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Ottendorfer Zeitung. Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends, Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Leid und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme van Inseraten bi, vormittag za Uhr. -Inserate werden mit zo Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Freitag, den 9. Januar 1903. 2. Jahrgang. Bekanntmachung, die Anmeldung zur Rlilitärstammrolle bete. Die hier dauernd aufhältlichen Militärpflichtigen, und zwar: a) diejenigen, welche im Laufe dieses Kalenderjahres das 20. Lebensjahr voll enden, und b) die älteren Jahrgängen angehörigen Mannschaften, über welche eine endgültige Entscheidung bezüglich ihres Militärverhältnisses durch die Ersatzbehördeu noch nicht erfolgt ist, werden in Gemäßheit von § 56 der Wehr-(Ersatz-) Ordnung hiermit aufgefordert, sich in öer Dett vou» 15. Kl8 1. W ebrRitti «Iie8v8 ^»I»re8 an unterzeichneter Stelle 2ur B-ekrutirunggltammrolle anLUmeläen. Auswärts Geborene haben Geburtsschein, die älteren Mannschaften dagegen ihre Loofungsscheine bei der Anmeldung abzugeben. Auch habeu gleichzeitig die Militärpflichtigen der älteren Jahrgänge feit ihrer früheren Anmeldung etwa eingetretene Veränderungen in Betreff ihres Wohnsitzes, Gewerbes oder Standes anzuzeigen. Von dem hiesigen Orte zeitig abwesende Militärpflichtige (auf der Reise begriffene Handlungsdiener, auf See befindliche Seeleute, iu Straf- oder sonstigen Anstalten Unter gebrachte u. s. w.) sind von deren Eltern, Vormündern, Lehr- oder Arbeitsherren inner- kalb cler gesetzten Innielclungskrist 2uv tztammrolle an2umelclen. Militärpflichtige, welche nach Anmeldung zur Stammrolle im Laufe eines ihrer Militärpflichtjahre ihren dauernden Aufenthalt oder Wohnsitz nsck einem Anderen Uus- bebungsbe2ll'k ocker fflr»9lei'ung8be2irk verlegen, haben dieses beim Abgänge der Behörde, welche sie in die Stammrolle ausgenommen hat, als auch nach der Ankunft an dem neuen Ort der die Stammrolle führenden Behörde daselbst spätestens mnerkatb dreier Hage zu melden. Die Richtbeefolgung der in Vorstehendem enthaltenen Vorschriften wird mit Geld strafe bis zu 30 Mark oder Haft bis zu 3 Tagen bestraft. Ott«i,üar1-AI<»ritL<!«rL, am 8. Januar 1903. Dev Geiiteindevorstand. Lincke. für unsere überseeische Kusvaanclerung dürften einige Nachrichien schwer ins Gewicht fallen, welche von New-Aork kommen. Danach ist die Behandlung der Einwanderer, welche auf ElliS Island landen, seitens der Regie- rungskommissiare durchaus kein Willkommen, mit welchem der „Kulturpionier und Bezwinger der Wildnis" empfangen zu werden oftmals harmlosen Gemütes hofft. Die Ver. Staaten sind eben mit Einwanderern gesättigt, die Entwickelung und Ausdehnung des eigenen Volkes sorgt dafür, daß die wenigen noch nickt vom Pflug des Farmers und dem Schlägel des Bergmanns erschlossenen Gegenden durch die nationale Zuwanderung eine vollkommen hinreichende Bevölkerung er halten. Daher ist jeder europäische Einwanderer ein unwillkommener Gast, und bie gesetzlichen Bestimmungen suchen diese Zuwandrer geradezu fernzuhalten. So sind in den letzten Wochen allein 1200 gelandete Einwanderer zwangs weise zurückgehalten worden, 500 davon sind einfach abgeschoben, die andern erwarten noch die endgültige Verfügung über sich. Hand haben zu solchem Vorgehen bieten die Gesetze der Staaten genug, ja, die Stimmung im Kongreß ist einer Verschärfung der bestehenden Bestimmungen geradezu günstig. So soll die von den Dampfergesellschaften erhobene Kopf steuer von 1,50 Dollar auf das Doppelte erhöht werden; auch die Frist, innerhalb deren Ein gewanderte als „Paupers" oder Kranke in die Heimat abgeschoben werden können ist von einem Jahr auf zwei Jahre erhöht worden. Damit wird nur bestätigt, so schreibt bie,Tägl Rundsch.st was von allen Kennern der AuS- wanderungsverhältnisse immer und immer wieder gepredigt worden ist, unsere Auswanderung darf nicht mehr nach Nordamerika abgegeben werden, sondern muß in Gebiete gelenkt werden, die durch die Spärlichkeit ihrer Bevölkerung eine Einwande: ung überhaupt und eine solche von fleißigen Deutschen ganz besonders dankbar begrüßen. Wir stehen also an einem Wende punkt in unserer Auswanderungspolitik, und das hat mH voller Klarheit Argentinien erkannt. Das -Argentinische Wochenblatt" bläst bereits in seinar Nr. 1291 vom 19. November die Tuba des Sieges, nachdem einige Deutsch-Argentinier auf dem ersten deutschen Kolonialkongreß für die Republik am La Plata als Zukunjtsland für unsere Ansiedler Stim mung zu machen versuchten. Bekanntlich hat der Kolonialkongreß in seiner letzten Plenar sitzung es ausdrücklich abgelehnt, Argentinien als eines der Länder zu bezeichnen, in welche die deutschen Auswanderer geleitet werden müssen, wohl aber mit vollem Bewußtsein Jüd- brasilien genannt, „wo sie nicht allein die nötigen Vorbedingungen zu einem gedeihlichen Fortkommen finden, sondern auch für die deutsche Industrie nicht zu Konkurrenten werden, aber auch nicht in fremder Bevölkerung auf gehen, sondern so viel Selbständigkeit und deutsches Wesen bewahren können, daß sie Förderer des deutschen Warenabsatzes werden". Mil diesen Worten ist das Programm unserer Zukunftspolitik, soweit sie sich mit der über-- seeischen Auswanderung beschäftigen wird, scharf und richtig festgelegt. Das scheint in den Gebieten der Pampa zu völlig schiefen Auf fassungen geführt zu haben, denn das oben er wähnte Blatt meint dazu: Von den südamerikanischen Staaten waren am Kongresse nur zwei vertreten: Argentinien und Brasilien. Es wurde vom deutschen Kolo- nialkongreß gebührend beachtet, daß Argentinien allein durch speziell zu diesem Zweck hergereiste Vertreter, nämlich durch die Direktoren der be deutendsten deutsch-argentinischen Preßorgane, repräsentiert war, während Brasilien nur durch interessierte Private vertreten war, die brasi lianische Regierung aber trotz der so großen Bemühungen, welche deutscherseits seit vielen Jahren für Brasilien gemacht worden sind, wie bisher, so auch bei diesem Anlasse zu keinerlei werktätiger Beihilfe behufs Förderung deutscher Einwanderung sich herbeiließ- Als Teilnehmer an dem Kongresse stehen wir unter dem Eindruck, daß die „speziell her gereisten Vertreter Argentiniens" auch in keiner anderen Weise, denn als „interessierte Private" ausgenommen wurden, allerdings mit aller Rück sicht, welche deutsche Gastlichkeit kennt. Wie die brasilische 'Regierung dazu kommen soll, Vertreter zu einem nationaldeutschen Kongreß zn schicken, wie man aus dieser selbstverständ lichen Tatsache eine Folie für das eigene Werk schaffen will, ist ganz unerfindlich. Oertliches und Sächsisches. Mttendorf.Vkrilla, 8. Januar 1903. Ottendorf-Moritzdorf. (Aus den Gemetuderatssitzungen im Jahre 1902.) In )er am 6. Novomber er. unter Vorsitz des Herrn Gemeindevorstehers Lincke abgehaltenen Gemeinderatssitzung nahm der Gemeinderat noch folgende Mitteilungen des Herrn Vor sitzenden zur Kenntnis : Das Pferdestallbaugesuch Findeisen-Moritzdorf zu befürworten. — Den Hebammen bei Entbindung von Ortsarmcn eine Entschädigung von 5 Mark pro Fall zu gewähren. — Die Anschaffung eines dies jährigen Dresdner Adreßbuches zu genehmigen. — In Beleidigungssachen R. bei dem früher gefaßten Beschluß stehen zu bleiben. — Das Angebot A. Strieglers in Dresden, Prüfung von Sparkassenrechnungen betreffend, abzu lehnen. — Der Ausschließung eines Steuer- restanten vom Schankstättenbesuck zuzustimmen. — Ein Steuercrlaßgesuch zu genehmigen. — Bei der Generaldirektion der sächsischen Slaats- eisenbahn um Einführung von Motorwagen verkehr auf der Linie Klotzsche-Königsbrück bis Moritzdorf vorstellig zu werden. — Aus dem oberen Elbtale, 2. Januar. Der Plan, nach Beendigung der Treibeisgänge den Schiffahrtsverkehr hierselbst wieder aufzu- nehmen und gleiche Verkehrsverhältnisse wie im Winterhalbjahre >902 aufrecht zu erhalte:., wird sich, da die Temperatur wieder gesunken ist, nicht verwirklichen laßen. Gestern und heule sind nur sechs beladene Schiffe von Böhmen nach Deutschland eingefahren, weitere Fahrzeuge werden nur noch vereinzelt erwartet. — Nach einer längeren Pause macht sich seit einigen Tagen auf der Elbe wieder ein lebhafter Schifffahrtsverkehr bemerk bar. Besonders sind es aus Böhmen kom mende Fahrzeuge — Zillen und Kähne — welche zur Zeit auf der Elbe in Dresden durch fahren. Der gegenwärtige sehr günstige Wasfer- stand — der Pegel an der Augustusbrücke in Dresden zeigt auf etwas über Nullpunkt — ermöglicht es den Schiffseignern, mit voller Ladung zu fahren, so daß fie endlich einmal wieder mit etwas Vorteil fahren können. Be sonders wird sich in den nächsten Wochen die Braunkohleneinfuhr aus Böhmen zu uns herein sehr lebhaft gestalten, da während der langen Kälteperiode vor den Feiertagen per Schiff fast keinerlei Zufuhr geschehen konnte und so mit die Vorräte hier ziemlich gelichtet worden waren. Der Transport der Braunkohlen per Eisenbahn wird nach Möglichkeit gemieden, da er bekanntlich bedeutend kostspieliger als auf dem Wasserwege ist. Auch der Schleppschiff fahrtsverkehr ist auf der Elbe jetzt wieder in den Vordergrund getreten, in den letzten Tagen konnte man verschiedenlach Kettenschlepper mit einer Anzahl von Eibzillen die Bergfahrt aus führen sehen. Die Dampfschifffahrt ist zur Zeit noch nicht wieder ausgenommen worden. — Auf dem Elbe-Umschlagsplatze „Schön- prießen" wurde gestern der Gesamtverkehr wieder ausgenommen. — Bauern-Regeln, auf die man sich unbedingt verlassen kann: Schneit es am Thimotheus, giebt's Galloschen am Damenfuß. — Wenn im Februar Rauhreif gefallen, ist der Monat der kürz'ste von allen. -— Wird es im Märzen kalt und schneit's, dann werden die Tage länger bereits. — Kommen an den Eichen Blätter heraus, daun sehen sie gleich viel netter aus. — April. Steht frühmorgens ein Regenbogen, wird man am ersten ange logen. -- Quaken im Mai viel Frösche zu gleich, ist in der Nähe wahrscheinlich eiu Teich. — Juni. Steigt die Lerche sehr hoch in den Aelher, fliegt sie wieder nach unten später. — Wird es im Juli sehr drückend und heiß, steigt die „flüssige Luft" im Preis. — Hält das Vieh seine Mäuler offen, ist kein Schlittschuh lauf zu erhoffen. — Jst's in der ersten August woche heiß, bleibt der Strohhut lange weiß. — September. Sind die Zugvögel noch im Ort, fliegen dieselben erst später fort. — Warmer Oktober in Stadt und Flur, bedeutet erfreuliche Temperatur. — Wenn um Sankt Martin Kalt Nordwind zieht, so fällt das Thermometer rapid. — Schneit's nach Syl vester vor deiner Thür, schreibst du eintausend neunhundertundvier. („Lust. Blätter.") — Die Königliche Generaldirektion der Sächs. Staatseisenbahnen hat der Gewerbe kammer Dresden bekanntgegeben, daß vom 1. April 1903 an die Aviskarten, welche zur Benachrichtigung vom Eingänge der Güter bei den Eilgut- und Güterverwaltungen dienen, den Empfängern als portopflichtige Dienstsache zugefertigt werden. — Der „Dresdn. Anz." schreibt: Entgegen anders lautenden Gerüchten sind wir in der Lage aufs Bestimmteste erklären zu können, daß die hiesige Kreditanstalt für Industrie und Handel in Liqn- ihre am Altmarkt und in der Schreibergasse gelegenen drei Grund stücke nicht an ein großes Berliner Warenhaus verkauft hat, es haben nicht einmal Verhand lungen stattgefunden. Die Liquidatoren sind nach wie vor bestrebt, diesen Grundbesitz zu veräußern. — Ein deutsches Generalkonsulat im Aus lande schreibt: „Es kommen aus allen deut schen Ländern für die zahlreichen Deutschen hier sehr viele Briefe an, deren Adressen mit deutschen Lettern geschrieben sind. Die hiesige Post kann natürlich mit diesen Briefen nichts machen, somit schickt dieselben zu uns auf das Konsulat und wir besorgen sie. Was hier geschieht, das wird auch sür anderwärts gelten, aber auch für solche Orte, an denen kein deutsches Konsulat und auch sonst niemand da ist, die Adressen zu kon trollieren. Wie viele Briefe mögen da ver loren gehen! Wie viel Schmerz entstehen, wie viel Familienbande gelockert werden! Ein Sohn im Auslande schreibt seiner alten Mutter, einmal, zweimal, er erhält keine Antwort. Da denkt er: „Die alte Frau wird tot sein" und schreibt nicht mehr. Und unterdessen sitzt das Mütterlein in angstvoller Erwartung zu Hause und weint sich die Augen aus, weil es nichts mehr von dem Sohne hört. „Der Junge wird tot sein". Ach nein, aber — der Brief des alten Mütter chens mit den ungelenken deutschen Zügen, der ist niemals angekommen. Opfern Sie dieser Sache einmal ein paar Worte und sagen Sie dem lieben Publikum, es möge sich für Adressen nach romanischen Ländern nur lateinischer Buchstaben bedienen, es ist mit den deutschen Zügen gerade so, als wolle jemand nach Deutschland mit griechischen Lettern Briefe adressieren. Zeitungen, die auf dem Lande gelesen werden, sind herzlich gebeten, diese Mahnung abzudrucken, sie können dadurch vielen Leuten vieles Leid ersparen." Radeburg, 4. Januar. Am Sonn abend von früh 8 Uhr an brannte das Stall gebäude des Fleischermeisters Alfr. Herrmann an der Großenhainer Straße total nieder. Durch die reichlichen Futtervorräte, welche in dem Gebäude lagerten und dem Feuer große Nahrung boten, hatte sich eine mächtige Feuer säule gebildet, so daß die Nachbarschaft gewaltig bedroht erschien. Da zum Glück ziemliche Windstille herrschte, gelang es dem energischen Eingreifen der freiwilligen Feuerwehr, den Brand auf seinen Entstehungsherd zu be schränken. Das Vieh konnte gerettet werden bic auf den schönen großen Fleischerhund und 16 Kaninchen, welche durch Ersticken ihren Tod fanden. Die Entstehungsursache des Feuers konnte bis jetzt noch nicht sicker festgestellt werden. Radeberg, 7. Januar. Ein Brandstifter treibt hier neuerdings sein Unwesen. Infolge böswilliger Brandlegung wurden in der Nacht zum Sonntag drei Scheunen vollständig einge äschert, zwei Stunden später brach, abermals infolge Brandstiftung, auf dem Boden eines Seitengebäudes ein Schadenfeuer aus, das noch im Entstehen unterdrückt werden konnte. Ein weiterer Fall von Brandstiftung mißlang eben falls. Der Täter ist nicht ermittelt worden.