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Freitag, 18. Oktober Ißll Uttn 4000 ndlnki »iiititiii Rr.Aiü. Sechster Jahrgang. 5luer Tageblatt und Anzeiger Mr das Erzgebirge 0»rantwo,tlich»r Redakiem felt» Rrnkoick -'s di« Inserat» verantwortliche M»lt,r klr»o» Seide in Au« i. Erzaed. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: üuer Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Aumahm, der Sonntag» nachmittag» von »—r VH«. — Telegrannn-Ndreff«! Tageblatt Nne«qg»oiror Fmch»nch« »» Für unverlangt eingesandt» Manuskript* kann Sewihr nicht geleistet werden. Druck und Verlag ilgev vknc». n ve,!-g»-S—0»ckwv m. b. kf. in Nu« i. Lrzgeb. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei in» Hau, monatlich so 0fg. 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Lüsternem wurve em Beschluß angenommen, das Sviphantaefrst in seiner bisherigen Gestalt betzubehalten. * eire iv München akg balleuc em beluchie Versammlung unter dnn Vorsitz de- F-eiherrnvon PeLmann beschloß e i nst i m nr» u die Gründung einer bayerischen Reich Spart et. Die Pariser Presse zeigt sich über de» Abschluß de» ersten Teil« te» Marokkoüdereinkommen» sehr be friedigt. Nachrichten au» Tripoli» besagen, daß der Oberbrfehl»» hader der türktschen Truppen Unterhand lungen augeknüpft hat zur Kapitularien sämt licher Truppen an die Italiener. » In Han kau haben SOOO Mann Truppen rebelliert. 300 Mandschu» wurden getötet. Die Rebellen ver suchten, die Sisenbahn zu zerstör»«, um die Zu - fuhr neuer Truppentransporte abzu- f ch n e i d e n. Reform ves Prozeßverfahrens. >0? In Berlin hat sich wieder einmal eine, jener Senfa- tionsprozesse abgespielt, die bedauerlicherweise fast immer «inen Beweis dafür erbringen, in wie hohem Maß» unser heutige» Pro zeßverfahren einer Reform b«darf. Kaum in einem ande ren Lande wäre ein» derartig« Hinüb erspiekung aus ein im Grund« kaum zu der eigentlichen Angelegenheit gehörende» Ge- biet möglich. Nur in Deutschland wird infolge der Lüö-^ de, Gesetzgebung «in derartiges Verfahren -«liebt, Auf der anderen Seit« kann man «» den Verteidigern Nicht verdenken, wenn st« dies« Mängel au-nutzen, um ihren Klienten möglichst rein -u waschen und «inen Freispruch oder -um Mindesten «in» Mild«, rung der drohenden Straf« herbetzuMren. Bei dieser Methode geht man in erster Linie darauf hinauf die Glaubwürdig keit der Hauptbela st ungsz«ugen-u erschüttern, ein Verfahren, das an und für sich durchaus berechtigt ist. Leider geht man hierbei nur zu weit und scheut sich nicht, nicht genehme Zeugen vor aller Oeffentlichkeit blos zustellen. In dieser Hinsicht bedeutet der Prozeß Metternich fast den Gipfelpunkt de» bisher dagewesenen. Wurde doch der Eindruck erweckt, al» ob der Prozeß nicht gegen den Grafen Metternich, sondern die Familie Wortheim gerichtet sei, der 7 Familien wäsche vor der ganzen Oeffentlichkeit ausgebreitet wurde. Man könnte nun sagen, die Pr'ess« hätte es nicht nötig gehabt, all das Widrige zu veröffentlichen. Leider aber ging das nicht an, da die Auskolkung der Vorkommnisse in dem Haus« Wertheim durch die Verteidigung als da» wichtigste Glied der Gegenbeweisführung verwendet wurde, sodaß man nicht glatt da. rüber hinwegkommen könnt«, Hinzugofügt sei indessen, daß die anständig« Presse dabei viel«, gemildert Und di« anstößig sten Sachen, die dabet zur Sprache gelangten, Nicht einmal «i». dergrg«b«n hat. Und es läßt sich fernerhin nicht leugnen, daß sowohl der Borsitzend« de» Gerichtshöfe», wt« auch de, Staatsanwalt nicht immer aus d«, Höh« standen. Als mildernder Umstand jedoch kann für st« in Betracht gezogen wor den, daß st« durch da» «igenartig« Verfahren der Verteidigung immerhin zuweilen gereizt wurden, und daß q, für st» schließlich infolg« der lückenhaften Gesetzgebung auch «in« Grenz« gab, die st« daran hinderte, mit Energie einguschreiten und dis Abschwei fungen <vom eigentlichen Thema zu verhindern. In Juristen, kreif« nist man darum mit R^ht über da» beobachtete Prozeß verfahren ziemlich verstimmt, und e» ist daher im Interesse de» Ansehen, des Anwaltstande, durchau» zu begrüßen, wenn ein Teil der Berliner Anwaltschaft unter der Führung «ine» bekann- ten Kriminalisten eine öffentlich» Kundgebung vor- bereitet, di« sich gegen di« Art der Verteidigung im Metternich, prozeß richtet. In erster Lini« will man dagegen protestieren, daß so, wi« e» hier geschehen ist, di« internsten Familienverhält. Nisse in einen Prozeß hineingezogen werden. Ferner wendet man sich dagegen, daß Gespräche, di» zwischen Richtern und Verteidi gern «vor der Hauptverhandlung geführt wurden, in dieser spä ter -um Gegenstand do» Erörterung dienten. Tatsächlich bietet der Prozeß «in» Meng« Material für ein» grundlegende Reform d«, Prozeßverfahren», im besonderen nach der Seit« der Zeu- g«nv»rn«hmung, hin. E» wär« zu wünschen, daß für eine Lenderung de» verfahr««» auch di« in dem letzt«» Sweatt««- prozeß gemachten Erfahrungen -«nutzt roürdmb Urteil im Mett«rnichP«*F. Nach mehr al« dreistündiger Beratung perkündst» gest«ro nachmittag der Vorfitzende da, Urteil. De, Angeklagte wurde in drei Fällen de» Betrug, schuldig erachtet. Er erhielt für den Fall Gustk« drei Monat« Gefängnis, für den Fall Horch fünf Monate und für den Fall Riesch vier Monate, die zu einer Straf« von neun Monaten -usamm«ng«faßtwurden, von denen s« ch » M 0 aateal» durch die erlitten« Untersuchungshaft verbüßt erachtet werden. Di« Kosten de« Verfahren» wur den, soweit Freisprechung erfolgte, der Staatskasse auferlegt. Der Angeklagte erklärte sofort nach Verkündigung de» Artet-», von dem Rechtsmittel der Revision Gebrauch machen zu wollen. —- In der Begründung de« llroitl» führt« der Vor. fitzende au», daß der Angeklagte in den feinsten und teuersten La. kalen und in Nachtlokalen mit der weiblichen Halbwelt verkehrt und dort in einer Nacht ebensoviel Geld «»»gegeben hab«, wi« eine Arbeiterfamilie kaum in einem Monat auszugeben vermöge. Um sich di« nötigen Gelder zu verschaffen, hatte der Angeklagte groß« Schulden gedmacht und Wechsel ausgestellt, obwohl «r wußte, daß er diese «nicht einlösen könn». Der Gerichtehof hat aber trotz, dem in den meisten Fällen auf Freisprechung erkannt, da «r in diesen Fällen nicht «in« direkt» Vorspiegelung falscher Tatsachen für kestgrstellt erachtet. In den Fällen Gustk«, Horch und Riesch Hai dagegen der Gerichtshof «in« direkt« Vorspiegelung falsch« Tatsachen für festgestellt erachtet. Bet der Strafzumessung hat der Gerichtshof di« Jugend de, Angeklagten und den Umstand, daß er von seiner Familie verlassen «ar, in Erwägung gezogen. Strafschärfend kam dagegen in Betracht di« Höh» d»r Summe« und da» schwelgerische Leben de» Angeklagten. Der Krieg «m Tripolis. Der offiziös bediente Torrier« glaubt zu wissen, daß all« Vorbedingung«» für die rasch» Herbeiführung ein«, Friedensschluss»» in diesem Augenblick gegeben seien. Italien sei bereit, unter den bekannten Voraussetzungen — ba- dingungslose Einverleibung Tripolitanien» — den Friedens- aktionen durch Deutschland näher zu treten. Di» Hauptschwierig keiten aber beruhen in d«n ungeheueren Truppen-Konzentratto- nen der Türket an d«n Gren-en Griechenland», Montenegro» und Bulgarien». Auch di, regierungsfreundlichen Organ» Italien, betonen den Wunsch der Leitung der auswärtigen Politik, mit I« SM» LLwMbrr- M dir mit vliliiltil 1. t llllji.*! Der Oberer-gebirgifche Verein für Luftschiffahrt tauft« am 8. Oktober d. I. seinen ersten Ballon Schwarzenberg und anläß. lich dieser Tauffeier veranstaltet« er »in» interne Wettfahrt, an der außer dem Täufling die Leiden gleich großen Ballone Htld« und Ilse teilnahmen. Di« Füllung der Ballon«, die mit Wasser- stoffgas, erzeugt in den Wasserstoff, und Eauerstoffwerken in Schwarzenberg in Sa. erfolgte, ging trotz der oft heftigen Wind, flöße sehr glatt von statten, dank der umsichtigen Leitung de, Starters, Herrn Nellen. Bald waren di« drei gleich großen Ballons, jeder SSV Kubikmeter Da, fassend, gestillt und zur Ab reise fertig. Der Täufling, in dessen AorÄ neben dem Führer Ingenieur L«hn»rt au» Dresden der Besitzer, Herr Bankier Bauer au» Schwarzenberg, mit Gemahlin Platz genomnxn hatten, wurde nach einer schwungvollen Rtde getauft. Sofort nach der Tauf« ging man an das schwierig« Abwiegen und nach kurzer Zett erhob sich uns«r Fahrzeug rasch in die Lüft«. Froh, daß er frei geworden, zog «r mit dem kräftigen Wind« dahin. Nach wenigen Minuten schon wurde etwa LOO Meter über dem Erdboden der herrlich gelegene Ort Schlettau i. Epzg. über flogen. vor un» lagen die beiden enganetnander grenzenden schön«» Gebirgsstädt« Buchholz und vnnaber,. Zwischen Leiden hindurch steuerte der Ballon dem PLHlL»rg zu, de« in «ringer Höh« überflogen wurde, vis hierher hatten wir acht zehn Minuten Fahrzeit, mithin «in« StundengSschwtNdigckeit von über SO Kilometer erreicht, denn der PählLerg liegt vom Aufstirgplatz etwa 1v Ktlom»t«r wett entfernt. Hinter dem PöhlLerg bekamen wir «in« «twa» östlicher» FahrtriSMng, di» uns über weit«, im herbstlichen Schmuck stehend« und Warum in allen Farben prangende Waldungen und große WiWrflächen trieb. Nur vereinzelt sahen^wir jetzt Häuser und uni« un, hat ¬ ten wir für länger« Zeit keinen größeren Ort. Erst 1 Uhr LS Minuten standen wir in etwa 1V00 Meter Höh« wieder Über «in« größeren Ortschaft, d»m böhmischen Gebirgsstädtchen Kathari. nenL « rg. Bor un, lag da, böhmische Mittelgebirge, von dem sich ganz besonder» scharf, der BorschenLerg bei Biltn und der MtllSschauer abhoben. Ein« ganze Anzahl größerer Städte sahen wir in w«tt«r Ferne und «in« groß» Stadt; es war Teplitz. Nach kurzer Zett kreuzten wir da« am Fuße des Erzgebirge» lie- gende Oberleutensdorf und 10 kMnuten später bereit» die Stadt Ossegg Der Anblick des Erzgebirge» von hier au» war reizend und bei dem klaren Wetter genossen wir eine selten schön« Fernsicht. Kurz vor Ossegg wendete sich der Wind und wir wurden, als Sb unser Fahrzeug un» alle grHeren Städte zeigen wollte, gegen Dur getrieben. Wenige Kilometer hinter Dux ging die Fahrt wieder nach Teplitz zu und wohl au» dem Grund», «weil es die bisher größte Stadt war, di» wir überflogen, ver langsamt« sich di« Windgeschwindigkeit, um uns ja recht ein gehend den schönen deuSsch-böhmischen Kurort mit seinen herr lichen Parkanlagen -«trachten zu lassen. Wir erinnerten un, da-et lebhaft daran, daß auch von dieser Stadt am gleichen Tag« der bewährt» Ballon Dresden aufgestiegen war, d»r nach einer schnellen Fahrt von wenigen Stund»» an der russischen Grenz« landet«. Bon den mitgenommenen Brieftauben hatten wir Le- reit» «tner di» Freiheit gegeben und wir schritten dazu, die zweit« Taub, mit «tner entsprechenden Nachricht zu versehen und sie nach dem Aufsti«g»ort zurückfliegen zu lassen. T» ist sehr originell zu beobachten, wie sich so ein freigegebene» Tierchen benimmt. Zunächst fällt «s förmlich au» dom Ballon Hera-, dann aber zieht es Lald «roße Kreis« und schon nach kurzer Zett hat «s die Flugrichtung erspäht. Dann gibt', keinen Kalt mehr, Lald ist di« Taub« den Blicken der Ballonfahrer entschwunden, di« mit ihr Grüße und Mitteilungen nach dem Aufstiegsort» senden. Di« nächste größer« Stadt, die wir sehen konnten, «ar da, an der Glb» gelegen« Anssi». Im Inneren wünschten wir vn, auch diesen Ort -u «berfliegea, aber der wind ' i.n nicht zu «ollen, denn wir trieben mehr nach Osten ab. Al» ob unser braver Täufling unsere Gedanken erraten hätte, ändert» er aber mn« plötzlich oh« ersichtliche» Anlaß, d. h, ohn» daß wir di. Ballon, wenig» Kilometer vor Beiksen, scharf n also sein» bisherig« Fichrtrichtung attfaab. Gr nicht den Fahrzeugen, schwerer al» di« Lickt, di, tttrtea, Kontur«« bereiten. E, «ar allo -un fromm gehegten Wunsch« vorbei. Nach HM i flogen «tr sodann regen tz Uhr 10 Minuten di« < und den wett bekannten norvböhmstchen Wallst ,pokitz. K»M Seit spät« LchwdeN.wtt'HW, Höhenlage geändert hatten, feine Fahrtrichtung und so kam es daß wir gegen schS Uhr Türmitz und wenig« Minuten später Aussig selbst in «twa 1400 Meter Höh« überfliegen konnten, von hier au» genossen wir wiederum nach allen Richtungen «ine gan- reizend« mit Worten nicht -u schildernd« Aussicht, vor un» in ' der Fahrtrichtung lag der viel gewundene Glbstrom; in «eiter Ferne hinter größeren Städten hohe Berg« und Felsgruppen — die Sächsische Schweiz; gegen Norden der von oben ganz winzig erscheinende Hohe Schneeberg und di, mächtig hevvortretenden Tissaer Wände; gegen Westen der Kamm des Erzgebirge» und davor eine große Anzahl «nganeinander geschmiegter Ortschaften; gegen Süden zunächst die Ruine Schreckenstein, dann in weiterer Ferne hinter großen Waldungen di« Stadt Leitmerttz und da hinter wiederum die Berg» de, böhmischen, Mittelgebirge,. Unser Fahrzeug selbst überquert» nun manch retzende» Tal und manche schöne Ortschaft in überaus gebirgigem Terratm Die Farbenpracht der Wälder — rötlich erscheinende Buchen und Eichen neben dunkelgrünen Nadelbäumm und gerb«, Laub tra genden Birken — läßt sich nicht beschreiben. Tine derartige Herbst, färbung mit tiefblauem Himmel und in der Fern« am Horizont ' sich Lallenden Tumultwollen vom Ballon au, genießen -u kön nen, bleibt unvergeßlich. Unweit Topkowttz überschritten «tr di« Elbe und flogen dann dem langgestreckten Ort vottsdors in Böhmen entgegen. Di« da» Fahrzeug nun tnneha-ende Windrichtung führt« un», wt« wir un, aus der Kart« überzeugen konnten, nach dem Lausitzer Gebirge und direkt nach Zittau. In dieser Stadt war am gleichen Tag« «in, Flugveranstaltung, wa» un» den Grund zu unserem Entschluß gab, di« T«ilnahm« an d«r Wettfahrt auf- zugtLen und unser« Fahrt möglichst Li, Zittau auezudehnen. wir hatten kaum den eben erwähnten Gnckchluß gefaßt, al, unser - — ' " Osten abbog,iM llt« schetnLar Zittau debu- t mit »NsM