Volltext Seite (XML)
Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbesteliung 2 AM. zuzüglich Abtrag- . . ... »» gebühr. Einzelnummer.'. 15Rpk.AllePostanstalten Wochenblatt für Wilsdruft u. Umgegend Postboten und unsereNus- trägernndGeschäftsstellen nehmen zu jeder ,^en Be- stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiUegt. für Ämgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltcne Raumzeilc 20Apfg., die 1 gespaltene Ze -e dcr c mütchr' 2 e. annlmachungen 40 Aeichs- pfennig, die 3gespaltene Rcklamczeile im leittichen Teile 1 Reichsmark. S achwe'Zuugs, . t ul r 20 Reickspsennige. Vo?' geschriebeneLrschcinungs- . -r- rv> laße und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit ^k^Nsv^echev: Aw? Wrk^drUst Nk. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis i^orm.10Ubr. — Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigcn Üdernebmcn wn kemc Garantie. ZederNabLtlanspr- el cn ncht, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden niußodcrderAuftraggcbcr in Konkurs gerät. Anzeigen nchmct : « Tcrn ittlurgrstellenentgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupimannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstremamts Tharandt und les Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Rr 147. — 87. Jahrgang Telegr.-Ndr.: »Amtsblatt« W i L s d r As f « D r8 sd KN Postscheck: Dresden 2640 Die stag, den 26 Juni 19Z8 VMIWNIWW DW!PM i«! p c Wunösr der Technik. Über die Schienen rast mit fast unwahrscheinlicher Ge schwindigkeit der modernen Technik jüngstes Kind; rast sahin und zerschellt. Vielleicht wird bei den nächsten Ver suchen dieses Naketenauto in Splitter zerschellen, aber ünes Tages wird es uns als Beförderungsmittel ge horsam und gefahrlos dienen. Und unsere Binder werden niitleidig lächelnd jener Zeit gedenken, als dieses Wunder der Technik wirklich noch ein Wunder, etwas Nieaesehenes, etwas kaum Geahntes, nur Erhofftes war, an das sich der Menschengeist nur tastend heranwagte. Vieles Gewaltige lebt und nichts Ist gewaltiger als der Mensch' läßt ein alter griechischer Tragödiendichter den Chor sagen — und doch ist gewaltiger als der Mensch das Schicksal. Wie das Raketenauto zerschellte, als die noch nicht gebändigte Naturkraft die hemmende Faust empor reckte und ein Halt, ein Ende gebot, so muß die moderne Technik alles, was sie kann, einsetzen, um einen Menschen zu retten, der diesem Können, diesen Wundern der heuti gen Technik allzusehr vertraute. Heimlicher Knabentraum war es oft, dem Ziel der Menschheit Wegedienste zu leisten: den Pol zu entdecken. Viele sind verschollen in der Eiswüste und auch von Nobile würde nur eine verschollene Kunde, würde ein Fetzen Ballonstoff, vielleicht ein zer schmetterter Motor am Fuße eines Eisgebirges zeugen, wenn nicht die Technik ihre Wunder einsetzen würde. Fetzt schwang sich das Flugzeug in die Lüste, um den Ver schollenen zu suchen nnd zu retten, jetzt sprach der un sichtbare Funke von der einsamen Scholle, auf der Nobile und die Seinen hilslos einhertrieben. Von diesem Funken geleitet vermochte das Flugzeug den modernen Schiffbrüchigen Rettung zu bringen — und mit stolzer Freude darf der Deutsche verzeichnen, daß es Junkers- Flugzeuge gewesen sind, also d e u t s ch e A r b e i t es war, die imstande war, den Verunglückten zu helfen. Als die deutschen Ozeanflieger in Berlin willkommen geheißen wurden, da klang in allen Reden immer die Hoffnung und der Wunsch wieder, daß die Freude und der Stolz über ihre Tat nicht getrübt werden sollte durch das Schicksal jener, die im Luftschiff den Nordpol zu erreichen hofften. Sie hat sich erfüllt, diese Hoffnung, und in größerem, höherem Stolz konnten und können die Deutschen die von ihnen beherrschten Wunder ihrer Technik als Werkzeuge zur Rettung des Lebens zahlreicher Menschen einsetzen. Gewiß ist der Nordpol vom Luftschiff und vom Flugzeug überflogen worden, aber zum ersten Male wurde es ge wagt, auf dem Eife der Arktis niederzu gehen und zu landen, um Menschenleben zu retten, die an der von Naturkräften errichteten Mauer gescheitert waren. „ . . . und nichts ist gewaltiger als der Mensch" — er hat den Raum überwunden und er beherrscht auch das, was das schnellste ist auf Erden und im Weltall, das Licht. Schon manche Versuche sind gemacht worden, um das Fernsehen zur Wirklichkeit zu gestalten. Vieles wurde erreicht, doch nichts Vollkommenes. Auch dieses erhoffte Wunder moderner Technik scheint jetzt vollkommene Wirk lichkeit geworden zu sein durch die Konstruktion einfacher Apparate, die jede Bewegung, jede Mienenveränderung, jeden Wechsel des Ausdrucks auf die weiteste Entfernung bin übertragen nnd sichtbar machen. Zu den Stimmen, die von der Radiowelle durch den Äther getragen werden, gesellt sich das Bild dessen, der in den Äther hineinspricht. Man sieht ihn vor sich, sieht ihn sprechen, hört ihn nicht nur. Nichts Trennendes mehr, Verbindendes nur ist der Raum, den noch vor hundert Jahren der größte deutsche Philosoph als das jeden Begriff Bedingende er klärte. Moderne Technik zerschlägt die schönste philoso phische Schreibtischarbeit. Und trotzdem, trotz aller Wunder, die von der mo dernen Technik immer und immer wieder der Welt be- gebietet Pas Gewaltigere, die Natur, eben- die Menschheit Opfer bringen, um Aaturkräftc zurückzuschieben. Nicht nur auch ein inneres Verzichtleistsn. Auch da.'O a die vollkommene Beherrschung per Natur in seinem Innersten doch leer, kann dw Sch-.ckialsbestmimung des Menschen nicht restlos ausfullen. dieser Menschensehnsucht letzten Ur grund deutet immer noch, trotz allen Wundern der Technik, als Grenzen der Menzchhett das Goethe-Wort an: „Denn mit Göttern Soll sich nicht messen Irgendein Mensch." Nie neue Kellogg-Rote. Sehr günstiger Eindruck in Berlin. , In der neuen, den Regierungen wandern überreichten Note des amertkamschen Staatssekretärs Kellogg übermitteln die Ver. Staaten einen neuen ab- lträndertcn Kriegsverzichtsvertrag und geben Zugleich dem Wunsche Ausdruck, daß der Vertrag möglichst bald unterzeichnet werde. Hierzu erklären sich dre Ver. btaaten ihrerseits ausdrücklich bereit. . Die amerikanische Regierung stellt fest, daß alle Ne uerungen dem amerikanischen Vorschläge zugestunmt M MM der PerMWeiten Stresemanns Antwort an Hermann Müller. Die Verhandlungen über die Regierungsbildung im Reiche nehmen ihren Fortgang. Die von Hermann Müller in Aussicht genommene Bildung der Weimarer Koali tion dürfte nicht zr-stande kommen, da außer den Sozial demokraten die anderen hierfür in Betracht kommenden Parteien doch schwere Bedenken haben, an einer solchen Regierung teilzunehmen. Indessen scheint jetzt die Bil dung eines Kabinetts der Persönlichkeiten Aussicht auf Erfolg zu haben. In maßgebenden Zentrumskreisen, die sich am Mon tag mit der politisch-parlamentarischen Lage im Reiche be faßten, war man der Ansicht, daß das Kabinett der Per sönlichkeiten der Weimarer Koalition vorzuziehen sei, da dieses Kabinett die Vorstufe für die immer noch anzu strebende Große Koalition darstellen würde, die die einzig mögliche Mehrheitsbildung des gegenwärtigen Reichstages sei. Diese Meinung vertritt auch Reichsaußenminister Dr. Stresemann, dessen Antwortbricf an den Abgeordne ten Müller jetzt veröffentlicht wird, in dem Dr. Strese mann gefragt wurde, ob er bereit fei, als Fachminister in ein Kabinett der Weimarer Koalition und eventuell in ein sogenanntes Kabinett der Persönlichkeiten einzntreten. Auch Dr. Stresemann hält die sogenannte Große Koa lition für die beste praktische Möglichkeit, um einigermaßen stabile Rcgierungsvcrhältuissc in Deutschland zu schaffen. Dem Versuch, sie auf der Basis eines von den Fraktionen im voraus festgelegten Programms zu bilden, habe er von vornherein mit Skepsis gegeuübergestanden, weil es psychologisch kaum möglich sei, ein für Jahre berechnetes Regicrungsprogramm im voraus auf Jahre hinaus non allen Fraktionen billigen zu lassen. Dr. Stresemann teilt dann mit, daß er sich an einer Weimarer Koali tion nicht als Fachminister beteiligen würde, weil er dies angesichts feiner Stellung in der Partei unmöglich tun könne und weil die Weimarer Koa lition ^inc zu schwache Basis Mr Lösung der außAtpoliti- schen Fragen varpme. «Lr grauve nach wre vor, oap ein Zusammenwirken der Sozialdemokraten mit der Völks- partei notwendig und möglich sei. Dieses Zusammen wirken würde am besten zum Erfolge führen, wenn Per sönlichkeiten aus den Fraktionen der Großen Koalition sich über das Programm klar werden würden, mit dem sie vor den Reichstag treten, und ihrerseits mit diesem Pro gramm stehen und fallen. Dr. Stresemann schlägt vor, einen solchen Versuch zu machen, da bei einem großen Komplex von Fragen völlige Übereinstimmung besteht. Der Reichsaußenminister weist zum Schluß darauf hin, daß auch Dr. Curtius, auf dessen Verbleiben im Reichswirtschaftsministerium Dr. Strese mann entscheidenden Wert legt, ganz seine Auffassung teilt. In parlamentarischen Kreisen wird, natürlich ohne Verbindlichkeit, bereits eine Liste der kommenden Minister kolportiert. Danach würde Abgeordneter Müller-Franken lSoz.) das Kanzleramt übernehmen, von sozialdemokra tischen Persönlichkeiten wird ferner Abg. Severing das Reichsinnenministerinm erhalten und Abg. Hilferding das Finanzminsterium. Weiter würde noch ein sozialdemo kratischer Minister, man spricht hier von Keil oder Wissel, an die Spitze des Verkehrsministeriums treten. Dr. Stresemann würde dem neuen R e i ch s k a b i n e t t als Außenminister und Dr. Curtius als Wirt schaftsminister angehören, ferner Dr. Koch (Dem.) als Justizminister, von, Zentrum die Abgeordneten Guerard als Reichsernährungsminister, Brauns als Reichsarbeits minister und Wirth als Vizekanzler, weiterhin Gröner als Wehrminister und Schätzel als Postminister. Natürlich ist es möglich, daß diese Liste noch die eine oder andere Abänderung erfährt. Abg. Müller-Franken hofft be stimmt, in den nächsten Tagen dem Reichspräsidenten eine Minister-liste vorlegen zu können, so daß dann Hindenburg die Ernennung des neuen Reichskabinetts vornehmen kann. Noch vor Ablauf der Woche beabsichtigt dann der neue Reichskanzler mit seinem Kabinett vor den Reichs tag zu treten. hätten bis auf die französische. Keine der Ant worten habe irgendeine Abänderung des Vertragsent wurfes verlangt. Was die Frage der Selbstverteidigung angehe, so sei die amerikanische Regrerung der Über zeugung, daß das Recht auf Selbstverteidigung jedem souveränen Staat zustebe und daß dieser Grundsatz nicht besonders im Vertrag genannt zu werden brauche. So weit die Lscarnoverträge in Frage stünden, sei die amerikanische Regierung der An sicht, daß die Teilnahme aller Locarnomächte an dem Kriegsverzichtsvertrag den Locarnoverträgen nicht wider spreche, sondern im Gegenteil die Garantien dieser Ver träge verdoppele. Das gleiche gelte für die Staaten, mit denen Frankreich Neutralitätsvcrträge abgeschlossen habe. Für den Fall des Krieges würden die Verpflichtungen aus dem Kriegsverzichtsvertrage gegenüber dem Staat, der den Vertrag verletzen sollte, für alle anderen Staaten natürlich wegfallen. Die amerikanische Regierung wendet sich dagegen, daß der Vertrag erst von allen oder beinahe allen Staaten der Welt unterzeichnet werden soll, bevor er Rechtskraft erhalte. Das würde nur das Inkrafttreten des Vertrages unnötig verzögern. Die amerikanische Re gierung habe nichts dagegen, daß auch die Unterzeichner von Neutralitätsvertrügen zu dem Kriegsverzichtsvertrag hingezogen werden, sie halte es aber für zweckmäßig, daß diese erst nach Abschluß des Kriegsverzichtsvertrages bei treten. Nur in der „Präambel", der Einleitungsformel des Krie-sverzichtsvertrages, befindet sich eine Änderung. Es wird da nämlich ausdrücklich festgestellt, daß im Falle der Verletzung des Kriegsverzichtsvertrages die vertragschlie ßenden Staaten gegenüber den vertragsbrüchigen Staaten von allen Verpflichtungen befreit werden. Deutschland ist einverstanden. In Berliner diplomatischen Kreisen hat die neue Kellogg-Note den allerbesten Eindruck gemacht. Es wird hervorgehoben, daß der amerikanische Standpunkt in vollem Umfange mit der deutschen Stellungnahme in der Angelegenheit übereinstimme. Weiter wird unterstrichen, daß der Vertrag eine große Bedeutung habe, da eine Friedenskundgebung, der die Vereinigten Staaten ihr moralisches Gewicht liehen, von allergrößter Bedeutung für die übrige Welt, also u. a. auch für die Ab- r ü st ungsfrage, sei. Allerdings wird nicht verkannt, daß die Schwierigkeiten noch nicht überwunden sind, da e r st n ach einer Stellungnahme derfranzö- sischen Regierung sich die weiteren Aussichten des Kelloggschen Vorschlages überblicken lassen. Die deutsche Regierung wird schon in den allernächsten Tagen zu dem amerikanischen Vorschlag in seiner neuen Form Stellung nehmen und es ist anzunehmen, daß sie ihre grundsätzliche Zustimmung zu dem amerikanischen Vorschlag geben wird. Da auch London sich befriedigt äußert, ist man in Washington sehr optimistisch: man hofft, daß anch Frankreichs Bedenken bald schwinden werden und daß man zu einer Verständigung gelangen werde. Mile auf die „Ma di Mimo" gebracht. Das kühne Flug unternehmen Lundborgs. Auf geradezu grandiose Weise wurde der Mann, um dessen Schicksal die ganze Welt jetzt seit fünf Wochen be sorgt ist, aus der Lebensgefahr gerettet: General Nobile, der Führer der „Italia", wurde von einem mit Skis ver sehenen Flugzeug unter schwierigen Umständen abgeholt und aus das Hilssschifs „Quest", sodann auf den großen italienischen Dampfer „Citta di Milano" und nach Kingsbay gebracht. Der Führer des Flugzeugs war der schwedisch« Das Junkersflugzeug „Uppland", das Nobile an Bord des Hilfsschiffes „Quest" brachte. Pilot Lundborg, der vor seiner Landung noch Pro viant und Geräte für die „Jtalia"-Mannschaft abwars DieMaschine war das Junker sscheGrotzflugzeug Typ G. 24, also deutschen Ursprungs. Das Rettungsflug zeug hat sich dann bei dem zweiten Versuch, weitere Leute der Nobile-Gruppe abzuholen, bei der Landung über schlagen. Der Pilot wurde glücklicherweise nicht verletzt Lundborg befindet sich jetzt mit zwei Italienern im Lager Nobiles und harrt der Hilfe von feiten seiner schwe dischen Kameraden. Die drei sind in größter Gefahr, da sich das Packeis um das Lager türmt and in der Richtung nach Norden abgetrieben wird. Im ganzen verfügt die schwedische Rettungsexpedi- !ion, deren Hilfsschiff in der Hinlopeustraße liegt, über oier Flugzeuge. Es besteht somit die Hoffnung, daß eine Rettungsaktion für Lundborg und die zwei Italiener be schleunigt durchaefübrt werden kann.