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MsdmfferTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, D« .Wilsdruffer «scheint an allen Werktagen nachmittags 8 Uhr. Bezugspreis: Bei Lbhalung in der DeschLstsstelle und »en «usgabestelen 2 RM. im Monat, bei Anstellung durch die Boten 2,zo AM., bei P-stbestellung 2 «M. zuzüglich Abtrag- . gebühr. Einzelnummern iS«psg.«llcPosta»st°ltrn Wochenblatt für Wilsovuff u. Umaeaend Postboten und unsereAus. trägerund tSeschäftrstellen —- — ! nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. ImFullc höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht dein Anspruch aus Lieserung »«Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beillegt. rv Bpfg., die i geftaue^ Zeile der °n.ttich-p Bekanntmachungen 40 «Uch^ geschriebene Erscheinung-.^ textlichen Teile I Reich-mar--. Nachwetsungsgebühr 2V Reichspsennige. Bor. "-n^m^LFernsprecher: Amr Wilsdruff Nr. 6 Kla??ef7gÄg°"°e"dmkmKd?r7«L Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschait Meisten des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr,218. — 86.Jahrgang. Telegr.-Adr.: „Amtsblatt WtLsdrnff si Dresden Postscheck. Dresden 2640 Sonnabend, den 17. September 182? Revolverpolitik. Der Revolver knallt. — Knüppelpolitik. — Der wahrhafte Völkerbund. — Zwei Eisen im Feuer. Im Schweiße seines Angesichtes müht sich der Völker bund um eine Beruhigung, eine Befriedung der Welt und die nationalen und internationalen Friedenskongresse lösen einander unaufhörlich ab. Das hindert aber nicht, daß innerhalb der Völker der Einzelkrieg von Mann gegen Mann nicht nur recht munter fort betrieben wird, sondern von Tag zu Tag immer zahl reichere Opfer fordert. Wohin wir blicken: der Revolver knallt und Lote und Verwundete bedecken den innenstaatlichen Kampfplatz. In Paris wird der italienische Vizekonsul von einem antifaschistischen Landsmann nicdergeschossen, inRavennaein Kommunist nach einer heftigen Schieß übung gegen faschistische Offiziere von einem der Ge troffenen auf dem gleichen Wege „erledigt" und in den kleinen litauifchen Städten müssen höhere und niedere Polizeioffiziere, aus dem Hinterhalt überfallen, die Gewaltherrschaft der Machthaber von Kowno mit ihrem Leben bezahlen. Nur die „edlen" Polen, die ja sonst mit dem Schießeisen auch einigermaßen unbesonnen umzu gehen wissen, ziehen neuerdings weniger lebensgefähr liche Waffen vor. Da wird auf einer der belebtesten Straßen der Landeshauptstadt ein den Pilsudski-Leuten mißliebig gewordener Tagesschriftsteller plötzlich mit Kn.üppelnniedergeschlagen, geknebelt, in einen Kraftwagen gezerrt und in einen zwanzig Kilometer von der Stadt entfernten Wald verschleppt, dort aber dann erst recht erbarmungslos verprügelt, mit der freundlichen Verwarnung, nicht mehr so wie bisher über den Marschall zu schreiben, und so wie es ihm heute er gangen sei, würde es morgen einem anderen ergehen. Der Mann der Feder hat nun die Wahl, ob er fortan schweigen oder lieber gar den Beruf wechseln will. Was aber aus dem seit Wocheü spurlos aus dem Warschauer Gefängnis verschwundenen General Zagorski ge worden ist, danach fragt man diejenigen, die es wissen müssen, vergeblich. Vielleicht ist er schon längst heim tückisch zur „großen Armee" abgeschoben worden, viel leicht wird er außer Landes irgendwo hinter Schloß und Riegel gehalten; jedenfalls, in Polen, in Litauen, in Italien gäbe es schon für Genfer Freunde allerhand zu tun — wenn sich die Herren Pilsudski oder Woldemaras oder gar Mussolini von außen her in ihre Geschäfte über haupt etwas dreinreden ließen. Aber in innenstaatlichen Angelegenheiten hat der Völkerbund vorläufig noch „nix to seggen" und so wird der Revolver in diesen inter essanten Gegenden auch fernerhin noch seine ungemein segenbrmgende Tätigkeit als Friedensstifter zwischen feindlichen Parteien weiterspielen können. Im übrigen hat eine Andeutung, die Herr Cham berlain während der großen Ansprache im Genfer Friedenspalast zu Besten gab, lange nicht die Beachtung gefunden, die sie verdiente. Nach ihn: gibt es nämlich einen viel älteren und wohl auch, bis jetzt wenigstens, viel erfolgreicheren Völkerbund als denjenigen, der seinen Sitz in der Schweiz aufgeschlagen hat: das Britische Reich! Das Britische Reich mit seinen Kronländern und Dominien stellt in den Augen des englischen Außen ministers das Ur- und Vorbild des wahrhaften Völkerbundes dar, denn es habe in seiner Mitte gleich falls Gegensätze zu überwinden, Ausgleich und Versöh nung zu schaffen und die gesammelte Kraft aller Reichs teile nach außen hin für die staatspolitischen Ziele des ganzen Volkes zur Geltung zu bringen. Man sieht, Herr Chamberlain ist gar nicht so witzlos, wie er gewöhnlich geschildert wird. Das Britische Reich hat also niemals ein Wässerchen getrübt, es hat immer nur mit friedlichen Mitteln seine europäische wie seine überseeische Machtstellung zu mehren gesucht. Es hat auch in Irland zum Beispiel, in Südafrika stets auf Eintracht und Bürgerfrieden hingearbeitet. Und wenn doch einmal irgendwo mit dem Säbel gehauen und mit der Flinte geschossen wurde, so geschah das ganz be stimmt lediglich infolge unglücklicher Schicksalsfügungen, denen sich der britische Völkerbund, ob er wollte oder nicht, schweren Herzens unterwerfen mußte. Nun, man wird dieser Art von rückblickender Geschichtsbetrachtung immerhin den Reiz der Neuheit nicht absprechen können. In Genf lassen sich ja auch, je länger, desto mehr, Stim men hören, die dem gegenwärtigen Völkerbund eine irgendwie zusammengesetzte bewaffnete Uschi zur Verfügung stellen möchten, damit er ungehorsame Mit glieder, die ihre letzte Zuflucht zu Kanonen und Flug zeugen statt zu Völkerbundentschließungen und Schisds- gerichtssprüchen nehmen wollen, zur Raison bringen könne. ' So würde freilich der Völkerbund genötigt werden, Krieg zu fiihren — und wir stünden wieder einmal am Ausgang der ganzen Friedensbewegung, vor Entschei dungen mit Blut und Eisen. Chamberlain, weiß, was er tut, wenn er darchülicken läßt, daß ihm sein Völkerbund, eben der britische noch etwas näher am Herzen liegt als der Genfer, für den natürlich auch er schöne Worte in Hülle Ad Fülle übrig hat. E r kann es sich, wie auch sein lieber vreztntz Briand, eben leisten, zweiEisen i m Feuer Zchiecksgericht unck Abrüstung. Ein neuer französischer Antrag. Im Abrüstungsausschuß des Völkerbundes brachte ver französische Delegierte Paul-Boncour den vor einigen Tagen angekündigten Entschließungsantrag zur Schieds gerichts- und Rüstungsfrage ein. In diesem Entwurf wird der Völksrbundversammlung der Abschluß von Schiedsgerichtsverträgen, die eine friedliche Regelung aller Streitigkeiten sicherstellcn und zwischen allen Län dern gegenseitiges Vertrauen Herstellen, empfohlen. Gleich zeitig wird der Rat gebeten, den Abrüstungsausschuß da mit zu beauftragen, einen Vorentwurf zur Begrenzung und Verminderung der Rüstungen und die Maßnahmen zu prüfen, die geeignet sind, allen Staaten die notwendigen Sicherheitsgarantien zu geben, um ihnen die Festlegung der Höhe ihrer Rüstungen ans nied rigster Ziffer in einem internationalen Abrüstungs- Vertrag zu erlauben. Vorangegangen war eine sehr wirksame Rede des schwedischen Delegierten Sandler. Er sagte u. a.: „Keine juristische Arbeit könne die Lücke in der Sicher heitsfrage füllen." „Wenn der Nachbar eine Großmacht ist, was dann?" sagte Sandler. Erst müsse Ab rüstung erfolgen, um eine gewisse Gleichheit her zustellen. Graf Bernstorff stimmte den Ausführungen Sandlers in wenigen Sätzen wärmstens zu. Paul-Boncour meinte dann, die Sicherheit sei eine unerläßliche Voraussetzung der Abrüstung für die meisten Staaten und nur die Verwirklichung dieses Wunsches könne allein die Möglichkeit geben, die Erfüllung der Forderung zu ermöglichen, die Graf Bernstorff als der Gläubiger immer wieder vorbringe und die ihm „so be- rechtigtermaßcn am Herzen liege." Der Vorschlag Paul- Boncours wird in Genf allgemein als Versuch gewertet, das Gegeneinanderwirken der verschiedenen Vorschläge zur Abrüstungs- und Sicherheitsfrage zu vermeiden und zugleich den französischen Tendenzen in unauffälliger Form die Überlegenheit bei den bevorstehenden Beschluß fassungen und für die weiteren des Vorbereitenden Ab rüstungsausschusses zu sichern. Frühstück Stresemanns in Genf- Reichsaußenminister Dr. Stresemann hatte am Frei tag eine etwa einstündige Unterredung mit dem britischen Außenminister, Sir Austen Chamberlain. Im übrigen gab Dr. Stresemann im Hotel Metropole für die Mit glieder des Äölkerbundrates und eine Anzahl anderer Delegierter des Völkerbundes ein Frühstück. Zollkrieg Frankreich-Amerika in Sicht. Vorläufig keine Einigung. Die öffentliche Meinung in den Vereinigten Staaten ist ziemlich erregt wegen der Reibungen zwischen Paris und den Vereinigter! Staaten und man erörtert in Amerika ziemlich heftig die Möglichkeit eines baldigen Zollkriegs mit Frankreich. Bereits seit einiger Zeit sind zwischen den Bereinigten Staaten und Frankreich Meinungsverschiedenheiten über die gegenseitige Zollbehandlung ausgebrochen, die sich jetzt stark zugespitzt haben. Frankreich hat bekanntlich einen neuen Zolltarif geschaffen und ihn bei dem Abschluß des deutsch-französischen Handelsver trages in Kraft gesetzt. Darin sieht man in den Ver einigten Staaten eine Erschwerung der amerikanischen Wareneinfuhr in Frankreich, da sie angeblich geringerc Begünstigung als die aus anderen Ländern genießen Man verlangt deshalb bereits vor den in Aussicht ge nommenen Vertragsverhandlungen mit Frankreich eine Vorzugsbehandlung. Auf dementsprechende Vorstellungen wurde von Paris aus zunächst erwidert, solche Vorschläge könnten nicht als Verhandlungsgrundlage betrachtet werden. Frankreich müsse volle Gegenseitigkeit ver langen. Dem will man sich aber in Washington nicht fügen und so hat Frankreich in letzter Stunde dem amerikanischen Geschäftsträger gegenüber bekannt- gegeben, für gewisse Warenssrtcn der amerikanischen Ein fuhr Abschläge einzuräumcn, die für einzelne Industrie zweige bis zu 50 Prozent betragen. Dadurch sind die amerikanischen Vertreter aber nicht zufriedengestcllt Und eine endgültige Einigung, die in Frankreich natürlich leb haft erwünscht wird, ist nicht erzielt. Gewaltiges Seebeben. 14V Schiffe gesunken. Neuyork, 17. September. Noch hier eingetroffenen Mel dungen hat sich in der Ariake-Bucht ein Seebeben ereignet. 140 Schiffe sind Munken, bezw. schwer beschädigt. Dabei sanden 70 Personen den Tod in den Wellen. Der Dampfer „Wusung", der sich auf der Fahrt von Kamtschatka nach Japan befand, soll mit 900 Personen gesunken sein. Eine Bestätigung dieser Meldung liegt jedoch noch nicht vor. zu haben: ein militärisches und em genseriscyes. Nur von Deutschland wird verlangt, daß es sich dauernd mit sem einen, dem Friedensfeuer begnüge. Eine so „ab- zerüstete" Welt wird allerdings aus der Angst und Sorge vor neuen Kriegen niemals herauskommen! Dr. Sh. Könneckes großer Osttandflug. Ungefähr 25 000 Kilometer im Flugzeug. Der Pilot Könnecke hat seinen Plan, den Ozean zu überfliegen, endgültig aufgegeben. Er erklärte, daß er schon vor über einer Woche zu diesem Entschluß gekom men ist. Er beabsichtigt nun, zu einem großen Flug nach dem Osten zu starten, um nach Möalichkeit auf dem Wege über den nördlichen Stillen Ozean San Franzisko zu erreichen. Sein Besuch in Berlin hatte den Zweck, die zuständigen Stellen von diesem Plan zu unter richten, die nötigen Vorbereitungen zu treffen und die Karten für den Flug zusammenzustellen. Der plötzliche Rückschlag in der Wetterlage hat auf ihn und Graf Solms außerordentlich deprimierend ge wirkt und Veranlassung zu ernstlichen Erwägungen über dis Erfolgaussichten eines noch späteren Abflugs gegeben. Nm der auf die Nerven gehenden Zeit des Wartens ein Ende zu machen, haben er nnd Graf Solms sich dann ent schlossen, ihre« Plan zu ändern und den gemeinsamen Flug, der ursprünglich erst nach dem Transozeanflug unternommen werden sollte, unverzüglich zu unter nehmen. Die Ausrüstung des Flugzeugs ist den ver änderten Plänen entsprechend bereits fertiggestellt und M geeigneter Funker gewonnen. Sein Plan dürfte insofern noch eine Abänderung er fahren, als dis vorgeschrittene Jahreszeit einen Flug über den Stillen Ozeän ebenso wie übrigens auch über Alaska als sehr bedenklich erscheinen läßt und Könnecke deshalb den Entschluß zu einem großen Flug um Europa und Asien gefaßt hat. Die Route dürste etwa folgender maßen verlaufen: Schwarzes Meer—Kleinasien—Basra- Kalkutta—Hongkong—Japan—Sibirien über Rußland zurück. Schätzungsweise wird die Gesamtstrecke etwa 22- bis 25 000 Kilometer umfassen. Brock und Schlee haben bekanntlich nur die Hälfte dieser Kilometerzahl durchflogen. Schon daraus geht hervor, daß auch dieses neue Pxojekt außerordentlich große Anforderungen an Piloten und Maschine stellt. Schweres AiegerunMil in Sudslawien. Belgrad. Bei einem Übungsflug der Fliegerschule ii Castelnouvo an der Bocche di Castaro stürzte ein mit fün Flugschülern besetztes Militärwasserflugzeug aus unbekannte Ursache ins Meer ab. Die fünf Insassen ertränke« Ein Boot eilte sofort zu Hilfe, konnte aber nur die Leichci bergen. Eine Unrersuchungskonimission wurde an die Unfall stelle entsandt, um die Frage der Verantwortlichkeit fest zustelieu. Der neueste MantilM. London. Hauptmann MacJntosh ist in Begleitung de! Oberstleutnants Fitzmaurice von der irischen Fliegertruppe auf dem Flugplatz Baldonuel init dem Flugzeug „Prinzes Kenia" zum Transatlantikfllug nach Amerika gestartet. Tros vieler Warnungen bat Intoib den Kwa untcrnomincn. Et wurde ihm gesägt, daß unter den gegenwärtigen Witterungs Verhältnissen ein Ausstieg einem Selbstmordversuch gleich kcmme. Hauptmann MacJntosh gedenkt ohne Zwifchenlan düng geradeswegs nach Rewyork zu fliegen. Die geplanb Route führt an den großen Schisfahrtswegen entlang naä Neufundland und von dort nach dem amerikanischen Festlands polnischer LSsbergnff in Danzig. Dis Wssierpkaiie als polnisch erklärt. Selbstverständlich mußte« dis polnischen Meldungen über die angebliche Gefangenhaltung des verschwundenen Generals Zagorski auf der Westerplatte die Danziger Behörde« zu einer Untersuchung des Sachverhalts drän gen, denn wäre Zagorski tatsächlich auf der Westerplatte, so würde es sich um eine Freiheitsberaubung handeln, die «ach Danziger Recht strafbar ist. Unbezweifelt gehört die Westerplatte zum Danziger Gebiet, was anscheinend jetzt aus einmal die Polen nicht wahr haben wollen. Oder sie stellen sich wenigstens so, So konnte sich der neueste Zwischenfall entwickeln. Die polnische diplomatisch- Vertretung wurde durch die Dan ziger Behörden davon in Kenntnis gesetzt, daß die Pou- zeibeamten unter Führung des Leiters der Krumm polizei sich nach der Westerplatte begeben hatten. Der Kommandant der Westerplatte ließ den DEM Beamten durch einen Feldwebel bestellen, daß d»5 Wes platte polnisches Gebiet sei und cu-e Amt-Hand^ Danziger Beamte« ohne Geuchungung d ^uie d-m