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Sonnabenä» 14. Februar 1914. Nr. 37. 9. Jahrgang. /luer Tageblatt AW ^«Seiger für -as Erzgebirge WWM mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilase: Muer Sonntagsblatt. WKML ' ?»v Gpnchfimw» »e, N»»atü»n mit ftuenahm» z», «emuag» nachmittag» 4—- Uhr. — Tilrgramm-Mrss,, Tageblatt ^urrrzgrbirgi. -»rnsprich,» SZ. »«'M »I« Mufa-k. Sn/.miH -«^LWaüL "L'LÄLs tzü. «»»erlangt Mgefan-t. Manuskript, kann ch«»-h» nicht gelüstet ««».«. »fKM Diese Rümmer umfaßt 14 Selten. Außsrdem-liegt da» achtseitig« illustOert« Sonntag^latt bei. Das Wichtigste vom Tage. Der Kaiser stattete dem R«ich»kanhr«r einen län geren Besuch ab. d Anfang Mär» wird der österreichisch-ungarisch Minister de» Aeußeren, Graf Berchtold mit seiner Ge- mahttn in München «intreffen und dem Kö nig, sowie dem Ministerpräsidenten Hert- Itng einen Gegenbesuch abgustatten») » DaS französisch« Kriegsministerium hat tve- gen der sich immer weiter ausbreitenden Seuchen in den Garnisonen umfassende Verbesse rungen de» Wohnung»« und Bellet- dungSwesen» für die Armee beschlossen.*) » Di« französisch« und die spanische Marok« kogesellschaft Haven sich -um Bau einer Ei senbahn von Langer nach Ye, zusammen- geschlossen. Essad Pascha ist auf seiner Reis« nach Pvtsdamin Rom angekommen und vom Mi» isterium de» A«uß«r«n empfangen worden. Goremhking ist amtlich -um russisch n Mini- sterprüstdenten ernannt worden; Kokow zow hat den Grafen titel erhaltea. -t wih«r«e fl«h« an and««»» Stell,. Die Aärnpje im genlnim. Morgen, am Sonntag, findet in Essen eine «rotz: Zentrumsversammlung statt, die in mehr ab» einer Be ziehung interessant ist. Bisher kannte da» Zentrum al» einzige der großen politischen Parteien keine all gemeinen Parteitagungen. Es gab wohl Parteitage der rheinischen ,der westfälischen, badischen und hessi schen Zentrumsleute — um nur ein paar Beispiele her auszugreifen — aber keine Tagungen für das Reich, nicht einmal für Preußen. Auch di« Versammlung in Essen ist kein allgemeiner Parteitag des Zentrums, aber in ihrer Ankündigung werden alle Parteifreunde im Reiche — nicht nur die rheinischen und westfälischen etwa — zum Erscheinen etngeladen. Man will also Line Kundgebung der Zentrumswähler aus allen Letlen des Reiches veranstalten, und das ist etwa» neue» in der Geschichte der ZentruMSpartei. Diese» Neue ist nun ganz zweifellos bedingt durch den Zweck der Versamm ¬ lung, wie er au» jener Ankündigung hervorgeht. Das Zentrum will in Essen smit den falschen Freunden «brech-, nen ,di« «» in die Irr« führen wollen. Seitdem aM OsterdienStag« de» Jahre» 1S0S sich eine Reihe vor ZentrumSMttgliedern, unter ihnen auch der damalig« ReichStag-abgeordnete Bitter, in Köln versammelten um darüber zu beraten, wie da» Zentrum gegen die Ge fahren werden solle, dlc nach der Ansicht de: Konferenzteilnehmer in der Abkehr de» Zentrum» vor einer rein katholischen zu einer christlichen Par tet lagen, ist ja der Streit über den Charakter der Zen trumSpartei nicht mehr zur Ruhe gekommen. Immer und immer wieder Wird von der einen Seite behauptet da» Zentrum sei eine politische Partei und dürfe sowoh dem christlichen Charakter de» deutschen Staate» ent sprechend, der in der preußischen Verfassung wenigstem für Preußen ausdrücklich festgelegt werde, die christlich, Weltanschauung zur Richtschnur feine» Handelns ma chen, nie aber einseitig katholisch-konfessionelle Anschau ungen, di« dem partitätischen Charakter des Staat« widersprechen. Und stet» erwidern die Gegner, daß di« christliche Weltanschauung nur zu Kompromissen und zur Verwässerung der katholischen Anschauungen führe. All« versuch«, hier «inen Ausgleich zu schaffen, waren bisher vergeben». Noch im Jahve der OsterdienStagSkonferenz am 28. November 1S0S, erließen die Vorstände dei ZentruMSfraktwnen de» Reichstage» und de» preutzi, schen Abgeordnetenhaus«» und der Landesausschutz der preußischen Zentrumspartei «in« Erklärung, in der sie den politischen Charakter der Zentrumspartei festigten Und diese Erklärung unterschrieb auch der Reichs- und Landtagsabgeordnete Roeren, eine Hauptstütze der OsterdtenStagSleute. Aber der Kampf ging weiter und verquickte sich mit dem Streit um die Organisatio nen der katholischen Arbeiter und gttvann ei gentlich erst recht dadurch seine allgemeine Bedeutung. Denn an und für sich waren die Vertreter der streng konfessionellen Richtung ziemlich einflußlos. Ihr ge wandtester Wortführer innerhalb de» Zentrum», der Ab geordnete Graf Oppersdorfs, sand nach den Neu wahlen von 1912 kein« Aufnahme mehr in der Zon-- trumSpartei, und Abgeordneter Roeren legte wenige Monate später sein Mandat nieder. Aber die streng Konfessionellen hatten einen Rückhalt an hervorragenden Mitgliedern de» deutschen Episkopats, wie Kardinal Kopp von Breslau und Bischof Korum von Trier, und noch einen mächtigeren Rückhalt an dem Vatikan. Denn der Papst PiuS X. wie auch jene einflußreichen Bischöfe waren den christlichen Gewerk schaften wenig günstig gesinnt, in denen die dem Zen trum zugehörigen katholischen Arbeiter der großen Mehr zahl nach ihre Organisationen gefunden hatten, und sie begünstigten die rein katholischen Arbeiterorganisatio nen, wie sie in Deutschland in den sogenannten Fachab teilungen mit dem Sitz in Berlin bestehen. SM nun gegen Ende de» Jahre» 1912 die viel berufene pästliche NncMiks. Singular! quaäem erschien, welche di« rein katholischen Arbeiterverbände al» die Regel bezeichnete und die konfessionell-gemischten christtlichen verbände recht kühl nur al» 'Ausnahmeerscheinungen ansoh, da schien die konfessionelle Richtung endgültig zu triumphie ren. Die Christlichen beriefen ein« Tagung nach Essen, und hier wurde dann die in den letzten Wochen viel berufene Interpretation der Enzyklika verlesen, die der Paderborner Bischof von Schulte im Namur de» deutschen Episkopat» abgab und die den Christlichen eine gewisse Beruhigung gab. E» trat auch in der Tat eine Entspannung zwischen den beiden Heerlagern ein, und aus dem Metzer Katholikentag wurde sogar «in feierlicher Frieden »sch luß verkündet. Wer Hinter den Kulissen ging der Kampf weiter, und der Bries de» Kardinals Kopp an den Grafen Oppersdorf hat dann von neuem den Stein ins Rollen gebracht. Bon einer dem Kardinal Kopp nahestehenden Sette wurde erklärt, daß er einem Wunsch des Papstes entsprochen hab«, wenn er in jenem Briefe sein Bedauern darüber aussprach, Hatz er auch jene Interpellation gebilligt habe, mit der Bischof von Schulte die Gewerkschaftler beruhigt«. Di* Lage ist darum in der Tat für alle die, welche im ver dachte stehen, nicht ganz frei von der Schwärmerei für christliche Weltanschauung zu sein, ernst genug. Und richtet sich auch der Brief de» Kardinal» zunächst nur gegen die Gewerkschaften, so steht sich doch auch da» Zen, trum bedroht. Denn nachdem e» sich am 28. Novern^ der 1909 als rein politische, nicht konfessionell« Partei interpretiert hat, und der neugegründet« Reichsau»« schuh der Zentrumspartei am vergangenen Sonntag dies« Interpretation wiederholt und nachdem e» den Führern der streng Konfessionellen den Stuhl vor di« Tür gesetzt hat, muß e» in der Tat die Feinde der christ lichen Gewerkschaften auch ab» seine Feinde betrachten, die e» in die Irre führen wollen. Man begreift e» da her, wenn e» sich zur Wehr setzt und wird der Essener Tagung darum Mit Spannung entgegensthen müssen. Politische Wochenschau. D» Die Berliner Parlamente sind eben bei der Be ratung des Etats. Irgendwelche politischen Erregungen konnten die letzten Tage nicht Hervorrufen. Zwar gaben di« Beratungen des Reichsamts des Innern und des preu ßischen Ministeriums des Innern den Rednern aller Par teien Gelegenheit, über die einzelnen- Etatstitel hinaus politischen Wünsche und Hoffnungen auqzusprechen, aber da diese sich im allgemeinen in dem Rahmen bewegten, den die Parteipolitik vorzeichnet, so war das Interesse, da» sie beanspruchen tonnten, nicht allzu stack. Man erfuhr ebm zu wenig Neues dabei, höchstens daß die Red« des Zeihii- gebote-Hoffmann im Preußischen Abgeordnetenhaus^, die Der Segen äes Haupttreffers. Humoreske von Rudolf -irschberg-Iunr. I^achdr-« v-rtottn.) Emmi, ich glaube, beide Lase haben gewonnen! rief der Oberlehrer Doktor Baumett erregt. Er hatte dann seine Hefte fettig korrigiert, und nun, ehe es Zeit wurde, zum Abendbrot hinüber in -das Eßzimmer zu g chen, schnell noch «inen Blick in den Anzeiger geworfen. Dc rin standen heute die Gewinne der Lotterie verzeichnet, die der Fr«M- denoettehrsverein zugunsten seine» Aussichtstur n-Banfonds veranstaltet hatte. Hurra, Männel Was habe.i wir denn gewonnen? antwortete die Frau Oberlehrer be geistert au» dem Vorfall! und trug die Schüssel mit warem Würstchen-, die sie in den Händen hielt, statt in» Eßzimmer auf den gelehrten Schreibtisch ihre» Gatten. Watte nur, Schatz, ent gegnet« Männe, erst muß ich mal nachsehm, «b e» auch stimmt, oder ob mein Gedächtnis mich trügt! «Umständlich holte er au» dem linken Schubfach sein«» Schreibtische», wo die Sparkassenbücher, Versicherungspolicen usto. lagen, di« Lose hervor, prüft« di« Nummern genau und sagte dann ikapfnickend: Jawohl! »29 und 1187! Aber was find es denn für Gewinne? fragt, die Wurstschüsselträgerin unge duldig, so sag' es doch endlich! Also, 429, doziert« nun der Oberlehrer, da» ist Kurts Nummer. Nicht wahr? Zwei Maschen Punschessenz. Er -wird sich freuen, wenn er heute zu uns kommt! Ist er noch nicht da? Weißt du -was? Bis acht Uhr ist die Geschäftsstelle noch offen. Schick' doch das Mädchen ratsch hinüber. Dann kann er seinen Ge winn gleich in Emifang nehmen. Du -ast ja ohnehin für den Thee heiße» Wasser -ereil! Schlaum«t«rl .spottet« Frau Emmi; erteil!« aber dem Mädchen den gewünschten Auftrag. Denk' nur, fuhr der Gatt« jetzt fort, und wir selbst haben auf 1187 den Haupttreffer, gestiftet von Herrn Spe diteur Pfahlmeter: vollständig freie Beförderung d«s ge- wenn er glauben sollte, dah ich tüchtig wäre, dann müßte ich ihm ech mal mein« Fähigkeit Leweisen, eine r anderen Geschäftsmann recht tüchtig htneinzulsgen. Da» sagte er natürlich alle» nur, um mich sein« Macht und Ueberilegen- heit -fühlen zu lassen. Wenn ich ihn nur mal packen könnte! Na, einstweilen wollen wir mal die Punschessens probieren, meint« der Schwager. — Wie denn? Ich denke, ihr habt Und dann dies« Unbequemlichkeiten! — Unbequemlichkeiten? Also nur deiner Bequemlichkeit wegen soll ich mein ganzes Lben in diesem Loch vertrauern? Du bist ein Barbar! Dios« Meinungsverschiedenheiten, die st« auch während des Abendessen» «eiter erörterten, wurden so groß, daß man ihnen ihr« glückliche Eh« gar nicht mehr anmeckte, und schon war Frau Emmi nahe daran, die Brühwürstchen mit war im Kontor des Spediteurs Pfahlmeier angestellt und wurde, eben weil er sehr tüchtig war, oft noch über Bureau schluß hinaus zurückgehalten. Er schien zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, um die Spannung aujf den Gesichtern seiner Schwester und seines Schwagers zu be merken, u id als diese ihm ihre Lotterieerfolge m-eldeten, -sagte er nur: Da hat mein Thef also wieder Glück gehabt! Als ich ihm bei Stiftung dieses Gewinnes riet, «r solle de» freien Umzug auf ein« kleine Wohnung von etwa Vier Zimmern, oder auf «inen einzigen Wagen beschränken, da hat er mit) ausgelacht und gesagt, in unserem g -nz«n Nisst -gäbe es ja keine sechs Leute mit Wittlich großen herrschaft lichen Wohnungen. Es ist überhaupt «in «kehasten Kerl. Und so was will nun mein Schwiegervater werden. Oder vielmehr, «r will nicht. Hat er dir Helenens Hand j«U- endgültig abgeschlagen? fragte die Schwester tctlnehmend. Da» nicht, erwiderte Kurt, aber «r demütigt mich Mit aller hand Ausflüchten. Als ich heut« in aller Form bei ihm um Helen« anhi«lt, da sagte er, mein« Stellung genügt« ihm für seine Tochter nicht. Und auf meinen sckbstver- samten Mobiliars eines Privathaushalte» innerhalb der! ihren Tranen zu würzen, als endlich ihr Bruder Kurt Stadt. Ein recht schäbiger Haupttreffer! schmollt« Frau «rschien, <wf dessen allfreitägltchen Ubendbchuch vevab- Emmi. Erlaube mall -versetzte der Gatte belehrend, du' redungsgemäß mit dem Essen nicht gewartet wurde. Er -weißt wohl gar nicht, was ein Umzug kostet? — Woher soll ich'» denn wissen? Wir sitzen doch immer noch in dieser ersten Wohnung! Und -wie wir heirateten, haben uns dte Lieferanten doch alles kostenlos ins Haus geschitH! — Nun, so -laß dir fegen, daß solch ein großer Möbelwagen Leim Umzug gewiß seine 30 bis »0 Matt kostet! Wenn nun für einen hochherrschaftlichen Haushalt mehrere Wagen nötig find, vielleicht gar fünf oder sechs. — Ach Gott, unser ganzer Reichtum geht in einen einzigen Wagen hinein. -- Da» Los hat ja auch nur 60 Pfennige gekostet! —< Das ist oben auch schWigl Ich hätte gern eine Mack bezahlt, wenn wir einen -vernünftigen Gewinn dafür bekommen hätten. Aber diesen, den nützen wir doch gar nicht ordent- lich au», wenn wir mit diesem bißchen Kram nur einen «inzigen Wagen von Herrn Pfahlmeier in Anspruch nehmen! — Aber Schatz, ich m«in«, wir machen überhaupt keinen Gebrauch. — Willst du Herrn Pfahlmeier, dem reichen Deizhalz, das viel«, viele Geld etwa schenken, da» ihn dieftr Umzug kosten würde? — Ja, weshalb sollten Mr d«nn umziehen? Mr find doch ganz zufrieden mit unserer — Zufrieden? Da» Eßzimmer ist doch viel zu! stündlichen Vorschlag, mich -um Prokuristen und Teilhabe, klein, die Speisekammer ist unmöglich, einen Balkon haben > zu machen, erwiderte «r, dazu s«i ich ihm nicht tüchtig und wir auch nicht. Du hast -selbst ost gesagt — Nun, ja, man unternehmend g«nug. Wenn ich unternehmend wär«, hätte sagt viel! — MW du mich nicht wenigstens endlich mal «ich unseren alten Onkel Mitscherlich, der im ersten -Stock ausreden lassen? Du hast immer gesagt, ein Umzug wär« bei ihm wohnt, längst dazu gebracht, mir Kapital zu einem zu teuer! Jetzt kostet er aber keinen Pfennig. — Na, na! eigenen Geschäft vovzustrecken. Al» ob uns«r Onkel von Ein Umzug zt«ht doch auch allerhand Nebenkosten nach sich.' seiner Million auch Mr «inen Tausender herausrückte! Und