für männliches Edel- und Damwild nebst Kälbern, sowie für die Kram- metsvögel. Dagegen dürfen Schnepfen und Hähne von Auer-, Birk- und Haselwild vom 1. März bis 15. Mai, wilde Enten aber nur noch bis 15. März geschaffen werden. In Preußen beginnt die Schonzeit für Rehböcke, sowie für das männliche Rot- und Damwild ebenfalls am 1 Marz, in Oesterreich dauert dagegen tue Jagd auf Edel- und Damwild noch b>S zum 31. Marz fort. — Die Bahnhofswirtschaften zu Gößnitz, Leipzig I, Löbau uno Lugau sollen vom 1. Oktober 1903 ad und diejenige zu Meigen vom 1. Mai 1903 ab unter den auf den sächsischen Bahnhöfen einzusehenden allgemeinen Bedingungen für die Verpachtung von Bahn hofswirtschaften anderweit auf sechs Jahre ver pachtet werden. — Beim Verkauf von Gast wirtschaften pflegt der bisher erzielte Bierumsatz eine große Rolle, namentlich für die Bemessung des Preises, zu spielen, und häufig entstehen nachher Streitigkeiten, weil der Umsatz zu hoch angegeben sei. In einem solchen Falle, in dem der Käufer aus diesem Grunde die Aufhebung des Kaufes verlangte, hat das Reichsgericht die Klage für unbegründet erklärt, weil die Zusicherung des Verkäufers über den Bierumsatz nicht in den gerichtlichen Kauf ausgenommen, sondern bei den Kaufs verhandlungen nur mündlich gemacht worden und deshalb als ungültig anzusehen war; die Angabe über den Bierumsatz sei die Zusicher ung einer bestimmten Eigenschaft des Gast wirtschafts-Grundstückes und als solche Teil des Kaufvertrages und müsse deshalb, wenn sie gültig sein solle, in dem gerichtlichen oder no tariellen Kauf mit enthalten sein. Also in solchen Fällen verlangen, daß die Angabe über den Bierumsatz in den gerichtlichen oder notar iellen Kauf mit ausgenommen ivird! L a u s a. Der ersten diesjährigen Vei sammlung der Zweigkonferenz Lausa, welche, am Mittwoch im Hennigschen Gasthof stattfand wohnte Herr Schulrat Dr. Lange, Königlicher Bezirksschulinspektor für Dresden III, bei. Herr Schuldirektor Endler bot einen interessanten Und zeitgemäßen Vorliag über „Die Auswahl der Lesestücke in der Volksschule." Radeburg, 26. Februar. Heute Morgen hat sich das blühende 17jährige Dienstmädchen eines hiesigen Kaufmanns durch Erhängen selbst entleibt. Was das bedauernswürdige Mädchen zu diesem unseligen Schritte ver anlaßt hat, ist bis jetzt noch unaufgeklärt. Dresden. Bei den oberen Kommando- tellen und bei den Stäben des XII. und XIX. (1. und 2. Königlich sächsischen) Armee korps stehen nach Meldungen eines hiesigen Blattes' in kurzer Zeit wesentliche Veränder ungen bevor Sie sollen angeblich um des willen umfangreicher als bei dem sonst üb lichen Frühjahrsavancement sein, weil für die bevorstehenden Kaisermanöver eine möglichst große Verjüngung der Armee angestrebt werde. — Bei der Jahreshauptversammlung des Evangelischen Bundes in Dresden gelangte folgender vom Handelskammer-Syndikus Schulze gestellter Antrag zur Annahme: „Bei der Ständekammer in geeigneter Weise vorstellig zu werden, daß dem sächsischen Volke Auf klärung über das in dem Ehescheidungsprozeß gegen die gewesene Kronprinzessin ergangene Urteil gegeben wird." Pirna, 26. Februar. Der .3*/s Jahre alte Sohn des Bruchmeisters Witzschel in Klem- kotta stürzte beim Spielen in die Gottleuba. Bei dem starken Gefälle des Wassers ist er mit fortgeriffen worden und ertrunken. — Aus Thürmsdorf bet Königstein wird ein Fall von Pockenerkrankung gemeldet, und zwar ist eine Schuhmachers-Ehefrau davon befallen worden. Man vermutet Ansteckung durch Uebertragung des Pockengiftes. Die Erkrankte war in einer Fabrik eines Nachbar ortes mit dem Sortieren von Lumpen be schäftigt und dürfte hierbei eine Uebertragung oeS Krankheitsstoffes erfolgt sein. Seitens der Aufsichtsbehörde sind sofort alle gesundheitlichen Vorsichtsmaßregeln getroffen worden. — Zu dem bereits gemeldeten Doppel- morüe an der Neiße bet Zittau ist noch nachzutragen, daß die Spur des Täters bis zur Bergschänke bei Kloster Marienthal verfolgt ist. Der mutmaßliche Tyäter ist Sonntag Nach mittags gegen 5 Uhr dort herausgekommen und hat einen des Weges kommenden Musiker angerufen, dem er den Eindruck eines Wahn sinnigen gemacht hat. Am Montag und Dienstag ist die Neiße vom Tatorte ad sorg fältig abgesuchl worden, um die beiden un glücklichen Toten aufzufinden. Zittau, 26. Februar. Zu dem Ver brechen, dem die 16 Jahre alte Hedwig Nierich aus Kleinschönau und die 9 Jahre alte Elsbeth Thiele aus Hartau am Sonntag zum Opfer gefallen sind, wird mitgeteilt, daß die Gen darmerie jetzt auf eine ihr bekannte bestimmte Persönlichkeit fahndet, die als Täter in Be tracht kommen könnte. Es handelt sich aber, sowohl was die Art des Verbrechens, wie den Täter anlangt, immer noch lediglich um Ver mutungen. Zittau, 27. Februar. Die Leiche der 9 Jahre alten Elsbeth Thiele aus Hartau ist gestern Nachmittag in der sechsten Stunde in der Neiße aufgefunden worden. Die Leiche zeigte keinerlei äußere Verletzungen. Dieser Umstand deutet mit ziemlicher Gewißheit darauf hin, daß von einem versuchten Sittlichkeits oerbrechen nicht die Rede sein kann, sondern daß der Todessturz der beiden Mädchen plötzlich und überraschend erfolgt seit. muß. Es bleibt nur noch die Frage offen, ob ein oeabsichtigtes Verbrechen vorliegt, oder ob der Täter, vielleicht in der Trunkenheit, die Mädchen durch einen rohen Slog nur aus dem Wege drängen wollte, ohne die Absicht zu haben, sie ms Wasser zu stürzen. Die Nachforschungen nach dem Täter haben noch kein greifbares Resultat gezeitigt. Die Suche nach der Leiche der 16 Jahre alten Hedwig Nierich werden eifrig fortgesetzt. — Aus der Fortbildungsschule ausgeschlossen wurde dieser Tage der Fortbildungsschüler Kügler in Reichenau bei Zittau, der vor kurzem Vater geworden ist. Die schimpfliche Ausschließung erfolgte durch den Pfarrer Lange, >m Beisein der betreffenden Klasse, des Lehrers und eines Polizeidieners. Waltersdorf, 27. Februar. Ueber das Vermögen des seit dem 10. d. M. spur los verschwundenen hiesigen Pastors Johannes Agsten ist vom Amtsgericht Großschönau das Konkursverfahren eröffnet worden. Senftenberg. Durch herabstürzende Kohlenmassen ist der Bergmann Hermann Müller aus Thamm im Tagebau der Grube Friedrich Ernst in Senftenberg verunglückt. Er erlitt schwere innere Verletzungen, auch wurden ihm beide Beine gebrochen. Der Schippenstiel, durch die niedergegangene Kohle zerbrochen, drang demselben in den Oberschenkel. Lommatzsch, 25. Februar. Gestern Nachmittag kurz vor i/z2 Uhr verkündete das Sturmgeläute der Kirchenglocken den Aus bruch von Großfeuer in unmittelbarer Nähe der Stadt. Es wurde festgestellt, daß das Feuer in dem oberen Seitengebäude des Guts gehöftes des Herrn Stroisch in Barmenitz aus- gebrcchen war, und zwar in dem Erdgeschosse desselben, in dem sich die Schweineställe und Pferdeställe befanden, während in dem oberen Geschosse Leutewohnungen eingerichtet waren. Trotzdem das Feuer recht schnell um sich griff, gelang es den Gutsbewohnern und yerbeigeeüten Nachbarn, das Vieh zu retten und dem tatkräftigen Eingreifen der schnell er schienenen Feuerwehren war es zu danken, daß das Feuer auf seinen Herd beschränkt werden konnte. Leider hat auch bei diesem. Brande wieder ein Dieb sein Wesen getrieben, der aus einer Kommode die Summe von zirka 300 M. stahl. Gegen 6 Uhr abends verbreitete sich in der Sta^t die Nachricht von einem zweiten Feuer. Diesmal war die Brandstelle weiter entfernt, nämlich in Auterwitz bei Ostrau, wo selbst duS Feuer in der erst vor sechs Jahren neuerbauten Scheune des Herrn Gutsbesitzer Lehmann ausgebrochen war. Dis Scheune brannte völlig nieder. Colditz, 26. F-bruar. Der Faschings zeit entsprechend, wmde Montag abend in der hiesigen Landes-Irrenanstalt ein Kostümfest abgehalten. Die Verpflegten, männlichen und weiblichen Geschlechts, waren, soweit sie zu diesem Feste zugelaffen wurden, schon seit Mn paar Wochen beschäftigt, Kostüme — darunter allerdings viele eigenartigen Geschmacks — herzustellen, welche bei dem Feste teilweise ur komisch wirkten. Im allgemeinen sollen der artige Anlässe günstige Einflüsse aus die Ge- mülsstimmung der Kranken vor und nach dem Feste ausüben. Oberlichtenau. Ein sehr betrübender Unglücksfall mit tätlichem Ausgang hat sich am Montag früh nach 2 Uhr in Oberlichtenau zugetragen. Der im 50. Lebensjahr stehende Bandweber Theodor Böhme ist, als er aus der Pofandtfchen Restauration heimkehren wollte, vom Wege abgekommen und in den Pulsnitz bach gestürzt. Bei Tagesanbruch wurde der Verunglückte als Leiche aufgehoben und in seine Behausung gebracht. Werdau, 27. Februar. Einen guten Fang machte die hiesige Polizei. Es gelang ihr, einen Betrüger schwerster Art in der Person des Buchbinders Kumminack aus Berlin zu verhaften, der in 32 Fällen Personen in einer Anzahl Städte dadurch schädigte, daß er ihnen vorschwmdelte, für eine Breslauer Firma zu reisen, die von Photographien große Bilder verfertigte für den billigen Preis von 3 Mark 50 Pfennige. Auch in Werdau versuchte er sein Manöver in einer Anzahl Fällen, wurde dabei aber ertappt. Der Schwindler ist außer dem von der Staatsanwaltschaft Hannover und Freiberg steckbrieflich verfolgt. Dorfchemnitz. Ein eigenartiger Un fall betraf eine Frau in Dorfchemnitz. Nach einem herzhaften Gähnen war es ihr un möglich, den Mund wieder zu schließen. Sie mußte denselben einige Stunden offen behalten, bis der eintresfende Arzt Abhilfe schaffte. Crimmitschau, 26. Februar. In seiner gestrigen Sitzung trat das Stadt- verordneten-Kollegium dem Beschlusse des Rats einstimmig bei, welcher sich im Prinzip für die Einverleibung des Vorortes Leitelshain ausspricht. Die Unterhandlungen sollen erst zu Anfang des Jahres 1906 eingeleitet werden. Leitelshain hatte nach der letzten Volkszählung über 4090 Einwohner un ist nach Crimmitschau eingepfarrt. Wurzen, 25. Februar. Bei dem in der Umgegend von Wurzen stattfindenden größeren Manöverübungen ereignete sich gestern Nachmittag an der Grubnitzer Fähre ein Un- glücksfall. Ein Ulan vom 18. Ulanenregiment fand vom markierten Feinde die Muldenbrücke gesperrt und suchte unterhalb der Grubnitzer Fähre mit seinem Pferde die Mulde zu durch schwimmen, um das Wurzener Ufer zu erreichen. Bei dem herrschenden hohen Wafferstande und der starken Strömung fand der Ulan seinen Tod in den Fluten. Das Pferd konnte ge rettet werden. Taucha, 26. Februar. Am Sonntag Nachmittag fand auf unserem Bahnhofe eine Erprobung des neuerer Zeit zur Hilfeleistung bei Bahnunglücken bereit gestellten Sanitäts zuges statt. Nachmittag 5 Uhr 20 Minuten traf auf Station Taucha ein Sonderzug mit drei Herren von der Eisenbahndirektion Halle ein, welche die Meldung im Bureau abgaben, daß em Personenzug mit Maschine und 20 Wagen zwischen Taucha und Schönefeld ent gleist sei, acht Tote und mehrere leichter ver letzte Reisende seien zu melden. Sofort wurden von dem leitenden Stationsbeamten die in solchen Fällen vorgeschriebenen Maßnahmen er griffen: das Gleis gesperrt und der Sanitäts hilfszug von Halle nach der Unfallstelle be rufen, sowie vom Magdeburger Bahnhof ein Hilfszug mit Werkmeister und 10 Schlossern gefordert, auch das hiesige Bahnpersonul, soweit abkömmlich, zur Hilfe, herangezogen. Beide Zuge trafen nach kurKr Zeil hier ein, der samtätszug brachte einen Arzt, 10 im Sama- nterdiensi ausgebildete, Hilfskräfte, 1 Kranken wagen mit 10 Betten, Verbandstation und Verbandmittel, alles Ätz das praktischste ein gerichtet; der GerätewagU alle zur Hebung der entgleisten Wagen nötigen Geräte und Werk zeuge. Sofort nach Ankunft begann eine um fangreiche Samariterübung im Transport, Ver binden und Verladen^ per markierten Ver wundeten. Die Probe sifiel zur großen Zu friedenheit der leitenden Herren aus. Zwickau, 26. Februar. Kunstgärtner Richter hier, der Altmeister der Kartoffel züchterei, ist bei der in Berlin stattgefundenen Kartoffelverwertungsausstellung vom Kaiser Wilhelm durch eure längere Ansprache ausge zeichnet worden. Richter hat 40 000 Kartoffel- forten gezüchtet, von denen viele allgemein ein geführt sind. — Die Königlich Preußische Stein- und Kohlenfallkommission bereiste Stu dien halber im vorigen Jahre auch die säch sischen Kohlenreviere und hat jetzt in ihrem Berichte festgestellt, daß die geringere Zahl Un- sälle, namentlich tätlicher, in Sachsen, welche durch Stein- ober Kohlenfall entstanden sind, lediglich auf den überaus sorgfältigen Ausbau und die weitgehende Aufsicht auf den sächsischen Gruben zurückzuführen ist. Oelsnitz i. V-, 27. Februar. Auf einer Wiese spielten am Mittwoch Nachmittag drei vier bis sechs Jahre alte Knaben, nachdem sie einem Fleischer bei seiner Arbeit zugesehen, „Schweineschlachten"; einer hielt den jüngsten Spielkameraden und der älteste versetzte dem Kleinen mit dem Taschenmesser einen tiefen Stich in den Unterleib. Als die beiden sahen, was sie angerichtet, ließen sie ihr Opfer im Stich und ergriffen die Flucht. Der schwer verletzte Junge wurde in ärztliche Behandlung genommen.