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Mer Tageblatt Mzeiger für-as Erzgebirge «WB« «»WM»« Erühaltea- -ie rmrtttch»« Bekarmtmachurrge« -er Rat« -er Staüt »ab -er Amtsgericht» )tae. p-flsih«--«—»» HM «WW rw. rem Nr. 23S Sonntag» üen II. Oktober 1931 2S. Jahrgang Das zweite Kabinett Brüning Ar RimsMe NetchStarrzler mW Reich »minifter de» Auswärtigen: vetwt«^ Stellvertreter de» Reich»!«-!«» u. R«ich»finanzmlntster: Dietrich. ReichSwtrtsch astSminister: Warmb »ld. ReichSarbeuSmiatster: Stegerwald. Reich»wehr> u«d ReichSinnenmtnister: Groener. ReiwSiumamstrister: Joel. ReichSmtnister Pir Ernährung und Landwirtschaft: Schiele. Mtch»v«ckehr»>rt«tsterr Treviranu». Retch»p-st»rt»tst«: Schätze!. Da» erste Kabinett Brüning nnr wenig verSndert Berlin, V. Ott. Reichspräsident von Hindenburg hat heute abend den Reichskanzler Dr. Brüning in seinem Amte al» R«ich»Ianzler bestätigt. Aus Vorschlag de» Reich», kan-ler» hat der Reichspräsident Reichöminister Dietrich al» ReichSmitzister der Finanzen und Stellvertteter de« Reichskanzlers, de« RetchSmtnister Dr. h. e. Groener al» RetchSwehnnintster, den Reichsminister Dr. h. e. Ste - gerwald al» Retch»arbeit»mintstrr, den Reichsminister Dr. Schätze! al» RetchSvostmtntster, den Reichsminister Dr. h. e. Schiel« al» RetchSmtnister für Ernährung und Landwirtschaft bestätigt und mit der Wahrnehmung der Ge- schäfte des RetchSmtntftrrS de» Auswärtigen den Reich», kanzln Brüning, mit der Wahrnehmung der Geschäfte de» Reich-Minister» de» Innern den ReichSwehrminister Dr. h. e. Groener be«ftragt. Zum ReichSwirtschastS- Minister hat der Reichspräsident aus Vorschlag de» Reichs kanzler» den preußischen Staat»Minister a. Dr. Professor Warmbold, zum RetchSverkehrSminister den bisherigen ReichSmtnister ohne Geschäftsbereich TreviranuS und zum Reich-Minister der Justiz den Staatssekretär im Reichs, jufttzministerium Dr. Joel ernannt. nach meiner ehrlichen UeLerzeugung im Interesse de» Vater- landes notwendig ist, nicht gewährleistet, so bedauere ich, auch meine Mitwirkung an der Regierung nicht in Aussicht stellen -u können." Die Berliner Presse zum neuen Kabinett Berlin, 10. Oktober. Die Zusammensetzung de« in später Abendstunde ernannten zweiten Kabinett» Brüning wird in der heutigen Morgenpresse eingehend besprochen. Di« „Germani a" bezeichnet «» al» erfreulich, daß da» große Ansehen, da» Reich,, kanzler Brüning sich in der Welt erworben habe, al» wertvolle» Akttvum jetzt unmittelbar in die außenpolitisch« Geschäst-führung eingesetzt «erden könne. Auch die Verbindung de» Reichswehr- und Reich»tnnenmtntst«rium» in der Hand Groener» werd« man al» die Vereinigung zweier wichtiger Funktionen der staatlichen Macht ebenso bewerten dürfen. Mit Nachdruck unterstreicht da» ! Blatt, daß da« Vertrauen de» Reichspräsidenten unerschllttert hin. ! ler dem Kabinett stehe. Da» «Berliner Tageblatt" glaubt, daß die neue Regierung am politischen Gesicht und an Autorität dem bisherigen Kabinett kaum überlegen sei, im Gegenteil spreche viele» dafür, daß ihr die erzwungene Demission und die ostentative Zurückhaltung von Persönlichkeiten mit Rang und Namn geschadet habe. G, werde sehr viel, wenn nicht alle» daraus ankommen, ob der Kanzler auch in der nächsten Woche ebenso wie ehedem der Rückendeckung durch den Retchoprästdenten sicher sei. Di« „Vosstsche Z «itung " faßt ihr Urteil dahin zusammen, daß es nicht nur keine Rechtsschwenkung gegeben habe, sondern nicht einmal «in« Halbrecht»dr«hung. Der.Fokal« anzeiger spricht von einer „Notlösung". Die „Rechtstarnung" sei mißglückt. Brüning habe nur die Wahl, entweder auf da» Wirt« schaft»programm zu verzichten oder sich mit der Sozialdemokratie anlegen. Und auch dies« Wahl habe «r nur theoretisch. Denn e» sei völlig unmöglich, daß auf die Durchführung eine» Wirtschaft»« Programm» verzichtet würde. Der „T a g" schreibt, es bleibe beim alten Kurs, vor allem bet der unbedingten Rücksichtnahme auf dir sozialdemokratisch« Kontrolle. Schon daraus ergeb« sich, daß di« Haltung der nationalen Opposition gegenüber dieser Neuauflage de» alten Kabinett» durch die Forderung bestimmt sei: Rücktritt einer Regierung, die kein Vertrauen im Lande genieße! Di« „Deutsche Tageszeitung" bezeichnet da« neue Kabinett al» die „erwartet« Halbheit". Die von dieser beinahe peinlichen nahm« der Geschäfte de» schwer kompromittierte« Außenminister Turtiu» hätte der Retch^anzler auch mit weniger Geräusch voll ziehen können. Die .Deutsch« Zeitung" glaubt, daß da» End« de» System» Brüning auch durch die jetzig« Umbildung der Regierung nicht vermieden werde. Dahinter steh« di« national« Opposition bereit, die Verantwortung zu übernehmen. Sitter beim Reichspräsidenten Berlin, 10. Oktober. Der Herr R«tch»prästd«nt «mpfiNg heut« Herrn Adolf Httl«r und R<tch»tag,abg«ordn«t»n Hauptmann a. D. Dörring und nahm von ihnen «inen au» führltchen ««richt über die Ziel« der nationalistisch«« ««owgung entgegen. Kieran schloß sich «ine Aussprache über innen» und außen« politische Fragen. Um Kl Uhr, also noch mehr al» einer Stund« Dauer war der Empfang Hitler» beendet. Während der Unterredung im Präsidenten»«!«!» »ar dl« Meng« vor de« Palai, wett«, ft«rk «ngaoachsen. Al» Hitler «schien, »urde er mit anhaltenden Heilrufen von der Meng« empfangen. Tein Auto und sein« Begleitung fuhr in Richtung Wilhelmplatz da»»». Die Menge zerstreut» sich daraus, ohne daß eg zu »eiteren Kund gebungen kam. Ovationen für Hitler verltn, 10. Oktober. Der für heute vormittag »ngesttst, Empfang Hitler» beim Reichspräsidenten hatte bereit» um IS Uhr vormittag» vor dem R«tch»präfident«npala1» «ine groß» Menschen menge (wie sich später herau»st«llt«, in d«r Mehrzahl National sozialisten), angrlockt, di« von Minute zu Minute an»uch». Li« Polizei, die den Bürgersteig vor d«m Palai» für da» Publikum gesperrt htelt, hatte auch in der Wilhelmstraße bi» zum Wilhelms- platz umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Sie sah sich schließlich gezwungen, die gegenüberliegende Straßensett« durch ein« starke Polizeikett« und durch Seil« abzusperren. K11 Uhr erschien in einer Taxe der nationalsozialistische R«ich»tag»»L- geordnete Dörring, der sich länger» Zett im Palai» aufhtelt und dann wieder in einer Taxe abfuhr. Hitler, der im Auto Kl» Uhr vorfuhr, wurde mit stürmischen Heilrufen begrüßt, ohne daß «0 zu weiteren Kundgebungen kam, da er sofort im Reichspräfidenten» polat» verschwand. RetchSpostminister Dr. Schätze! hat seine endgültige Lrllänmg über sein verbleiben im Amte dem Reichspräsi- dmten gegenüber noch bi» morgen Vorbehalten. Da» bisher vom Reichsminister ohne Geschäftsbereich TreviranuS verwaltete Amt de» Retchskommisiars für die Oststelle wird anderweitig besetzt werden; die Entscheidung hierüber steht noch offen. Der Reich-Präsident an die scheidenden Minister Berlin, S. Okt. Der Reichspräsident hat heute den auS der RetchSregtevung ausgeschiedenen RetchSministern di« EntlasiungSununden mit peinlichen Begleitschreiben übermittelt. DaS an den bisherigen ReichSmintster des Auswärtigen, Dr. TurttuS, gerichtete Schreiben hat nach stehenden Wortlaut: „Sehr geehrter Herr Reich-Minister! Ihrem Anträge auf Entbindung von dem Amte des Reichsministers des Auswärtigen habe ich in Würdigung der mir vorgetragenen Gründ« mit dem anliegenden Erlaße entsprochen. Mchr als fünf Jahre haben Sie der Reichs regierung angehört und sowohl in dem Amt des Reichswirt- schastSministerS al- auch in dem des ReichSmtnisterS de- Auswärtigen in pflichttreuester Arbeit Ihre ganz« K >rst in den Dienst des Reiches gesetzt. GS ist mir daher bet Ihrem Scheiden aus der RetchSregierung besondere» Bedürfnis, Ihnen für die Dienste, die St« während dieser schweren Jahre dem Vaterland« geleistet Haden, namens de» Reiche» wie auch persönlich meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Mt diesem Danke verbinde ich meine besten Wünsche für Ihre weitere Arbeit wie für Ihr persönliches Wohl ergehen und verbleibe mit freundlichen Grüßen Ihr ergebener (gez.) von Hindenburg." Ei« Schreibe« de» ReichStaaSabgeordnete« Dr. Scholz m» den Kanzler Die .Nationalliberale Korrespondenz" ver' .ntlicht ein Schreiben de» RetchStagSabaeorndeten Dr. Scholz an den Reichskanzler Dr. Brüning, da» folgenden Inhalt hat: .Nach reiflicher Prüfung Ihre- für mich so ehrenvollen Antrag», al» Retchsjustt-mtnister in die ReichSreaterung «tnKutveten, muß ich Sie bitten, von der Wetterverfolgung diese» Gedankens abzuschen. Ich betone dabet ausdrücklich, daß ich persönlich besonder» gern unter Ihrer Führung an den schweren Aufgaben der Gegenwart mttgearh ,^t hätte. Meine sachliche, seit meinem Eintritt in die Politik ohne Schwanken festgehaltrne Auffassung verlangt Mach in die sem Augenblick mehr al» te die Heranziehung der in den Recht-Parteien vertretenen starken Kräfte des deutschen Vol ke» zu verantwortlicher Vitartttt. M dies» MUawstt, die Verlegenheitilösung überrascht« Oeffentlichkeit werd« in immer breiteren Schichten al» bisher feststellen, daß Brüning nicht der Mann sei, in irgend einer Weise ganz« Arbeit zu tun. D«r „V o r. wärt»" erklärt, daß man dem -weiten Kabinett Brüning skep tisch und kritisch gegrnilberstehen müsse. Da» Wichtigst« sei, ob e» gelinge, den Generalangriff de» Unternehmertum» auf die poli tischen und sozialen Recht« der Arbeiterklasse Zuschlägen. Da« Blatt nennt die Vereinigung von Reichswehr- und Innenministe rium in einer Hand nicht unbedenklich für die Linke. Ein Gene ral und Krieg-minister, dem der Schutz der Verfassung übertragen werde, sei «in gefährliche» Experiment. Auch die „Deutsche Allgemeine Zeitung" empfindet das zweite Kabinett Brüning al» eine schwer« Enttäuschung. Die jetzige Regierung sei kaum stärker als die frühere, dafür aber zeichne sie sich durch viele ihrer Fehler au». Der .Pörsenkuriev" begrüßt ebenfall» daß der Reichskanzler auch mit der Wahrnehmung der Geschäfte de» Au»wärtig«n betraut worden ist. Die Betrauung Sroenrr, mit dem Innenministerium bedeute «ine entscheidende Heber- raschung, di« auch auf die Harzburger Tagung nicht ohn« tiefen Eindruck bleiben könne. Die „Börsenzeitung" spricht von einem Produkt der Entschlußlosigkeit und fragt, warum hab« das erste Kabinett Brüning überhaupt demissioniert? Die lleber- -arzburger Lagim« München, S. Ott. Der »MVMsche Beobacht«" fordert heute Reichs tag-neuwa-Ien und schreibt ftz sch- nem Leitartikel „Entscheidung-Volle Lage" u. a., di« NSDAP, al» der weitaus stärkst« und entscheidend« Machtfaktor im Ringen um ein neues Deutschland gch« nach Harzburg, um ihrem nationalsozialistischen Wil len im Rahmen der dort vereinigten Opposition gegen da» System Brüning zielweisenden Ausdruck zu geben und ihm zur stärksten politischen Auswirkung zu brin gen. Wie die nationalsozialistische Bewegung im Kampf gegen das System immer und überall in vordersten Front stehe, so werde sie auch in dieser großen gemein samen Kundgebung der „nationalen Opposition" in einer vielleicht schicksal-entscheidenden Stunde den Stempel ihres SiegeSwtllenS ausprägen und di« Marsch- richtung angeben, die da» ganz« nationale DäittschWkd einzuschlagen bereit sei, um die Ration einer besseren Zukunft entgegenzuführen. Der erste Eindruck -es zweite« Kabinetts Brüning Die Beurteilung der parlamentarischen Aussichten — Der Kanzler rechnet auf eine Mehrheit In politischen Kreisen beschäftigt man sich jetzt schon lebhaft mit der Frage, ob da» zweite Kabinett Brüning Aussicht hat, im Reichstag eine Mehrheit zu finden. Die Ansichten find recht ge teilt, der Kanzler selbst rechn«t aber ziemlich sicher mit einer Mehrheit. In der Tat gilt al» sicher, daß die Sozialdemokratie auch diesem Kabtnett gegenüber ihre Lol«rt«rung»poltttk fort setzen wird. In Kreisen de« Kabinett, rechnet man auch damit, daß sich di« Gruppen der gemäßigten Rechten mit Ausnahme der »rutschen volk»part«i, deren Parteivorstand übrigen» heut« abend seine Beratungen fortsetzte, dem Kabinett nicht versagen werden und daß e» auch gelingen wird, die Bedenken der Bayerischen volkrpartei au» der Welt zu räumen. Der Bayerischen Volk»- Partei, deren führende Vertreter ja auf dem Wege nach Berlin sind, wird e» darauf ankommen, gewiss» Sicherungen dafür zu er- langen, daß da» neue Kabtnett keine Reichsreformplänr verwirk licht, denen di« Layerisch» volkrparlrt nicht zustimmen könnte, und daß insofern eine Korrektur gewisser Teile der letzten Notverord nung rintrttt, al» z. v. in der' Frage der Gemeindeumschuldung den Ländern noch stärker entgegengekommen wird. Ueber di« Ver handlungen mit den Vertretern der Bayerischen volkspartei hin aus wird der Kanzler bi» -um Zusammentritt de» Reichstage» sicher auch mit den übrigen parlamentarischen Gruppen noch Füh. lung nehmen, um die Retchstagisrsston entsprechend vorzub«r«it»n. Di« «mstchten für da» Kabtnett «erden gewiß nicht un- westntlich davon beeinflußt werden, daß Dr. Brüning sich «ine Gewähr -»für geschafftn htckm bürste, daß im Fall« «tmr Abstim mung-Niederlage auch ein anderer Kanzler r«tn« größer«n Voll machten bekommen würde alb er selbst. E» würde sich -an» zeigen, ob aus anderer Basis, recht» oder link», ein« parla««n» tarifch« Mehrhett»btldung möglich ist. Dies« Frag« läßt sich »«hl schon heute verneinen. Schließlich würde dann also doch Brü ning di« Bast», die sein Kabtnett getragen hat, al« den stärkst«« Faktor wieder in den Vordergrund rücken. Da» aber dürsten i» Augenblick nur EventualitLtrüberlegungen seih da b«r Kanzler doch stark darauf rechnet, sich im Reichstag durchzusetzen. Daß im übrigen auch in der jetzigen Zusammensetzung de» Kabinett» 1« Laufe der Zett noch Veränderungen vorgrnommen »erden können, wird auch in Regterungikretsen zugegeben. So, dürst« v. di« Betrauung Grorner» auch mit dem Rrtchiinnenmintsterium nur «in Provisorium darstellen, dem in absehbarer Zett, »enn -a» Kabinett di« parlamentarischen Schwierigkeiten übersteht, »in» endgültig« Lösung folgen wird. In politischen Kr«is«n »trd übrigen» auch darauf htngewtesen, daß da» Zentrum statt der oi«r Minister im ersten Kabinett Brüning jetzt nur z»«i Mitglieder im Kabtnett hat, sodaß die Kräfteverteilung innerhalb der netzen Regierung also abgewogener ist. wenn es dabei übrigen» nicht gelungen ist, die Wirtschaft noch stärker an da» Kabinett heran«' bringen, so ist da» nach amtlichen Stell«», di« d«r Regierung nah« stehen, nicht di, Schuld de» Kanzler», -e, sich di« größt, Wih, gegeben hat, mehr hervorragend« Müun« -er Wirtschaft für sein Kabtnett z» gewinnen.