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" Ick'k ' «SV>'^L -?» . . Dienstag» äen S. MSrz ig2g /luer Tageblatt MZM /lnzeiger Mr öas Erzgebirge ZWZ r,l,gramm«: Lagsdla« stu»»rzg»»i»g» Enthaltend -le amtliche« Bekanntmachungen -es aates her Gtabt und -es Kmtsaeel^t« »n. /Ille. pogsch,«.R»nt»! st«t Leipzig «,. Nr. 54 .Dienstag, äen S. Mär, 1S2S ' 24. Jahrgang Die Negierung bleibt ß Kr Reichskanzler beim Reichspräsidenten. Keine Umbildung der Reichsregierung. Der Reichskanzler berichtete am Sonnabend vormittag I dem Reichspräsidenten Wer ft ins Bemühungen, eine Regierung § auf breiter Grundlage zu schaffen; nach den Verhandlungen .Z mit den beteiligten Fraktionell habe er feststellen müssen, das; H zurzeit eine solche Umbildung der llieichsregierung nicht möglich H ist. Der Reichskanzler schlug daher dem Reichspräsidenten ,K vor, daß die Reichsregierung ohne Veränderung ihrer gegen- B wärtigen Zusammensetzung Im Amt bleibe. Der Reichspräsi- ß deut stimmte diesem Vorschlag zu. W I. 'i ' ' — Vie Senker Ratstagung Zu der am Montag vormittag um 11 Uhr begin-- i v nenden 54. Ratstagung sind im Lause des Sonntags i Z sänttliche Ratsmitglieder mit ihren Rechtsberatern und i j Sachverständigen in Genf eingetroffen. Da die meisten i s Delegierten erst mit den Abendzügen ankamen, verlief i der Sonntag, der von den Mitgliedern der deutschen i 1 Delegation zu kurzen Ausflügen oder Arbeiten be- i nutzt wurde, ohne besondere Besprechungen. Allerdings stattete das kanadische Ratsmitglied Dandurand dem englischen Außenminister Chamberlain einen Besuch ab, dessen Gegenstand die kanadischen Vor- s schlüge zur Verbesserung des Verfahrens bei Behand lung der Minderhettenbeschwerden durch den Rat waren, s. Diese Vorschläge bezwecken die Einsetzung eines beson- sA deren Ratskomitees, in dem sämtliche Natsmächte ver- treten sein sollen anstelle des bisherigen Zweierkomi- tees. Ferner soll durch die Verbesserung des bisheri- 1 gen Verfahrens Sicherheit dafür geschaffen werden, daß i x die Minderheitenpetitionen innerhalb bestimmter Fri- i E sten entweder durch "direkte Verhandlungen mit der iD zuständigen Regierung bereinigt werden oder aber i I automatisch an den Völkerbundsrat gelangen, wobei — i l ebenfalls in Abänderung des bisherigen Verfahrens — i x die beschwerdeführende Minderheit über das Schicksal > der Petitionen und über die Gegenargumente ihrer i s Regierung genau unterrichtet werden soll. Man nimmt i x an, daß diese Vorschläge wie auch der grundsätzliche iH, deutsche Antrag „Garantien des Völkerbundes für die Bestimmungen zum Schutze der Minderheiten" am näch- i K sten Mittwoch zur öffentlichen Aussprache stehen werde. Am Vorabend der neuen Ratstagung ist das all- gemeine Interesse auf diese beiden Anträge konzen- - triert, die zusammen mit sechs Petitionsfällen der deut schen Minderheit in Polen und der polnischen Minder heit In Deutschland das Hauptthema der FrühjahrS- fession des Völkerbundsrates bilden. H Chamberlain nach Genf abgereist. Chamberlain ist zur Teilnahme an der Tagung des Völ- H kerbunvsrats nach Genf abgercist. Aufdeckung einer Iantisowjeristiscken säiscberzentrale Eine sowjetfeindliche Fälscherzentrale, in der ganz große Politik gemacht wurde, und in der gefälschte Do kumente hergestellt wurden, die von Berlin aus über Maris ihren Weg nach den Vereinigten Staaten nah men, ist am 28. Februar von der politischen Polizei In Berlin aufgehoben worden. Es wurden in dieser Angelegenheit vier Personen festgenommen, von denen drei ehemalige russische Staatsangehörige sind, und -war ein ehemaliger Angestellter der Vertretung der Ukrainischen Räterepublik in Berlin namens Sumaro- kow, ein ehemaliger Untersuchungsrichter der zaristi schen Ochrana, ein ehemaliger russischer Staatsrat na- >ftmens Wladimir Orloff, der russische Baron Sergei -Neuester und die Freundin SumarokowS, ein Fräulein Möertrud Gümmler aus Berlin. Orloff und Sumaro- How haben bereits ein Geständnis abgelegt. Eine HauS- ^Mlchung in der Wohnung Orloffs hat ein geradezu iMtescnh'aftes Material zutage gefördert, das erkennen Müßt, daß es sich um eine besonders raffiniert arbei- vMende Werkstatt zur Fälschung politischer Dokumente Die Sichtung des Materials wird, einer Ber- Hner Korrespondenz zufolge, noch mehrere Tage in Mnspruch nehmen und noch große Ueberraschungen brin« Mn. ES ist bereits festgestellt worden, daß aus dieser die 15 Dokumente stammen, mit denen ver» Mcht worden ist, einen Politischen Feldzug gegen di« Mnerikantschen Senatoren Borah und HorriS in- Werk M setzen. Wie erinnerlich, hatte man versucht, zu b«- Mupren, daß beide Senatoren von der Sowietregie- Wng.im Geheimen unterstützt worden seien. Eine sensationelle Verhaftung ver geheime französisch-belgische vertrog eine Zülschung Nachdem die „Nation Beige" in Brüssel «inen gewissen Albert Frank als den Fälscher der angeblichen Geheim verträge bezeichnet hatte, veröffentlicht nunmehr da« Pariser „Journal" Einzelbctleu über das Geständnis, daS der bei sei. ner Ankunft in Brüssel verhaftete Frank abgelegt haben soll. Er habe unumwunden zugeneben, daß er da« vom „Utrechtsch Daablad" veröffentlichte Dokument .gefälscht habe. Frank habe erklärt: „Ich habe mich eines alten, lange Zeit vor dem Kriege zwischen zwei Staaten abgeschlossenen Vertrages bedient. ES handelt sich nicht etwa um einen Vertrag -wischen Belgien und Frankreich. Ich brauchte nur am Text gewiße Abänderungen vorzunehmen, um ihn der besonderen Lag« Frankreichs und Belgiens anHupassen. Die Protokolle über die -wischen Ver« tretern der Generalstäbe abachaltenen Besprechungen habe ich gleichfalls bei diesem alten Vertrag gefunden. Ich glauoe nicht, ein großes Verbrechen begangen zu haben. Ich habe .weder Frankreich noch Belgien verkauft, sondern einfach meinen Käufer hinetngelegt, und das ist doch schließlich eine banale Betrügerei. Dieser Käufer ist ein fremder Journalist gewesen, der die Dokumente an die Utrechter Zeitung weitcrgegeben hat." Weitere Er klärungen lehnte Frank ab mit der Begründung, daß er zu müde fei. Er wurde Ins Gefängnis übergeführt. Die weitere Vernehmung soll heute erfolgen. „Journal" veröffentlicht ferner den Roman des Lebens von Albert Frank, der fast unglaublich klingt. Frank sei der Sohn eines holländi schen Juden und einer Deutschen. Er wolle mütterlicherseits von Heinrich Heine abstammen. Er habe für di« belgische Nationalität optiert, sei danach aber in die deutsche Marine eingetreten, desertiert und nach Argentinien geflüchtet. Was er dort getrieben habe, wisse man nicht. Bei Ausbruch des Krieges sei er nach Europa zurückgvkehrt. Im Jahre 1915 sei er in London aufgetaucht. Im Dezember meses Jahres sei er von einem englischen Gericht wegen Paßdiebstahls zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden und nach Verbüßung der Strafe aus England ausgewiesen worden. Er sei dann nach Belgien gekommen und in das belgische Heer einaetreten. Er habe es verstanden, in der Etappe zu bleiben und schnell Unteroffizier zu werden. In Paris sei er jedoch erkannt und als Deutscher angezeigt worden. Man habe ihn aus dem Heere ausgestoßen und in ein Internierungslager gebracht, aus dem er entwichen sei. Nach England zurückgekehrt, sei er dort wiederum verhaftet und wegen Verstoßes gegen den Aus weisungsbefehl mit drei Monaten Gefängnis bestraft worden. Nach Verbüßung dieser neuen Strafe sei er von den englischen Behörden aufs neue ausgewiesen worden. Sofort nach dem Waffenstillstand sei er nach Belgien gekommen. Anfang 1919 sei er in Brügge als Aufseher bei einer religiösen Vereinigung tätig gewesen. Dieses Postens bald enthoben, sei er in Löwen Bibliothekar bei den Jesuiten geworden. Hier jedoch sei er in flagranti bei der Entwendung von Büchern ertappt und davongejagt worden. Kurze Zeit darauf sei es ihm in Ant werpen gelungen, bei der Bibliothek des Palais de Justice angestellt zu werden. Aber auch diesen Posten mußte er wegen Diebstahls von Büchern ausgeben. In Paris wurde er dann dreimal in der Zeit vom Dezember 1919 bis Mai 1920 wegen Diebstahls, Fälschungen, Betruges und unerlaubten Tragens von Ehrenzeichen verurteilt. Nach Verbüßung der verschiede nen Strafen sei er in die Antwerpener Redaktion der Zeitung „Neptun" eingetreten. In Antwerpen habe er das Wohlwollen eines kürzlich verstorbenen Generals gewonnen, .bei dem er sich die Papsere habe verschaffen können, di« ihm später di« Herstellung der gefälschten Dokumente ermöglichten. Wer auch in dieser neuen Tätigkeit habe er lein Glück gehabt. Er wurde entlassen. Im Laufe seiner Vernehmung behauptete Albert Frank, das von dem Utrechter Dagblatt veröffentlichte Dokument sei eine plumpe Abänderung eines alten Vertrages zwischen Frankreich und Rußland, der von der Sowjetregierung bekannt gegeben worden sei. Er habe sich mit flämischen Aktivisten in Verbindung gesetzt und durch Vermittlung von Waard Len«, ur« der Zeitung „Schelde", sei das Doku- k Utrecht verkauft worden. — Gegen HcrremanS ist werden ^onM ^rdeir, der aber noch nicht auSgcführt Das »Deftänlckniü" Iremks eine befische Mache? Im Berliner „Montag" und in der „Montagspost" werden die Erzählungen des angeblichen Kriegspakt. fälscherS Frank.Heine mit großer Skepsis ausgenommen. Die „Montagspost" erklärt: „Man muß di« ver- dächtig schnelle und ausführliche Berichterstattung, aus Belgien mit einer gewissen Vorsicht aufnehmen, denn man ist dort an der Angelegenheit nur allzu sehr interessiert. Es muh auch aussallen, daß Frank.Hetn«. dessen Name seit Tagen im Zusammenhang mit der Utrechter Veröffentlichung genannt wird, und nach dem man in Brüssel fahndet«, ganz sorglos nach. Brüssel gefahren sein soll, denn er mußte dort mit seiner sofortigen Verhaftung rechnen. T«r „Montag", der Frank.Heine als einen jener zwischen den Staaten stehenden Leute bezeichnet, di« sich ohne irgendwelche Bescheidenheit in der politischen Richtung an alle wenden, bei denen Geld zu erwarten ist, weist auf den gleichen Umstand hin und verlangt auch noch in einem zweiten Punkt von der belgischen Regierung Klarstellung: der angebliche Fälscher hat in der Nacht zum Sonntag ein Geständnis abge legt, wonach er seinen Vertrag einem Büro in Mül heim zum Kauf angebotcn haben will. Woher wußte nach diesem „Geständnis" in der Nacht zum Sonntag die „Nation Belge" bereits am Sonnabend abend, als Frank-Heine noch gar nicht verhaftet worden war und erst in Amsterdam den Schnellzug bestieg, daß er für das Dokument 100 000 RM erhalten habe, und zwar von deutscher .Seite? Die „Nation Belge" scheint nicht ganz auf den richtigen Zeitpunkt der Verhaftung von Frank-Heine gewartet zu haben. Das Blatt fragt: Sollte die belgische Regierung eine etwa» plumpe Regie gemacht haben? Frank-Heine könne natürlich in Belgien ziemlich hoch bestraft wer den, aber Gefängnisstrafen sind ihm nicht ungewohnt, und es gibt Leute, die sich fülr so etwas bezahlen» lassen. Ein amtlicher Schritt Ser belgischen Negierung in Serik« , Der belgische Gesandte in Berlin hat im Auftrage feiner Regierung im Auswärtigen Amt die Echtheit der vom Ut rechter Tageblatt veröffentlichten Dokumente vorbehaltlos und kategorisch in Abrede gestellt und dabei erklärt, daß die angeb liche Konferenz zwischen dem belgischen und französischen Ge neralstab vom 7. bis 12. September 1927 niemals stattgefun den hat. Der Gesandte hat bei dieser Gelegenheit die.Er klärungen noch einmal ausdrücklich bestätigt, die der belgische Außenminister in der Sitzung der Abgeordnetenkammer vom 26. Februar ds. Js. in der Angelegenheit bereits abgegeben ist. Das Rabmett äes Präsidenten Hoover Nach einer vom Büro de« neuen Präsidenten der Bereinigten Staaten, Hoover, ausgegebenen List« setzt sich das neue Kabinett wie folgt zusammen: Tas Staatssekretariat übernimmt der bisherige Gouverneur der Philippinen, Henrh Sttmson — die inneren Angelegenheiten der Präsident der Stanford Univer- stth, Lhman Wilbur, der Bruder des bisherigen MarinesekretärS — daS KriegSsekretariat der frühere Vorsitzende de» Finanzausschusses im Repräsentanten haus, James Good — das Marinesekretartat Rechts anwalt Francis Adam», der unter seinen Vorfahren zwei Präsidenten der vereinigten Staaten zählt — die Justiz übernimmt der bisherige Chief Soltettor, Wil liam Mitchell - di« Post der bisherige stellvertre tend« HandelSsekretLr Walter Brown — das Han- delSsekrerariat Präsident der America Steel Foun- drieS, Chicago, Patterson Lamont, ein bekannter WtrtschaftSsührer des mittleren Westens — die Land wirtschaft der frühere Gouverneur von Missouri, Ar thur Hhde. Aus dem bisherigen Kabinett werden übernommen: Schatzsekretär Mellon und der Arbeits minister James Davis. Ter bisherige Staatssekretär Kellogg ist, wie verlautet, bereit, das Amt bi« zum Eintreffen Stimfons vorläufig iveiterzusühren. Noch keine Entscheidung über Trotzkis Etnreisegesuch Das Kabinett, das über die Einreife Trotzkis nicht ohne den Außenminister nicht eine Entscheidung treffen dürfte, hat sich bisher mit t>em Fall Trotzki noch nicht abschließend be- fchäftiat, sodaß die Entscheidung darüber, ob Trotzkis Einvei.se- gefuch genehmigt Verden soll oder nicht, erst nach der Rückkehr des Außenministers aus Genf fallen durfte. schließt na türlich nicht aus, daß man in der Zwischenzeit sich noch Klar- heir -u verschaffen suchen wird über die ja noch umrrer recht «Ähpvchsichtige Affäre Trotzki.