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WtMM ft UWnl Erscheint wöchentlich dreimal and zwar DienStagS, Donnerstags und SouuabeudS. Bezugspreis vierteljährlich 1 Ml. 30 Pfg., durch die Poft bezogen 1 Ml. 54 Psg. Fernsprecher Nr. Ü. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Mlsdruff. und Amgegend. Amtsblatt Juserate werden MontagS, Mitwochs und Freitags bis spätestens 12 Uhr angenommen. Jusertiouspreis 15 Psg. Pro viergespalteoe Korpnszeile. Außerhalb des Amtsgerichtsbezirls Wilsdruff 20 Pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 Aufschlag. für die Kgl. AmLshauptmannschäft Meitzen. für das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat ru Wilsdruff, sowie für das Kgl. Forffrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain. Blankenstein, Braunsdorf, BurkhardtSwalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, HerzogSwalde mit Landberg. Hühndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberbermsdarf. Pohrsdorf, Röhrsdorf bet Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmtedewalde, Sora, Steinbach bei Keffelsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeltgstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Druck uuv Verlag vou Arthur Zschunke, Wilsdruff. Für die Redaktion und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. No. 51. Donnerstag, den 7. Mai 1SV8. 67. Jahrg. AoMNrhe Rnn-scharr. Wilsdruff, den 6. Mai. Das Verfahren gegen den Fürsten Eulenburg. Aus Liebenberg meldet das „B. T.", daß der Sitz des Fürsten Eulenburg nunmehr unter kriminal polizeiliche Ueberwachung gestellt ist, fügt aber hinzu: „Der große Park, zu dessen herrlichen Anlagen seit Jahren den Radfahrern und Ausflügler» der Zutritt offen stand, ist seit Sonnabend — wle dis ganze Herrschaft Liebenberg — für Fremde vollständig gesperrt. In erster Linie ist diese Anordnung, wie angenommen wird, getroffen worden, um den Zutritt von Kriminalbeamten zur näheren Umgebung des Schlosses möglichst zu ver hindern. Die Bewohner des Dorfes Liebenberg sind durch« weg überzrngt, daß in dem benachbarten Grünberg und in einigen anderen Ortschaften mehr als ein Dutzend Berliner Kriminalbeamte Quartier genommen haben, um unauffällig die Vorgänge im Liebenberger Schloß und in der Umgebung beobachten zu können. Daß die Berliner Kriminalpolizei sich in dieser Weise den Zutritt zum Liebenberger Schlöffe verwehren ließe, glaubt die „Tgl. Rdsch." nicht; abgesehen davon, daß eine wirksame Ueberwachung nur durch Besetzung des Schlosses selbst ausführbar ist. — Nach einer Behauptung eines Berliner Montagsblattes ist gegen den Fürsten Eulen burg ein zweites Strafverfahren wegen Verleitung zum Meineid im vollen Gange. In Starnberg sollen vier belastende eigenhändige Briefe des Fürsten beschlag nahmt worden sein. — Weiter meldet die „B. Z. a. M.", daß die Kronzeugen in dem M-iacidsprozeß des Fürsten Eulenburg, Ernst und Riedel, eine Verständigung, wonach sie dem Fürsten Eulenburg in Liebenberg gegenübergestellt werden sollen, noch nicht erhalten haben, wohl aber ist beiden kundgrgeben worden, daß Fürst Eulenburg ange- geben habe, daß er den Milchhändler Riedel überhaupt nicht kenne und den Verwalter seiner Villa in Starnberg. Ernst, nur flüchtig gesehen und nur ein- ober zweimal gesprochen habe. Von sittlichen Vergehen mit beiden könne absolut keine Rede sein. Wahrscheinlich sei sein Bruder Friedrich im Spiele, und auf diesen falle die Beschuldi gung, wenn unsittliche Vergehen stattgefunden haben. Die Zeugen bezeichneten die Angaben des Fürsten als Not- ausrede, da das Geständnis von Ernst ihm überraschend kam. Von einer Verwechslung könne absolut keine Rede fein. Beiden Zeugen ist der Bruder Friedrich nicht be- kannt, wohl aber kennen sie sehr genau den Fürsten Philipp Eulenburg, von dem ste oft Geld erhalten haben. Auf eine« lustigen Lapsus im Wahlaufruf der preußischen Konservativen macht die „Welt a. M." aufmerksam. Es heißt in dem Wahlauf- ruf u. a.: „Fehle kein konservativer Wähler an der Urne!" Nan gibt's aber bekanntlich bei den preußischen Landtagswahlen gar keine Urnen, weil die Wahl nicht geheim ist. Und gerade die Konservativen sind die größten Gegner der Einführung der geheimen Wahl. Dem Ver fasser des Wahlaufrufs ist also offensichtlich ein etwas humoristisch wirkender Lapsns passiert. Denn man darf doch kaum annehmen, daß er mit dem Passus von der Urne für die geheime Wahl Reklame machen wollte. Ueber -e« Handel mit mohammedanischen Mädchen berichtet der „St. Petersburger Herold" wie folgt: Nicht selten lieft man davon, daß Mohammedaner junge Mädchen zn verkaufen pflegen. Ein Massenverkauf fand vor einiger Ze» nn KuSnezschen Kreise, Gouvernement Ssaratow, statt. Dort wurde» aus Not 150 bis 200 junge Mädchen im Alter von 13 bis 17 Jahren an Turkmenen verkauft, die sie an die Absatzplätze dieser „Ware", Taschkent und Samarkand, Weitergaben. Dieser Handel rief aber großen Lärm hervor. Die Händler haben sich daher ein Taktik ausgedacht, gegen die das Gesetz völlig machtlos lst: der Händler heiratet das gekaufte Mädchen und verkauft dann später seine Frau. Ein Mädchen, für das man Braut geld (Kalym) gezahlt hat, zu heiraten, kann niemand ver- wehren; freilich der Verkauf könnte bestraft werden, der ist aber schwer nachzuweisen. Denn der Händler reist unmittelbar nach dem Verkauf ab, ohne eine Spur zu hinterlassen. Das arme Opfer überzeugt sich meist, daß alles Klagen und Jammern zu nichts führt; solch ein mohammedanisches Mädchen ist außerdem absolut un wissend, und endlich — es herrscht bet den mittelasiatischen Eingeborenen eine Vorstellung über Frauenehre, die von der unserigen sehr weit entkernt ist. Dort ist es nämlich für ein Mädchen, das sich in irgend einer Lasterhöhle 300 bis 400 Rubel „erarbeitet" hat, ein leichtes, zu hei raten, während ein junges, unschuldiges Mädchen, für das der Kalym zu bezahlen wäre, fast gar keine Chancen hat, in den Hafen der Ehe zu steuern Eine Frau mit einigen hundert Rubeln erscheint einem armen Muselmann äußerst begehrenswert. Was kümmert ihn ihre Ver gangenheit! Sobald er sie heiratet und, anstatt den Kalym zahlen zu müssen, selbst ihre paar hundert Rubel ausge zahlt bekommt, verwandelt er sich aus dem Nichts eines Proletariers in das Etwas eines „Kaufmanns". Von nun an fübrt er ein äußerst behagliches, friedliches Familienleben in Eintracht und Beschaulichkeit; er ist ei« Kapitalist geworden und läßt natürlich die Frau für sich arbeiten — er sitzt und raucht, steht zu, rührt aber selbst keinen Finger. Er ist weit davon entfernt, die Achtung seiner Mitmenschen zu verlieren, ganz im Gegenteil, er ist in ihrer Achtung gestiegen und erregt sogar viel Neid. Seine Frau hat es nicht schlecht bet ihm. Von dieser Seite betrachtet, erscheint der Kampf gegen den Mädchen handel aussichtslos. Das einzige, was man gegenwärtig tun könnte, wäre, daß man gesetzlich eine untere Grenze dcS Alters festsetzt, in dem ein Mädchen heiraten darf. Denn wenn sich auch der Mädchenhandel jetzt unmöglich unterdrücken läßt, so sollte doch wenigstens der Handel mit Kindern verboten sein. Aus Stadt and Land. M tleiinugen aoS dem Leserkreise für diese Rubrik nehmen wir jederzeit dankbar entgegen. Wilsdruff, den 6. Mai. — Arbeiterbewegung in Dresdens Mühle« u«d Brotfabriken. Eine gestern abend in Dresden stattgehabte Generalversammlung des Arbeitgeberverbandes der Sächsischen Mühlen-Industrie beschloß die Stillegung der Mühlen und Brotfabriken von Dresden und Um gebung, falls die am 4. Mai bet der Firma Gebrüder Braune in Döltzschen niedergelegte Arbeit nicht bis heute mittag ausgenommen sein sollte. — Wie uns drahtlich ge meldet wird, stad die Arbeiter heute Mittag nicht an die Arbeit zurückgekehrt. Infolgedessen ist die Aussperrung in 23 Großbetrieben perfekt. — Ein Spiegel für die Sozialoemokratie. Aus der Oberlaufitz wird dem „Freiv. Anz." geschrieben: Wie jüngst der bekannte sozialdemokratische Agitator des bayrischen Oberlandes, Achef in Stürzlham, so hat jetzt auch in Görlitz der „Genofle Hartmann' seinen Austritt aus der sozialdemokratischen Partei erklärt und diesen in einer Versammlnng der Gewerkveretne mit der uner träglichen Wirtschaft der Sozialdemokratie begründet. Die Masse der Arbeiter sei bloß zum Zahlen und Maulhalten da, damit eine große Anzahl von Leuten denen die Handarbeit nicht behagt, ein leichtes Dasein ohne viel Mühe führen. „Die Sozialdemokratie mache, anderen Parteien und den christlichen Kirchen den Vorwurf, daß die Führer keine andere Meinung aufkommen lassen und lediglich herschen wollen. Dieser Gimpelfang und die Ausbeutung der Herde werde aber nirgends ärger, als in der Sozialdemokratie betrieben. Jeder, der eine eigene Meinung habe, oder der Arbeit beanspruche, weroe an die Wand gedrückt. Die Sozialdemokratie zicbe die Dummheit, Faulheit und Unfähigkeit groß. Die Sozial demokratie sei die Partei der Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Unfreiheit und Mafsenausbeutung. Wer an der Sozialdemokratie Kritik übe, werde verleumdet und zum Hungertuch verdammt. DaS halte ein ehrlicher, selbstbe wußter lühtiger Arbeiter auf die Dauer nicht aus, darum trete er auS der Partei aus, er wolle seinen Verdienst besser verwenden und wieder ein freier Mann werden." — Die dritte Landesversammlung der sächsische« Rabatt-Spar-Verei«e wird am Sonntag, den 17. Mai, in Dresden (Gewerbehaus) abgehalten. — Bet der hiesigen städtische« Sparkaffe er folgten im Monat April d. I. 832 Einzahlungen im Be trage von 95402,02 Mk. und 758 Rückzahlungen im Be trage von 183380,25 Mk. — Die für letzten Sonntag einberufene Versammlung des Obstbauverei«s für Wilsdruff und Um gebung eröffnete der Vorsitzende, Herr Oberlehrer Thomas, mit der angenehmen Mitteilung, daß der Ver ein sich in erfreulicher Weise entwickele und das Interesse für ihn und seine Bestrebungen namentlich in den länd lichen Ortschaften wachse; auch diesmal war es ihm ver gönnt, zwei neue Mitglieder aufnehmen zu können. Hier auf referierte der Vorsitzende über ein Flugblatt der kaiserlichen biologischen Anstalt für Land- und Forstwirt- schäft, tu welchem die Schädlinge des Obstbaues in ge drängter Ueberstcht behandelt und Mittel zu ihrer Be- kämpfung angegeben werden. Präparate erläuterten die Ausführung, welche zu einer allgemeinen Aussprache und Empfehlung deS Karbolineums als eines UniveisalmittelS gegen die Krankheiten und Feinde der Obstbäume Ver anlassung gab. Um auch diejenigen, welche dem Vereine nicht angehören, für die Verwendung des Karbolmeums in der Odstbaumpflege zu interessieren und zu Versuchen anzuregen, soll ihnen die dem Verein gehörige Karboli- neumsprttze gegen eine Gebühr von 20 Pfennigen pro Stunde zur Verfügung gestellt werden, die Bedienung soll aber durch den vom Verein bestellten Sachverständigen erfolgen. Nach Erledigung einiger geschäftlicher Ange- legenheiten wurde noch beschlossen, im Sommer eine Ex kursion zu veranstalten. Hierauf wurde die Sitzung ge schlossen. — Im Anschluß an diesen Bericht möchten wir den Obstbaumzüchtern raten, auf die Vertilgung des Un geziefers dec Obstbäume Bedacht zu nehmen, daS nun wieder seine schädliche Arbeit beginnt. Die Blutlaus- kolonien entwickeln sich bereits wieder; der Apfelblüten stecher wartet auf den Aufbruch der Blütenknospen, um seine Eier hinetnzulegen; die Btrnentrauermücke und der Apfelwickler (Obstmade) entschlüpfen ihrer Behausung, in welcher ste sich für den Winter eingepuppt hatten. Die Blutlaus vernichtet man jetzt am sichersten, wenn man ihre Schlupfwinkel, die Risse und Astwunden, mit Karbo- lineum auspinselt; gegen das andere Ungeziefer hilft Be spritzen mit 1 "/<» Karboltueummischung vor und nach der Blüte. Vou erfahrenen Baumzüchtern wird versichert, daß schon der Geruch, welchen die Blätter, Blüten und junge» Früchte vom Karbolineum annehmen, genüge, um die Schädlinge von den Bäumen fernzuhalten. Ein Auflockern der Baumscheibe ist zu empfehlen, nicht nur, damit Luft, Regen und Düngung zu den Wurzeln Zugang finden, sondern auch, damit die Vögel und Hühner den Boden nach Puppen und Larven durchsuchen und Gelegenheit finden können, sich als treue und fleißige Gehilfen deS BaumzüchterS zu betätigen. Wer in seinem Garten Obst bäume hat, welche nur wenige oder minderwertige Früchte tragen, zögere nicht, sie umzuveredeln; jetzt ist dazu die günstigste Zeit. Ein sachgemäß umgepfropfter Obstbaum giebt bereits nach drei Jahren wieder Ertrag. Der Obst bauverein erteilt in allen die Obstkultur betreffenden An gelegenheiten gern Rat; man wende sich zu diesem Zwecke an seinen Vorsitzenden. — Bemerkt sei, daß die tn der Versammlung für den 7. Juni tn Aussicht genommene Sitzung wegen des Pfingstfestes nicht stattfinden kann. — Die Bäcker-J«»u«g zu Wilsdruff sprach sich in einer gestern avend statlgefundenen Versammlung mit Stimmenmehrheit für den 4-Uhr-Ladenschluß an Sonntagen aus. — Folge« der Maifeier. Wie in voriger Nummer berichtet, stno tn den Betrieben der Mitglieder deS WilS- druffer Arbeilgeber-SchutzverbandeS der Holzindustrie etwa °m 1. Mai Liderrechtlich der Arbeitsstelle ferngeblieben waren, entlassen worden. Die Leitung des deutschen Holzarbeiterverbandes hat versucht, die Aufhebung des Beschlusses herbeizuführen. Die Arbeitgeber werden dies Ansinnen ableynen, sie führten Grunde an, die selbst der Vertreter des Holzarbeiteroer- bandes nicht als unberechtigt zu bezeichnen vermochte. — Herzschlag. Von Hausbewohnern wurde am Montag ote betagte und seit Jahren leidende Ehefrau deS WirtschastSbesitzers Teichmann hier vermißt. AIS man nach ihr suchte, fand man ste, von Herzschlag be troffen, entseelt auf dem Oberboden.