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MOrufferTageblatt Wilsdruff-Dresden Nr. 280 — 97. Jahrgang Drahtanschrift: .Tageblatt^ Postscheck: Dresden S64O amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Wilsdruff, Das „Wilsdruffer Tageblatt" ist das zur Veröffentlichung der und des Stadtrats zu Wilsdruff behördlicherseits bestimmte Blatt des Finanzamts Nossen sowie des Forstreniamts Tharandt Donnerstag, den 1. Dezember 1998 „WUrLruNer r-atbl-l«' erschein« «verklag» nachm «Uhr Bezug«», monall LRM frei H-ui, del.Postbeftellung RM zuzügl Befiellgcld Einzelnummer 10 Sivs Alle Poslanklallen. Pektbolen. unsere Ruilräger u GeschSslSgellr Falle höhere'GewaUoder Wochenblatt sÜl Wilsdruff U. UMgegeNd sonniger Be,Mb«Iiörun. ,»u deftel,, kein Sntpru-V — au, Lteserung de, Z-t- «ung »de, Kürzung de» Bezugspreise« Rücksendung -ingesandler Schristslücke ersoigl nur. wenn Ruckvarl» de,lieg« «nzeigenprets, lau« ausliegender Pret«ltfte Rr. 8. — Ztsser.Gebühr: 2V Rpsg. — Dorgeschri* bene Erscheinungllage und P atzwünsche werden nach Möglichkeil berücksichtig« — Anzeigea-Annahm, durch y-rn'Ä üdermtt. Fernsprecher: Amt Wilsdruff 206 -euInAnzcm^ men wir keine Bewähr —— - Bei Konkurs Zwang«vergietch erlisch« ieder Anspruch «ck Nachlab Der Sieg -er Achse Berlin-Rom Graf Ciano über die europWche Volttil des letzten Jahres Außenminister Graf Ciano hielt am Mittwoch bei der zierlichen Eröffnung der Wintertagung der italienischen Kamm-r, deren Ntitglievcr in der Uniform der Schwarz hemden erschienen waren, im Beisein des Ture seine in der ganzen Welt mit grösster Spannung erwartete Rede, der wegen ihrer Einzelheiten über die Entwicklung der europäischen Lage in den letzten Monaten die Bedeutung eines historischen Dokuments zukommt. Die Wscho-slowalWe Krise Vor überfülltem Haus und überfüllten Tribünen — in der Diplomatenloge waren Botschafter von Macken sen, die Botschafter Frankreichs und Englands, der ja panische Geschäftsträger usw. anwesend — ging Graf Ciano zunächst auf die Entstehung und Entwicklung der tschecho-slowakischen Krise ein. Er erinnerte u. a. daran, daß er schon am 18. Dezember 1937 den damaligen tsche cho-slowakischen Gesandten in Nom, Chvalkowsky, auf dessen Frage über die Haltung Italiens im Falle einer tschecho-slowakisch-deutschen Krise erklärt habe, daß die Tschecho-Slowakei in ihrer politischen Gestalt für Italien kein Problem ersten Ranges bilde. Sie in teressiere jedoch Italien wegen seiner Beziehungen zu Deutschland, Polen und Ungarn, die mit Italien durch starke Freundschaft verbunden seien. Er, Ciano, habe da mals dem tschecho-slowakischen Gesandten den Rat ge geben, rasch nach einer freien Verständigung mit Berlin, Warschau und Budapest zu suchen, bevor die Tschecho- Slowakei von dem unaufhaltbaren Ablauf der Ereignisse dazu gezwungen werde. Es wäre ein großer Fehler, die Augen vor den Tatsachen zu schließen und sich auf die kollektive Sicherheit der Genfer Entente bzw. auf Freund schaften von geographisch abgelegenen Ländern zu ver lassen. Sofort yach dem Krieg sei es immer klarer gewor den, daß die Tschecho-Slowakei als Zentrum eines stra tegisch-politischen Systems habe dienen sollen, um Deutschland und Ungarn einzuschließen, was das Zusammenleben und die Zusammenarbeit vcr Minderheiten mit dem tschecho slowakischen Staat un möglich gemacht habe. Mit dem Abschluß des tschecho- slowakisch-sowjetrnssischcn Paktes im Frühjahr 1935, durch den die Tschecho-Slowakei zu einem Brückenkopf im Her zen Europas geworden sei, habe die entscheidende Krise begonnen. Bankrott der Genfer Ideologie Graf Ciano ging dann auf die außerordentlich wich tigen Ereignisse der letzten drei Jahre ein und erinnerte zunächst an die Eroberung Abessiniens, mit der Italien zum Imperium wurde, ferner an den katastrophalen Bankerott der Sanktionen, mit dem die Genfer Ideologien endgültig zusammengebrochen feien. In dem durch diesen siegreichen Krieg geschaffenen europäischen Klima habe Deutschland im Zeichen des Nationalsozialismus seine politischen und militärischen Traditionen und die umfangreiche Aktion zur Revision des Versailler Vertrages begonnen, mit der das Dritte Reich die nationale Einigung vorbereitet habe. Nach dem Anschluß Oesterreichs fei das System, mit dem der tsche- cho-slowakische Staat aufgebaut und erhalten worden sei, endgültig zusammengebrochen. Es habe sich immer deut licher gezeigt, daß die Deutschen der Tschecho-Slowakei das immer schärfer werdende Regime der Prager Be hörden nicht mehr ertragen und andererseits das natio nalsozialistische Deutschland dieses unannehmbare Regime nicht mehr habe dulden können. So habe das Problem gestanden, als im Frühjahr 1938 Henlein die Forderun gen der Sudetendeutschen in Karlsbad aufgestellt habe. Eine rasche und ehrliche Umbildung in einen Kantonal staat hätte damals mindestens auf eine gewisse Zeit den sudetendeutschen Forderungen entsprochen. Das Unver ständnis und die Obstruktion der Prager Regierung« habe dann zu den Zusammenstößen in Eger geführt, auf die sofort die Falschmeldung über die angebliche deutsche Mo bilmachung gefolgt sei. Graf Ciano sprach dann von dem Alarm in ganz Europa, von den Gerüchten über eine französische Mo bilmachung und ging schließlich auf die Besuche ein, die der englische Botschafter in Rom ihm am 21. und 22. Mai abstattete, um die Besorgnisse der englischen Regierung mitzuteilen und die Solidarität Englands mit Frank reich bekanntzugeben. Er habe damals dem englischen Botschafter erklärt, daß Italien die Lage mit weniger Pessimismus betrachte und der Meinung sei, daß die Tschecho-Slowakei immer noch den Schlüssel des Frie dens in Länden halte. Lügen über Deutschlands Absichten Mit besonderem Nachdruck betonte der Außenmini ster, daß in jenen Tagen trotz aller alarmierenden Ge rüchte und Falschmeldungen aus Prager Quelle Deutsch land seinen Effektivbestand um nicht einen einzigen Mann verstärkt und keinerlei militärischen Verband an dietsche cho-slowakische Grenze gesandt habe. Man habe durch ge wisse Manöver glauben machen wollen, daß Deutschland zunächst die Mobilmachung angeordnet und später wie der rückgängig gemacht hat, und zwar unter dem Eindruck der Rückwirkung einer solchen Maßnahme in verschie denen Ländern. Durch solsche Falschmeldungen sei nicht nur die Wahrheit beleidigt, sondern auch das militäri sche und politische Prestige des Dritten Reiches aufs Spiel gesetzt worden. Andererseits sei damit jede dip lomatische Möglichkeit zur Lösung der sudetendeutschcn Frage verlorengegangen, die damit auf ein völlig anderes Gebiet verschoben worden sei. Chamberlains BeEmgen Nach monatelangen erfolglosen Besprechungen habe Chamberlain den Versuch gemacht, durch Entsendung der Mission Runciman eine Klärung herbeizuführen, aber auch damit seien die Verhandlungen nicht einen Schritt weiter gekommen. Der italienische Außenminister kam damit auf die Vorgänge in Mährisch-Ostrau zu sprechen. Angesichts der zahlreichen Verwundeten und Verhafteten unter den Sudetendeutschen seien die Verhandlungen un terbrochen worden. In internationalen Kreisen habe man damals auf eine heftige Reaktion Deutschlands gewartet, die aber ausgeblieben sei. Dagegen habe der Führer am 12. September in endgültiger Form zu dem Problem Stellung genommen. Graf Ciano erinnerte daran, daß in diesem Augenblick Italien durch zwei Noten, in der „In- formazione Diplomatien" und durch einen Artikel im „Popolo d'Italia", betitelt „Offener Brief an Runciman", Stellung genommen und gezeigt habe, daß es einen konstruktiven Gedanken entwickele. Nach einer Schilderung der in Europa zunehmenden Spannung hob Ciano den ehrlichen und mutigen Ent schluß Chamberlains hervor, der durch seine erste Deutsch landreise einen ersten Lichtschimmer brachte, während die verständnislose, starre Haltung der Prager Regierung die Lage mehr und mehr verschärft habe. In diesem Augen blick habe der Duce die Haltung Italiens endgültig fest gelegt, und ihn, Ciano, beauftragt, sie der Berliner Ne gierung bekanntzugebcn: LWr. lag 0er MM «MM löMM MW» «MM M Ak WlV Wenn der Konflikt zwischen Deutschland und der Tschecho-Slowakei lokalisiert wird, so wird die Haltung Italiens einer neuen Prüfung unterzogen werden, wenn sich aber der Konflikt verallgemeinern sollte, und wenn ihn die antifaschistischen Kräfte zum Vorwand nehmen wollten, um eine Koalition ideologischen Charakters ge gen das nationalsozialistische Deutschland znstandezubrin- gen, dann würde es keine Alternative oder Zweifel mehr für Italien geben. Italien werde sich in diesem Falle seinerseits bedroht fühlen und seine Kräfte an der Seit«, der deutschen Kräfte aufmarschicren lassen. Dieser Entschluß sei dem italienischen Volk und der ganzen Welt vom Duce in seiner Triester Rede be- kanntgcgebrn worden. Die Godesberger Zusammenkunft Am 22. September habe eine zweite Unterredung zwischen dem Führer und Chamberlain in Godesberg stattgefunden. Von deutscher Seite sei der Regierung in Nom mitgeteilt worden, daß die Dinge schlecht st ä n d e n. Am folgenden Tag sei keine Begegnung er folgt, sondern man habe sich in Godesberg auf einen schriftlichen Verkehr beschränkt. Das sei ein Zeichen für die ernster werdende Lage gewesen. Denn jeder habe be reits die Verantwortung vor der Geschichte präzisieren wollen. Deutschland habe seine Forderungen gestellt und als Zeitpunkt den 1. Oktober festgesetzt. Zahlreiche aus ländische Diplomaten hätten im italienischen Autzenamt vorgesprochen und allen habe er, Ciano, Italiens Hal tung bestätigt. Selbstverständlich sei der Meinungsaus tausch mit solchen Ländern, mit denen Italien freund schaftlich oder vertraglich verbunden sei, besonders rege gewesen, darunter vor allem Japan, Südslawien, Polen und Albanien. Am Sonntag, 25., habe im Zuge des Duce eine Unterredung zwischen ihm und einem Sonderbeauftragten des Führers statt gefunden, der im Flugzeug von München nach Venedig gekommen sei. Er habe ausführliche, wenn auch streng vertrauliche Mitteilungen gebracht und den Dank der Reichsregierung und des deutschen Volkes für die von Italien eingenommene Haltung erneuert. Am Montag, 26., sei ein neuer Hoffnungsschimmer anfaetauaM mit dc- Na^r-cb« daß auf An ¬ regung Chauberlains eine Reise nach Deutschland unter- § nehme. Das sei jedoch nur eine flüchtige Hoffnung gewe sen, und die Lage habe begonnen, sich zu überstürzen. Da die Tschecho-Slowakei den von Deutschland festgesetzten Zeitpunkt vom 1. Oktober nicht abgewartet habe, um ihre Ablehnung der deutschen Forderungen bekanntzugeben, habe der Führer den Termin auf den 28. September. 14 Uhr, vorverlegt. Von dieser Stunde an hatte Deutschland seine Handlungsfreiheit wieder und beabsichtigte unverzüglich zu handeln. Die Nachricht sei geheim gewesen, aber er, Ciano, habe sie sofort um 19.30 Uhr durch den italienischen Botschafter in Berlin erfahren. In diesem Augenblick habe sich der Duce auf der Reise von Verona nach Rom befunden, wo Ciano ihn am Bahnhof empfangen habe, um ihm so fort mitzuteilen, was vorgegangen sei und sich vorbercite. Ter Duce habe die äußerst schwerwiegenden Nachrich ten mit der ihm eigenen unerschütterlichen Ruhe ent- gegengenommen und Ihm den Entschluß mitgeteilt, bereits am kommenden Tag eine erste Teilmobil machung vorzunehmen, obwohl er aus militärstrategischen Gründen immer noch der Meinung gewesen sei, daß der nunmehr an der tsche cho-slowakischen Grenze unvermeidlich erscheinende Kon flikt auch trotz der Erklärungen der mit der Tschecho- Slowakei verbündeten Regierungen noch immer lokalisiert werden könnte. Italienische MoNWenmg mter Leitmg MWslink Die italienische Mobilmachung unter der persönlichen Leitung des Duce, so betonte Ciano, habe am 27. Scp- tcmber begonnen. Da über das angebliche Ausbleiben militärischer Maßnahmen durch Italien viel geredet und diskutiert worden sei, und man daraus gewisse Schluß folgerungen habe ziehen wollen, sei es wohl angebracht, öffentlich bekanntzugebcn, welcher Art und welchen Um fanges die von Italien getroffenen Maßnahmen gewesen seien. Es wurden, so führte Ciano aus, folgende Maßnah men getroffen: 1. Die Grenzschutztrudven der Westfront wurden ans Kriegsstärke gebracht.