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Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mr., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne Nummern 10 Pf. TharM DD, Menlehn md die Umstgendkn. — Amts blutt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Rgl. Amtshauxtmannschast Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, No. 3«. sowie für das Aal. Horltrentamt zu Tharandt. 51. Jahrgang. Dienstag, den 14. April 1891. Bekanntmachung, die Wahbzur Landessynode im V Wahlbezirke betr. Beil der am 8. dieses Monats hier stattgefundenen Wahl zur Landessynode für den V. Wahlbezirk sind Herr ?. Ur. pd. in Weistrspp als geistlicher, und Herr Oberamtsrichter in Nsssen als weltlicher Abgeordneter gewählt worden. Meißen, am 11. April 1891. Der Wahlkommiffar für den V Synodal-Wahlbezirk, Geheimer Regierungs-Rath v. ILLr.!»Amtshauptmann. Bekanntmachung, die land- und forstwirthschaftliche Berufsgenofsenschaft betreffend. Das Verzeichniß der zur land- und forstwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft für das Königreich Sachsen gehörigen Betriebsunlernehmer in der Stadt Wilsdruff ist bei uns ein gegangen und liegt vom IjH. dieses Monats ab zwei Wochen lang in hiesiger Rathsexpedition zur Einsicht der Betheiligten mit dem Bemerken aus, daß die Betriebsunternehmer binnen einer weiteren Frist von 4 Wochen wegen der Aufnahme oder Nichtaufnahme ihrer Betriebe in das Verzeichniß, sowie gegen die Zahl der beitragspflichtigen Einheiten und das Ergebniß der Veranlagung nach § 38, Absatz 2 des Reichsgesetzes vom 5. Mai 1886 bez. § 14 Abs. 3 des Landesgesetzes vom 22. März 1888 bei dem Genossenschaftsverbande Einspruch erheben können. Die Untemehmer land- und forstwirthschaftlicher Betriebe haben auf das Jahr 18SV einen Beitrag von 0,8 Pfennig auf je eine beitragspflichtige Steuereinheit an die Ge nossenschaft zu entrichten. Der mit hier eingegangene Heberollenauszug, aus welchem die Höhe der zu zahlenden Beiträge und diejenigen Angaben zu ersehen sind, welche die Zahlungspflichtigen in den Stand setzen, die Richtigkeit der angestellten Beitragsberechnung zu prüfen, liegt ebenfalls von« 14. dieses Monats ab zwei Wochen in hiesiger Rathsexpedition zur Einsicht der Betheiligten aus und steht den Betriebsunternehmern nach § 82 Absatz 2 des gedachten Reichs- bez. § 18 Absatz 3 des erwähnten Landesgesetzes das Recht zu, unbeschadet -er Ver- xflichtung zur vorläufigen Zahlung, gegen Berechnung der Beiträge binnen einer weiteren Frist von zwei Wochen bei dem Genossenschaftsvorstande Einspruch zu erheben. Durch diesen Einspruch kann die Veranlagung nicht angefochten werden. Einsprüche der Unternehmer gegen die Veranlagung der Betriebe im Unternehmerverzeichnisse und gegen die Höhe der Beiträge sind direkt an die Geschäftsstelle der Genoffenschaft, Dresden, Reitbahnstraße No. 20, zu richten. Die Zahlung der Beiträge hat bis zum 18. dieses Monats bei Vermeidung zwangsweiser Beitreibung in hiesiger Rathsexpedition zu erfolgen. Wilsdruff, am 11. April 1891. Der Stadtgemeinderath. Kieker, Brgmstr. Vokanntwachuug. Das unbefugte Gehen, Reiten und Fahren auf der, der hiesigen Stadtmeinde gehörigen, an der Nossener Straße gelegenen Triebe sowie das Ablagern von Schutt und Asche auf derselben wird bei Vermeidung der gesetzlichen Strafen verboten. Wilsdruff, am 11. März 1891. Der Bürgermeister. Tagesgeschichte. Daß Graf Waldersee zu seinem Geburtstage ein eigenhändiges Glückwunschschreiben des Kaisers erhalten hat, ist schon gemeldet worden. In Kreisen, wo man das Verhältniß des Kaisers zum Gasen Waldersee näher kennt und besser zu beurtheilen weiß, als es von einem Theile der irregeführten öffentlichen Meinung geschieht, wird es als etwas ganz Selbst verständliches bezeichnet, daß der Kaiser den Geburtstag des Grafen benutzt hat, um diesen erneut seiner Zuneigung zu versichern. Die engeren persönlichen Beziehungen des Grafen Waldersee zum Monarchen haben mit der Versetzung nach Altona durchaus nicht aufgehört. Graf Waldersee ist häufiger Gast im Berliner Schlosse, und die Herren, die an den zwang-! losen Abenden beim Kaiser theilnehmen, bei denen Graf Walder- scc nur selten fehlt, haben noch nichts davon bemerkt, daß die frühere warme Herzlichkeit durch einen kühleren Ton ersetzt worden sei. Weshalb der Graf aus dem Generalstobe scheiden mußte, ist, und bleibt für die Draußenstehenden tiefes Geheimniß. In der höheren militärischen Welt hat man aber, so wird dem Rheinischen Kourier geschrieben, niemals den theilweise aben teuerlichen Kommentaren jenes Ereignisses Bedeutung beige messen und es gilt als feststehend, daß die Laufbahn des Grafen Waldersee sich immer noch in aufsteigcnder Richtung bewegt und daß dieser Mann vom Kaiser zu höheren Dingen ausersehen ist. Fürst Bismarck veröffentlicht in den „Hamburger Nachr." folgenden Dank' Zu meinem Geburtstage habe ich aus allen Gebieten des Reiches und von Deutschen im Auslande Glückwünsche und freundliche Begrüßungen erhalten. In der Freude, welche ich darüber empfinde, ist es mir ein Herzensbe- dürfniß, auf jede einzelne dieser Kundgebungen in gleichem Um fange und mit gleicher Wärme direkt zu antworten. Es schmerzt mich, daß ich in dieser Beziehung ein Schuldner, wenn auch ein dankbarer, meiner Freunde bleiben muß. Die Zahl der Eingänge ist zu meiner Freude so groß, daß ich auf die Be antwortung jedes einzelnen auch dann würde verzichten müssen, wenn meine Arbeitskräfte erheblich größer wären, als sie sind. Ich hoffe deshalb von Herzen, daß meine Freunde, die mich durch ihre guten Wünsche erfreut haben, Nachsicht mit mir ha ben werden, wenn meine Kräfte nicht ausreichen, jedem Einzel nen schriftlich zu danken. Ich bitte sie, meinen herzlichen Dank durch diese Veröffentlichung freundlich entgegennehmen zu wollen. von Bismarck. Wie das obengenannte Blatt mittheilt, sind in Friedrichs- ruh zum 1. April 220G Telegramme, über 3000 briefliche Sendungen und mehrere hundert Festgeschenke eingegangen. In einer Berliner Versammlung sozialdemokratischer Reichs tagswähler hielt in diesen Tagen „Genosse" Sievers einen Vor trag über die „Kulturseindlichkeiten der Lehre Jesu." Ist das Thema an sich schon eine Blasphemie, die unseres 1 Erachtens nicht ungestraft hingehen sollte, so scheint die Aus führung diesem Titel genau "entsprochen zu haben, denn der „Vorwärts" wagt es nicht, einen ausführlichen Bericht über den Vortrag zu bringen; nur den Schluß finden wir wie folgt in dem sozialdemokrattischen Centralorgan wiedergegeben: „Was ist es nun, was an Stelle der christlichen Glaubenslehre treten könnte? Es ist vor Allem die Wahrheit, und diese findet man heutzutage nur allein in einer Partei. Nur eine Partei ist es heute, welche sich bemüht, ihre Ideen auf der Erkenntniß der Wahrheit aufzubauen, und das ist der Sozialis mus. Pflicht jedes Einzelnen ist es vor allen Dingen, dafür Sorge zu tragen, daß die Kinder von den Glaubenslehren fern gehalten und in den Geist der Wahrheit, des Sozialismus, von frühester Jugmd eingeführt werden. (Starker Beifall.)" Also die sozialdemokratische Umsturzlehre an Stelle der christlichen Glaubenslehre! Es ist bezeichnend, daß der Ansturm der Sozialdeniokratie sich nur gegen das Christen thum richtet; das Judenthum scheint sich bei den Genossen des Herm Singer größeren Wohlwollens zu erfreuen. Man kann sich auch denken, warum. Im Namen der französischen Bergwerksgesell schaften hat eine kompetente Persönlichkeit das Wort ergriffen, um den Bergleuten, die sich zu dem Pariser Kongresse versammelt hatten, zu antworten. „Die Metallindustrie" — so heißt es in dieser durch große Sachlichkeit sich auszeichnenden und dämm beachtenswerthen Erwiderung — „verbraucht die meisten Kohlen. Sie geht einer Krisis und Beschränkung ihrer Produktion entgegen: folglich muß auch die Arbeit in den Kohlen gruben eingeschränkt werden. Im Auslände verschließen sich die meisten Märkte für Maschinen, außer Mexico, dessen Be darf noch zunimmt. Argentinien, Chile, Paraguay sind keine Abnehmer mehr und lassen selbst bestellte Maschinen unabge nommen. Auf je 10 Schiffe, die im vorigen Jahre nach diesen Ländern Waaren beförderten, gehen jetzt kaum noch 2 ab. In Belgien ist die Krisis der Metallindustrie schon völlig ausge brochen. In Lüttich werden die Arbeiter nur noch 2 Stunden 1 täglich beschäftigt. In Deutschland steht die Krisis nahe bevor. In Frankreich weiß jeder Metallurgist, daß er im vorigen Jahre das Maximum seiner Produktion geliefert hat. Die Kohlen gewinnung kann daher nicht in der bisherigen Stärke fortbc- trieben werden. Die Kohlenarbeiter stellen ihre höchsten An forderungen gerade zu einer Zeit, da die Bergwerksgesellschaften wohl oder übel von ihnen Opfer fordern müssen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß im Laufe des kommenden halben Jahres die Löhne um 10 bis 15 Proz. herabgesetzt werden müssen. Allen falls ließe sich die Verminderung der Kosten auch durch eine theilweise Entlassung des Personals erzielen, doch dürfte auch dies den Bergleuten nicht passen. Die Bergwerksgesellschaften sind noch nicht schlüssig, was sie thun sollen. Was die Feier des 1. Mai betrifft, werden sie amtlich zwar den Arbeitern keinen Urlaub ertheilen, weil dies wie eine Unterstützung der Manifestation aussähe, doch werden sie andererseits die Leute, die sich an der Kundgebung betheiligen, nicht entlassen. Die Gefahr eines Ausstandes liegt nicht sonderlich nahe. Von der Brüsseler Stcinkohlenbörse treffen bemhigende Nachrichten ein: man glaubt dort nicht an eine allgemeine Arbeitseinstellung in Belgien selbst. Die Arbeiterführer suchen sie zwar ins Werk zu setzen, doch die Arbeiter wissen, daß sie dem Unternehmen zum Opfer fallen würden. Man erwartet zwar einzelne lokale Ausstände, doch dürften dieselben weder andauem, noch eine ernste Wendung nehmen, In Frankreich, wie im Auslande,