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Ottendorfer Zeitung. Di „Gttend >rfer Zeitung« erscheint v»,i»tag, Donners, tag und Sonnabend abend». Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch di« Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Älode. Annahme »oa Inserat« bi, vormittag z« Uhr. Inserat« w«rd«n mit 10 Pf für di« Spaltzrtl« brrrchnit kabrllarisch« Satz nach d«s»nd«rrm Laris Druck und Verlag von Hermann Rühl« in Krsß-MMa. Mr die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla No. 121. Mittwoch, den 9. Oktober 1907. 6. Jahrgang. OrrMchrs und Sächsisches. <vtt«ndorf>Dktlla, den s. Oktober 190?. —* Freiwillige für die Schatztcuppe gesucht- Das Bezirkskommando I und II zu Dresden fordert Mannschaften der Reserve aller Waffen, welche auf die Zeit von 3H, Jahren zur Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika über treten wollen auf, sich spätestens bi» zum 17. Oktober zu melden. Und zwar sollen sich dir Mannschaften der Jn.anterie, ausschließlich der Garde, beim Hauptmeldeamt des Bezirks- kommandoS I Dresden-Altstadt, Marschner straße 11 und diejenigen der übrigen Waffen und der Garde beim Hauplmeldeamt des Bezirkskommandos II DreSden-Neustadl, Baum- straße 1, melden. —* Zunehmenden Lehrerüberfluß hat Sachsen tm Gegensatz zu dem großen Mangel in Preußen. Sobald eine ständige Lehrerstelle ausgeschrieben wird, meldet sich eine große Zahl von wahlfähigen Lehrern, die noch keine ständige Anstellung erlangt haben. —* Unzulässige Postkarten - Aufschriften. Vielfach ist versucht worden, auf Postkarten die Adresse quer, also nicht parallel der Längsseite diederzuschreiben. Es ist dies meistens bei solchen Karten geschehen, auf denen die linke Hälfte der Adreßseite mit Text beschrieben ge wesen ist. Das Reichspostaml hat entschieden, derartig beschriebene Postkarten nicht zu be fördern, weil im Interest« der glatten und laschen Abwicklung de« Sortiergeschäst« unbe dingt an einer übersichtlich abgesaßten Auf schrift festgehalten werden muß- Dresden. In der Person eines 19 jährigen Hausburschen wurde derjenige Dieb ermittelt und festgenommen, welcher in der Nacht zum 3- dss. MtS. einen Einbruch in der Schank- «irtschast zur Picardie im Königlichen Großen Tarten verübt und dabei eine Geldkassette mit Wertsachen im Gesamtbeträge von zirka 17 M. sowie mehreren Schachteln Zigaretten und ein Paar Herrenstiefel entwendet hat. Die Geld- kastette, di« «r nach dem Einbrüche in ein Gebüsch am Carolasee versteckt hatte, hat er »m ^nächsten Abend in der Wohnung seines Freunde», eine» ebenfalls festgenommenen 19 jährigen Glasmacher», der ihm beim Transport behilflich gewesen ist, geschafft, wo- kaus sie di» Beute unter sich geteilt haben. Wie weiter festgestellt worden ist, hat ersterer äitch im Erbgericht zu Kreischa einen Einbruchs diebstahl auageführt. Dresden. Vom Dresden-Berliner Personen- luge wurde am Montag Abend gegen 8 Uhr in der Flur Coswig die ledige Johanna H. au» Weinböhla überfahren und gelötet. Ver mutlich liegt Selbstmord vor. — Beim Herabfahren des auf der Straße irischen Rabenau-Eckersdorf befindlichen Berges stürzt« am Montag abend beim Ausweichen der Radfahrer Bruno Hämpel aus Kaitz so unglücklich, daß er infolge Schädelbruchs tot UM Platze liegen blieb. — In der Nacht zum 5. d. M. ist in einem hiesigen Pelzwarengeschäsi ein frecher Einbruch- diedsiahl verübt worden, wobei dem unb-kannten Tälern verschiedene wertvolle Pelzsochcn unter underem eine lange Damenpelzjacke (Astrachan) Mit Hermelinkragen, eine Blausuchsboa, vier Edelmarder- und sieben Nerzselle, Gesamtwert ^VO Mark in die Hände gefallen sind. Der Versuch, den Geldschrank zu erbrechen, miß- tung ihnen. — Seit acht Tagen wird das 20 Jahre Ar Mädchen Margarete Schiffel aus Dippoldiswalde, daß in hiesiger Neustadt als stütze tätig war, vermißt. Man vermutet, daß das hübsche Mädchen einem Unfall oder Verbrechen zum Opfer fiel, da kein Anlaß für dasselbe vorlag, freiwillig aus dem Leben zu scheiden. Radeburg. Am Sonnabend Abend gegen ( Uhr wurde die hiesige Feuerwehr alarmiert, brannte das dem Herrn Schuhmachermeister Ernst Klessig gehörige Wohnhaus am Markt. Die Feuerwehr war bald am Platze und nach angestrengter Tätigkeit konnte das Feuer auf seinen Herd beschränkt werden, sodaß nur das Wohnhaus den Flammen zum Opfer fiel. Auch di- Anwohner, deren Häuser zum Teil keinen Brandgicbel haben, haben durch die sich nötig machenden großen Wastermengcn und durch das Eindringen desselben in die Wohnungen immerhin bedeutenden Schaden er litten. Die Entstehungsursache des Feuers konnte bisher noch nicht mit Sicherheit fest- gestellt werden. Riesa. In einem unbewachten Augenblick fiel das im 6. Lebensjahre stehende Töchterchen des Eisenwerkarbeiters Marx in Gröba in einem Behälter mit kochenden Wüster und er litt dabei so schwere Brandwunden, daß am folgenden Tage der Tod eintrat. Oschatz. Der Bahnschaffner Schmidt aus Schweta, der am Freitag voriger Woche auf dem Altoschatzer Bahnhof beim Rangieren von Steinloris schwer verletzt worden war, ist am Sonnabend vormittag im hiesigen Kranken haufe gestorben. Zittau. In schwerer Weise verunglückte der Bäckermeister Arlt aus Jahnsdorf, als er mit seinem Rade nach Ostritz fuhr. Ein an der Straße beschäftigter Obstpflücker wollte den Stand seiner Leiter wechseln, hatte jedoch seine Kraft überschätzt. Tie Leiter schlug um und traf den gerade vorbeifahrenden Arlt mit aller Gewalt aus den Kopf, so daß er einen Schädelbruch erlitt- Hohendorf. In seinem Testamente vom 15. Februar d. I. hatte der am 28. Juni gestorbene Rentier Gottlob Tannewitz in Hohendorf bei Lucka der Schulgemeinde Hohen dorf ein Legat von 2000 M. ausgesetzt. Der Schulvorstand hat aber dies Legat auf das Guthaben de« Herrn Rechtsanwaltes Dr. Fritz Müller in Plauen i. V. als des General bevollmächtigten der Erben zurückgcwiesen, weil die Annahme des Legates die so wie schon be nachteiligte Ehefrau des Erblasters noch weiter verkürzt haben würde. Das Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts ist den Ausführungen des Rechtsanwalts bcigetreten und hat die Ablehnung des Legats vom Schul vorstand gebilligt. Leipzig. Der namentlich in der Gegend von Grimma, Wurzen und Oschatz praktizierende Medizinmann und Wunderdoktor Emil Kemmeritz in Klinga hatte im Frühjahr 1807 unter Anwendung von ganz unglaublichen Hokuspokus ein« Kuh des Gutsbesitzers Heide in Kleinbothen von „innerer Unruhe" zu ent zaubern gesucht, wofür er sich 45 Mark zu stecken ließ, denn Honorar darf er ja nicht nehmen. Am 19. Mat vom Schöffengericht Grimma wegen Betrugs zu 100 Mark ver urteilt, hab das Landgericht Leipzig das Urteil wegen eines Formfehlers auf und das Schöffengericht Grimma erkannte in der neuen Verhandlung auf Freisprechung. Gegen diese legi« wieder der Amtsanwalt Berufung ein und das Landgericht Leipzig bestätigte am Sonnabend diese Freisprechung, da ec feststehe, daß die Kunden des Kemmeritz an dis Wirkung de» von ihm ausgeführten Unsinns glaubten und daß dem Angeklagten nicht zu widerlegen sei, daß er selbst an den Schwindel glaube. Damit aber entfielen die Kriterien des Betrugs. — Im Hause Gottschedstraße 15 wurde am Sounabend Nachmittag in der 2. Etage eine Frau Wagner durch einen Strolch über fallen, der es jedenfalls auf den Raub einer Brillantbrosche, welche die Dame trug, abge sehen hatte. Das laute Hilfegeschrei der Frau, welche durch einen glücklicherweise nicht schweren Stich in den Hals verletzt wurde, verscheuchte den Räuber, der leider noch ent kommen ist. — Ein« „Räubergeschichte" hatte sich ein 19 Jahrs altes Dienstmädchen ersonnen, um «inen durch sie verübten Diebstahl von 550 M. zu verdecken. Das Mädchen hatte angegeben, daß ein Mann erschienen sei, der sie im an geblichen Auftrage ihrer Herrin nach der PeterSstraße geschickt und ihre Abwesenheit dann benutzt habe, um in die Wohnung ein- zudringen und dort 550 M. zu rauben. Da man zunächst keine Ursache hatte, d-m Mädchen einen solchen raffinierten Schwindel zuzutrauen, ließ man eS unbehelligt. Da aber Schwindel lieschen sich Kleider und Schmucksachen in reicher Fülle anschaffte, nahm man die Putz süchtige ins Gebet und die Polizei ermittelte dann noch den ganzen Sachverhalt. Das Mädchen ward verhaftet. Chemnitz. Ueber den Mord des Ober- ingenieurs Preßler wird noch berichtet: Der > affiniert ausgeführte Meuchelmord an dem 35 jährigen Oberingenieur Preßler erregt in folge der Nebenumsiände die Gemüter in hohen Maße. Es ist festgestellt, daß die „Bürger- meisterStochter von Brand", Margarete Beier, zu gleicher Zeit, in der sie mit Preßler ver lobt war, in Brand ein Liebesverhältnis mit dem etwa 27 Jahr« alten Kaufmann Merker unterhielt, der in der dortigen Glashütte „Saxonia" angestellt war. Merker, der aus Dresden gebürtig ist, hat sich schon in Freiberg als KommiS Unterschlagungen zuschulden kommen lasten. Er ist damals nicht angezeigt worden, sondern nur seiner Stellung verlustig gegangen. Jetzt befindet er sich gleich der Mutter der Mörderin in Untersuchungshaft. Wie weit er an dem Morde selbst beteiligt ist, wild die Untersuchung ergeben. Die Mutter der Mörderin ist unter dem Verdacht der Bei hilfe zum Verbrechen gegen das keimende Leben sestgenommen worden, besten Grete Beier außerdem beschuldigt wird. Am Freitag und Sonnabend fanden im Garten des von der Bei-rschen Familie bewohnten Hauses Nach grabungen nach dort verborgen sein sollenden Beweisen dieses Verbrechens statt. Ein kolossale Menschenmenge umlagerte das Grund stück, da sich das Gerücht verbreitet halte, eine der verhafteten Frauen werde zu den Nach grabungen hinzugezogen werden. Lug au. Die Eisengießerei und Maschinen fabrik von A Eißner hat den Betrieb ein gestellt. Die Schließung des Betriebes ist meistens daraus zurückzuführen, daß vor unge fähr sieben Wochen die dort beschäftigten Former wegen Lohndifferenzen in den Streik eingetreten und auch keine Einigung erzielt wurde. Sogar die Beamten wurden entlasten. Ans der Woche. Die französische Regierung hat ihre Sieges zuversicht verloren, obwohl die Verhältnisse in Marokko nicht schlechter geworden sind, als sie zu Beginn der abenteuerlichen Expedition waren. In Paris aber weilt gegenwärtig der Finanzmann des Sullans Abd ul Aziz, ein Herr Tazi, der von seinem Souverän beauf tragt ist, in Frankreich eine Anleihe aufzu> nehmen. Damit wird für die Republik die Sachlage in diplomatischer Beziehung äußerst ernst, denn nun muß sichs ja endlich entscheiden, wer die Kosten des beim Bombardement von Casablanca entstandenen Schadens tragen soll. Frankreich hat schon vor einiger Zeit erklärt, daß natürlich Marokko alle Entschädigungen leisten müßt«, da das bewaffnete Eingreifen des französischen Heeres unbedingt notwendig, durch die zuchtlosen Verhältnisse im Scherifenreiche bedingt gewesen sei. Der Vertreter des Sultans steht seinerseits auf dem entgegen gesetzten Standpunkt, indem er behauptet, daß Frankreichs Eingreifen unnötig und nur geeignet gewesen sei, die Sachlage in Casablanca zu verschärfen. (Der schlaue Marokkaner weiß sehr wohl, daß er mit dieser Ansicht nicht allein steht). Aber auch noch andre Unannehmlichkeiten mußte der Minister präsident am Seinestrand von seinem braunen Gast ar.hören. „Die Polizei" — sagte Tazi — „wird sich nie in Marokko einbürgern können, denn die Eingeborenen sehen in ihr ein un erträgliche» Zwangsmittel und glauben, fi« werde oon Frankreich und Spanien nur «inge- führt, um das Land ungestört in Besitz nehmen zu können." Ueberhaupt unterschätzen nach Ansicht Tazis di« Mächte bet weiten dir Schwierigkeiten, die sich ihrem Reformwerke noch entgegenstellen werden. Trotz alledem schmunzelt Herr Clemencevu und versichert, daß die Dinge sich ganz nach Wunsch abwickeln. Man wird ja sehen, ob seine gute Laune auch andauern wird, wenn das Land eines Tage- Rechenschaft fordern wird. — In Oesterreich- Ungarn hatte man in den letzten Tagen sich der angenehmen Hoffnung hingegeben, daß der leidige Ausgleich endlich zustande kommen werde. Aber in der letzten Stunde Hai sich» gezeigt, daß die Gegensätze doch unüberbrückbar« sind Man sagt sogar, der Abbruch der Ver handlungen sei bereits erfolgt, solle aber noch einige Tage geheim gehalten werden. — Im Zarenreiche ist die Vorwahl zur dritten Duma ohne wesentlichen Zwischenfall verlaufen. In Petersburg Und Moskau hat.sichs gezeigt, daß die Negierung durchaus nicht auf eine gefügige Volksvertretung rechnen kann. Um so be merkenswerter ist es, daß Ministerpräsident Stolyphin erklärt hat, die Regierung werde sich in keinem Falle von der betretenen Bahn der friedlichen Erneuerung «bbringen lasten, sie werde aber auch der neuen Duma nicht das Recht einräumen, durch nutzloses Reden die notwendige Reformarbeit auszuhalten. Ist die Regierung so auf der einen Seite bemüht, durch eine ruhige, zielbewußte Arbeit die Wunden zu heilen, die dem Lande durch den Krieg und die Revolution geschlagen worden find, so ist sie immer wieder genötigt, gegen die Ruhestörer mit unerbitterltcher Strenge vor zugehen, besonders, da sich in letzter Zeit die Verbrechen gegen friedliche Bürger wieder in erschreckender Weise mehren. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, so wird das Zarenreich langsam wieder in den Zustand der Teilnahms losigkeit und der Selbstherrschaft zurücksinken, aus dem es sich in zweijährigem Kampf zu er heben gedachte. — Die amerikanisch-japanischen Beziehungen, die eine Zeitlang recht bedrohlich aussahen, haben sich, wenigsten» nach amtlichen Versicherungen, wieder sehr freundlich gestaltet, seit der Kriegssekretär der Ver. Staat«n dem Mikado einen Besuch gemacht und dabei di« Versicherung abgegeben hat, daß man in Washington den Frieden wünsche. Die gleicht Versicherung konnte er mit aus Tokio nehmen. Dessen ungeachtet wird in Amerika und in Japan in fieberhafter Eile gerüstet, Nie vor her hätte ein Präsident so ungeheure Marine- sorderungen den Ver. Staaten unterbreiten dürfen, wie es jetzt Herr Roosevelt unter den einstimmigen Beifall aller Jankes tut. — In den nächsten Tagen geht nun auch das Friedensparlament im Haag auseinander. Was ward erreicht. Das ist die inhaltsschwere Frage, die man überall dem heimkehrenden Diplomaten entgegen rufen wird. Die Antwort wird der Winter bringen, wenn in allen Parlamenten neu« Kriegsrüstungen gefordert werden. — Die Versuchsfahrten des Grafen Zeppelin in seinem lenkbaren Motorluftschiff, die von so außerordentlichem Erfolge begleitet waren, haben weit über die Grenzen Deutsch lands hinaus berechtigtes Aufsehen erregt. Mit Stolz darf der unermüdliche Mann auf sein Werk sehen, daß er siegreich mit Einsetzung seines Vermögens gegen eine Welt von Wider sachern in jahrelanger Arbeit zum Ende ge führt hat. Dem rastlosen Menschengeist« ist gelungen, was schier unglaublich schien, sich das Lustmeer zu erobern, über Feld und Wald dahin zu fliegen, nach Belieben, al» säße man in einem Wagen, besten Gespann dem leisesten Zügeldruck gehorcht. Wer mag's ergründen, welchen herrlichen Wunder der Mensch noch auf die Spur kommen wird.