Volltext Seite (XML)
Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzelle 20 Noldpfennig, die 2gespalteneZeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold pfennig, die 3 gefpalteneReklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Nachweisungsgedühr 20 Golkpfennige. Vor- gejchnedeneEr'cheinungs- . , tage und Platzvoischriste« werden noch Möglichkeit Ss p kS ch S k ! ÄMl 91k. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis oorm. ll) Uhr Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Radattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage etngezogen werden muh oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das „DZil druffer Tageblatt- erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mk., bei Postdestellung 2 Mk. zuzüglich Abtrag- —, , . . gebühr. Einzelnummern NPfg. AllePostanftalten Wochenblatt für Wllsdruff u. Umgegend Postboten MldunsereAus- träger und Geschäftsstellen — - -— -- -- nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen, entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht dein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Rr 56. — 84 Jahrgang. Telcgr.-Adr.: »Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnavend den? März 2 925 Mische SicherheilövStUMe. Wie üblich — von deutscher Seite hüllt man sich über bas Projekt eines Sicherungspaktes, das die deutsche Re gierung in London vorgelegt hat, in vollkommenes Schweigen oder dementiert Mitteilungen, die darüber durchsickern. In London unv Paris ist man aber weniger zurückhaltend uns so können wir jetzt einiger maßen den Gang verfolgen, den dis Behandlung dieser Frage genommen hat. Zunächst hat die deutsche Re gierung in London von ihrer Absicht Kenntnis gegeben, Frankreich, England, Belgien und Italien einen Ga ra ntiepakt mit Deutschland vorzuschlagen; der Staatssekretär des Auswärtigen, Chamberlain, unterrichtete seinen französischen Kollegen von dieser deutschen Absicht, wobei er Herrn Herriot in der ganzen Angelegenheit die Vorhand ließ, weil Frankreich dabei am meisten interessiert sei. Dann kam am 9. Februar ein Besuch des deutschen Botschafters in Paris bei Herriot, bei dem der Bot schafter Hoesch nun die Grundzüge des deutschen Vor schlags entwickelte;- gleichzeitig geschah dasselbe in London, Nom und Brüssel. Zunächst sollen sich dem deutschen Projekt zufolge jene Signatarmächte und Deutschland gegenseitig den Frieden garantieren, indem sie sich verpflichten, die Rheingrenze zu respektieren. Das wäre ein Vorschlag, wie ihn im November 1922 der ^damalige Reichskanzler Tr. Cuno gemacht hatte. Frankreich hat ihn damals abgelehnt; denn es stand auf dem Sprunge, in das Ruhrgebiet einzubrechen. Frank reich würde ihn auch jetzt wieder wohl ohne weiteres ab- kehnen, wenn nicht eine weitere Erklärung hinzukommt, Sie den Forderungen Frankreichs in Osteuropa entspricht: Garantiepakt auch an der deutschen Ost grenze, also mit Polen und der Tschechoslowakei. Der deutsche Vorschlag geht nämlich vahin, daß Deutschland obligatorische Schiedsgerichtsverträge besonders mit diesen beiden Ländern abschließt, worin die gegenseitigen Grenzen zu respektieren zur Verpflichtung gemacht werden soll. Von diesen Anregungen Deutschlands hat Frankreich seinen beiden Verbündeten an unserer Ost grenze Kenntnis gegeben. Die deutsche Negierung bestreitet nun soeben in einer halbamtlichen Erklärung, daß wir uns der englischen Ver mittlung bedient hätten, gibt aber zu, daß sie sich seit längerer Zeit an den im Gange befindlichen inter nationalen Erörterungen aktiv beteiligt habe. Sie habe auch sofort alle beteiligten Regierungen gleichzeitig von ihrem Standpunkt unterrichtet. Mehr nicht. Es sei weder von endgültig formulierten Vorschlägen, noch auch nur von einem Antrag auf förmliche Verhandlungen die Rede. Zu einer Diskussion über bestimmte Projekte eines Eicherheitspaktes ist es, soweit Deutschland dafür in Be tracht kommt, überhaupt noch nicht gediehen; und wann das geschehen werde, wisse man wirklich nicht. Bei dem ganzen Problem taucht nun neben der auf eine ziemlich lange Bank geschobenen deutschen Mili- tärkontrolle auch noch etwas Drittes auf, was die Lösung des Problems noch viel mehr erschwert: das ist die Stellung des V ölkerbundes zu einem derartig internationalen Vertrag, wie ihn der vorgeschlagene Ga rantiepakt darstellen soll. Als internationaler Vertrag müßte er in Genf registriert werden, käme damit unter die Garantie des Völkerbundes mit allen sich daraus er gebenden Folgen — wenn Deutschland im Völkerbund wäre. Demgemäß wird gerade in Paris, wo Herriot immer noch ein starkes theoretisches Interesse für den Völkerbund an den Tag legt, immer deutlicher hinge wiesen auf diese Komplizierung des Problems. Das kann Taktik sein, Taktil in dem Sinne, daß man Deutsch land sozusagen hintenherum nötigen will, dem Völker bünde beizuireten und dabei die Vorbehalte fallen zu lassen, die in der Januar-Note an den Völkcrbundrat von uns gemacht worden waren. Man geht sogar noch weiter And schlägt in Paris vor, zunächst einmal zwischen den Alliierten allein ein Abkommen zu treffen, das auf einen Earantiepakt jener vier Mächte gegen einen deutschen An- «risf im Osten oder Westen hinauslänft. Hinauslänft such auf jene Projekte, die Clemenceau bei den Ver handlungen über den Versailler Vertrag zu verwirklichen suchte und das den eigentlichen Kernpunkt der ganzen französischen diplomatischen Aktion des Augenblicks dar stellt. Auf ein Abkommen mit Deutschland legt man gar kein Gewicht, die Besprechungen und Projekte nach dieser Richtung hin sind nur ein Mittel, um jenen Kernpunkt zu verwirklichen: das interalliierte Garantieab- kommen ohne Deutschland oder vielmehr gegen Deutschland. Deswegen hänft man die Schwierigkeiten gegen den deutschen Vorschlag, schafft neue, wenn die alten nicht durchschlagend genug erscheinen; betont, es sei sehr zweifelhaft, daß eine Lösung demnächst gefunden werde «nd daß ein derartiges Vorgehen das tiefgründige Studium aller daran interessierten Mächte verdiene. Im französischen Auswärtigen Amt begnügt man sich daher mit außerordentlich platonischen Erklärungen über den ehrlichen Willen Frankreichs, alle Vorschläge entgegen- lunehmen, die den europäischen Frieden zu garantieren Leeignet seien. Derartige Phrasen kosten ja nichts. Aber WM». AMW zm dMei SWrWOn. Die englische Kabinettsmchrheit für den deutschen Vorschlag. London, 8. März. Der politische Berichterstatter der j „Daily Mail" berichtet über die vorgestrige Kabinettssitzung: Die Mehrheit des Kabinetts teile die Balfour zugeschriebene Auffassung, wonach jeder Sicherheitsplan aus dem Grundsätze beruhen müsse, daß der Kontinent einschließlich Deutschland als Einheit betrachtet werden müsse. Die übrigen Kabinettsmit glieder neigten Lord Curzons Ansicht zu, daß gegenwärtig Groß- ? britannien sich von allen Verpflichtungen und Verwicklungen in i europäischen Angelegenheiten fernhalten solle. — Der diplo- malische Berichterstatter des „Daily Telegraph" schreibt: Bei keiner der alliierten Negierungen bestehe Neigung, die deutscher. Anregungen für den Sicherheitspatt rundweg abzulehnen, wenn auch kn französischen Kreisen ziemlich starke Zurückhaltung und Mißtrauen herrsche wegen der vsrgeschlagenen Regelung hin- sichttich Osteuropas. Die französische?; Bedingunffen Paris, 6. März. Das „Echo de Paris" schreibt: Es scheint nicht, daß die französische Regierung schon endgültig ihre Haltung zum deutschen Sicherheits- und Schirdsgerichtsvorschlag I bestimmt habe. Jedoch sei es schon jetzt ungefähr sicher, daß der j Ministerpräsident Herriot schließlich seins ZustimmWg zum Ber- j liner Entwurf nur unter folgenden Bedingungen' geben werde: 1. Abschluß der französisch-englisch-belgischen Militärabkommen, - die vollständig unabhängig sind vom Garantiepakt. 2. Eintritt r Deutschland in den Völkerbund. 3. Vollständige Ablehnung der deutschen Note hinsichtlich der schiedsgerichtlichen Verträge, die mit Polen und der Tschechoslowakei abgeschlossen werden sollen. Kapstadts Beunruhigung wegen des ge planten Sicherheitsplanes Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". London, 6. März. „Echanger Telegraph" meldet aus Kapstadt, daß die Berichte über einen neuen Sicherheitsplan der britischen Regierung unter den Regierungskreisen Kapstadts Be unruhigung hervvrgerusen haben. „Kap-Times" warnen das Auswärtige Amt davor, einen Keil zwischen Südafrika undGroß- britannien zu treiben, und geben der Befürchtung Ausdruck, daß die Leute, die gegen eine Teilnahme Südafrikas am Kriege Großbritanniens im Jahre 1914 gewesen seien und die nunmehr in der Regierung der südafrikanischen Union vorherrschend wäre», nicht genügend verstanden würden. Koesch reist nsckd üerlin. Eigener Fernfprechdlenst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 6. März. Der „Intransigeant" meldet, daß der deutsche Botschafter v. Hoesch nach Berlin abreisen wird, um der Reichsregierung über die Verhandlungen mit Herriot in der Sicherheitsfrage zu berichten. Herriot soll angedeutet haben, daß ihm an ergänzenden Mitteilungen über die deutschen Ga rantien gelegen sei. In Kreisen der deutschen Botschaft wird erklärt, daß die Nachricht nicht den Tatsachen entspricht. Me Regierungskrise in Preußen. Berlin. 5. März. Im Ältestenrat 'des Preußischen Landtages war vom Zentrum angeregt,worden, die Wahl des preußischen Mt- nijlerpräsidenteu bis'nach der Wahl des Reichspräsidenten zu verschieben. Dieser Vorschlag fand bei den Deutsch- nationalen, der Deutschen Vollspartei und den Demokraten Widerspruch. Es bleibt also zunächst bet dem vorgesehenen Termin, wonach die Wahl des preußischen Ministerpräsidenten am kommenden Dienstag, den 10. März, vorgenommen werden soll. Zwischen den Führern der bürgerlichen Frak tionen des Landtages sanden Besprechungen über die Neuwahl des Ministerpräsidenten statt. Sie drehten sich hauptsächlich um die Möglichkeit, daß Marr, wenn er als Kandidat für j die Reichspräsidcnleuwahl ausgestellt werde, kaum noch für f die MinistcrprüsiScuischaft in Frage komme. Bet der j Deutschen Volkspartei soll die Absicht bestehen, wieder i den früheren Finanzminister Dr. vonRlchter als Minister- : Präsidenten vorzuschlagen. Wie sich eigentlich die zukünftige ! Negierung zusammensetzen soll, liegt noch vollständig im Un- - klaren. Einige Meldungen hatten in den letzten Tagen wissen ! wollen, die Neibungsslächen zwischen Rechts und Links hätten ! sich vermindert, da der umstrittene Innenminister Seve- * ring aus Gesundheitsrücksichten zurücktrelen wolle. Nun, wird aber heute diese Nachricht von zuständiger Stelle als unrichtig bezeichnet. Zwar sei die Gesundheit des derzeitigen preußischen Jnnenmiisislers tatsächlich stark angegriffen, aber doch nicht in dem Maße, daß er gezwungen wäre, seinem Amte zu entsagen. Es bleibt einstweilen also alles in der Schwebe. wenn m ven nächsten Lagen ver englische Etaatsjerretar des Auswärtigen Austen Chamberlein nach Paris geht, wird ihm Herriot zweifellos mit den Plänen jenes vlten Abkommens von 1919 vor die Auaen treten. Dis Beisetzung in Heidelberg. r. Heidelberg, 5. Marz. Aus Baden, aus Hessen, aus dem Rheingau, aus der Pfalz und aus entfernteren Teilen des Reiches waren viele Tausende herbeigeströmt, uni dem ersten Präsidenten des Deutschen Reiches das letzte Geleit zu geben. An sünszig Sonderzüge hatten in den Morgenstunden des heutigen Tages unübersehbare Menschenmengen herangebracht, Ab ordnungen, Vereine, Verbünde und ungezählte Einzel personen, die in viergliedrigen Reihen den zum herrlich gelegenen B e r g f r i e d h o f, aus dem dem Präsidenten Ebert das Grab bereitet war, führenden Weg umsäumten. Pünktlich zur festgesetzten Stunde, um 9 Uhr 30, lies der Sonderzug, der die Leiche von Berlin brachte, in die Bahn hofshalle ein. Auf dem mit Blattpflanzen geschmückte» Bahnsteig begrüßte der Oberbürgermeister von Heidel berg, Dr. Walz, die Witwe des Präsidenten und die übrigen Mitglieder der Familie und sprach ihnen noch einmal das Beileid der Stadt aus. Als der schwere eichene Sarg zum vierspännigen Leichenwagen getragen wurde, intonierte das städtische Orchester den Choral „Befiehl du deine Wege". Dann begannen, während vom Heiligen berg Böllerschüsse ertönten» sämtliche Glocke« der Sadt zu läuten. Der Zug zum Grabe setzte sich langsam in Bewegung, eröffnet von einer Gruppe berittener Polizei, der die Freiwillige Feuerwehr Heidel bergs folgte. Etwa 1500 Heidelberger Sänger schlossen sich an. Dann kamen, mit umflorten Fahnen. Studenten- korporationen in vollem Wichs, unter ihnen ägyptische Studenten mit dem roten Halbmondbanner, Abordnungen von Vereinen, Abordnungen des Reichsbanners Schwarz- Rot-Gold und viele, viele andere. Und nun wieder be rittene Polizei und unmittelbar vor dem Leichenwagen, der von höheren Polizerbeamten umgeben war, Vie Kranzträger. Hinter dem Wagen die männlichen Ange hörigen des verstorbenen Reichspräsidenten, her Oü«r bürgermeister, der Reichskanzler Dr. Luther mit den an deren Vertretern der Neichsregierung, Vertreter der Landesregierungen, des Reichstages, ausländische Ab ordnungen, Rektoren und Senate der Universitäten Heidelberg und Freiburg sowie der Technischen Hochschule in Karlsruhe in ihrem Ornat, Vorstände der Reichs- und Landesbehörden, Vertreter der politischen Parteien und der Gewerkschaften und hinter dem Wagen, in dem Frau Ebert und ihre Tochter saßen, die Schulfreunde des Ver- storbenen, geführt von Eberts altem Lehrer. Als der Zug am Grabe angelangt war, traten badische Gendarmen vor, die den Sarg bis an das Ehrengrab trugen, während das Musikkorps der badischen Polizeimusiker einen Trauer marsch spielte. Nachdem der Heidelberger Sängerchor das „Sanctus" aus der deutschen Messe von Schumann ge sungen hatte, trat der badische StaatSpräfidcnt Dr. Hellpach an Las von hohen Säulen und Pfeilern umrahmte offene Grab und hielt die Gedächtnisrede. Er begann mit einem stimmungsvollen Gedicht von Eichendorff und knüpfte daran eine von hohen Gedanken und von Poesie durchwehte Würdigung des toten Reichspräsidenten. Dem schlichten Heidelberger Schneibersohn seien alle Kenn zeichen kurpfälzischer Wesensart eigen gewesen: die herz liche, sonnige Lebensfreude und das entschlossene tatkräftige Zugreifen im Ernstfälle. Unter den vielen erlauchten Geistern, die auf dem wundervollsten aller deutschen Friedhöfe zur letzten Ruhe gebettet seien, sei Friedrich Ebert kein Fremdling und kein Eindringling. Er gehöre, zn dem Adel jener, die aus sich und durch sich selbst ge worden sind, was sie ihrem Volke und der ganzen Mensch heit bedeuteten. Er habe sich nie über das Volk der kleinen Leute, aus dem er hervorgegangen sei, erhoben, obwohl er sich aus eigener Kraft alle Besitztümer der Bildung zugeeignet habe und kein Gespräch mit Kauf leuten oder Künstlern, mit zünftigen Gelehrten oder mit- zünftigen Diplomaten zu scheuen brauchte, überall habe er seinen Mann gestanden, kein Emporgekommener, son dern ein Emporgerungener. Mit den bekannten Versen von Salis-Seewis „Das Grab ist tief und stille" schloß Dr. Hellpach seine Grabrede. Hierauf widmete Oberbürgermeister Dr. Malz dem Sohne der Stadt Heidelberg herzliche Gedenk- und Abschiedsworte. Ebert wollte wieder unter seinen engere»: