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MsdrufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »Wtlvdrufier TaLeblaU- erscheint an allen Werktagen nachmittags 6 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in »^Geschäftsstelle und den «usgadcstelleu r «M. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,ZV RW., bei Poftdestellung zuzüglich Abtrag» , gebühr. Linzeinumwer« Epsg. All-Postanstalten W0tyenvmn für Wilsdruff u. Ilmgeaend Postboten und unsereAus. ^Sg-rundGeschLstsst-llen ! —" 'ii"--" nehmen zu jeder K-i-B-- Allongen entgegen. gmFalle HSHerer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betrtebsftbrungen besteht kein Anspruch aus Lieferung s«r Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. - Aüchsendungleingesandter Schriftstücke ersolgt nnr, wenn Porto d-Megt. für Lürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Ranmzeile LÜ Rpsg., die 1 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen <0 Reichs« Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile tm tertlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgcbühr M Reichspsennige. B»^ geschriedeueErscheinungs« . tage und Platzoorschristen werden-och Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen. annahmedtsoorm.IVUHr. > >> -- Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermilteltenAnzeigeu übernehmen wir keine Garantie. JederRadattansprnch erlischt, wenn der Betrag durch Klagt eingrzogen werden mutz oder derAuktraggeber in Konkurs gerät. Anzeige» nehmen akl V-imittlun gefiellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupimannschaft MeitzM, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 225. — 87 Jahrgang Telegr.°Adr..- „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresdea Postscheck: Dresden 264e Dienstag, den 25. September 1928 Das Vorspiel. Die Musikinstrumente für das ziemlich nahe bevor stehende innenpolitische Konzert des Winters werden schon gestimmt, die Melodien, die man dann hören soll, werden eifrig geübt, — und schon jetzt ahnt man, daß das Konzert ein nicht gerade sehr harmonisches werden wird. Daß vielmehr die Instrumente ein recht eigen williges Potpourri von sich geben und der oder die, Dirigenten vermutlich ihre liebe Not haben werden, um auch nur einen Teil des parteipolitischen Orchesters einigermaßen zu einem Zusammenspiel zu veranlassen. Sehr kräftig in die große Tube des Volksbegehrens stößt ja die Kommunistische Partei wegen des Panzer- kreuzerbaues. Diese Musik ist aber, wie die Gegenseite behauptet, nicht „I'art paar I'art", nicht Kunst allein um der Kunst willen, oder, deutlicher gesagt, handelt es sich ja eigentlich gar nicht um den Panzerkreuzer, um den „Kampf gegen den Militarismus" und dergl., sondern nur um einen Angriff auf die Sozialdemo kratische Partei, vor allem ihre Führer und ihre Politik. Infolgedessen wehrt sich diese Partei nun kräftig ihrer Haut und häuft in einem Aufruf gegen das Volks begehren das Beweismaterial für einen recht kräftig ent wickelten und von den deutschen Kommunisten auch durch aus gebilligten Rüstungswillen Sowjetrußlands. Aber solche Abwehrstellung bei einem Volksbegehren ist nie sehr erfreulich; das hat auch das erstmalige in der Frage der Fürstenabfindung veranstaltete bewiesen, bei dem die offizielle Stellungnahme mancher Parteien auf ihre Anhänger vielfach ohne Einfluß blieb, Strömungen unbestimmbarer Art solche parteimäßig aufgesteckten Grenzen sprengten. Man erblickt darin — und gewiß nicht mit Unrecht — den Beweis dafür, daß die bestehenden Parteien in ge wissen, die Wählermassen besonders stark berührenden Fragen praktisch die Führung verlieren, also versagen. Auf die Lösung solch einer Frage steuert auch die Absicht eines andern Volksbegehrens hin, das der „Stahlhelm" ankündigt und das auf eine „Modernisierung der Weimarer Verfassung" abzielt. Welche grund sätzlichen oder Einzelbestimmungen durch eine solche Volks abstimmung getroffen oder abgeändert werden sollen, ist zwar vielfach angedeutet, aber bisher noch nicht in die verfassungsmäßig vorgcschriebene genaue Form gekleidet worden. Nun ist jede Verfassung an sich nicht etwas, was unveränderlich und unveränderbar feststeht, ist Ausdruck der bei ihrer Schaffung bestehenden politischen Kräftever teilung, die sich natürlich ändern kann. Ist auch Ausdruck einer politischen Theorie und Staatsauffassung, die mit der politischen und wirtschaftlichen Wirklichkeit in Konflikt geriet und gerät, — wobei sie allerdings selbst den Weg zur Lösung solcher Konflikte offen läßt. Also zur Ver fassungsänderung oder durch verfassungs„änderndes" Gesetz, das übrigens die Verfassung gar nicht „ändert", sondern nur eine Ausnahme von ihr darstellt. Man ist also durchaus nicht „Feind" der Verfassung, wenn man sie auf einem Wege, den sie selbst offen hält, irgendwie ändern will. Vorschläge dieser Art sind übrigens zahllos und wieder ein Ausdruck für politische Kräfteverschiebungen. Als eine solche ist ja auch das Ergebnis der letzten Reichs tagswahl zu betrachten — und doch hebt der Streit über deren Rückwirkung jetzt wieder an unter der Parole: „Was wird aus der Großen Koalition? Im Reich ist bei der Regierungsbildung nur eine Art provisorischer Koalition geschaffen worden ohne feste Bindung namentlich des Zentrums und der Volkspartei. Und in Preußen — da tritt in der nächsten Woche der Landtag wieder zu sammen und dies sollte das Signal abgeben für den Ein tritt der Volkspartei in die Preußenkoalition. Dort scheint man aber — wie auf der vor kurzem stattgefundenen Vor standssitzung des Zentrums bemerkbar wurde — recht wenig Lust dazu zu haben, ebensowenig wie zu einer festeren Bindung im Reich. Beides aber waren die Vor anssetzungen für das, was anläßlich der Regierungs bildung zustande kam. Diese Stellungnahme des Zen trums, das ja im jetzigen Kabinett nur durch einen Minister vertreten ist, wirft also recht dunkle Schatten auf den politischen Weg der nächsten Wochen. sieht — oder vielmehr hört demnach, daß die Musikanten l,n parteipolitischen Orchester beim Stimmen ihrer HU^/umnue vorläufig noch durchaus von der Ab sicht erfüllt z" sem scheinen, demnächst jeder — seine eigene Melodie zu spielen. Amerika gegen die Front der Seemächte Neuyvrk, 24. September. Die Hearst-Presse bestätigt die in Londoner unterrichteten Kreisen bereits bekannt gewordenen Einzelheiten über den voraussichtlichen Inhalt Ler Note der ameri kanischen Regierung an Frankreich und England in der Angelegen heit des Flottenabkommens. Uebereinstimmend stellt die Hearst- Presse fest, daß die Note das letzte Wort der Vereinigten Staa ten darstell Die amerikanische Regierung wünsche unter den gegebenen Verhältnissen nicht an der nächsten Genfer Seeabrüstungskonferenz teilzunehmen. Es habe für die Vereinigten Staaten überhaupt keinen Sinn, irgendeine Konferenz dieser Art zu beschicken, wenn von vornherein England, Frankreich, Italien und Japan sich in oiner Front gegen Amerika befänden. Das Hindenburg-Manöver Der Reichspräsident im Manövergelände. Schloß Joachim st ein als Hauptquartier. Von Lregnitz kommend, ist Reichspräsident von Hindenburg Sonntag nachmittag gegen 6 Uhr in Görlitz eingetroffeu. Reichswehrminister Gröner und General Heye begrüßten ihn. Zum Empfang hatten sich außerdem die Spitzen der Behörden und zahlreiche Offi ziere eingefundeu. Beim Erscheinen Hindenburgs brach die Menschenmenge in begeisterte Jubelrufe aus. Auf der Treppe vor dem Rathaus hatten der Magistrat und die Mitglieder der Stadtverordnetenver sammlung Aufstellung genommen. Oberbürgermeister Dr. Wiesner begrüßte den Reichspräsidenten im Namen der Stadt. Mit einigen Worten dankte Hindenburg für den freundlichen Empfang. Unter brausenden Hochrufen setzte sich der Kraftwagen dann in der Richtung nach Stift Joachim st ein in Bewegung. In allen Ort schaften waren die Vereine und Verbände mit Fackeln ausgestellt und bereiteten dem Reichspräsidenten stürmische Huldigungen. Vor dem Schloß Joachimstein hatten sich die preußischen und sächsischen Militärvereine aufgestellt. Stach der Begrüßung durch den Schloßverweser, Landrat g. D. von Tschirschky-Bogendorff, schritt der Reichspräsident die Front der Militärvereine ab. In Joachimstein hat der Reichspräsident für die Dauer der mittelschlesischen Manöver Wohnung genommen. Beginn des Manövers. Viele hohe Offiziere fremder Armeen wohnen dem „Hin de n bürg-Man öve r", das Sonnabend begonnen hat, bei. Tic Übungen werden von dein Oberbefehlshaber des Gruppen kommandos I, v. Tschischwitz, geleitet. Führer der Blauen Armee ist der Kommandeur drr vierten Division, General von Wüllwarth, Führer de» Roten Armee ist der Kommandeur der zweiten Kavaliericdiviüon, Generalleutnant v. Graberg. Die Blaue Armee kommt unter leichten Nachhutgefechten ans Mittelschlesien in nordwestlicher Richtung zurück, um in Linie Lauban—Goldberg—Parchwitz den Kamps aufzunehmen. Die Rote Armee hat sic zuriickgedrüngt und ist auf der Ver folgung. Aber neue Kräfte der Blauen Armee rollen vom Westen h«r an. Infolgedessen mutz die rote zweite Kavaklerie- division gegen den neuen Gegner vorgehen. Beide Parteien versuchen, das Höhengelände um Gruna zu erreichen. Gepanzerte Kraftwagen, Kavalicriepatrouillen, Radsahrerabtei- lungcn und Artillerie rollen in bunter Folge an den zahlreichen Zuschauern vorüber. Der Führer von Not hat inzwischen die ganze Stärke der neuen feindlichen Truppen erkannt und er fahren, datz auch beiGörli tz blaue Truppcnausladungen vor- gcnommen werden. Vor eine neue Ausgabe gestellt, entschließt er sich, über die Höhen bei Gruna zunächst nicht hinauszugchcn, sondern sich in breiter Front vorzulegen. Man sieht nun in breit ausgedehntem Raum die Entwicklung der roten Truppen. Unaukkörlich schiebt sich das Gros von Not vor. . . . Hindenburgs Dank an Schlesien. Der Reichspräsident hat in Persönlichen, in herzlichem Tone gehaltenen Schreiben an die Oberpräsidenten der Provinzen Oberschlesien ui»d Niederschlesien seinen auf richtigsten Dank für den freundlichen Empfang, den er während seiner Reise durch die beiden Provinzen in allen Kreisen der Bevölkerung gesunden hat, zuni Ausdruck gebracht. 3000 Menschen in Feuersnot Der furchtbare Theaterbrand in Madrid. Mehrere hundert Todesopfer. Eine der fürchterlichsten Brandkatastrvphen der letzten Jahrzehnte ereignete sich in Madrid. Im Theater Nove- dadcs, das in dem dichtest bevölkerten Teil von Madrid liegt, brach eine gewaltige Feuersbrunst aus. Der Saal, der 3600 Zuschauer fassen kann, war überfüllt. Es war zehn Minuten vor neun Uhr abends, am Ende der letzten Pause, als auf der Bühne ein Feuer ausbrach. Die Be sucher im Parkett und in den ersten Ranglogen waren in der Lage, den Zuschauerraum zu verlassen, bevor die Flammen diesen ergriffen. Das Feuer verbreitete sich jedoch mit großer Geschwindigkeit, da die Baulichkeiten sehr alt und aus Holz waren. Eine furchtbare Panik brach sofort unter den Besuchern aus, während das Orchester vergeblich versuchte, durch Weiterspielen die Menge zu beruhigen. Ein wildes Nennen nach den Aus gängen setzte ein. Dabei wurden viele Menschen zu Boden geworfen und es wurde auf ihnen herumgctreten. Augenzeugrn berichten, daß, als der Thsatersaal bereits ein riesiger Brandherd war, noch etwa 30 Personen in Flammen gehüllt, sich zwischen Leu Sitzreihen den Weg zum Ausgang zu er kämpfen suchten? Von den zahlreichen furchtbaren Epi soden, die sich während der Panik abspielten, wird der Fall eines Zuschauers hervörgehoben, der unzählige Verletzun gen erlitt, weil er stürzkk und Hunderte von flüchtenden Zuschauern über ihn' hinwegströmten. Er hat mehrere Rippenbrüche erlitten. Ohne sich um seinen eigenen be sorgniserregenden Zustand zu kümmern, erkundigte er sich bei seiner Rettung in höchster Angst nach Das Theater in Madrid. seiner Frau und seinen fünf Kindern, mit denen er ins Theater gegangen war, weil seine Frau gerade ihren Namenstag feierte. Ähnliche tragische Szenen haben sich in großer Zahl abgespielt. Es sind Pioniere herangezogen worden, die große elektrische Scheinwerfer am Schauplatz der Katastrophe aufstellten, da die Gas- und die elektrische Beleuchtung in folge des Brandes abgeschnitten waren. Die Unter suchungsbehörden haben bereits ihre Arbeiten ausgenom men. Sie konnten bis zu der Treppe Vordringen, die nach dem ersten. Rang hinaufsührt. Auf einem der Treppen absätze sand der Untersuchungsrichter etwa 25 Leichen, die hoch aufeinandergctürmt waren. Da in dem größten Teil der Theaterräumlichkeiten keinerlei Belcuchtungsmöglicbkeit mehr vorhanden war, mußten dic Nntersuchungsbehörden bei FackelliÄt arbeiten. In den ersten Morgenstunden des Montags waren 4Z Leichen und über SSO Verletzte Nils den ranchcndcn Trümmern des Theaters geborgen wor den, Tic genaue Zahl dcr Opfer läßt sich noch nicht abfehcn, da die »ngehcurc Hitze ein Vordringen in die einzelnen Teile des riesigen Gebäudes unmöglich macht. Vier benachbarte Häuser, auf die der Brand Übergriff, wurden schwer beschädigt. Durch daS Unglück, dessen Ursachen noch nicht scststeheu, wurde das Gebäude in weniger als einer Stunde zer stört. Die furchtbare Panik, die das Publikum ergriff und die zu schrecklichen Vorgängen führte, erhöhte noch die Grös-c der Katastrophe. Aus die Nachricht von dem Unglück strömten Tausende aus der Umgebung des Theaters und allen Teilen dcr Stadt in großer Erregung an die Unglücksstätte, oercn Flammen und ungeheure Rauchwolken aus großer Entfernung sichtbar waren. Mele Kinder warten bei den Ambulanzstationcn aus ihre Eltern. Die Polizei hatte große Schwierigkeiten, um die Menschcnmassc» außerhalb deZ Theaters in Schach zu hallen. Die Hauptursache dcr großen Verluste an Menschenleben und der zahlreichen Verletzungen ist hier, wie bei anderen Ge legenheiten, wo große Menschenmassen von einer gemeinsamen Gefahr bedroht werden, in dem panischen Schrecken zn suchen, der die Gefährdeten erfaßt. In grauenhafter Angst sehen sic sich, eng aneiuandergepreßt, vom Flammentod bedroht, und in dieser Angst verliere» sie alle Besinnung und Über legung. Der Trieb, das eigene Leben zu erhalten, läßt sie rück sichtslos über die am Boden Liegenden vorwärtsdrängen, und was die Flammen nickt erfaßt haben, wird zerrißen, zertreten und erdrückt. So war cs bisher bei allen den grausigen Kata strophen, die Theater während der Vorstellung trafen. Es sei nur erinnert an de» Ringtheaterbrand in Wien 1881 und an die furchtbare Panik beim Brand des Troquois- theaters in Chikago im Jahre 1W3. 100 Lote beim Madrider TSeaterbrand. Paris. Wie „Havas" aus Madrid meldet, wird die Zahi dcr bei dem Theaterbrand ums Leben gekommenen Personen aus mehr als hundert geschätzt. Die Anzahl der Verwuicketen scheint sich aus 400 zn belaufen. Das Theater war >m Jahre t8Ü0 erbaut worden.