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Mittwoch» äen 18. Juli 1928 23. Jahrgang Auer Tageblatt Mzeiger Mr -as Erzgebirge ß^W r,i»-ram»«! Lag«»»«« ft«—»»»dir«* Enthalte«- -le amtUchea Vekaaatmachvagea -es Rates -er Sta-t ua- -es Amtsgerichts /lur. postsihtck.eonw: ftmt Leipzig U, 1-y, ^rTTtzS^ französische Antwort auf clen Kellogg -Vorschlag. Paris, 16. Juli. In der französischen Antwortnote auf den Pattvorschlag Kellogas heißt es: Zunächst ergibt sich aus der neuen Präambel, daß der vorgeschlagene Vertrag in der Tat den Zweck hat, oie riedlichen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Völkern dauernd aufrechtzuerhalten. Die Regierung der Republik erklärt sich gern mit diesen neuen Bestimmungen einverstanden. Die Regierung der Republik nimmt andererseits auch gern Akt von der Auslegung, die die Regierung der Vereinigten Staaten dem neuen Vertrage gibt, um den verschiedenen französtscherseits vorgebrachten Bestim mungen Rechnung zu tragen. Diese Auslegung läßt sich fol gendermaßen zusammenfassen: Nichts in dem neuen Vertrage beschränkt oder beeinträchtigt irgendwie das Recht der Selbst verteidigung. Jedes Volk behält in dieser Hinsicht stets die Befugnis, sein Land gegen einen Angriff oder einen Einfall zu verteidigen. Es hat allein zu entscheiden, ob die Umstände es nötigen, zu seiner eigenen Verteidigung zum Kriege zu schreiten. Zweitens steht keine der Bestimmungen des neuen Vertrages in Widerspruch zu den Bestimmungen der Völker- bundssatzung und ebensowenig zu denen der Locarnoverträge oder der Neutralitätsverträge. Andererseits würde jede Ver letzung einer Bestimmung des neuen Vertrages durch eine der Vertragsmächte die anderen Vcrtragsmächte von selbst von ihren Verpflichtungen gegen den Zuwiderhandelnden befreien. Dank der Klarstellung, welche die neue Präambel so gebracht hat, und dank der andererseits dem Vertrage gegebenen Aus legung sieht die Regierung der Republik zu ihrer Genugtuung, daß sich der neue Vertrag mit den Verpflichtungen aus be stehenden Verträgen vereinbaren läßt, an denen Frankreich sonst als Vertragsmacht beteUtgt ist, und deren-uneingeschränkte Achtung ihm Vertragstreue und guter Glaube natürlich zur unabweiSltchen Pflicht machen. Angesichts dieser Sachlage und unter diesen Umständen freut sich die Regierung der Republik, der Regierung der Bereinigten Staaten erklären zu können, da- st» «uunetzr durchaus bereit ist, Ke« Vertrag irt d« durch Das Münchener Eisenbahnunglück Amtliche Untersuchung. München, 17. Jult. Im gerichtlich-medizinischen Institut wurden gestern die Leichen der Opfer des Eilen- bahn Unglücks seziert. Der SekttonSbefund ergab, daß sämtliche Tote sehr schwere Quetschungen und Brüche erlitten haben, so daß höchstwahrscheinlich der Tod schon etngetreten war, ehe der Brand ihre Wieder teil- weise bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte. Die Unter suchung über den Hergang der Katastrophe ist noch, im Fortgang. Am Montag traf eine UntersuchungSkom- mission der RetchSbahndirektion Berlin in München ein. Die Sachlage wurde an Ort und Stelle in Augenschein genommen. Das erste Ergebnis der amtlichen Unter suchung wird voraussichtlich heute noch bekanntgegeben. Settel- -es Relchspräfl-enten. Berlin, 16. Juli. Der Reichspräsident hat an den Generaldirektor der Deutschen ReichSbahngesellschaft foulendes Telegramm gerichtet: Anläßlich des schweren Eisenbahnunglücks bet München, bei dem zahlreiche Tore und Verletzte zu beklagen sind, übermittele ich Ihnen den Ausdruck meiner Anteilnahme. Ich bitte «Sie, den Hinterbliebenen der Toten mein Beileid und den Vorletzten meine bewert Wünsche für baldige Hei- lung auszusprechen. Selle»-vtelegramm -es Reichskanzlers an vr. VorpmüUer. Berlin, 16. Juli. Reichskanzler Müller hat zu dem Eisenbahnunglück in München nachstehendes Bei leidstelegramm an den Generaldirektor der Deutschen ReichSbahngesellschaft gesandt: ,Die Nachricht von dem schweren Eisenbahnunglück in München hat mich tief erschüttert. Der Deutschen NeichSbaHngesellschaft sprech« ich zu diesem furchtbaren Unglücksfall zugleich im Na men der RetchSregierung meine Anteilnahme aus und bitte, den Angehörigen der tödlich Verunglückten und den Verletzten den Ausdruck wärmsten Mitgefühl» der Reichsregierung zu übermitteln." Berlin, 16. Juli. Der RetchsderkehrSminister richtete an den zur Unfallstells entsandten Geheimen Oberbaurat Zirkler folgendes Telegramm: Die Nach richt von dem schweren Unfall auf Bahnhof München hat mich aufs tiefste erschüttert. Ich beauftrage Sie, so wett es Ihnen möglich,, den Hinterbliebenen der Ge tüteten meine herzliche Teilnahme und den.Verletzten meine wärmsten Wünsche auf baldige Genesung auSzu- sprnhen. Festnahme«. München, 16. Juli. Auf Antrag der Staats anwaltschaft München wurden im Verlauf der Unter suchung über 'die Ursache« deS Eisenbahnunglück» zur Klärung der Frage, wie der zweite Zug freie Fahrt be kommen Tonnte, obwohl das Blocksignal gesperrt ge stellt war, .der OberstellwerkSmeister Schnellrieder, der Bahnarbetter Joseph Hechtl und der Oberweichenwärter Jbhann 'Schall Vorläufig festgenommen und zugleich nach der Vernehmung durch, den Ermittlungsrichter in das GerichtSgefängniS am Neudeck eingeliefert. Von den Toten ckvnnte der 37jährige Landespoltzeiveterinär Dr. Ktrchleitner aus Augsburg .identifiziert werden. Ta man Auswetspapiere auf den Namen Hans Port. 48 Jahre alt, Architekt aus Augsburg gefunden hat. vermutet man, daß auch dieser sich, unter den Toten be findet. Bet der Münchener Polizeidirektion ist bereits eine Reihe von Vermißtmeldungen etngelausen. Die Polizei ist mit der Nachprüfung beschäftigt, ob sich die Vermißten unter den Opfern befinden. Die Identifi zierung begegnet gewaltigen Schwierigkeiten, da die Leichen keinerlei ErkennungSnrevkMale aufwiesen. Wie festgestellt werden konnte, stammt der Friseur Joseph Deißler aus Augsburg. Gr war am Sonntag mit sei ner Frau und seinem achtjährigen Töchterchen nach! München gefahren. Während Deißler aus dem ver unglückten Wagen nur alS Leiche geborgen werden konnte, konnte sein Töchterchen gerettet werden. Won seiner Frau fehlt bisher jede Nachricht. Keine Haftentlassung -er -rel Stellwerksbeamten. München. 16. Juli. Wie der Landesdienst, des Süddeutschen KorresPvndenzbüroS von maßgebender Sette erfährt, befinden sich die drei Stellwerksbeamten, deren Festnahme durch die Staatsanwaltschaft München angeordnet worden war und dis noch heute nachmit tag vom Untersuchungsrichter vernommen und in das Untersuchungsgefängnis Neudeck eingeliefert .worden waren, entgegen einer anderslautenden Meldung nach wie vor dort. Die Ursache der Verhaftung ist darin zu sehen, daß, sich Widersprüche insofern ergeben haben, als das Gleis, auf dem sich das Unglück ereignete, im Stellwerk mit der roten Scheibe bezeichnet war. Wenn das Gleis offen gewesen wäre, Hätte der Nachzug freie Fahrt ge habt und es hätte dis weiße Scheibe erscheinen müssen. Die Untersuchung zeigt - daß aber im Stellwerk die rote Scheibe erschienen war und es wurde ausdrücklich be stätigt, daß, der Stand der Scheibe nach dem Unglücks noch derselbe war, wie vor dem Unglück. Die Beamten! des Stellwerks haben' sich, wahrscheinlich infolge eines! von zwei Seiten irrtümlich! aufgefaßten Telephonge spräches über die Tatsache des Fernsignals hinwegge setzt und dem Fahrdienstleiter gemeldet, daß das Gleis fretgegeben sei- Hierin würde, wenn sich, dieses bis herige Untersuch,ungSergebnlS bestätigt, die Fahrlässig kett zu erblicken sein. Weiteres wird die noch im Gange befindliche Untersuchung ergeben müssen. daS Schreiben Eurer Exzellenz vom 83. Juni 1928 vorgesehe nen Form zu unterzeichnen. Eine Venkschrift -es Relchsstä-tebun-es. lieber die Aufgaben einer kommunalen Derwal- tungSreform hat der ReichSstLdtebund als Spitzenorga- nisatton von rund 1500 Klein- und Mittelstädten eine Denkschrift verfaßt. Der ReichSstädtcbund wendet sich darin u. a. auch .gegen die kommunalen Grenzver änderungen größeren Umfanges, insbesondere durch eine planmäßige Zusammenfassung örtlicher Selbstver waltungen zu Großgemeinden. ES heißt in der Denk schrift: Umbildungen zu Großstädten sind im Interesse einer lebendigen und sparsamen Selbstverwaltung auf daS notwendigste zu beschränken. Nicht minder groß sind die Gefahren der Zentralisation iM Landkreis. Wesen und Stärke des Landkreises liegen in der mög-ö ltchsten Erhaltung und Stärkung der örtlichen Selbst verwaltung dort, wo überörtliche Aufgaben dies im Interesse der gesamten Kreisbevölkerung notwendig ma chen. Auch im Kreise liegen die Kräfte der Selbstver waltung bet den Einzelgemeinden. Das Ziel kann dar um auch! im Landkreise nur lauten: Erhaltung der ört lichen Selbstverwaltung in einem dezentralisierten Kreise. Vr. Plchaer bei Gberbürgermelfler dr. Söß. Berlin, 16. Juli. Oberbürgermeister Dr. Böß ver anstaltete heute ein Abendessen zu Ehren des Astenforschers Dr. Wilhelm Filchner. Es nahmen daran teil neben Ver tretern des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung der russische Botschafter und der chinesische Geschäftsträger, der Rektor der Universität und der Technischen Hochschule, in Vertretung deS preußischen Handelsministeriums Ministerial direktor Veil und Freund» des Dr Filchner. Hölz bisher noch nicht entlassen. Berlin, 16. Juli. Wie eine Berliner Korre spondenz vom Strafvollzugsamt hört, ist Max Hölz bisher nicht auS der Haft entlassen worden. Nach, Aus- fassung des Oberreichsanwalts hat Hölz noch, ein hal bes Jahr abzubüßen, che für ihn die Amnestie in An wendung kommt. Die Verteidigung von Hölz vertritt allerdings den Standpunkt, daß Hölz auf Grund der Amnestie sofort zu entlassen ist. Der Oberreichsanwalt wird sich vorerst Mt dem von der Verteidigung einge- retchten Antrag, die Strafe von Hölz mit Rücksicht auf das Wiederaufnahmeverfahren zu unterbrechen, zu beschäftigen haben. Für die Entlassung der übrigen Amnestierten ist alles vorbereitet worden. Zn vielen Fällen hat die Staatsanwaltschaft schon eine Unter brechung der Strafe angeordnet, so daß der größte Teil der Amnestierten sich Bereits in Freiheit befindet, ob wohl da» Amnestiegesetz erst einen Tag nach der Ber- SffenÄchrurs im ReichAarrzeiarr in Kraft tritt. Oie tapfere Arbeit cies Eisbreekers Krassin. Die Biglierigruppe über ihre Rettung. Moskau, 16. Juli. Der Führer der Biglierigruppe erklärte dem Vertreter der Telegraphenagentur der Sowjet- uuion: Die Notlandung der „Italic? erfolgte auf derselben Eisscholle, wo der „Krassin" sie auffand. Die Motoren funk- tionierten bis zum Aufprall auf das Eis. Die Forschung?- arbeiten wurden bis zuletzt fortgesetzt. Die Biglierigruppe setzte die größte Hoffnung auf Lundborg und nach dessen Stran dung auf die Eisbrecher. Der „Krassin" birgt seinen Flieger. Berlin, 16. Juli. Die „Voss. Ztg." meldet aus Kopen- hagen: Dem Eisbrecher „Krassin" ist es gelungen, seinen Flie- ger Tschuchnowski, der vor einigen Tagen bei seinem Fluge zur Biglierigruppe notlanden mußte, mit seinen Begleitern an Bord zu holen. „Krassin" gibt vorläufig die Suche nach Alessandrl auf. Moskau, 17. Jult. Der Kommandant des Eisbrechers „Krassin", Samojlowitsch, sieht sich gezwungen, nach der Ad- ventbay zu gehen, da Tschuchftvwskis Flugzeug einer Repara tur bedarf und ihm ein ausländisches Flugzeug zu Erkundungs- flugen nicht zur Verfügung gestellt worden ist, ferner infolge der von den italienischen Führern, die Nachforschungen nach Alcssandrt als unzweckmäßig hinstcllen, geäußerten Bitte, die geretteten Italiener sofort der „Citta di Milano" zu über- geben. General Nobile über vr. Sehounek. Prag, 16. Jult. „CeSke Slowo" veröffentlicht etn Radiotelegramm über ein« Unterredung, die die Schwester des Dr. Behounek in Aalesund auf Spitz bergen mit Nobile hatte. Nobile erklärte Fräulein Behounek, daß der tschechoslowakische Gelehrte der erste war, her beim Scheitern der „Italia" seine Fassung Wiedergewann und von diesem Augenblick an Ruhe be wahrte und durchs sein sichereck Auftreten beruhigend auf seine Leidensgenossen wirkte. Er tröstete feine Kollegen und mar die ganze Zeit aufopfernd für alle tätig, die mit ihm auf der Eisscholle weilten. Eitrige Tage nach dem Scheitern des Luftschiffes war die Nervosität so gestiegen, daß die Schiffbrüchigen in ver schiedenen Richtungen auseinandergehen wollten, ,mn einzeln die Rettung zu versuchen.- Dies hätte für fast alle den Tod bedeutet, denn es wäre dann nicht mög lich gewesen, ihnen Nahrungsmittel zuzusühven, noch auch sich! Mit ihnen radiotelegraphisch in Verbindung zu setzen. Bei dieser Gelegenheit sei Dr. Behounek außerordentlich energisch ausgetreten und seinem Ein fluß sei es zu danken, daß alle außer Malmgreen, Ma riano und Zappi zu bewegen waren, beisammenzublei- Len. Nobile nennt Dr. Bchounek seinen edlen Freund, der seinen Leidensgenossen in allem mit gutem Bei spiel dorangegangen sei und dem sie vieles zu danken hätten. Gerclzte Stimmung in SchweSen wegeu -es Untergangs von vr. Malmgreen. London, 17. Jult. Dis „TimeS" berichtet au» Stockholm: Der schwedische Premierminister becck- sichtigt um eine volle Erklärung zu ersuchen über di« Umstände, die zu Dr. MalmgreenS Tod führten. E» werde in Schweden nicht verstanden, wie General No bile einem verletzten Mann erlauben konnte, die Hauptgruppe zu verlassen. Die Stimmung .sei sehr gereizt. Major ZappiS Beschreibung, wie er und Major Mariano Dr. Malmgreen zurückgelassen ha ben, habe eine schreckliche Wirkung gehabt. Dem Be richterstatter zufolge hat die schwedische Expedition bis her 150 000 Kronen gekostet, ausschließlich! beS zer störten FokkerflugzeugeS. Es sei noch nicht beschlossen worden, ob die italienische Regierung aufgefordert wer den soll, diese Ausgaben zu tragen.