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/luer Tageblatt JO« unverlangt »togrfanSt» Manuskript» kam» ckvvLH» nicht g,löstet «rr-rn. «ll» prstonstalt«, ««» vr<«str!Ig«e «tzmia e-sl-lUm,«« t» Pf«. »«I »«, ««PchLfl-stlU, ,Ü »«holt m»aatUch«pfa,u. wtchiiit- ü» I» Pf«. S«I o«r Post d«st,Ut u«» KIdst at,«h»U E Mk-, »»«atUch t» Pf», vurq ö«a VN«Mlg«r ft»I w» hau, »I,et«l- MZeiger Mr öas Erzgebirge WDWUD mit öer wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: -lner Sonntagsbla«. M'p'oUnnUS^ «prechchmöe »n «e-akNou «tt ftn-nahm« »n «»««tag. «achmittag» 4-S Uhr. - r«l.gramm.fl»r*fl», Lag»bla« ^»«Mblrge. hemspeech« 5S. Nr. 121. Donnerstag» 28. Mai 1914. 9. Jahrgang. Diese Nummer umfaßt 8 Seiten. Das Wichtigste vom Tage. Der Reichsverband gegen die Sozialdemo kratie hat seine Beziehungen zu Dr. Ludtvig gelöst. « Der Rückgang der sozialdemokratischen Ge werkschaften hat auch im ersten Quartal die ses Jahres keine wesentliche Veränderung erfahren. * Die Beteiligung der deutschen Kunst an der Weltausstellung in San Franzisko ist nunmehr gesichert.*) * Die russische Regierung brachte an Berliner amt licher Stäle den Wunsch nach einer Aenderung des deutsch-russischen Hande lsvertra- trages zur Kenntnis. * In Nom nahm im KonsistortumSsaale der Papst am Mittwoch die feierliche Ueberretchung des KardtnalshuteS an die neuernannten Kardtnäl« vor. * Die albanischen Aufständischen fordern in ei ner Denkschrift die Absetzung der gegenwär tigen Regierung und die Wiederherstellung der türkischen Herrschaft.*) Näh»«« Nehe an and«i«r Stell«. IE* Mutmaßliche Witterung am 29. Mat: Rordaswde, BewöNungsabnahme, geringe Lemp.raturänderung, Nach lassen des Niederschlage«. "Mc Das Märchen vom europäischen Gleichgewicht. In der Presse klingen gurgelt die Sieden de» d eu t- schen Friedenskongresse» von Kaiserslau tern mit dem Nachhall der großen Regierungserklä rungen über die auswärtige Politik in den Parlamenten von Oesterreich, Deutschland und Rußland zusammen. Bon Frieden war auch in den letzteren viel die Rede: Und so könnte man von der schönsten Znteressenharmp- nie und von der ruhigsten Sicherheit in ganz Europa träumen. Leider ist'» trotz alledem auch nicht mehr, wie ein schöner Traum. GS geht hier wie st) oft: man redet am meisten von dem, was man noch nicht hat und wo nach also die Sehnsucht da» Her- besonder» dringend erfüllt. Dreibund und Tripleentente sollennach den ministeriellen Gedankengängen al» beste Garantien des Friedens wirken. Im Balkankriege hätten sie sich Wenn Jungens schenken. Humoreske, einer Mutter nachepzSHlt von Friedrich Thieme. Nachdruck vrrboi«». Ts ist einige Tage vor meinem Geburtstage. Mein Mann läuft m't einem geheimnisvollen Lächeln auf den Lippen umher, schließt geräuschvoll ostentativ seinen Schrank zu, wenn ich in die Nähe komme, und antwortet auf jede dritte Frage: Darnach fragt inan vor seinem Geburtstage nicht. Die Herren Winner können doch gar nichts in stiller Heimlichkeit abmachen. Da ist Lieschen anders, unsere Aelteste. Sie geht so ruhig und unberührt ihren leisen Weg, daß ich manchmal denke: Ja, vergißt denn das Mädchen deinen Geburtstag ganz? Ich mag noch so sehr aufpaffen, ich sehe sie nichts, gar nicht» tun! Und doch, wenn der Tag der Freude kommt, sei es Ge burtstag oder Weihnachten, überrascht sie mich stets mit einer reizvollen Arbeit, an die ich gar nicht gedacht habe, und die mir doch große, Vergnügen bereitet! Ander» unser Horst. Ich will gleich von vornherein mildernde Umstände für ihn in Anspruch nehmen, er ist in den Flegeljahren. (Engeljahre hat er überhaupt nicht gehabt!) E» Ist nicht zu erwarten, daß Hopst von selber an eine so nebensäch liche Sache wie einen Geburtstag denkt (seinen eigenen ausgenommen, den er mit großer Promptheit und äußerst frühzeitig in Erinnerung bringt). Sein« Schwester muß ihn allemal erst aufmerksam machen So auch diesmal. Was ist nun die Folge? Horst scheucht die weltstürmen den Gedanken, die sein Gehirn bewohnen, für «ine halbe Stunde von sich und überlegt. Da» Resultat ist offenbar ein ungemein befriedigendes. Wenn Lieschen sich er kundigt: Nun, Hopst, wo» willst du! der Mutter schenken?, lächelt er triumphierend und entgegnet i-n der ihm eigenen zärtlichen Weise: Nicht etwa so eine lumpige Decke wie al» solche bewährt. Wer aber kann sich darüber Hinweg täuschen, daß in Wahrheit zurzeit des Balkankrteges der Friede nur deshalb gewahrt blieb, weil eben die Tripleentente nicht zusaonnenhteü? Hätte sich das eng lische Interesse mit derselben Bereitwilligkeit wie das französische auf die Sette Rußlands gestellt, so wären eben die gefüllten Pulverfässer damals doch explodiert, und zwar gerade deshalb, weil das AuSeinandertreten der europäischen Staaten in zwei große Gruppen alle vorhandenen Gegensätze schärfer zum Bewußtsein brin gen muß, viele Gegensätze geradezu erst künstlich schafft, viele Interessengemeinschaften gewaltsam unterdrückt und bet den Verbündeten außerdem leicht ein verhängnisvoll übermütiges Kraftgefühl erweckt. Wo sich zwei mit ge ladenen Revolvern gegenüberstehen, mjag ja freilich der Respekt vor der beiderseitigen Bewaffnung eine zeitlang zu vorsichtiger Zurückhaltung führen. Ter Zustand der Spannung, der dabei entsteht, kann aber unmöglich als bessere Garantie für die Versöhnlichkeit gelten, als das Verhältnis von zwei Unbewaffneten. So wird sich auch der gesunde Menschenverstand niemals von denStrenen- klängen schöner Friodensreden darüber htnwegtäuschen lassen, daß Europa durch seine Austeilung in zwei große Bündnisse an Einmütigkeit nicht gewonnen hat. Vielmehr bedeuten diese Bündnisse im wahrsten Verstände des Worte» gerade die Entzweiung. Im Hintergründe bleibt der Gedanke an die mögliche oder vielleicht sogar not wendige kriegerische Auseinandersetzung und übt beherr schenden Einfluß auf alle politischen Maßnahmen. Die Phrase vom Friedenswert des europäischen Gleichgewichts ist heute noch um keinen Deut wahrer, als sie «» vor hundert oder zweihundert Jahren war. Mit dem Gleichgewicht ist schlechterdings kein Beruh 1- gungSzustand zu erreichen. Es ist dafür viel zu heikel, viel zu leicht störbar; kann doch jede kleinste Kraftverschiebung -wischen den Parteien die Gleichge wichtslage umw«fvn. Und da kein Staat stille steht, da da» Wachstum der Kultur, der materiellen wie der geistigen Interessen, Tag für Lag wettergeht und un möglich bei allen Völkern wie nach einer vvrbesttmMten Harmonie da» absolut gleiche Tencho einhalten kann, so darf man da» Ziel «ine» europäischen Gleichgewicht» ge radezu al» Unmöglichkeit bezeichnen, al» ein« Utopie, gegen die der ewige Friede wie »ine Realpolitik für hätte und morgen erscheinen muß. Auf den Unsinn der Gleich- gewichtsidee haben schon unsere großen Denker vor hun dert Jahren mit guter Sach- und Menschenkenntnis hin- gewiesen. Wa» Kant und Fichte darüber geschrieben haben, besteht auch heute noch durchaus zu Recht. SS ist besser, sich da» ehrlich einzugestchen, als sich in schö nen Zllusstonen zu wieg«, auf Lenen sich in Wahrheit nichts Dauerndes aufbauen läßt. Wir haben keinen Frie den, sondern wir haben nur einen Waffenstillstand. An diesem Begriff ändert sich durch die bloße Zeitdauer nichts. Solange die Möglichkeit de» Krieges im Hinter gründe bleibt, und die Rüstung für ihn al» erste, dringendste und nationalste Ausgabe gilt, muß die Sttnr- du — mit solchem Zeug schämte ich mich Damit beweist er, daß er einen seiner Beachtung und Teilnahme wür- oigen Gegenstand gefuisten hat. Nun kommt ^ber Pep wahre Jakob nämlich die finanzielle Seite der Ange legenheit. Hopst besitzt niemals Geld, Lieschen immer, ob gleich beide dasselbe Taschengeld erhalten. Da ist Holland in Not, und er wandelt mehrere Stunden umher wie ein Staatsminister, der neue Steuern für ein Defizit von hun dert Millionen entdecken soll. Er brauchte eigentlich nicht so umherzmoandern, denn er kommt stet» zu dem gleichen Ergebnis und könnte da» im »amu» missen. Plötzlich steht er vor mir: Mutter, ich brauch« eine Mark. Wozu denn, Horst? Ein unwillige» Blitzen auf seinem Gesicht: Au irgendetwas. — Du vertust zu viel Geld. Ist denn dein Taschengeld schon wieder alle? Er grinst. Lieschen macht mir ein bedeutsame» Zeichen: Gib sie ihm nur, Mutti. Er braucht st« wirklich. Wozu» erfährst du später. Jetzt weiß ich Bescheid. Horst erhält seine Mark und verMoindet damit augenblicklich. Nach einer Stunde lehrt er zurück, von der Bedeutung seine» Vorhaben» ge schwellt. Vom Tag an ist feine Stube fest verschlossen. Nicht einmal Lieschen darf hinein. Er ist der Meinung, Weiber könnten nicht schweigen s— aber niemand kann so wenig etwa» aus dem Herzen behalten al» gerade Horst. Wa» mag er eigentlich Vorhaben? Manchmal wird mir die Sache ganz unheimlich. Auf alle Fälle ist es eine sehr lärmende Arbeit, die er in Angriff genommen hat — ander« al» laute Tätigkeiten liebt er nicht. Auch erfor- dert ste ein« Menge Htlsmntttel. Alle möglichen Töpfe, Teller, Tiegel trägt er nach und nach au» der Küche fort, den Werkzeugkasten hat « Überhaupt ständig mit Beschlag belegt, alle Bretter schleppt «r zusammen. Wenn man ihn bet einer dieser Eokamotationen ertappt und zur Red« seht, wird er noch sehr ungemütlich und vaifonniert, man wolle ihm bloß wie gewöhnlich di« Freud« verdepben. So murrg der Nationen gegeneinander feindlich und miß trauisch sein, mutz ihr« gegenseitige Haltung durchaus derjenigen zweiter Heere gleichen, di« sich -war verob- redetermatzen vorübergehend hinter einer bestimmten De markationslinie halten, auch wohl sogar kameradschaftlich hinüber und herüber verhandeln, die aber doch den Kriegszustand als eigentlichen Zweck ihre» Dasein» emp finden und sowohl in der materiellen Weiterrüstung wie in der moralischen Bereitschaft beibehalten. Au» den Mi nisterreden hörte man förmlich die erzwungene Zurück haltung heraus. Sie enttäuschten durch all da» wichtige, wa» sie verschwiegen und von dem die Welt trotz de» Verschweigens eben genug Weitz. So bleibt trotz deS äußeren Gletchklanges die scharfe Dissonanz -wischen ihnen und den Klängen von Kaiserslautern. Die Verlobung im äeulschvn Aaiserhause. (Von unserem Berliner Mitarbeiter). Die Verlobung eines Kaisersohnes mit einer Dame aus dem nicht fürstlichen deutschen Adel gibt von dem unbefangenen Sinn Kaiser Wilhelm II. einen neuen Be weis. Obgleich diese Verbindung einen Einfluß auf die Thronfolge niemals gewinnen kann, führt ste doch mittel bar frische» Blut in da» an der Spitze de» deutschen Reich» gestellte Fürstenhaus. Das Geschlecht der Grafen Bassewttz ist mecklenburgischer llradel und hat mehrer« geschichtlich denkwürdige Sprossen hervorgebrachs- So war Graf Liagnus Friedrich Bassewttz, trotz der Gebürt in dem Heimatlande seine» Geschlechts, OLerprästdent der Mark Brandenburg und hat nach seinem 1842 erfolgten Rücktritt au» dem Staatsdienst anonym drei umfangreiche Mono graphien über Äie Zustände und Schicksal« dieser Provinz unmittelbar vor der Schlacht bei Jena und bi» 1810 ver öffentlicht. Ebenso ist der Vater der Braut, Graf Karl iBaffewitz-Lovetzow, bi» vor kurzem in dem bedeutenderen der beiden mecklenburgischen Länder Premier — auswär tiger und großherzoglicher Hausminister gewesen. Für Liebhaber politischer Kuriositäten kann noch von Jntereffe sein, daß von rund sieben Menschenaltern in dem «rsten Viertel des 18. Jahrhunderts ein Herr von Bassewttz da» Herzogtum Holstein-Gottorp förmlich gepachtet hatte, was iftellich damals nicht» gänzlich Unerhörtes war, er tat sich durch lebhaften deutschen Patriotismus gegenüber dem da mals noch sehr mächtigen dänischen Nachbarn hervor. Durch ihre Mutter, ein« Gräfin Schulenburg aus dem House Grotz-Krankaw ist übrtgend die Braut bereit» dem preußischen alten Wel vepwandt. Gräfin Ina Maria (geboren am 27. Januar 1888) war bisher Hofdame der Kaiserin Augusta Viktoria und diese soll bei die ser Verlobung die Fürsprecherin des Sohnes -ei dem kaiserlichen Vater gewesen sein. Wie di« meisten Tröger der preußischen Köüigswürde, soll Kaiser Wilhelm H. für sein Haus kein besonderer Gönner morganatischer Ehen sein. Bemerkenswert ist in dieser Beziehung ein sehr wird da» Geburtstagsgeschenk für ihn zu einer Gart« blamhe für all« möglichen Usurpationen, für uns der Anlatz geheimen Grauens und Schrecken». UeHerall ent decken wir rätselhafte Schmutzstellen, die ungeheuer schlecht wegzubrlngen find. Töpfe kommen zurück mit unerklär lichem Belag, an seinen Kleidern und Ungern tauchen allerhand mysteriös« Flecken auf. Am Kragen -eigen sich Leimspuren, in den Haaren Sägespäne >— dabet geht er <»inher mit Schritten eine« NiebOegten und hat für die Anstrengungen seiner Schwester lediglich ein überlegen«, geringschätzige» Lächeln. Und der Eintritt in sein Zimmer ist bet Todesstrafe untersagt. Sogar sein Bett ordnet er sich angeblich — selber, denn auch dem Mjtlhchen traut er nicht. Doch sonderbar! Nach einigen Tagen erscheint sein Ausdruck plötzlich weniger zuversichtlich. Der kühne Siegerblick ist einer mehr elegischen Miene gewichen. In seinen doppelt kräftigen Anschnauzungen gegenüber feiner Schwester offenbart fich der Mißmut einer grausam ent täuschten Seele. Je mehr der Geburtstag heranwaht, je mehr steigert sich feine Ungebärdigkeit. Zwei Tage vorher jedoch scheint ein neuer Entschluß in ihm entkeimt. Be vor er zur Schul« geht, tritt er heimlich zu Li«»chen in die Küche: Liesel, sei so gut, pumpe mir eine Mark! -- Wozu, Horst? — Ich brauche noch eine. E» ist für die Mutter. Ich zahle ste ditz gleich von meinem Taschen geld zurück. Lieschen lächelt still und borgt ihm da» Geld, obwohl ste au» untrügliche« Erfahrung weiß, daß ein Dar lehen an Hopst nicht mehr Aussicht aüf Rückzahlung hat al» eine moderne Staatsschuld. Nun beginnt d*r ganz« -«kenprozeß noch einmal. Da» ganz» -au» scheint in «in Laboratorium verwandelt. Horst läuft polternd treppauf und -ab, schleppt in» Hau« und hin auf, hat kein« Zeit für Vie Sttistste Besorgung im -aus- halt, sicht Kämpfe mit dem MWchen au» und schimpft auf Lieschen» die er oller denkbaren Verbrechen bezichtigt