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ThmM, Men, Sikbenlehn md w KwMM. Imtsblatt für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen^ für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruffs Inserate werden Montags, Mittwochs und freitags bis spätestens Mittag- s2 Uhr angenommen, ^nsertionspreis jOjDf. pro dreige spaltene Lorpuszeile. Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar Dienst tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis Viertels, s Mk. 30 j)f., durch die Post bezogen s Mk. 55 Pf. Einzelne Numinern sO Pf. sowie für das Agl. Forstreniamt zu Tharandt Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H A. Berger in Wilsdruff. — Brrastivvetlich für die Redaktion H A. Berger daselbst. No. 18. Die Flottenfrage in Deutschland. Die schon seit geraumer Zeit umherschwirrenden Gerüchte über große Marinepläne der deutschen Regierung, speziell über eme dem Reichstage noch für die laufende Session zugedachte besondere Marine-Borlage, sind letzter Tage in der Budget- Commission des Reichstages beim Beginn der Berathung des Etats des Auswärtigen Amtes aufs Tapet gebracht worden. Soweit nun die betreffenden Nachrichten sich auf eine an geblich dem Reichstag: noch in der gegenwärtigen Tagung vor zulegende bedeutende Mehlforderung für Marinczwecke bezogen haben, erweisen sie sich jetzt in Hinblick auf die vom Staats sekretär des Auswärtigen v. Marschall der Commission gegen über abgegebenen Erklärungen als vollkommen unbegründet. Die Regierung denkt nicht daran, den gegenwärtigen Marine- Etat durch nachträgliche Neuforderungen noch weiter zu be lasten. Aber allerdings beschäftigt man sich in Regierungs kreisen sehr ernstlich mit der Frage einer Verstärkung der deutschen Flotte, speziell in der Richtung einer Vermehrung der Kreuzer, wie aus den ferneren Mittheilungen des Herrn v. Marschall hervorgeht, nur ist der Zeitpunkt des Abschlusses der betreffenden Erörterungen noch nicht bestimmt zu beurlh-ilen. Zugleich be tonte jedoch der Staatssekretär, daß durchaus nicht Vorgänge der jüngsten Zeit — eine deutliche Anspielung auf die Trans vaal-Angelegenheit — jene Erwägungen veranlaßt, daß hierbei Überhaupt nicht die schwebenden Fragen der großen Politik eine Rolle gespielt hätten, sondern daß andere Rücksichten in der Sache maßgebend seien. Es gelte, die Colonien Deutschlands zu sichern, seine überseeischen Interessen wie sein gestimmtes Ansehen im Auslande zu wahren und vornehmlich auch den deutschen Handel und die deutsche Schifffahrt nach überseeischen Gebieten nach Maßgabe der bestehenden vertragsmäßigen und völkerrechtlichen Bestimmungen wirksam zu schützen. Demnach herrscht wenigstens jetzt Klarheit darüber, daß für die allernächste Zeit die von manchen Seiten angekündigN Flottenverstärkung noch nicht zu erwarten steht, aber das Wei tere bleibt freilich abzuwarten. Die von Herrn v. Marschall abgegebenen Erklärungen lassen keinen Zweifel zu, daß re gierungsseitig ernstlich unter den von dem genannten Regierungs vertreter erwähnten Gesichtspunkten eine Vermehrung der Vater ländischen Seemacht geplant ist, lediglich der Umfang dieser maritimen Verstärkung bleibt noch genauer fcstzustellen und ab zugrenzen. Von .uferlosen" Marimplänen der ReichSrcgierung zu reden, ist daber offenbar mindestens verfrüht, sicherlich darf man aber erwarten, daß bei den schwebenden neuen Marine- Projekten die finanzielle Lage deö Reichs ernstlich mit in Be rücksichtigung gezogen wird. Es kann selbstverständlich gai keine Rede davon fem, daß wir uns neben unserem gewaltigen Landheere auch noch eine entsprechende Flotte schaffen, wie dies manche Flottenjchwärmer wünschen. Schon gewichtige finan zielle Erwägungen würden der Schaffung einer Marine ersten Ranges für Deutschland entschiedm widersprechen, außerdem würde auch die geographische Lage Demschlands mit solchen Plänen nicht in Einklang zu bringen sein. Anderseits ist es jedoch längst gewiß, daß, auch ganz abgesehen von einer doch nicht gerade unwahrscheinlichen Verwickelung Deulschlandö in einen künftigen Seekrieg, die deutsche Marine quantitativ nicht mehr zur Erfüllung der von ihr zu erfüllenden Aufgaben ge nügt, daß vielmehr vor Allem sie Beschaffung neuer schnell- segelndcr Kreuzer zum nachdrücklicherem Schutze unserer ge lammten überseeischen Interessen, die ja besonders seit dem Eintritte Deutschlands in die Reihe der Colonialmächte eine so erhebliche Steigerung erfahren haben, nöthig ist. Inwieweit für künftige Marincforderungen, welche das unabweisliche B-- dürfniß der Herstellung neuer Schiffe mit den gegebenen finan ziellen Verhältnissen in Uebereinstimmung zu bringen verstehen, auf eine Rcichstagsmebrheit zu rechnen wäre, das werden wohl schon die kommenden Verhandlungen des Reichstages über den Marineetat zeigen; hoffentlich steht eine Verständigung zwischen Regierung und Volksvertretung in dieser wichtigen Angelegenheit zu erwarten. Laar zahlen! Im allgemeinen volkswirthschaftlichen Interesse ist es dringend uünichliiswerth, den Baarverkauf zu fördern und die unerhört langen Kreditfristen zu verkürzen, Das mag ja für den Ge schäftsmann an sich noch keinen Äruno bilden, in dieser Richtung thälig zu s^ju, aber daß sein eigenes Interesse im höchsten Maaße dabei betheiligt ist, Das sollte wm doch verständlich sein. Wie häufig bekommt man jetzt seine Rechnungen nichl vor einem Jahre, ja manche Gewervrceibende scheinen es für besonders „kulant" zu halten, selbst mehrere Jahre zu warten. Daß dabei die Zinsen verloren gehen, di- dem Schuldner nicht Dienstag, den 11. Februar zu gute kommen, da er sein Geld nicht auf Zinsen zu legen pflegt, daß aber der Letztere keinen Anlaß hat, baar oder nach kurzer Frist zu zahlen, wenn ihm dafür kein Vortheil geboten wird, daß deshalb ein Rabattsystem in beiderseitigem Interesse liegt, indem es dm Kunden die Möglichkeit einer Ersparniß, dem Geschäftsmann- aber den Vortheil bietet, mit dem Gold aus dem damit erzielten rascheren Umschläge m seinem Geschäfte weit mehr zu verdienen, als ec an Rabatt preisgiebt — das Alles sind doch so einfache Gesichtspunkte, daß nicht sehr viel Verständniß dazu zu gehören scheint, sie zu begreifen. Und doch, wie ist es Lhatsächlich damit bestellt? Ich kann aus persönlicher Erfahrung Fälle anführen, in denen Beamtenfamilien in eigenem Interesse einer geordneten Wirthschaft an ihre Lieferanten z. B. an Brod, Fleisch u. s. w. das drirtgende Ver langen gestellt hatten, nur gegen baar zu liefern oder wenigstens wöchentlich Rechnung zu schicken, in denen es ihnen aber nicht gelungen ist, dasselbe durchzusetzen, sodaß sie sich schließlich fügen mußten, weil sie überall demselben Widerstande begegneten. Ich mag noch so bestimmt bei einem Einkäufe gebeten haben, der Waare die q rittirte Rechnung beizufügen, um dem Boten das Geld aushändigen zu können: unter 10 Fällen geschieht -s höchstens in einem, und frage ich nachher, weshalb es un terblieben ist, so heißt es: „ach nein, das wäre doch unkulant; ich werde das Geld ja schon kriegen." Immer diese verdammte „Kulanz" als Deckmantel für geschäftliche Schlaffheit. Als ob es unfein wäre, von Bezahlung zu sprechen, oder als ob man durch Zusendung der Rechnung der Befürchtung Ausdruck gebe, daß der Andere zahlungsunfähig sei! Aber nun gar, wenn ich frage: „Geben Sie bei Baar zahlung Rabatt?" Dann heißt es: „Ach die Preise sind ja schon so billig gestellt, daß das nicht möglich ist." Und wenn ich entgegnete: „dann werde ich nicht vor einem halben Jahre bezahlen", so soll dos „auch gar nicht schaden." Ich pflege in solchen Fällen in der That mindestens ein halbes Jahr mit der Zahlung zu warten, obgleich ich das Geld liegen Hobe, lediglich um meinem Aerger über die Dummheit Ausdruck zu geben. Mögen die Preise billig oder theuer gestellt sein, jeden falls gewährt doch der Umstand, daß ich heute zahle, dem Ver käufer einen Vortheil gegenüber einer erst in 6 oder gar in 12 Monaten erfolgenden Zahlung, er ist also sehr wohl in der Lage, mir einen Antheil an diesem Nutzen zu gewähren, und es ist ein Mangel an Nachgedanken, sich auf die billigen Preise zu berufen. Ich habe aber um so mehr ein Recht, diesen Vorthcil zu beanspruchen, weil er nicht bloß auf der Zins- ersparniß beruht, sondern vor Allem die Ristkoprämie darstellt. Jeder Geschäftsmann muß zu den Preisen, wie er sie sonst stellen könnte, einen Zuschlag von einer gewissen Höhe machen als Deckung für den Ausfall, den er bei einzelnen zahlungsunfähigen Schuldnern erleidet. Es ist gerechtfertigt, daß er diesen Zuschlag umlegt auf Alle, die ihn dieser Gefahr ausfitzen; sie zahlen eben eine Prämie für das dem Verkäufer aufgczwungene Risiko. Aber ist es denn in der Ordnung, daß auch Demjenigen diese Vergütung abverlangt wird, der das Risiko durch Boarzahlung vermeidet? Ich bin überzeugt, daß recht wenige der betheiligten Geschäftsleute sich dies klar machen, aber eben Das ist ja der Beweis, daß es an Verständniß für die einfachsten geschäftlichen Dinge noch so völlig mangelt. Wir sind nun einmal dabei dem Geschäftsleben seine Sünden oorzuhalten, da darf ich auch den Vorwurf nicht ver schweigen, der mit Recht vorzugsweise gegen das Handwerk wegen seiner Unpünktlichkeit und Unzuverlässigkeit erhoben wird. Bestelle ich mir irgend Etwas, an dessen pünktlicher Lieferung mir viel gelegen ist, so ist es außerordentlich leicht, die bin dendsten Zusagen über die Innehaltung der vereinbarten Frist zu erlangen, aber fast sicher ist, daß ich am festgesetzten Tage vergeblich auf die Sendung warte. Vorsichtige Leute wählen deshalb stets einen früheren Tag, an dem sie angeblich ver reisen oder sonstige unaufschiebbare Dinge vornehmen wollen, um dann nach mehrfachen Mahnungen und Drohungen die Lieferung annähernd zu der eigentlich beabsichtigten Zeit zu er langen. Es ist genau Dasselbe, wie das „Vorschlägen" beim Schacherhandel: ich fordere 10, um 5 zu erhalten. Daß an diese Nothlügen schließlich Niemand mehr glaubt, ist eine na türliche Folge ihrer Alltäglichkeit. Ich will nicht noch weiter auf den allgemeinen Vorwurf der Unsolidität eing-hen, den man leider nicht mit Unrecht unserem gejammten gewerblichen Leben macht und der einst zu dem vernichtenden Reulaux'schen Urtheil billig und schlecht führte. Mag es hart gewesen sein und unserer Industrie bei anderen Völkern schweren Schaden gebracht haben, so ist doch weit größer der Vortheil, daß es uns zu einer Besserung an geregt hat, die man jetzt von allen Seiten anerkennt. Aber wie der Vorwurf sich zunächst nur auf die große Exportin- 1896. dustcie bezog, so ist auch leider die Besserung wesentlich nur auf diese beschränkt geblieben. Es handelt sich eben um die bereits bezeichnete allgemeine und tiefgehende Schlaffheit in unserem gewerblichen Leben, auf welche ich als auf ihre letzte Wurzel alle die erwähnten Uebel zurückführen möchte, nnd an der wir einsetzen müssen, wenn wir daran gehen wollen, eine wirkliche und gründliche Besserung herbeizuführen. (Kulemann; „Das Kleingewerbe.") Tagesgeschichte. In Oldenburg fand am Freitag die feierliche Beisetzung der Großherzogin Elisabeth im Beisein einer größeren Anzahl erlauchter Trauergäste, an ihrer Spitze der Kaiser, statt. Unmittelbar nach Beendigung der Beisetzungsfeierlichkeiten reiste der Kaiser nach Berlin zurück. Der Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches ist vom Reichstag-, wie dies zu erwarten war, an eine besondere Commission verwiesen worden. Ob deren Arbeiten zu einer Verständigung über die Hauptstellen des Entwurfes führen werden, muß indessen noch völlig dahingestellt bleiben, denn die parlamentarischen Aus sichten des Bürgerlichen Gesetzbuches lassen sich, unter dem Ge sichtspunkte der Ergebnisse der ersten Lesung aus betrachtet, noch nicht entfernt mit Bestimmtheit b-urtheilen. Vielleicht kann man es aber doch als ein günstiges Anzeichen betrachten, daß zum Präsidenten der ReichStagökommisston für das Bür gerliche Gesetzbuch der Centrumsabgeordnete Spahn, der ja eine nicht unfreundliche Stellung zu dem großen Reformwerk ein nimmt und zum Vizepräsidenten der freisinnige Abgeordnete Kauf mann, der sich sogar als begeisterter Anhänger eines einheitlichen nationalen Rechts bekannt hat, gewählt worden sind. Die der Regierung zugeschriebenen neuen Marine Pläne kamen am Freitag in der Budgetkommission des Reichstages anläßlich der Berathung des Etats des Auswärtigen Amtes zur Sprache. Diese Gerüchte sind auf Grund der abgegebenen Er klärungen des Staatssekretärs des Auswärtigen als bedeutend übertrieben zu bezeichnen. Von einer über dem Rahmen des dem Reichstage vorliegenden Marine-Etats hinausgehenden be sonderen Forderung ist für die laufende Session keine Rede. Aber allerdings schweben in den betheiligten Ressorts Erörter ungen über eine größere Verstärkung unserer Flotte, nur der Z-itpunkt ihres Abschlusses läßt sich noch nicht bestimmen. Nach den weitere« Erläuterungen des Staatssekretärs v. Marschall in dieser Frage ist hauptsächlich eine Vermehrung der deutschen Kreuzer geplant, jedoch nicht erst infolge dec Vorgänge der jüngsten Zeit, sondern weil die Nothwendigkeit einer stärkeren Sicherung der Colonien und dann überhaupt der überseeischen Interessen Deutschlands, sowie die Steigerung der deutschen Ausfuhr nach transozeanischen Gebieten schon seit längerer Zeit das Bedürfniß einer Vermehrung der deutschen Flotte gezeigt haben. Mit Fragen dec überseeischen oder überhaupt der aus wärtigen Politik Deutschlands hängt die beabsichtigte Flotten- verstärkung nach der Versicherung Herrn v. Marschalls keines wegs zusammen. An die betreffenden Darlegungen des Staats sekretärs schloß sich eine Debatte an, in der die Abgeordneten v. Kardorff sReichspartei) und Hammacher fnat.-lib.j für die Vermehrung unserer Seemacht eintraten, während der Cen- tcumsabgeordnete Dr. Lieber seine Befriedigung darüber aus drückte, daß es mit den der Regierung zugeschrieben „uferlosen" Marineplänen nichts auf sich habe. Vor längerer Zeit fanden in Preußen und in anderen Bundesstaaten Erhebungen über die Wirkung der vor zwei Jahren erfolgten Aufhebung des JdenditätSnachweises bei der Getreideausfuhr statt. Als Ergebniß dieser Nachfragen ist wohl die jüngst vom Landwirthschaftsminister im preußischen Abge ordnetenhause gegebene Erklärung zu betrachten, daß diese Maß regel nach Ansicht der Staatsorgane wie der Vertretungen der Landwirthschaft und des Handels dem preußischen Westen im allgemeinen nichts geschadet, dem Osten dagegen einen ent schiedenen Nutzen gebracht habe. Wie man hört, lauten auch die Urtheile aus Süd- und Mitteldeutschland hiermit gleich lautend, so daß man wohl sagen kann, das Gesetz vom 14. April 1894 habe sich vollkommen bewährt und bisher, nament lich auch bezüglich des leichteren Ausgleiches der Getreidepreise im Osten und Westen, beziehungsweise Süden Deutschlands, alle darauf gesetzten Erwartungen durchaus erfüllt. Wie verlautet bereiten die deutschen Gastwirthsverbände eine Eingabe an den Reichstag vor, in welcher um den Erlaß von Bestimmungen gebeten wird, daß in den Restaurants, in denen beim Zubereitcn der Speisen Margarine verwendet wird, dies durch Plakate kenntlich gemacht ist, damit der Gast vor Unreellität bewahrt werde. Englische Blätter hatten die Nachricht auSgestreut, daß in Transvaal eine „deutsche Versammlung" gegen das Vor»