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Ottendorfer Zeitung. Vie „Vttenssrfer Zeitung erscheint Dienstag, Donners tag und Sennabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inserat« bi» »ermittag Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Spaltzeil« berechnet. Tabellarischer Satz nach be- sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 30. Freitag, den 11. Mär; 1904. 3. Jahrgang. Es ist erreicht! Der Bundesrat stimmte in seiner Sitzung vom 8. März 1904, also am letzten Diens» tag, dem Gesetzentwurf, betreffend die Aufhe bung des § 2 de» Gesetze» über den Orden der Gesellschaft Jesu vom 4. Juli 1872 (Reichs- grsetzblatt, Seite 253) zu- Mit andern Worten, die so und so viele Mal vom Zentrumbeherrschten Reichstage gut geheißene Wiederzulassung der Jesuiten in Deutsch land ist perfekt geworden. Gratuliere dir, Ger mania ? Die lieblosen Väter vom Orden Loyala», der die Ausrottung des Protestantismus auf die Fahne geschrieben, werden in deinen Gauen wieder offen und frei ihrem „versöhnenden" Berufe nachgehen können. Die völlige Kapitu lation vor dem Zentrum, vor Rom ist zur Tat sache geworden. Falks letztes großes Vermächt nis aus der Kulturkampfzcit ist dahin. Und warum? Weil das Zentrum Regierungspartei, d. h. die Partei im Reichstage ist, auf die sich die Regierung im Reiche, an dessen Spitze ein protestantischer Kaiser steht, stützen zu müssen oder zu können meint? I Welch kur-sichtige Po litik ! Freilich, eine begreifliche Politik, denn des deutschen Volks Vertreter haben in der Mehrheit diese Politik ja mehrfach d^ck b e bereits erwähnten Jesuitengesetzbeschlüssc sank tioniert. Aber eine wirklich starke Regierung habe dem immer nachgeben sollen. Regierungs freundlich, deutschnational ist und bleibt das Zentrum nicht und wird dies stets sein nur so weit, al» seine Partei-Bedürfnisse e» als er wünscht erscheinen lassen. Oertliches und Sächsisches. Ottendorf-Dkrilla, >a. März 1804. Kommenden Sonntag, den 13. d. M. findet nachmittag» 4 Uhr auf der Findeisen' scheu Wiese, am Moritzdorfer Bahnhöfe, eine Vorführung de» von Fachleuten al» praktisches Hilfsmittel bei Bränden empfohlene Minimax- Feuerlö'chapparaüs statt. Die Vo führung ge schieht durch die Dresdner Firma Raab und Eckelmann, welche in DieSden schon mehrfach derartige Versuche mit dem genannten Apparat vorgenommen haben, wobei sich stet» der Ap parat auf» beste bewährt hat. — Infolge eingetretener Differenzen legten gestern die Tischler der Möbelfabrik in Cunners dorf die Arbeit nieder. Dieselben verlangen Verkürzung der Arbeitszeit und Lohnerhöhung. — Vor der Konfirmation! Immer näher rückt der für unsere Kinder so überaus wichtige Zeitpunkt, wo sie als herangewachsene Glieder der christlichen Gemeinde auf ihren evan gelischen Glauben bestätigt werden sollen. Die Konfirmation gehört, daß darf man wohl sagen, zu den populärsten kirchlichen Handlungen. El. tern, die vielleicht längst kein Gotteshaus mehr gesehen haben, finden es doch ganz natürlich, mit ihrem Kind zur Konfirmation und der an schließenden Abcndmahlsfrier zu gehen. Die Überfüllten Kirchen an diesem Tage sind ein deutlicher Beweis daß die christliche Sitte im mer noch eine volkstümliche Macht sein kann. Augenblicklich denkt man in unzähligen Häusern, wo ein Konfirmand oder eine Konfirmandin ist, nicht nur an die bevorstehende Einscgnungsfeier, sondern zugleich auch an die ganze Zukunft des Kindes. Vor allem wird das dort der Fall sein, wo unmittelbar nach der Konfirmation der Abschied vom Elternhause erfolgt. Wenn ma" sie so sieht, die Kinder, denn das sind si- j- noch, wie sie sorglos und froh ins Leben schauen, und wenn man denkt, daß sie nun bald alle die Aufgaben und Pflichten kennen lernen sollen, die der harte Daseinskampf verlangt, dann ver steht man wohl die Torge mancher Elternherzen. Wird sich im Strome der Welt auch wirklich der Charakter bilden und stählen? Werden die vielen Lockungen und Versuchungen außerhalb de» Vaterhause» herrschende Mächte bei den jungen Leuten werden? Wird eine ordentliche Lebensleistung zustande kommen, oder wird eins und da» andere zurückbleiben, — untergehen? Wo frommer Sinn im Hause ist, da weiß man: Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird« wohl machen! Da untestützt man nach Kräften die Arbeit der Schule und der Kirche an den Kindern und man freut sich, daß insonderheit die Konsirmandenstunden so reckt dazu dienen sollen, den Kindern den Ernst und die Verantwortung, aber auch die Freude und den Trost eines treuen ChristenlebenS ins Herz und ins Gewissen zu schreiben. Nicht, wie die Knaben und Mädchen am Konfirmationstage angezogen gehen, und was ihnen da geschenkt wird, ist die Hauptsache; diese ruht eben darin, daß der inwendige Mensch auch wirklich schon etwas von der Reife habe, die das evangelische Christentum von seinen Bekennern verlangt. Natürlich kann da zunächst nur von Anfängen und einigem guten ehrlichen Willen die Rede ein. Aber wenn sich das nur im späteren Leben entfaltet und vertieft, dann ist's schon genug! Möchte bei Eltern und Kindern über diesen letzten Wochen vor der Konfirmation ein beson derer Segen liegen, derSegen freudiger Glaubens hoffnung I — Wie schon gemeldet, beginnt die dies jährige Lar deSvenammlung der sozr ldemotr, - .Uchen Partei Sachsens am Dienstag, den 5. April in Chemnitz. Zur Erledigung der Ge schäfte sind vorläufig 2 Tage in Aussicht ge nommen. Als Referenten für die beiden wich tigsten Punkte des Parteitages, das Landtags wahlrecht und die Gemeindewahlen, sind die ReichStagSabgeordneten Fritz Geyer und Langer- Leipzig bestimmt, während über Ne Punkte Or ganisation und Agitation die Genossen Sinder mann und Braune im Namen des Zentralko mitees Bericht erstatten werden. Einen weiten Raum der Verhandlungen werden die Anträge der Parteigenossen einnehmen. — Die 29. Dresdner Pferdeausstellung fin det am 14., 15. und 16. Mai, die Ziehung der Ausstellungslotterie am 16. Mai statt. — Durch stetigen Zuwachs ist der Mitglieder bestand des Saalinhaberverbandes Sachsen be reit« auf über 1100 Saalbetriebe gestiegen. — Wie im Finanzausschüsse der bayrischen Kammer der Reichsräte mitgeteilt wurde, findet m diesem und im nächsten Jahre eine Neuprä gung von 50-Pfennig-Stücken in den deutschen Münzstätten statt. Die neuen 50-Pfennig-Stücke werden anstatt 90 v. H. fein, wie bisher, nur 75 v. H. fein ausgeprägt, das beißt bei glei chem Silbcrgehalte eine stärkere Legierung be kommen. Ter Durchmesser der Stücke wird verkleinert, wodurch diese wesentlich dicker wer den, um der Verwechslung mit den 10-Pfennig- Stücken vorzubeugen. Ferner werden die neuen Fünfziger schärfer gerändert und endlich soll die Aufschrift nicht mehr „50 Pfennig", sondern „i/, Mark" lauten. Betreff» der Frage, ob 20-Pfennig- oder 25-Pfennig-Stücke ausgeprägt werden sollen, liegt zur Zeit ein Antrag, 25- Pfennig-Stücke zu prägen, im Bundesrate nicht vor; die Frage ruht zur Zeit. Dresden. Von einem furchtbaren Unglück wurden Montag abend in später Stunde der Feuilleton-Redakteur der „Sächsischen Arbeiter- Zeitung" Herr Dr. D. und seine Gattin be troffen. Ihr einziges Kind, ein dreijähriges Mädchen, stürzte, während die Eltern abwesend waren, aus dem Fenster des dritten Stockes. Das arme Kind war aus dem Bett aufge- flanden und hatte das Fenster geöffnet; de -tur, auf da» Pflaster des Hofe» hat es sofort getötet. — Zu einer unfreiwilligen Fahrt Mit dem Schnellzug von Dresden nach Pirna sah sich ein Dresdner Hotelporticr gezwungen. Derselbe hatte einigen in Dresden einsteigenden Damen den Kaffee in den Durchgangswagen gebracht und mag die» vielleicht etwa» länger ausgedehnt haben, sodaß bereits das Abfahrtssignal ertönte noch ehe der Portier den Wagen wieder ver lassen hatte. Ein Versuch, noch schnell den Wagen zu verlassen, mißlang, da die Koupee- Tür von außen gesichert war. So half ihm ein Protestieren nichts, er mußte, da der Zug nicht mehr aufgehalten wurde, die Fahrt, die zum Glück nicht gar zu weit ging, bis Pirna mitmachen. — Die Duell-Angelegenheit des Roman- chriftstelle» Freiherrn von Ompteda wird in nächster Zeit abermals die Dresdner Gerichte beschäftigen, und zwar sowohl das Kriegsgericht, al» auch die Strafkammer des hiesigen König!. Landgerichts. Nachdem der Duellgegner des Freiherrn v. Ompteda, der Rittmeister Hupfeld vom Oschatzer Ulanen - Regiment, wegen der Skandalaffäre aus dem HeereSverbande auSge- chieden ist, wird sich das Kriegsgericht als Be rufsinstanz noch einmal mit der Sache beschäf tigen, weil der GcrichtSherr gegen das auf 6 Monate Festung lautende Urteil des Militär gerichtes Berufung eingelegt hat. Freiherr v. Ompteda lebt mit seinen Kindern auf dem Schlosse Jünichen in Tirol. Er wird sich wegen Heraus forderung zum Zweikampfe, die er als Rächer seiner Hausehre an den Rittmeister Hupfeld er- zehen ließ, in nächster Zeit vor dem Landge richte Dresden zu verantworten haben, da er als ausgeich-edener Offizier nicht mehr der Mltttargenchisbarkeit untersteht. Gegen seine Ehefrau, Maue Florence Motord aus Saint- Synnphonien bei Tours, schwebt jetzt beim Land gericht Dresden die Ehescheidungsklage. Radeberg. Herr Schulrat Dr. Lange, Königlicher Bezirksschulinspektor für Dresden II, hält am kommenden Dienstag hier amtliche Kon ferenz für die Lehrerschaft Radebergs und dessen weitere Umgebung ab. Wehlen. Gestern wurde von hiesigen Zimmerleuten, die im Begriffe waren über die Elbe zu setzen, der Leichnam einer jugendlich weiblichen Person an der linksseitigen Überfahrts stelle au» dem Strome gezogen. Man vermutet, daß es das aus Struppen gebürtige und in Königstein in Stellung befindlich gewesene Dienst mädchen Melitta Schön ist, von dem berichtet wurde, daß es seiner Dienstherrschaft wegen ei nes Verweises entlaufen war und von deren Aufenthalt man nicht die geringste Spur ent decken konnte. — In seiner Wohnung in Strehla erhing sich am Sonntag früh ein 79jähriger pensio nierter Straßenwärter. Königstein. In der Nacht zum Montag hat sich der Soldat Lander von der 8. Komp, des Jnfant.-Reg. Nr. 177, Festung Königstein, von seinemWachtposten heimlich entfernt. Langer, der freiwillig diente und da» erste Mal auf Posten stand, ist in vollständiger Ausrüstung, mit Helm, Gewehr, Seitengewehr und Patronen- tasche, spurlos verschwunden. Ein Grund zu dem Verschwinden ist nicht bekannt; e» bedarf daher noch der Aufklärung, ob ein Gewaltakt oder freiwillige Entfernung vorliegt. Königstein. Der hiesige Kaufmann und Steinbruchsbesitzer G- hat sich Anfang« voriger Woche mit Strychnin, da» er dem Morgenkaffee keigemengt, vergiftet. Die Veranlassung zu diesem verzweiflungsvollen Schritte soll die zer rüttete Vermögenslage des Verstorbenen, sowie ein zu erwartende» staatsanwaltschaftliches Ver fahren wegen Pfandverstrickung gegeben haben. — Der von der Wache in Königstein deser tierte Soldat Langer wurde auf dem Bärenstein betroffen und von einer Militärpatrouille in Gewahrsam genommen. Aussig. Der Stadtrat von Aussig hat bereits vor einigen Tagen an den Statthalter eine Eingabe gerichtet, in der für die Deutschen in Prag gegen die pöbelhaften Bedrohungen und Angriffe von tschechischer Seite der ihnen gesetzlich zu gewährende Schutz verlangt wird Freiberg. Zum Tode des Hoteliers H. wird jetzt gemeldet, daß die Ursache nicht im Ausströmen von GaS zu suchen sei, sondern H am Herzschlag verschied, wie das ärztliche Urtei lautet. Döbeln. Die hiesige Bäckerinnung feiert heute unter Beteiligung der städtischen Kollegien und zahlreicher anderer Ehrengäste von hier und auswärts das 400jährige Jubiläum ihre» Be- tehens. Der Nachweis, daß die Innung 400 Jahre besteht, findet sich in einer im Haupt- taatsarchiv aufbewahrten Urkunde vom 8. März 1504. Zittau. Ein riesiger Feuerschein wurde fier in der vergangenen Nacht um 1 Uhr in der Richtung nach dem nahen Grottau in Böh men wahrgenommen. Es brannte auf dem Bau- und Zimmerplatze des Baumeisters C. A. Wilhelms in Grottau, wo große Mengen Nutz- -ölzer aufgestapelt waren. Die dort lagernden Nutzhölzer, Materialien und auch einige Ma- chinen fielen dem Feuer zum Opfer. Der Schaden wird auf ungefähr 50 000 Gulden geschätzt. Leipzig. Der frühere Direktor der Leip ziger Bank, Exner, kommt aus der Strafanstalt Zwickau am 16. Juni zur Entlassung; die ihm auferlegte Geldstrafe von 20 000 Mark ist be zahlt worden, anderenfalls würde er, wie schon berichtet, noch ein Jahr länger im Gefängnis zubringen müssen. — Die durch ihren Liebhaber, den Arbeiter Bier, angeschossene Frau Bollmann in Leipzig konnte das Krankenhaus bereits wieder ver lassen. Bier, welcher auch sich selbst drei Schüsse beibrachte, befindet sich auf dem Wege der Genesung. — Die lebhafte Nachfrage nach Meßräumen in Leipzig hat, wie der Verkehrsverein Leipzig in einer Eingabe an den Rat betont, leider dazu geführt, daß verschiedentlich in den Privat grundstücken eine unverhältnismäßige Steigerung der Mietpreise für Meßlokale eingetreten ist. E» hat deshalb der Verkehr-Verein angeregt, daß von der Stadt ein zweite» Meßgebäude nach Art des Kaufhause» so schnell al» möglich er richtet werde. Die Eingabe de» Verkehr»verein» ist den Stadtbauämtern zur Äußerung über wiesen worden. — Der de» Morde« an dem Trödler Cohn in Leipzig verdächtige Schuhmacher Günther be findet sich, obwohl er ein Geständnis nicht ab gelegt, noch immer in Untersuchungshaft und wird es bleiben, da sich die Verdachtsmomente erheblich vermehrt haben. Borna. Schlimme Zustände in der 4. Schwadron des hiesigen Karabinier-Regiments enthüllte eine Kriegsgerichtsverhandlung hier- selbst. Wachtmeister Härtel, Vizewachtmeister Ilgen und Sergeant Klau» hatten sich gegen die Anklagen des Mißbrauchs der Dienstgewalt, Annahme van Geschenken, Zeugenbeeinflussung usw. zu verantworten, Klaus auch wegen Dieb stahls. Wir fügen sofort hinzu, daß derselbe von diesem Punkte der Anklage freigesprochen wurde. Die Angeschuldigten hatten die Annahme von Geschenken seitens der in der 4. Schwadron dienenden Einjährig-Freiwilligen geradezu „schwunghaft" betrieben; Bade-Einrichtung, Kronleuchter, Kleiderstoffe, Schuhwaren, Bargeld usw-, kurz alles ward von ihnen dankbar ange nommen. Bei einem Streite der beiden Wacht meister wurde die Sache bekannt und der Es- kadconchef kam dahinter, al» die Leute sich wie der versöhnen wollten. Nach neunstündiger Verhandlung erkannte das Kriegsgericht gegen Härtel auf 6 Monate 2 Wochen und gegen Ilgen auf 5 Monate Gcfängni»; Klaus kam mit 4 Wochen gelinden Arrest davon. Von Degradation ward abgesehen, Ilgen aber wegen Fluchtverdachts sofort verhaftet. Plauen i. V. Die Schneidergehilfen der hiesigen Stadt sind gestern in den Ausstand getreten. Der Streik wurde in einer erregt verlaufenen Sitzung nahezu einstimmig beschlossen. Auch die hiesigen Malergehilfen haben den Streik beschlossen, nur der Beginn des Streike» ist noch nicht festgesetzt. Oberwiesenthal. Hier wurden von einer Kuh drei verhältnismäßig große und starke Kälber geworfen, deren Durchschnittsgewicht je 44 Pfund betrug.