Volltext Seite (XML)
M zu ungte he hsch« i Ver- iti», 'arkt. yd len. h »4 No. 3 ib soll ufbach. n hnetem Wurst <^l». inden »er 11. ei» ini islicher Bl. U als c. ge- Loh» cht, r. llo. Zweites Blatt. WenM für Msdmff ThuaM Uchen, Menlehn nnd die Umgegenden. —— Imlsblall für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Ps., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger m Wilsdruff. — Vrramwvrttiw lur d,v Redaktion H. A. Berger daselbst. No. 63 Sonnabend, Sen 36. Mai 1896. Zum Trinitatisfest Hiob 9, 2 u. 3: Ja, ich weiß fast wohl, daß also ist, daß ein Mensch nicht rechtfertig bestehen mag gegen Gott. Hat er Lust mit ihm zu hadern, so kann er ihm auf tausend nicht eins antworten. Auf der Höhe des Kirchenjahres angelangt, werden wir^von dem heutigen Worte der Ueberschrift zur gründlichen Selbst prüfung aufgefordert. Wieder hat Gott uns allen ein Halb jahr der Gnade geschenkt, in dem von Neuem die Predigt Seines Wortes lockend, mahnend an unsere HerzenSthüren gepocht hat: Die Weihnachtsbotschaft und das Wort vom Kreuze, die Oster- Predigt und die frohe Kunde der Pfingsten. Haben wir uns von dem allen locken und mahnen lassen? Ach, es wird wohl jeder Leser, der sein Leben daraufhin geprüft, mit Hiob sogen müssen: ich kann vor Gott nicht bestehen, ich kann Ihm auf tausend n'cht eins antworten. Ginge Er, wie Er es darf, mit meinen G.danken ins Gericht; legte Er, wie Er es darf, meine Worte auf Seine Wagschale; ja, wöge Er auch nur meine Thaten — wo sollte ich hingehen vor Seinem Horne, wohin fliehen vor Seinem Angesicht? Es sind das keine religiösen Redensarten, sondern für einen aufrichtigen, ehrlichen Menschen, d-w kühn genug ist, sich selber im Spiegel der göttlichen Gebote anzusehen, ist das alles eine bittere Realität. Es ist nichts mit unserer geträumten Vor trefflichkeit, unserem guten Herzen, unseren liebenswürdigen Eigenschaften: sehen wir im Spiegel, wie wir wirklich sind, dann zerrinnt das alles in nichts. Entspräche unser Aeußeres völlig unserm Innern, wie. das im ewigen Leben thatsächlich der Fall sein wird, so würden wir uns gegenseitig vor unserer Häßlichkeit entsetzen müssen. Gott sei Dank, daß wir nicht, wie die Weisen Griechen lands, bei der Selbsterkenntnis stehen bleiben müssen, sondern als Christen auch das Herz unseres Gottes kennen, das größer ist als unser Herz. So wissen wir aus Jesu Munde, daß dem Demütigen, dos ist dem, der sich selber demütigt, Gott Gnade giebt, ihn wieder aufrichtet und um Jesu willen alle seine Schuld zudeckt. Durch Jesum besteht der Mensch, was Hiob noch nicht wußte, rechtfertig gegen Gott, und wie auch der Verkläger den Mund aufthue, so tritt Jesus am Richter stuhle der Majestät für uns ein. In den Mantel Seines Er barmens gehüllt, sind wir Gott woblgefällig, lieb und wert; da erlönt auch über uns die Stimme vom Himmel: Das ist Mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe! Von der Höhe des Dreieinigkeitsfestes steigen wir hinab in die Ebene der Trinitatiszeit. Wohl uns, daß wir den Führer durchs Leben k°nnen, der nimmer von uns weicht, wenn nur wir nicht von Ihm weichen! Mit Ihm vorwärts, mit Ihm aufwärts! Wenn ich Ihn nur habe, wenn Er mein nur ist! Die Lrönungsftierlichkeiten in Moskau. Von Paul Lindenberg. (Nachdruck verboten.) 7. Die Illumination der Stadt. — Nachklänge vom Einzüge. — Die Ankündigung der Krönung. Moskau, 22. Mai. Ganz Moskau schien gestern Abend in Flammen zu stehen, weithin war der Himmel von rother Glut bedeckt, auf Mellen hinaus, wohin der Donner der Geschütze und Klang der Glocken am Tage nicht gedrungen, das Freudenfest der Stadt über den Einzug des Zaren in die alte moskowitjsche Residenz ver kündend. Das mar eine Illumination, wie man sie denn doch noch nicht gesehen, so allgemein, so großartig, so wechsel»»!! in ihren Wirkungen, daß man auch bier, wie beim Einzuge, Nicht weiß, wo man beginnen, wo man enden soll, und man willig eingesteht, daß auch nicht annähernd die Feder das zu schildern vermag, was die Augen mit immer erneuter Freude geschaut und die Seele mit stets gleichem Entzücken in sich ausgenommen hat. Bei uns in Deutschland leiden meist die festlichen Be- euchtungen unter einer gewissen Gleichförmigkeit, da fast aus schließlich Gas verwendet wird oder lange Kerzenreihen hinter Fenstern entzündet werden. Letzteres hatte man hier völlig, öfteres zum Theil, weil die Gasbeleuchtung hier keine allge- Nfune ist, vermieden, man hatte seine ganzen Kräfte auf die Feuchtung der Häuser von außen und die der Straßen und Plätze verwendet und zwar fast ausnahmslos mittelst kelch förmiger, buntfarbiger Glaslampions, die entweder frei an lose gespannten Drähten oder in Drahtgeflechten an kleineren und größeren dekorativen Holigestellen hingen und in denen Kerzen entzündet waren, die ein ruhiges, gleichbleibendes Licht aus strahlten. Ganz wundervolle Wirkungen waren hiermit erzielt worden, wie von riesigen, leuchtenden Spitzenstreifen bedeckt sahen aus der Ferne die beiden Seiten der Straßen aus, überspannen gleichsam von den kunstvollsten Arabesken und Ornamenten, welche sich häufig über den Fahrweg hinweg von Dach zu Dach spannen und die namentlich die Plätze in einem so flimmernden Licht erscheinen ließen, als ob tausende und aber tausende Sterne vom Himmel gefallen wären und nun auf unserer sündigen Erde weiterglühten. Kein Haus ohne solchen Lichterschmuck, um die Eingänge war er meist angebracht, bedeckte aber auch häufig die ganze Faxade; hier bildete er eine Krone, dort einen Adler, da den Namenszug des Zaren und der Zarewna oder setzte sich auch zu funkelnden Inschriften zusammen: „Gott schütze unsern Zaren", während er an anderen Stellen die Büsten und Bilder ves Kaisers und die seiner Gemahlin umrankte. In die ent legensten Straßen und Gäßchen konnte man kommen, auch hier überall ein „flammender" Patriotismus, der sich oft in naiver und kindlicher, aber gerade deshalb desto rührenderer Weise kundgab. Die kaiserlichen Gebäude hatten gestern noch nicht illu- minirt, das bleibt bis zur Krönung aufgespart, desto groß artiger sah das Flammenkleid der hauptsächlichsten städtischen und privaten Gebäude aus, die den schon erwähnten Lichter schmuck mit Gas und elektrischem Licht vereinten und die hierin Bewundernswerthes zu Stande gebracht hattzn, sodaß man trotz des ungeheuren Menschenstromes, der durch die Straßen fluthete, immer wieder zögerte, weiterzugehen oder sich vielmehr vorwärts schieben zu lassen, da man sich von diesem Flammen zauber nicht trennen konnte. Am herrlichsten und berückendsten war er auf und nahe dem Theoterplatze, vor der äußeren, hohen Kreml-Mauer. An all den schönen architektonischen Linien der gewaltigen Vorder front zogen sich sprühende Gasflämmchen entlang, die jedes Fenster, jede Thür, jeden Erker, jeden Bogengang, jeden Vor sprung der Altane und Balkons umgaben, die an den Ecken hinaufkletterten bis zum höchsten Dachfirst und dort sich kühn in drei-, vierfachen Linien vahinzogen, die Vorstellung erweckend, als schwebten sie in der Luft, da die Dachflächen selbst nicht zu sehen waren. Besonders eigenartig erschienen die vier Obe lisken vor der Duma, die wie mit mattgrauem Sammet um sponnen waren und sich desto auffälliger von dem funkelnden Hintergründe abhoben. Von geradezu märchenhafter Pracht aber waren zwei links von der Duma auf dem Theater- und dem Ludjanka-Platze errichtete Pavillons, der eine in kapellen- art gern Aufbau, der andere einen von der Kaiserkrone über ragten Kreml-Thurm zeigend, auf phantastischem Untergrund, aus Brücken, Hallen, Bogen, Fächern bestehend, auswachsend. O, wie das sprühte und glühte, wie diese blauen, rothen, grünen, gelben, weißen Funkengarben sich ineinander verwirrten und den noch in ihren graziösen Abgrenzungen zu erkennen waren, wie aus der Krone hier sich das weiße elektrische Bogenlicht blendend und wechselvoll verbreitete und dort in dem anderen Pavillon ein hoher Springbrunnen seine in allen Farben schillernden plät schernden Fluthen emporsandte — das erinnerte wirklich an die Jugendträume, die sich mit den Schilderungen von Tausend und einer Nacht verbanden. Und nun lenkten wir unsere Schritte der Moskwa zu, roth glühend flossen deren Fluthen dahin, von dem Widerschein der an den Quaimauern angebrachten Flammenkränze und dem feurigen Schmucke der Brücken, deren Eijentheile aus glühendem Metall zu bestehen schienen, besetzt mit zierlichen Thürmchen, die in allen denkbaren Farben schillerten. Welch' ein Blick vom jen seitigen Ufer hinüber zu der in einem aus Millionen Theilchen zusammengesetzten Flammenmantel gehüllten gewaltigen Stadt, über welcher ernst und schweigsam der Kreml thronte, den der Mond mit seinen milden Strahlen beschien wer das gesehen, als herrlichen Schluß des an großen Eindrücken so überreichen Tages, dessen Leben weist eine Fülle neuer, unver wischbarer Erinnerungen auf! — Ja, er war überreich an Eindrücken, dieser Tag, das kommt einem erst zum Bewußtsein, wenn man in Ruhe der verwirrenden Bilder gedenken kann, die in einer so kurzen Zeitspanne das Auge wie das Gedächtniß kaum zu fassen ver ¬ mögen und die sich zuerst in ihrer Frische und Unmittelbarkeit unsicher durcheinanderschiebcn. Zweimal sah der Unterzeichnete den kaiserlichen Zug aus allernächster Nähe an sich vorüber ziehen, und trotzdem war es schwer, ein auch nur annähernd klares Bild seines wunderbaren Zaubers, zumal in der ge botenen Schnelligkeit, zu geben. In Gemeinschaft mit einigen bekannten Offizieren vom Petersburger Preobraschenski'schen Leib-Garde-Regiment und einem nahverwandten Vertreter des deutschen Heeres und speziell der sächsischen Arme-, dessen jugendlich-männliche, hochragende Erscheinung in der kleidsamen grünen Artillerie-Uniform viel- bemerkt wurde, stand Schreiber dieses unmittelbar neben der Kapelle der Iberischen Mutter Gottes vor dem zweithorigen, alterthümlichen und burgartigen Eingänge zur inneren Stadt. Die kleine Kapelle füllt gerade den Mittelpfeiler der beiden Thorwege aus, ein rothbeschlagenes, niederes Podium führte etwa acht Meter bis zur Straße. Vor der Kapelle erwartete der Moskauer Bischof mit der übrigen Geistlichkeit, alle in goldstarrende Gewänder gekleidet, den Kaiser, der, von donnernden, nicht endenden Hurrahs begrüßt, vor dem Podium auf einem prächtigen arabischen Schimmel erst fünf und mehr Minuten hielt; er tiug die dunkelgrüne Obersten-Uniform (da er beim Tode seines Vaters diesen militärischen Rang bekleidete, hat er ihn auch bisher beibehalten) des Ssemjonow'schen Garde- Regiments mit dem lichtblauen Bande des Andreasordens über der Brust und auf dem Haupte die Pelzmütze mit dem Garde stern, seine ganze Haltung war fest und ruhig, sein Gesichts ausdruck ernst und doch wohlwollend. Erst als die beiden un- beschreibbar kostbaren Wagen der Kaiserinnen herangekommen waren, stieg er vom Pferde und war zunächst seiner Mutter, dann seiner Gemahlin beim Aussteigen behilflich. DieKaiserin- Wittwe trug ein silberbrokatenes Gewand mit langer, mit herr lichen Silberstickereien bedeckter und von Pagen getragener Schleppe, auf dem Haupte die altrussische Kakoschnick, eine dia- semartige, weißseidene Kopfbedeckung mit Perlen und Dia manten, von der ein zarter Spitzenschleier weit über den Rücken hing. Die gleiche Kakoschnick mit dem Schleier trug die junge Kaiserin, ihr Gewand bestand aus kostbarem Silberstoff, sog. ärap ä'urAsiU, vorn sowohl wie auf der langen breiten Schleppe mit goldenen Stickereien besäet; aus demselben Stoff wie die Robe war das faltenartige durch die Schwere des Stoffes steife Mantelet. Zwischen den beiden Kaiserinnen schritt der Kaiser auf den Bßchof zu, der ihm das goldene Kreuz entgegenhielt, welches erst der Zar, dann die beidxn kaiserlichen Damen küßten, darauf begab sich der kleine Zug in das Innere der Kapelle, aus welcher feierlicher Gesang erklang, der auch weiter ertönende, als nach wenigen Minuten der Kaiser mit seiner Gemahlin und seiner Mutter wieder erschien. Die fürstlichen Damen nahmen von neuem ihre Plätze in den Karaffen — die der Kaiserin-Wittwe war von je vier rothen Leib-Kosaken zu Fuß eskortirt — ein, der Kaiser bestieg sein Pferd, und hindurch gings durch die Thorwege auf den Rothen Platz, der sich breit und lang vor der südlichen Kreml-Mauer ausdehnt. Was war das für ein großartiges Schauspiel, als sich über diesen fonnenbeflutheten Platz der Zug langsam dahinbewegte unter tausendfachem brausendem Jubel! Vorne der Kaiser, von den Fürstlichkeiten gefolgt, dann die prunkenden, von acht Pferden gezogenen goldenen Wagen, denen sich eine Eskadron der Leib- Garde-Kürassiere anschloß, rechts die hohen Kreml-Mauern, zwischen deren Zinnen die weniger vom Zufall und Glück be günstigten Kollegen von der Feder ihre Plätze erhalten hatten, links in riesiger Ausdehnung die schknheitsvolle Fassade des neuen Prachtbaues der Kaufhallen, zu beiden Seiten Tribünen mit dem elegantesten Publikum, dann rechts neben dem Einzugs wege die Truppen mit präsentirtrm Gewehr, links die russischen und asiatischen Deputationen (soweit letztere sich nicht zu Pferde am Zuge betheiligten, die Kadetten und Militärschüler, hoch oben bas blaue Himmelszelt mit goldig funkelnder Sonne, welche all' die weißen Gebäude, die goldenen und bunten Kirchen- und Kloster-Kuppeln, die Mauern und Thürme des Kreml, das Menschengewimmele hier unten in ein Meer von Glanz und Liebt tauchte — das war von wahrhaft berückendem, unvergleich lichem und unvergeßlichem Zauber. Morgen und an den beiden nächstfolgenden Tagen wird der Tag der Krönung durch Herolde in allen Theilen der Stadt verkündet. Auch das wird ein höchst malerisches Bild wied-r sein, w e ich es von früherher schon kenne: von einem starken Trupp Panzerrcitcr begleitet, die volle Trompeter chöre mit sich führen, retten ein General, zwei Generaladjutanten,