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W sür Äürgertum^ Beamte, Angestellte u. Arbeiter Nr. 238 — 91. Jahrsianst Wilsdruss-Dresden Teiegi.-Adr.: „Amtsblatt" Poslicheck: Dresden 2640 Monta», den 10. Oktober 1932 Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das «Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— NM. frei Haus, bei PoffbesteUung 1,80 NM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postari st alten, Post boten und unjerr Aus- se träger und GeschaffssteNen nehmen zu jeder Zeit Be- Wockenblttlt fUk WllsdrUff U. UMgegENd stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, - Krieg oder sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Anfpruü auf Lieferung der feitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingefandtcr SchriststLüre erfolgt nur, wenn Porto beilregt. geschrrebeneErscheinungr- ^bile I RMK. ^-achwersungsgebühr 20 Reichspsennige. Dov-' werden nach Mö«Iichkeü «vernlvrechek' Amt 6 tagennd PlatzvorschrtprE annahnie bis vorm.lvUhr. - Li UH ^risorUsf V berüchsichtigi. Anzeigen^ durch Fernen, Lbernn.^,en üde.n wn keine Garan.ie. Jede. «ada.ian^nch eriftch^wenn d« L Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. " Da- Wilsdruffer Tageblatt ist da- zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amt-bauvtmannlchalt Meike» de« m»,,- g-richt- und d°s Stad.rat- zn Wilsdruff, de- F-rftren.amt- Tharandt nnd de- Finanzantt- Äffen L Hoover ober Roosevelt? Nur noch einen Monat hat der jetzige amerikanische Staatspräsident Hoover zur Verfügung, um für feine Wiederwahl zu kämpfen. Denn am 8. November wählt Nordamerika die Wahlmänner, die dann ihrerseits später die eigentliche Präsidentenwahl vollziehen werden. Doch das ist dann nur noch Formsache, denn die Wahlmänner sind an ihr Mandal parteimäßig gebunden, sind Beauf tragte ihrer Wähler. Daher fällt die wirkliche Entschei dung schon an jenem für Hoover und seine Aussichten bedenklich naheliegenden Tage. Dann sind es auch gerade drei Jahre her, seit mit jenen schwülen Tagen Ende Oktober 1929 die Newyorker Börse ihren furchtbaren Krach erlebte, der auch äußerlich das HereinbrechenderWeltkriseüberAme- rika anzeigte. Lange, viel zu lange hat man „drüben" geglaubt, daß es sich hier um eine der üblichen Wirt schaftskrisen handelt, die man schließlich doch bald über winden würde. Aber es ging immer weiter, immer tiefer herunter mit der amerikanischen Wirtschaft, die Rückkehr zur einst so fröhlichen „prospsrit^", zum „Wohlstand", rückte in immer nebelhaftere Ferne, und obendrein öffnete sich in den Staatsfinanzen ein Loch von Fehlbeträgen, das rasch an Größe und Gefahr zunahm. Mt einer geradezu wilden Energie, unterstützt auch von seinen Parteigegnern, den Demokraten, hatte sich nun der republikanische Staatspräsident Hoover in den Kampf gegen die Krise gestürzt. Echt amerikanisch, also unwahr scheinlich groß waren die Mittel, die er in diesen Kamps einsetzte. Manches gelang; so befreite er z. B. den Dollar von dem Druc^ unter den ihn die französische Gold-Hege monie gesetzt hatte. Auch gewisse Besserungsanzeichen für die wirtschaftliche Zukunft konnte Hoover verbuchen und sich selbst als Verdienst anrechnen, — was er natür lich im Wahlkampf jetzt auch ausgiebig tut. Aber es langt für einen Erfolg nicht hin und nicht her. Das bloß negative Verdienst, den Sturz in vielleicht noch größere Tiefen verhindert zu haben, wirkt nicht überzeugend genug, auch nicht der Hinweis daraus, daß es in letzter Zeit wirtschaftlich zum mindesten nicht schlechter, in man cher Beziehung sogar besser gegangen sei. Überaus scharf mußte unter Hoovers Präsidentschaft die Steuer schraube angezogen werden, und damit ist man wohl auch heutePoch nicht zu Ende; denn gestopft ist das Loch des Defizits im Staatshaushalt immer noch nicht ganz. Und immer wieder folgen an den Börsen auf hoff- nungsersüllte Haussen recht niederdrückende Baissen, die ein ganz unbedingtes Hoffen immer noch nicht aufkommen lassen. Volkswahlen sind ja die allerbeste Gelegenheit, die Schuld für irgend etwas den regierenden „Sündenböcken" aufzupacken, sie in die Wüste zu schicken und die Opposition auf die Regierungsstühle zu setzen. Das geht in Amerika insofern sehr einfach, weil es dort nur zwei Parteien gibt; denn die Sozialisten und gar die Kommunisten spielen im politischen Leben Nordamerikas kaum eine Nolle neben den jetzt regierenden Republikanern und den heute noch oppositionellen Demokraten, die übrigens im Repräsentantenhaus und im Senat jetzt schon eine Mehr heit haben. Da hat Hoovers Gegenkandidat Roosevelt, derzeitiger Gouverneur des Staates Newport, erheblich bessere S i e g e s a u s s i ch t e n als die Republikaner, weil den demokratischen Trägern der Verantwortung das fehlt, was für ihren Sieg sprechen könnte: Ein wirklich sichtbarer Erfolg im Kampf gegen die Krise. Eine für den letzten Wahlkampf um den Posten des Staatspräsidenten recht charakteristische Note scheint dies mal kaum noch eine wesentliche Rolle zu spielen: Für oder gegen das Alkoholverbot. Damals war der demo kratische Kandidat Al Smith offen für die Abschaffung der „Prohibition", aber das „vergrämte" ihm die weib lichen Wähler, — soweit diese das Stimmrecht besitzen. Jetzt zweifelt man aber kaum noch daran, daß auch in Amerika das unbedingte Alkoholverbot nicht mehr lange bestehen bleibt, ganz gewiß nicht bei einem Siege der »nassen" Demokraten. Schon rüstet man in England die Wiskygallonen, in Deutschland die Bier- und Weinfässer, um Amerika schnellstens mit „Stoff" versorgen zu können, Menn die zur Komödie gewordene „Prohibition" ihr Ende sindet. Daß dies geschieht, scheint man in Amerika für mehr als wahrscheinlich zu halten, denn man hat in Deutschland schon größere Bierlieferungen bestellt, „auf Abruf" sozusagen. Gebrauchen könnte unser Weinbau und "Were Brauereiindustrie eine recht kräftige Export steigerung nur allzu sehr! ... Aber das ist schließlich nicht die Hauptsache! Amerika jst seit langem schon außenpolitisch durch die Wahlrück- ftchtcn stark eingeengt; erst nach dem 8. November erlangt es seine Aktionsfähigkeit wieder. Außenpolitisch ebenso weltwirtschaftlich. Denn auf den neuen Präsidenten gs re" die weltbcherrschenden und weltbedrückenden Pro- der internationalen Schuldenregulierung, der Neu- des Weltkredits, und einer endlichen Befreiung Mirtt^k Hedels von all den Ketten, die ihm die Welt bat cMlskrise mehr oder weniger zwangsweise angelegt noci> m/E.A"süung dabei liegt in den Händen der. immer noch stärksten Wirtschaftsmacht Amerika.^ Jie Aufnahme her heuWn Antmt. England ist zufrieden. Nach dem Vorliegen der deutschen und der fran zösischen Antwort auf den englischen Konferenzvorschlag hin wird die Auffassung maßgebender politischer Kreise in London wie folgt zusammengefaßt: Angesichts dessen/ daß auch die italienische Regierung letzthin ihre Bereitwilligkeit gezeigt hat, zur Lösung der Schwierigkeiten beizutragen, und die englische Einladung zu einer Konferenz angenommen hat, wird in englischen politischen Kreisen besondere Befriedigung darüber zum Ausdruck gebracht, daß die von der englischen Regierung eingeleiteten Schritte zur Überbrückung der bestehenden Kluft die oben erwähnten Antworten der Mächte zur Folge gehabt haben. Man ist der Ansicht, daß es verhält nismäßig leicht sein werde, die Frage der Zeit nnd des Ortes der Konferenz zu regeln, wenn der allgemeine Wunsch besteht, eine Brücke zwischen den verschiedenen Auffassungen zu schlagen. * Um Deutschlands Rückkehr zu den Ab rüstungsverhandlungen London, 9. Oktober. Die englische Diplomatie wird sich, wie der diplomatische Korrespondent des Observer aussührt, bei ihren Bemühungen, die Besprechungen zwischen den vier Mäch ten Deutschland, Frankreich Italien und England über die deut sche Wehrsrage in Gang zu bringen, von dem Grundsatz leiten lassen, daß der englische Konferenzvorschlag keineswegs eine an dere Form der Abrüstungskonferenz sei oder diese in den Hieter- grund stellen solle, sondern daß vielmehr ein Weg gesunden werden müsse, um Deutschland die Rückkehr zu den Abrüstungs verhandlungen zu ermöglichen. Erreicht sei jetzt, daß sich alle be teiligten Mächte mit einer Erörterung der Lage einverstanden erklärt hätten, aber es bedürfe noch sehr großen diplomatischen Paktes, um die Besprechungen wirklich in Gang zu bringen. * Frankreichs Antwort. Im Londoner Auswärtigen Amt ist auch die fran- zösische Antwort eingegangen und liegt in vollem Wort laut dort vor. Die französische Regierung steht, wie in London mitgeteilt wird, einem Gedankenaustausch eben falls günstig gegenüber, ist aber der Ansicht, daß der Ort der Zusammenkunft noch zum Gegenstand von Erwägungen gemacht werden soll. -i- Der neue französische Abrüstungsplan erst Ende Oktober vor dem Abrüstung«-* üro? Paris, 9. Oktober. Der neue französische Abrüstungsplan, der in Genf vom Kriegsminister Paul Bvncour in gemeinsamer Zusammenarbeit mit Benesch und Politis ausgearbeitet und in der vergangenen Woche Herriot übermittelt worden ist, wird kaum vor Ende dieses Monats dem Abrüstungsbüro vorliegen können. Man betont in politischen Kreisen, daß der oberste Rat für Landesverteidigung sich nicht vor dem 17. Oktober mit diesem Plan befassen könne, da Paul Bvncour als Präsident des Lan desverteidigungsrates höchstwahrscheinlich bis zu diesem Zeit punkt durch die Arbeiten des Völkerbundsrates in Genf zurück- gehalten werde. * Österreich und die deutsche Gleichberechtigung^ forderung. Zu der französischen Mitteilung, daß der ständige Ver treter der österreichischen Regierung beim Völkerbund, von Pflügl, einen Schritt beim französischen Kriegs minister Paul-Boncour unternommen habe, bei dem die österreichische Beunruhigung über die Behandlung der Ab rüstungskonferenz durch die Großmächte außerhalb Genfs zum Ausdruck gebracht worden sei, und wonach sich die österreichische Regierung dem Vorgehen der französischen Bündnismächte angeschlossen habe, wird von unterrichteter Seite erklärt, daß diese Nachricht nicht zutreffe. Richtig sei vielmehr, daß Herr von Pflügl gelegentlich eines Gesprächs mit Paul-Boncour erklärt habe, daß Öster reich ebenfalls Wert daraus lege, eingeladen zu werden, falls die kleinen Staaten zu der geplanten Fünfmächte besprechung in London eingeladen werden sollten. Im übrigen stehe Österreich in der Gleichberechtigungssrage aus dem gleichen Standpunkt wie Deutschland. über den Ort der Besprechung ist bei dieser Gelegen heit nicht gesprochen worden. Paris macht weiter Schwierigkeiten In Paris wird die Londoner Meldung, nach der Frankreich amtlich seine Zustimmung zu der Fünfmächte- konferenz erteilt habe, zunächst noch nicht bestätigt, obgleich eine Havasmeldung aus London vorliegt, nach der die französische Regierung angeblich erklärt habe, daß sie für eme Konferenz dieser Art sei und daß noch über den Ort dieser Konferenz verhandelt werde. An zuständiger französischer Stelle verhält man sich in dieser Angelegenheit außerordentlich zurückhaltend, und betont, daß die Londoner Formulierung der französischen Ausfassung jedenfalls nichts den Tatsachen entspreche. Es sei wohl möglich, daß französischerseits gesprächsweise der von England geplanten Konferenz zugestimmt worden sei, jedoch immer im Hinblick auf Genf, das von vorn herein als geeigneter Rahmen bezeichnet worden sei. -i- Ltnier vier Augen. Abrüstungsbesprechung zwischen Herriot und Macdonald. Der englische Botschafter in Paris, Lord Tyrrell, unterrichtete den französischen Ministerpräsidenten Her riot von der Antwort der N e i ch s r e g i c r u n g aus die englische Einladung. Herriot, der in folge der Annahme der englischen Einladung durch die Reichsregierung in eine heikle Lage gekommen ist, hat in der Unterredung den Gedanken einer Aussprache mit Macdonald aufgegrifsen und sich bereit erklärt, zu diesem Zwecke na ch L o n d v n z u r c i s e n. In unterrichteten Kreisen nimmt man an, daß Herriot am Mittwoch in London eintreffen und noch am Mittwoch abend und am Donnerstag mit Macdonald Fragen der Abrüstung besprechen wird. * Auch Pari» nennt Mittwoch als den Tag der Zusammenkunft Herriot MaeDonald Paris, 9. Oktober. Obgleich in amtlichen französischen Kreisen über die beabsichtigte Reise Herriots nach London streng° stes Stillschweigen bewahrt wird, erklärt man in politischen Krei sen, daß die Zusammenkunft zwischen dem englischen und dem französischen Ministerpräsidenten voraussichtlich am Mittwoch oder Donnerstag stattfinden werde. Der Plan dieser Zusam menkunft fei merkwürdigerweise nicht beim ersten Besuch Lord Tyrells bei Herriot am Sonnabend nachmittag ausgetaucht, son dern erst bei der zweiten Unterredung am Sonnabend abend. Am Sonnabend nachmittag habe Lord Tyrell den Ministerpräsi denten lediglich über die Antwort der Reichsregierung unter richtet und sich nach der Haltung erkundigt, die die französische Regierung nunmehr einzunehmen gedenke. Als Herriot nach wie vor seinen ablehnenden Standpunkt vertreten habe, sei Tyrell im Laufe des Abends noch einmal bei Herriot erschie nen, um den Gedanken einer persönlichen Aussprache zwischen den Ministerpräsidenten der beiden Länder aufzuwersen. In Regierungskreisen erklärt man, die wohlwollende Hal tung, die Herriot gegenüber diesem Gedanken eingenommen habe, beweise zur Genüge, daß er sich persönlichen Verhand lungen zu zwei, vier oder acht Staatsmännern nicht entziehen wolle. Die einzigen Vorbehalte, die Herriot gemacht habe und immer wieder mache, seien die, daß es nicht angehe, dem Völ kerbund oder der Abrüstungskonferenz das Vorrecht zu neh- indem man Beschlüsse über Fragen fasse, die die Militärklauseln des Versailler Vertrages angingen und damit ausschließlich dem Völkerbund beziehungsweise der Abrüstungskonferenz zuständen. llm die sozialpolitischen Maßnahmen. Das Reichskabinett hat sich mit den von deutschnationaler Seite gestellten Forderungen auf Auf hebung der am 15. Juni notverordneten Kürzungen der Renten und Unterstützungssätze beschäftigt, ebenso mit dem Anträge, die allgemeinen Unterstützungssätze für den Winter zu erhöhen. Beschlüsse hat das Reichskabinett nicht gefaßt. Was die Reichsregierung in dieser Rich tung tun will, darüber soll eine Rede Aufschluß geben, die der Reichskanzler am Dienstag in München rn einer Versammlung der bayerischen Industriellen halten wird Was bisher von maßgebenden Stellen verlautet, gibt'wenig Aussicht dafür, daß die gewünschte Auf hebung der Kürzung erfolgt. Man weist an zuständigen Stellen darauf hin, daß z. V. allein die Aufhebung der Kürzung der Invalidenrenten dem Reiche eine monatliche Mehrausgabe von 20 Millionen Mark brachte. Es sei sehr unwahrscheinlich, daß die Reichsfinanzen jetzt schon diese Mehrausgaben tragen könnten. In Aussicht gestellt wird dagegen eine Erhöhung der Unter stützungssätze in der Arbeitslosenversicherung. Man geht dabei von der Erwartung aus, daß die Mehreinstellung von Arbeitskräften doch so stark fern werde, daß sich eine merkliche Entlastung in den dbusgaben für Arbeitslose einstelli und daß ferne-, eine Mehreln- nahme an Sozialbeiträgen erzielt wird, so daß Mittel für die Erhöhung der Unterstützungssätze zur Verfügung ständen. Die Aussicht für eine Entwicklung m dieser Richtung werden offenbar an den maßgebenden Stelten