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für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Gerichtsamt nnd den Stadtrath zu Wilsdruff. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei mal, Dienstags u. Freitags und kostet pro Quartal 1 Mark. Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag 12 Nhk. 67.Freitag, den 24. August 1877. Tagesgeschichte. Berlin, 20. August. Die „Cöln. Ztg." enthält ein Telegramm aus Constantinopel, 16. August, worin es heißt: „Man erzählt sich hier in diplomatischen Kreisen, Savullah Bey habe aus Berlin an die Pforte telegraphirt, daß seine Vorstellungen über die russischen Greuel von dem Berliner Cabinet höchst ungünstig aus genommen seien." Die Berliner „Nordd. Allg. Ztg." bemerkt hierzu: Nach unserer Kennlniß der Sachlage dürste Letzteres richtig sein. — In der heutigen „Post" lesen wir hierüber noch Folgendes: Als der Sultan den Mr. Layard, Vertreter der britischen Negierung in Constantinopel, ersuchte, durch die Königin Victoria und deren Regierung Abstellung der von russischen Truppen begangenen Grau samkeiten zu erwirken, wandte die Pforte sich gleichzeitig mit ähnlichem Anliegen auch an die übrigen Großmächte, weiche jedoch sich weniger willfährig als Lord Derby zeigten, der den keineswegs erwiesenen Beschuldigungen der Pforte nur zu geneigtes Gehör schenkte. Unter den Regierungen, welche jede Einmischung im Interesse der Pforte ablehntcn, soll die Reichsregirung am entschiedensten gewesen sein, denn wie nach der „Weser-Zeitung" verlautet, ist die ihrerseits er folgte Weigerung in sehr bestimmten Ausdrücken gefaßt gewesen. Etwas Aehnliches wird der Königsberger „Harlung'schen Zeitung" Von hier geschrieben. Danach soll, als Vie vielbesprochenen türkischen Anklagen, die russtschen Truppen verletzten die völkerrechtlichen Ver träge und die Gebote der Humanität, in Cours gesetzt wurden, von England ans hier eine vertrauliche Anfrage erfolgt sein, ob es sich nicht empfehle, einen Collcctiv - Protest gegen Rußland zu erlassen; wie es heißt, sei dies Ansinnen von Seilen der deutschen Negierung aber energisch zurückgcwnscn worden. Ein Korrespondent der „Daily News," denen man gerade keine besondere Vorliebe für die Nüssen vorwerfcn kann, erzählt Entsetz liches von dem Gemetzel, das die Türken nach Abzug der Nüssen aus den Städten am südlichen Abhange des Balkan unter den Christen angerichtet haben, während die türkische Regierung nur von Kränkung der Türken etwas weiß. In Eski-Sagra, so erzählt der Korrespondent der „D. N." nach Berichten, die er empfangen hat, begannen die Türken nach dem Abzüge der Russen ein fürchterliches Gemetzel. Es wurde verkündet, daß jeder Christ, der sein Haus verlassen werde, er schossen werde» würde. Sie blieben zu Haus, um eilten noch schreck licheren Schicksal zu verfallen, denn sie wurden in ihren Wohnungen verbrannt. Alles christliche Eigenihum wurde verbrannt und zerstört. Angesehene türkische Kausleute nahmen an diesen Schandthalen theil. Es wird besonders ein Said Aga von Tschirpan namhaft gemacht, der Baschibozuks nach allen Seiten hin ausschickle, um zu morden und ZN Plündern. In kurzer Zeit standen Hunderte von Häusern in Flammen und ihre Bewohner wurden schändlich gemißhandelt. Der Distrikt von Tschirpan ist einer der reichsten in der Türkei, mit einer Vcrhältnißmäßig großen Anzahl christlicher Bewohner; über 30 Kirchen und 500 Schulen sind verbrannt. Das Werk der Zerstörung wurde bis auf die Dörfer Bogdan, Mahalesi und Rani Mahalesi an der Bahn von Jeni Sagra nach Hermanli ausgedehnt. Bulgarische Flüchtlinge, die in Selvi angekommen sind, versichern, daß lO- bis 15,000 Christen in Eski-Sagra und im Tschnpandistrikt ermordet worden sind. Im Ganzen sind 60 Dörfer verbrannt. Die armen Christen hatten sehr Wenig Chance, zu entkommen, denn längs der von Eski-Sagra nach Kasanlik führenden Straße waren Soldaten postrrt, welche Befehl hatten, Jedermann, der diesen Weg passirte, niederzu schießen. Ich habe das Obige nicdergeschrieben, wie es mir milgc- theilt wurde, und nach den fürchterlichen Schilderungen zu schließen, welche die Flüchtlinge beständig über den Balkan bringen, fürchte ich, muß es nur zu wahr sein. Einen ähnlichen telegraphischen Bericht Veröffentlichen auch die „Times." Die „N. A. Z." schreibt: Aus der Türkei geht der „Pol. Corr." die kurze aber inhallschwere Nachricht zu, daß die Urheber des Consulmordes in Salonichi sreigelassen worden seien. Wenn diese Nachricht sich bestätigen sollte, so wäre dasallerdingsein schwerwiegender Beweis für das unqualifizirbare Spiel, das in der Türkei mit den fundamentalsten Grundsätzen des europäischen Völker rechts getrieben wird. Man fühlt sich fast versucht, zu fragen, ob denn die ottomanischcn Behörden so gänzlich bar jeder Einsicht und Ueberlegung sind, daß sie sich die hochernsten Folgen nicht klar zu machen vermögen, welche durch derartige, das Hereinbrechcn der Anarchie geradezu provozirende Vorkommnisse für die innere Lage der Türkei — um zunächst nur diesen Gesichtspunkt hrrvorzuheben — er wachsen müssen. Wieder einmal nehmen Nachrichten aus Montenegro, welche seit der blutigen Züchtigung des Landes durch Suleiman Pascha nicht viel Beachtung mehr sanden, in der Pause, die auf dem Krregstheatcr ein- gelreten ist, das Interesse in erster Linie in Anspruch. In Ler Nacht von Sonntag auf Montag sind die Montenegriner nunmehr endlich rn die Stavl Niksitsch eingcdrungen und haben ein starkes Fort am Berge Stadjclitza mit Sturm genommen. Es ist dies das letzte Vor werk von Niksitsch. Wenn die Depesche hinzusügt, der Fall der Festung scheine bevorzustehen, so scheint uns tiefe Voraussetzung nach der bis herigen Haltung von Niksitsch wenig Anspruch auf Glaubwürdigkeit zu haben. Uebrigens wird noch hinzugesetzt, daß eine starke türkische Kolonne von Kvlaschin aus der bedrängten Festung zu Hilfe eile, aller dings leider nur aus Baschiboschuks und Lant sturm bestehend, welcher 5000 Montenegriner entgegengeschickt sind. Zara, 20. August. Die Montenegriner sind in der vergangenen Nacht in die Stadt Nicsits eingedrungen und haben ein starkes Fort am Studjelitza mit Sturm genommen. Der Fall der Festung scheint bevorzustehcn. Es heißt, eine starke türkische Colonne eile von Ko- laschin ans Nicsits zu Hülse. Ca fernen in Frankreich. Der Patriotismus unserer fran zösischen Städte verleugnet sich nicht. Sie liefern dem Staate noch immer beträchtliche Beisteuern oder Vorschüsse, um die Ausführung der durch den Verlust von Elsaß-Lothringen nothwcndig gewordenen Casernenbauten zu beschleunigen. Zn diesem Behuse trugen bei: Chalons an der Marne 970,000 Frcs., Chaumont 385,000, SenliS 235,000, Abbeville 124,000, Evrenx 197,500, Amiens 50,000, Auxerre 83,500, Chauteaudun 106,000, Dijon 10,000, Nantes 220,000, Cha- tcautroux 300,000, Bordeaux 1,350,000 Frcs., Hautcs - PyrenscL 333,000, Eure-et-Loir 100,300, während die Charente 73,088 Frcs. für den Ban einer Artillerieschule in Angouleme beitrug. Diese Summen übersteigen im Ganzen schon 12 Millionen nnd man kann behaupten, daß die neue Casernirung der Armee bald überall voll- ständig durchgeführt sei» wird. TertlicheS und Sächsisches. Meißen. Bei dem am 17. August stattgehabten Gewitter hat der Blitz einen Erntearbeiter ans der Kynaslflur niedergeschlagen, be täubt und gelähmt, in Proschwitz 5 Schafe getödlet und mOberau die Scheune des Ge-meindevorstandcs Grille in Brand gesetzt. Mit tags gegen 1 Uhr schlug ein Blitz in die Kirche zu Zscheila, zündete zwar nicht, verursachte aber trotzdem großen Schaden. An der Süd. Westseite deS Thurmes ist der obere Theil des Daches vollständig ab gehoben nnd der Schiefer mehrfach 3 Zoll tief in die Erde geschleudert worden. Von dort hat der Blitz seinen Weg in das Innere der Kirche genommen und zwar ist er zunächst an den Schlagdrähtcn her unter in die Uhr gefahren, in welcher er einen Drath zerrissen, die selbe aber sonst nicht erheblich verletzt hat. Ein darunter befindlicher Balken ist ganz zerfleischt und der Glvckenstuhl beschädigt worden. Die Orgel ist fast vollständig zerstört worden, die Thüren auf beiden Seiten derselben waren herausgeworfen und die Orgel mit Holz splittern besät; die Zinnpfeisen standen meist kreuz und quer, viele von ihnen waren geknickt und heruntergeworfeü, die Windladen gesprengt und die Abstrakte theils zerissen worden. Sämmtliche Fensterscheiben der Glasthüren und der Betstubenlhüren waren zertrümmert. Die Decke, über welcher sich das Chor befindet, zeigt verschiedene Spuren vom Wege des Blitzes. Auch bei der Kanzel halte er einige Steine aus der Mauer gerissen, an ersterer jedoch keinen "Schaden angcrichlet. Seinen Ausweg nahm er durch das unter dem Altarplatz befindliche Grabgewölbe. Beim Eintritt in die Kirche war dieselbe mit undurch dringlichem Rauch und starkem Schwefelgeruch erfüllt, so daß ein Brand vermulhet wurde; cs stellte sich jedoch heraus, daß, , wie an der brandigen Stelle des oberen Thurmes zu bemerken, .der Blitz wohl gesengt, aber vielleicht in Folge des sehr starken Regengusses nicht gezündet halte. Nach einem auf dem am 14. August in Stuttgart abgehaltenen deutschen Feucrwehrtag durch den Feuerlöschdirectvr Nitz in Dresden erstatteten Bericht über den Landesverband bestehen in Sachsen zur Zeit 342 Feuerwehren mit etwa 33,000 Mitgliedern. Sehr fördernd für die Entwickelung des Feuerlöschwesens in Sachsen ist die Be stimmung des Brandversichcrungsgesetzes vom vorigen Jahre gewesen, wonach jede Gemeinde ein wohlgeordnetes Feuerlöschwesen einzurichlen verpflichtet ist. Die Einrichtung eines Landesunterstützungssonds für verunglückte Feuerwehrmänner und oeren Hinterlassene hat sich als sehr nützlich erwiesen. Im vorigen Jahre wurden aus dem gedachten Fonds an verunglückte Feuerwehrmänner 41,000 Mark, an deren Hinterlassene 3000 Mark und an ärmere Gemeinden zur Anschaffung von Feuerlöschgeräthen 49,000 Mark ausgezahlt. Seifhennersdorf. Kürzlich wurde hier ein Schulknabe von 9 Jahren begraben, der 8 Tage vorher noch das Gersdorser Schießen besucht hatte. Da der Verlauf seiner Krankheit, einer Untcrleibsent« Zündung, ein zu auffällig schneller gewesen war, so wurde die Sektion des Leichnams vorgenommen und diese ergab, daß in der Verbindung des Dünndarms mit dem Dickdarm 5 Kirschkerne sich festgesetzt und den Tod herbeigeführt hatten. Dieser Fall diene zur Warnung, beim Genuß von Kirschen Kerne mit zu verschlingen; denn die Mein ung ist thöricht, baß die Verdauung der Kirschen besser vor sich gehe, wenn die Kerne mit gegessen werden.