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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz Md die Gemeinde Ohom bestimmten Plätzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den Erscheinungstagen bis norm. 10 Uhr aufzugeben. - Verlag: Mohr K Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann u. Gebrüder Mohr. Hauptschriftleiter: Walter Mohr, Pulsnitz; Stellv.: Walter Hoffmann, Pulsnitz. Verantwortlich für den Heimatteil, Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, Pulsnitz; ^r Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. D. A. H: 2280. Geschäftsstellen: Albertstr aße 2 und Abolf-Httler-Straße Fernruf S18 und SSO Der Pulsnitzer Anzeiger ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast zu Kamenz, des Radikales zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amts gerichts Pulsnitz, sowie des Finanzamtes zu Kamenz Nr. 241 Mittwoch, den 14^ Oktober 1936 88. Jahrgang Diese Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. Der Bezugspreis beträgt bei Abholung wöchentlich 45 Rpf., bei Lieferung frei HauS A Rpj., Postbezug monatlich 2.80 RM. Im Falle höherer Gewalt oder- sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Rückzahlung des Bezugspreises. — Preise und Nachlaßsätze bei Wiederholungen nach Preisliste Nr. 8 — Für das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an Der rote Bolksbetrug Kundgebungen der betrogenen Arbeiter gegen die Madrider Negierung Angesichts des erfolgreichen Vormarsches der natio nalistischen Kolonnen wird die Lage in Madrid immer bedrohlicher. Fast täglich finden in der spanischen Haupt stadt Ansammlungen von Arbeitern statt, die gegen den Vollsbctrug der roten Regierung protestieren. Die Ar beiter verlangen, dass die Regierung für die rückständigen Löhne auskommc. Tausende sind in den letzten Tagen aus der Hauptstadt geflüchtet, um sich vor dem Schreckensregi ment der Roten in Sicherheit zu bringen. Krauen und Kinder als Arbeitssklaven Die Besatzung des marxistischen Kreuzers „Jaime I" veranstaltete in den Straßen von Bilbao Kundgebun gen gegen die rote Regierung, weil sie bei einem Bom bardement des Kreuzers durch nationalistische Flieger keine roten Abwehrflieger eingesetzt hat. Die Lage Bil baos Wird als verzweifelt bezeichnet, die Bevölkerung ist völlig demoralisiert durch die ständigen Luftangriffe. Der Innenminister der Madrider Regierung hat eine neue Verordnung erlassen, durch die die Arbeitslosen ge zwungen werden, an den Notbefestigungen zu arbeiten. Auch Frauen und Kinder sind für diese Fronarbeiten her angezogen worden. Angesichts der Kohlcnknappheit ist ein Kohlcnausschuß eingesetzt worden. Kohlen sind nur zu Wucherpreiscn zu haben. Llniformverbot in England? Die englischen Blätter wendeten allgemein ihre Auf merksamkeit der Kabinettssitzung am Mittwoch zu, die sich auch mit den Zusammenstößen und Unruhen im Castend befassen wird. Der politische Korrespondent der „Mor- ning Po st" meint, es dürften Vorbeugungsmaßnahmen beschlossen werden, worunter beispielsweise das Uniform- Verbot fallen könnte. Vielleicht passe man auch das Gesetz über die Abhaltung öffentlicher Versammlungen den heutigen Zuständen an, und zwar indem man der Polizei größere Machtvollkommenheit zum Eingreifen gebe. „Daily Mail" meint, daß neben dem Uniformvcrbot ein sechsmonatiges Verbot aller politischen Märsche und Straßendemonstrationen besprochen werden konnte und eine Verschärfung der Strafen für alle, die sich Gewalt tätigkeiten hätten zuschulden kommen lassen. „Daily Expreß" meint, die Regierung werde alles ängstlich vermeiden, was nach einer Unterdrückung der öffentlichen Meinungsäußerung aussehen könnte. Caballero „Chrengottloser" Zerstörung aller Kirchen gefordert. Moskau hat wieder einen neuen Beweis für seine Kultur- und Christentumfeindlichkeit geliefert. In einem Appell des Leiters der Gottlosenbewegung heißt es: „Wir wollen alle Kirchen der ganzen Erde in ein rie siges Meer von Flammen stürzen. Unsere Gottlosenbewegung ist eine unerhörte Macht geworden, die alle religiösen Gefühle vertilgt. Diese Bewegung ist eine der wichtigsten Zweige unseres antireligiösen Klassen kampfes. Wir müssen unser antireligiöses Werk, das die Grundlagen der alten Welt untergräbt, noch verstärken. Die Gottesdiener aller Bekenntnisse sollen wissen, daß kein Gott, lein Heiligtum, keine Gebete die Welt des Kapita lismus vor dem Untergang retten werden." Der Zentralrat der Moskauer Gottlosen hat außer dem telegraphisch den Ministerpräsidenten der roten Ne gierung in Madrid, Largo Caballero, zum „Ehren- gottlosen" ernannt. Blutige Drohung -er Anarchisten Paris, 14. Oktober. Reisende, die aus Madrid in Perpignan cingetrosfen sind, erklären, die Anarchisten hätten gedroht, daß sie, wenn die Truppen General Francos vor Madrid erschienen, ZehnMuscndc von Gei seln in den verschiedenen Gefängnissen der Stadl umbrin gen und die wichtigsten Gebäude mit Dynamit in die Lust sprengen würden. Die Vorhut der Nationalisten ist auf der Hauptstraße Talavera—Madrid bis 50 Kilometer vor die spanische Hauptstadt vorgedrungen. Eine andere Abteilung ist auf einer Nebenstraße in nördlicher Richtung etwa ebensoweit vorgerückt. Der Widerstand der Marxisten ist an diesem Frontabschnitt trotz zahlenmäßiger Stärke nur schwach, da die Milizen den Mut verloren haben und die Befehls leitung äußerst mangelhaft ist. Vor allem fehlen höhere militärische Führer an der Front. Panikstimmung in Madrid Dre letzt« Bombardierung von Madrid durch drei katio- nalistisch« Bombengeschwader und zwei Jagdstaffeln war von ungewöhnlicher Heftigkeit. Die Angreifer belegten besonders die roten Kasernen und Munitionsfabriken und verschiedene Ansammlungen roter Milizen mit zahlreichen Bomben. Man konnte deutlich beobachten, daß Lie Bombardierung eine große PMk verursacht hat. Flüchtlinge ans Madrid berichten, Laß das Herannahen Ler Nationalisten zu einem deutlich erkennbaren Stimmungs- umschwung geführt hat. Man sähe in letzter Zeit viel weniger rote Abzeichen und Fahnen. Zahlreiche Angehörige der roten Miliz versteckten sich und wollten nicht an Lie Front gehen, weil es doch „zwecklos" sei. Auf sämtlichen Baustellen seien Lie Arbeitsgeräte für die Befestigungsarbeiten beschlagnahmt worden. Außerdem seien für solche Arbeiten auch Sonder- trupps gebildet worden. Der Innenminister habe einen Spionageausschuh eingesetzt, der aus übelbeleum- deten Weibern und gemeinen Verbrechern be stehe. Moskau versucht es noch emmal „Vorschläge" zur Durchführung der Nichteinmischung Der sowjetrussische Geschäftsträger reichte in London beim Nichteinmislyungsausschuh eine Note ein, in der er alle Behauptungen über angebliche Verletzung des Nicht einmischungsabkommens zugunsten der spanischen Nationa listen wiederholt, „Vorschläge" zur Durchführung der Nicht- einmischung macht und einen baldigen Wiederzusammentritt des Ausschusses fordert. Oegrelles pariser Reife unterbunden Paris, 14. Oktober. Dem belgischen Rexistenführer Degrelle, der an einem Banketi in Paris teilnehmen wollte, wurde in ungewöhnlicher Form die Einreise nach Frankreich untersagt. Degrelle hatte in Brüssel den Zug nach Paris bestiegen. Bei der Paßkontrolle wurden keiner lei Beanstandungen erhoben. Auf der Station Aulnoy, dicht hinter der belgischen Grenze, ersuchte ein franzö- sicher Polizeibeamter den Rexistenführer, sofort auszu- steigen, da gegen ihn ein Aufenthaltsverbot vorliege. Der Beamte stellte gleichzeitig Degrelle eine entsprechende Ver lautbarung des französischen Innenministeriums zu. Der Rexistenführer mußte bis zum Eintreffen eines Zuges, der ihn nach Brüssel zurückbringen konnte, unter Be wachung auf dem kleinen französischen Bahnhof warten. Schuschnigg löst die Sturmscharen ans Bundeskanzler Schuschnigg hat als Führer der Ostmör- kischen Sturmscharen einen Aufruf an die Mitglieder gerich tet, aus dem hervorsieht, daß diese Organisation vollständig, auch als Zioilorgamsation, aufgelöst wird. Die wehrhaften Kameraden werden aufgefordert, sich bei der Frontmiliz zu melden. Geist von Toledo Der Verteidiger des Alkazar schildert die Belagerungs- zeit. Der heldenhafte Verteidiger des Alkazar, General Jose Maria Moscardo, empfing den Sonderbericht erstatter des DNB. zu einer ersten Unterredung, die der General ausländischen Pressevertretern gewährte. Das graufahle, faltendurchfurchte, nervöse Gesicht des Gene rals verrät unerhörte Leiden, Berantwortungslast, Ent behrungen und persönlichen Kummer, aus den Augen aber fpricht der Stolz, an der Spitze spanischer Männer und Jünglinge durch den Geist von Toledo der Welt den Siegeswillen und die Kraft des neuen nationalen Spaniens gezeigt zu haben. Man steht angesichts des Trümmerhaufens, dessen Maucrblöcke von Sprengstüüen tausender Granaten über sät sind, wir vor einem Wunder, daß 1600 Menschen diese Hölle 70 Tage habe» ertragen können. Die Verteidigung wurde bestens organisiert unter dem Gesichtspunkt des längsten Durchhaltens bei größter Schonung der Menschen. Auf dem Dach des Alkazar waren ständig Posten aufgestellt, die jeden Artillerieschuß, jede Bonibe und jeden Angriff durch Hornsignal ankündigten, fo daß die Besatzung stets rechtzeitig in Deckung gehen konnte. Ans diese Weise wurden die Gesamtverluste trotz stärkster Beschießung, trotz Bombenabwurf und Minen sprengungen begrenzt. Die ersten vier Wochen stellten die stärkste Nervenprobe dar, weil wir völlig von der Außenwelt abgeschnitten waren und auch kein Empfangs gerät besaßen. Ein Ausfall der tapferen Besatzung brachte uns mehrere elektrische Batterien, mit deren Hilfe das Empfangsgerät dann in Betrieb gesetzt werden konnte. Wir hörten den Sender Burgos und nachts die spa nische Kurzwellensendung aus Berlin, die uns über die wahre Lage aufklärte und unseren Willen zum Durch halten stärkten. Da wir keine Streichhölzer hatten, unterhielten wir eine ständige Feuerwache. Unsere einzige Beleuchtung bestand aus Kerzen, die wir aus Pferdetalg gegossen hatten. Wir danken dem Himmel, daß sich zufällig 120 Pferde und Maulesel in den Stallungen befanden. Sie waren unsere Hauptnahrung. Bei der Befreiung waren nur noch fünf Maulesel übrig. General Moscardo führte den Berichterstatter dann in die Kellergewölbe, durch Stal lungen, durch das Frauenquartier, durch das Hospital nach der Schwimmhalle. Inmitten dieser Halle steht ein rie siger Maucrblock. Der General entblößt sein Haupt und erzählt mit bewegter Stimme: „Wochenlang haben wir hier das Wasser getrunken, als es versiegte aus Brunnen und Notbrunnen. Da ein Begraben unserer Gefallene» »»möglich war, haben wir die toten Helden hier in der Schwimmhalle zum letztenmal in Reih und Glied gelegt und blutende» Herzens mit Kalk und Zement schichtweise cingemauert. Wir grüßen die Toten mit erhobenem Arm." Nach einem stillen Gedenken reibt sich der General die feuchten Augen. Wir steigen aus der unerträglichen Luft des Leichengewölbes wieder an das Tageslicht. Der Berichterstatter fragt den General nach den, Schicksal der eigenen Familie. Leise und stockend kommt die Antwort: „Meine Frau und ein Sohn sind während der ganzen Belagerung in Toledo bei Wasser und Brot gefangen gehalten worden. Sie sind nun befreit. Ein Sohn ist an der Front, ein Sohn in dem von den Roten besetz ten Gebiet verschollen. Und hier die Geschichte meines letzten Sohnes: In den ersten Tagen der Belagerung, als der Fernsprecher noch arbeitete, rief mich die rote Kommandantur an und forderte mich zur Ucbcrgabe aus, anderenfalls mein in ihren Hände» befindlicher Sohn erschossen würde. Zum Beweis ließ man »leinen Sohn an den Apparat