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43 1^77 Tagesgeschichte Im nach der goldenen Sonne nach langem Rcgenwctler. Doppelt freulich und ehrenvoll wäre es für Deutschland, wenn es sich im alle wie er- be- wie Frankreich steht jetzt wieder allen Spionagen und An- gebereren offen, wenn es wahr ist, daß Fourtou in einem vcrtrau- lichen Rundschreiben den Präfecten Befehl ertheilt, „jede Person, die an öffenluchen Orten, an Buffets, Schänken ic. Nachrichten verbreitet, die derart sind, daß sie die innere Ruhe stören, den Gerichten zu überliefern, und außerdem diejenigen Geschäfte bezeichnen, welche ge wöhnlich zur Verbreitung dienen". Der Begriff der Verbreitung Cunctator (Zauderer) und sei blitzschnell drein gefahren, als der günstige Augenblick sich zeigte. Als die psäsfischen Ränkespinner und Friedensbedroher in Paris und Rom ihre deutschfeindlichen Pläne zu offen aufdeckten, weil sie die Zeit gekommen glaubten, da habe er ihnen blitzschnell mit einer seiner kühnen Wendungen ein Paroli ge boten und die Aussöhnung zwischen England und Rußland und den Frieden im Osten vorbereitet, während Rom und Paris auf den großen Krieg im Orient und auf die Vereinzelung Deutschlands spe- culirten. Die schwarzen Herren solle» sehr verblüfft drein schauen. — Das ist viel auf einmal, fast zu viel und zu gut, um wahrschein lich zu sein; behandeln wirs daher vorläufig als Hoffnung. Unter den vornehmen Ruffen in Baden-Baden, die meist sehr gut unterrichtet sind, ist die Stimmung vorwiegend friedlich. Der Bestunterrichlete unter ihnen sagte sogar: In wenigen Wochen werden wir Frieden haben. Er sagte aber nicht, ob der Friede zu erwarten sei in Folge eines noch bevorstehenden Hauptschlages der Russen oder ,n Folge diplomatischer Bemühungen. Der Berichterstatter erklärt schließlich: Der Mittelpunkt der leitenden Fäden ist in Kissingen. Sehr möglich, daß die neuesten Vorgänge in Frankreich den Anstoß zu den äußersten Anstrengungen gegeben haben, um den Frieden im Osten herzustcllcn, bevor er im Westen ernstlich bedroht ist. Dann hätten die uUramvntgueu Ränke das Gegentheil von dem erreicht, was sie beabsichtigten — und ein solcher lähmender Schachzug wäre allerdings im Geiste des großen Staatsmannes, der in Kissingen — Ragozzi trinkt. — So die A. A. Z. Auch das Reuter'sche Telegr. Bureau, das allerdings nicht immer ein Evangelium ist oder doch nur ein diplomatisches, stößt ins Frieden?- horn. Man liest da in Fracturschrist: Unter den hohen türkischen Beamten herrscht große Ermulhigung, weil man einsicht, daß die Türkei nicht im Stand ist, Rußland Widerstand zu leisten. Die Hoffnung, daß die Eroberung der Veste Suchum-Kale zum Aufstand der Tscher- keffen gegen die Russen führen werde, hat sich nicht bestätigt. Die Türkei befindet sich in einer Ohnmacht, die einen Kampf ohne Ver bündete sehr schwer macht und außerdem fcbltS an guten Feldherren, an Schnelligkeit der Kriegführung und destowcniger an Zerwürfnissen unter den Ministern und Befehlshabern. Kriegsminister Redif Pascha gilt als unfähig, der Admiral Hobart Pascha (ein Engländer, der schon lange im Dienste der türkischen Flotte steht) kann nur mit Mühe ein Commaudo bekommen u. s. w. u. s. w. Im Ministerrathe sind die Gegner heftig auf einander geplatzt und man glaubt, daß die Türkei nach solchen Erfahrungen viel geneigter zum Frieden ist als vor dem Kriege. Wien, 6. Juni. Der „Presse" wird aus Cettinje vom 5. d. gemeldet: Vorgestern rückten die Türken auf die Anhöhen bei Spuz und Visocica vor, verschanzten sich dort und bombardirlen das Dorf Novo-Sei. Heute früh zogen die Türken mit einer bedeutenden Truppenmacht auf Marbinici zu, wo sich ein sehr blutiges Gefecht entspann. Nach zwei Stunden mußten sie sich indessen in wilder Flucht gegen Podgorizza hin zurückzichen und wurden von den Mon tenegrinern bis nach Kukoschwina verfolgt. Bei Abgang der Meldung halten die Türken ca. 400 Todte. In der Herzegowina wird seit heute früh gekämpft. Petersburg, 6. Juni. Der heute zum ersten Male wieder er schienene „Golos" widmet Vergegenwärtigen politischen Lage Rußlands eine eingehende Besprechung und findet, daß dieselbe eine unbestimmte sei und daß diese Unbestimmtheit für Rußland jetzt und künftig die Hauptschwierigkcit bilde. Das Blatt empfiehlt die Fortführung des Krieges, bis die naturgemäßen Resultate erreicht seien, anderen Falles werde Rußland in einer steten Kriegsgefahr schweben. Angesichts des auf dem Kriegsschauplätze an der Donau und in Asien fließenden russischen Blutes müßten alle Differenzen verschwinden, jedes russische Herz müsse nur und allein wünschen, daß aus den blutigen Opfern nicht bloße Versprechungen, sondern wahre Freiheit und Gleichheit und die Wohlfahrt der christlichen Bevölkerung hervorgehe und daß die Interessen Rußlands im Orient sichergestellt würden. Diplomatische und militärische Zeichen deuten auf einen vielleicht nahe bevorstehenden Umschwung auf dem Kriegsschauplätze Orient hin und zwar im Sinne des Friedens, nach welchem sich Welt und vor allem der Handel und Wandel in Europa sehnt stätigte, daß dem Fürsten Bismarck der Hauptverdienst zufiele, mau annehmen darf. Man sagt, er habe klug gewartet wie ein Fabius Freitag, den 8. Juni - — falscher Nachrichten hat bei seinen unklaren Umrissen von jeher in den scklimmsten Zeiten der französischen Geschichte eine mit Recht nur zu vernisene Nolle gespielt. Fourtou aber steckt noch zu tief in bonapar- tistischen Anschauungen und Gewohnheiten, als daß er eine Ahnung von dem Eindrücke hätte, den solche Verwaltungs-Instructionen machen; Mac Mahon ist auch nicht der Mann, unbefangen „in Dingen der Autorität" zu sehen, und so darf man sich nicht wundern, wenn man dem „16. Mai" nachsagt, er sitze auf einem Pulverfaffe und spiele mit Schweselhölzchen. Die Regierung will in Zukunft keine Privat-Versammlung mehr dulden. Sie kann dieselben zwar nicht gesetzlich verbieten, aber sie stützt sich darauf, daß man bereits vor dem Stattfinden derselben immer nachweisen könne, daß dieselben „den Character von öffent lichen Versammlungen" an sich trügen! Alle Versammlungen, welche am Sonnabend in Paris und in Ereil und einigen anderen Provincialstädtcn stattsanden, wurden deshalb auch verhindert. In Ereil wollten Maire, Gemeinderäthe und andere einflußreichen Per sonen sich versammeln, um die Candidaten für die bevorstehenden Wahlen von 2 Bezirksräthcn auszustellcn. Der Dcputirte Franck- Chauveau hatte sich zu derselben eingefundcn. Im letzten Augenblick, als die Versammlung eröffnet werden sollte, erschien der Polizei - Commiffar und erklärte, daß er Befehl habe, dieselbe nicht zu dulden. Die Aufregung war groß, aber der genannte Dcputirte mahnte zur Ruhe und die Anwesenden beschränkten sich darauf, denselben unter den Rufen!: „Es lebe die Deputirtcnkammer! Es lebe die Republik!" nach dem Bahnhof zu begleiten. Auch öffentliche Vorlesungen will der Minister des Jnnnern nicht mehr dulden. Ob der Minister auch gegen die Versammlung der Deputieren einschreiten wird, wird sich bald zeigen. Kurz vor dem Zusammentritt der Kammern wird die gesammte Linke im Grand Hotel eine Versammlung abhalten, um über den bevorstehenden Feldzug zu berathen. 155 Dcputirte sind bereits nach Paris zurückgekommen. Aus Consta« tinopel schreibt man unterm 3. Juni. Die asiatischen Nachrichten lauten fortwährend entmuthigend. Der Fall von Kars und Erzerum wird als unvermeidlich angesehen. Die Partei des exilirten Mahmud Nehdim Pascha rührt sich. Die hiesigen Zustände sind höchst'unbehaglich. 17 hier zurückgebliebene russische Familien verließen, trotz energischen Schutzes der deutschen Botschaft aus Furcht vor einer hiesigen Katastrophe Constantinopel. OertlicheS und Sächsisches. Die Ministerien des Innern und der Finanzen machen bekannt, daß der Direktion der evangelischen Brüder-Unität in Berthelsdorf für zwei Straßenlokomotiven aus Grund der vorgelegten Zeichnung und Beschreibung die Erlaubniß zu Benutzung der öffent lichen Fahrwege ertheilt worden ist. Meißen. Am 30. Mai wurde das neue Bürgerschulgebäude unserer Stadt zu seinem Zwecke geweiht und feierlich an die Schule übergeben. Bei dem neuerdings wieder sehr überhand genommenen unbe fugten Ausnehmen von Vogelnestern erläßt die Königl. Amtshaupl- Mannschaft Dresden eine warnende Bekanntmachung, daß Diejenigen, welche in der einen oder andern Weise unbefugt Nester ausnehmen oder zerstören, mit schwerer Criminal- oder Polizeistrafe belegt werden. Zugleich haben die Pvlizeiorgane, insbesondere auch die Landgens- darmerie ausdrückliche Veranlassung erhalten zu scharfer Vigilanz auf derartige Contravcutionen und zu unuachsichtlicher Beanzeigung der Schuldigen. In Oberwiesenthal bestellte am 29. Mai ein Landmann, Lingke, sein im Zechcngrunde an der böhm. Grenze gelegenes Feld mit 2 Ochsen und trieb um die Mittagszeit die zwei Thiere an eine nahe gelegene kleine Vertiefung, um, vor Wind und Wetter geschützt, daselbst das Füttcrungswerk vorzunchmen. Kaum war das Futter ausgeworsen und der Eigenthümcr der Vichstücke nach dem nahen Stcinbruche gegangen, wurde er durch ein Poltern erschreckt und be merkte, daß sein Vieh verschwunden war. An jener Stelle angelangt, bemerkt er eine kaum I Meter breite Ocffnung, aber einen 40 Ellen tiefen schwarzen Schlund. Es war ein lose bedeckt gewesener, ver lassener Bergstolln, dessen Decke mit den Thieren eiugcbrochen ist. Es gelang, die beiden Viehkadaver ans Tageslicht zu bringen. In Annaberg wird vom 15. bis 19. Juli das vierte Mittel deutsche Bundesschicßen abgehalten werden. Dem Programm entnehmen wir folgende Details: Das Ehrenpräsidium hat der Advocat Vr. Böhmer übernommen. Der Schießstand ist sehr schön gelegen, es werden in demselben 24 Scheiben, 12 Stand- und 12 Feldscheiben ausgestellt. Am Sonntag, 15. Juli, findet das Festbanket und Abends die Generalversammlung des Bundes statt, in welcher neben der Erledigung von Anträgen die Vorstandswahl vorgenommcn wird. Am Sonntag früh findet der Ausmarsch sämmtlicher Gilden resp. Vereine statt und haben die Deputationen deshalb die Vereins sahnen mitzubringen. Zum ersten Male wird sich der Bund um das im vorigen Jahre in Altenburg geweihte Bundesbanner scharen. Vom Montag bis zum Mittwoch wird von 7 Uhr Morgens bis 7 Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebentel)» und die Umgegenden. Amtsblatt für die Königl. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das Königl. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dieses Blatt erscheint wbcheutlich zwei «al, Dienstags u. Freitags und kostet pro Quartal t Mark. — Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag 12 Ubr.