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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn uud die Umgegenden. LI in t s b t a t t für das Königl. Verichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Freiing, den ö. Januar l866. 1, Verantwortlicher Nedacteur und Verleger: A. Lorenz. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vierteljahrgang beträgt 10 Ngr. und ist jedesmal vorauszubezahlen. Sämmtliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, weiden in Wilsdruff sowohl iin der Redaction), als auch in der Druckerei d. Ll. in Meißen btt längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, erwaize Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Dankt angenommen, nach Befinden honortrt. — Unser Neu^ahrswunsch. Wie find nun Alle miteinander ein Jahr älter geworden. Aber das schadet nichts, wenn das Jähr an uns nicht verloren war. Der Mensch hängt durch gar vielerlei Beziehungen mit dem Leben zu» sammen, gar viele Bande halten ihn, außer der natürlichen Liebe zum Leben, am Dasein fest. Da ist vor Allem die Familie. An ihr hängt daS Herz mit seinen stärksten und doch zartesten Fäden, ste ist unsere Liebe und Sorge, sie allein kann unser höchstes Glück sein, und cS giebt kein grö ßeres Unglück für uns, als das sie trifft. Ein liebes braves Weib und gesunde Kinder — was geht aus der Welt über diese irdische Seligkeit! Und so wünschen wir denn diese» Glück Allen! Und wer in Unfrieden und Kummer lebt, der gehe in sich und frage sich in recht ernster Stunde: Wer trägt die Schuld? Versöhnung uud Fleiß find die besten Helfer in solcher Noth — und Tausende von Menschen würden glücklicher sein, wenn sie ehrlicher gegen sich selbst wären. Wo aber der Tod mit talter Hand in ein Haus gegriffen, da ist kein besserer Trost, als den die Zeit vom Himmel holt — und den gebe Gott jedem trauernden Herzen. Ein anderes Band ist die Arbeit, das Geschäft, der Beruf. An diesem Bande hängt der Familie Glück und des Mannes Ehre. Ehre, die ohne Arbeit erworben wird, ist äußerer Plunder, den der rechte Mann verachtet. Durch dieses Band find wir Alle gleich, ob unsere fleißige Hand den Pflug oder ein Werkzeug der Werkstatt ober am Schreib tisch die Feder führt. Gott segne jede fleißige Hand! — DaS ist wieder ein Neujahrswunsch. Familie uud Arbeit knüpfen uns an die Ge meinde. Keiner stelle sich fremd zu ihr, denn nur im Ganzen chat der Einzelne seinen Werlh. Wer die Ehre der Gemeinde im Herzen trägt, wird nie finken, und eine rechte Gemeinde darf Keinen un verschuldet finken lassen, der treu zu ihr steht. Die Gemeinden find die Säulen des Staats; wenn sie fest sind, steht es ums Vaterland gut, ob auch äußere oder innere Feinde an ihm rütteln wollen. Und nur wer in einem glücklichen Bater- lande lebt, ist fähig, seine Gedanken über alle Schlagbäume und Throne hinweg bis zum großen Beruf der Menschheit zu erheben. Doch da hallen wir heute still. Zweierlei sind die Bande, die uns ans Leben fesseln: es sind b5ld harte der Pflicht, die wir mit aller Kraft festhalten müssen, bald zarte der Liede, die uns selbst festhalten. Jene hängen am Kopf, diese am Herzen; aber die am Herzen find es, die den Kopf gesund und frisch erhalten. Und so wollen wir denn unser letztes Wünschlein aussprechen: Gott möge Allen das Herz mit seinen theuren Banden brav erhalten, dann wird auch der Kopf den rechten Weg durch'« neue Jahr finden. Das gebe Gott! u m sch a u. Auf die Neujahrsgrüße Napoleons horcht ge wöhnlich ganz Europa. Diesmal sind sie un'ge- wödnlich friedlich gewesen und man will daraus schließen, daß cs ihm im Jahre 1866 noch nicht paßt, die französischen Grenzen ein Stück hinaus- zurückcn. Oder wird er auch alt und sitzt lieber im Lcbnstuhl, als daß er über Karten und Plänen brütet? — Oesterreich ist jetzt gut Freund mit Frankreich; es möchte gern mit Napoleons Hilfe einige Jahre