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L877. 61. Freitaq, den 3. Auanst Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dieser Blatt erscheint wöchentlich zwei mal, Dienstags u. Freitags und kostet pro Quartal I Mark. — Jnseratcnannahme bis Montag rcsp. Donnerstag Mittag 12 Uhr. Bekanntmachung. Nachdem für das Rittergut Rothschönberg Herr Nittergntspachter Lnül Sorst daselbst und für das Rittergut Limbach Herr Ritlergutspachter Neors daselbst als Gutsvorsteher verpflichtet worden ist, wird dies hierdurch veröffentlicht. Meißen, am 30. Juli 1877. Königliche Amtshanptmannschaft. von Bosse. Auf einer Wiese in Grumbacher Flur an der Wilsdruffer Grenze ist im Laufe dieses Monats ein grober Baumfrevel dadurch verübt worden, daß von 13 Stück Efchen die Kronen vorsätzlich abgebrochen worden sind. Behufs Ermittelung des oder der Thater wird dieser Baumfrevel hierdurch zur öffentlichen Kenntuiß gebracht. König!. Gerichtsamt Wilsdruff, am 30. Juli 1877. In Stelvertretung: Fritzsche, Rfdr. Oesterrcich's Kriegsbereitschaft. Wien, 29. Juli. Was längst vorhergesehen, oft in Abrede gestellt, von der öffentlichen Meinung immer von Neuem begehrt worden, das geht endlich seiner Erfüllung entgegen. Die Ereignisse im Orient, die steigende Berwirrung, die durch die Greuel hervor- gerufene gegenseitige Erbitterung, endlich die stete Ausbreitung des Kampfes, die neue Offensive Montenegros, der Donauübergang der Rumänen, die Währung in Serbien und vor Allem die unverkenn bare Nähe der Entscheidungsschlacht, die entweder zur Catastrophe oder zum Ende des Krieges führen muß — alles das zusammen mußte den leitenden Staatsmännern der Monarchie die Erwägung ansdrängen, ob nicht endlich der Moment gekommen sei, in welchem die Monarchie ihre militärischen Maßnahmen mindestens insoweit zu treffen hätte, daß sie allen Eventualitäten gegenüber vorbereitet und gerüstet erscheine und daß sie im Stande sei, ihrem Worte im ent scheidenden Augenblicke am entscheidenden Orte de» rechten Nachdruck zn leihen. Nicht etwa erst von^heutc, auch nicht erst von gestern datiren derartige Erwägnngen. Sie waren längst auf der Tagesordnung, und in den ministeriellen Erklärungen, die zu Budapest und Wien genau vor einem Monat abgegeben worden sind, ist ihre Spur deutlich zu erkennen. Der österreichische Ministerpräsident, Fürst Auersberg, sagte damals ausdrücklich: „Sollten E reignisse eiutretcn, welche eine Verstärkung unserer Truppen an der Grenze der Monarchie als nothwendig erscheinen lassen, so behält sich die Regierung vor, nicht im Widerspruche mit früheren Erklärungen, foudern in Ausführung derselben auch innerhalb der Grenzen der Neutralität jene Maßregeln vorzukehren, welche der Schutz unserer unmittelbaren Interessen an der Grenze der Monarchie erheischt." Um Maßregeln solcher Art wird es sich handeln in dem großen Ministerrathe, der morgen oder übermorgen stattfinden soll und zu welchem die Minister Tisza, Szell und Pretits, die ersteren aus Budapest, der letztgenannte aus dem Bade Wartenberg, besonders hierher berufen worden sind. Vorläufig wird es abet sicherlich zu nicht mehr als blosen Vercitschastsmaßregeln kommen — ohne ag gressive Tendenz weder gegen die eine noch gegen die andere Seite. Wenn in dem erwähnten Ministerrathe der Beschluß einer partiellen Mobilisirung — dieselbe dürfte sich höchstens auf zwei Armeecorps erstrecken — gefaßt werden wird, daun hat derselbe keineswegs den Einmarsch nach Bosnien, in die Herzegowina oder nach Serbien zur Folge. Die mobilisirten Corps werden an der Grenze stehen, zum Zeichen, daß Oesterreich strenge Wacht hält und daß es bereit und gerüstet ist, sein Interesse wahrzunehmen und zu schützen, wo es nöthig ist und sobald der rechte Moment hierfür gekommen: nicht früher, nicht später! (D. Allg. Ztg.) Tagcsgcschjchtc. Der „K. Z" schreibt mau aus Berlin: Der Antrag des Reichs- gesundheitsamtes aus Einsetzung einer obligatorischen Schau des zum Verkauf gestellten FleNches von Schlachtvieh dürfte jetzt, nach den traurigen Vorfällen dieser Tage (Wurzen) eine günstigere Ausnahme finden als bisher. Als es sich um eine obli gatorische, sachverständige Untersuchung des Schweinefleisches auf Trichinen handelte, hielt cs die preußische Negierung nicht für angc- zrigt, diese durch ein allgemeines Laudesgcsetz einzuführen, vielmehr überließ es der Minister der Medizinal- u. s. W. Angelegenheiten den Bezirksregicrungen, für ihre Bezirke durch Polizeiverordnungen die nölhigen Anordnungen zu treffen, welche, wie sich von selbst versteht, nur sür deu Eiuzeibezirk Geltung und im Grunde den gewünschten Erfolg nicht gehabt haben. Jetzt dürfte die Angelegenheit wieder aus genommen und hoffentlich um so krustiger gefördert werden, als daS Neichsgesundheitsamt dem Reichskanzler gegenüber die Ansicht ausge sprochen hat, daß die Materie im Wege der Neichsgesetzgebung sehr wohl geregelt werden kann. Von den Befestig uns bauten, welche augenblicklich sich noch im Gauge befinden, werden mit Ausschluß der Neichslande betroffen: im Westen Deutschlands die Festungen Köln, Koblenz, Mainz, Rastatt, Ulm und Ingolstadt, im Osten Deutschlands die Festungen Spandau, Cüstrin, Posen, Thorn, Königsberg, Glogau und Neisse. Küstenbe- festigungsarbciten werden betriebe» in Danzig, Memel, Pillau, Col berg, Swinemünde, Stralsund, Sonderburg-Düppel, an der unteren Elbe und an der uuleren Weser. Endlich werden Befestigungsarbeiten betrieben in den Kriegshäscn Friedrichsort und Wilhelmshaven. Für diese ganzen Arbeiten sind Ursgesammt 170,973,000 Mark aus- geworsen. Ueber die kriegerischen Vorgänge südlich des Balkans erhält das Wiener Fremdeublatt folgendes Telegramm aus Co»stantinopel vom 28. Juli: Heute liegen über das Treffen bei Karabnnar folgende nähere Nachrichten vor. Suleimann Pascha griff die der Jnfanlcrie- dimsion Ehrenwerlh und der Cavalleriedivision Tetistschcff angehörigen Russen, die längs der Chaussee von Eski - Sagra nach Karabnnar lagerten, mit großer Heftigkeit an. Anfangs schien das Treffen eine günstige Wendung zu nehmen, aber der Feind entwickelte größere Jnsanteriemafsen und bedrohte die Türken in der rechten Flanke. Ein Bataillon Nediss, von plötzlicher Panik ergriffen, warf dieWaffenk weg und riß in seiner Flucht andere Truppcntheile mit, in Folgt« dessen wurde der Rückzug allgemein. Die Artillerie deckte denielbe? mit viel Aufopferung, ihre Bedienungsmanuschast hat durch das Feue der russischen Infanterie schwer gelitten. Da die Türken gar keine Kavallerie außer einer Escadron zum Schutz für das Hauptquartier halten, gestattete sich der Rückzug sehr verlustreich. Es soll ein Re giment Kavallerie nur I Meile vom Schlachtfeld entfernt gewesen sem, der Commandant soll sich aber geweigert haben, ins Gefecht einzugreifen, weil er nicht zur Balkanarmee Suleiman'S, sondern zur bulgarischen Armee Mehemcd Ali's gehört. Der Tclcgraphcuver- kehr von hier nach Adrianopel ist sistirl, der Eisenbahnverkehr wird sistirt. Man, glaubt, daß heule der letzte Ing abgeht. Der türkische Verlust an Todtcn und Verwundeten wird mi 1500 Mann beziffert, allein die Zahl der Vermißten ist groß Der „C. Z." meldet man aus Eanaro vom 28. Juli: Nicsic wird seit 40 Stunden beschossen. Alle Höhen vor der Festung befinden sich noch in den Händen der Türken, welche sich vortrefflich ver- kheidigen. Morgen soll der Hauptangriff erfolgen, doch ist es fraglich, ob derselbe Ersolg haben wird. Trotzdem wird Nicsic capituliren müssen, weil es dort au Proviant und namentlich an Wasser «nangelt. Unkluger Weise nahm man eine zu große Civilbcvölkcrung in die Festung auf. Die Garnison wird auf 1000 Maim, die Bevölkerung auf 2000 Mann geschätzt. Fast in allen Departements Frankreichs sind die Vorsteher der Freimaurerlogen von der Polizei ausgcfvrdcrt worden, die Listender Mitglieder vorzulegcu und über die Zusammensetzung der Vorstand- schasl Auskunft zu crlheileu. Obwohl man meistens dieses Ansinnen ablehnte und sofort den Schutz der republikanischen Ausschüsse, sowie die Hülfe von Rechtsgelehrten in Anspruch nahm, wird doch eine Schließung der Freimaurerlogen in Frankreich für sehr wahrscheinlich gehalten. Die Jesuiten und die Freimaurer sind nie gute Freunde gewesen. Seit Napoleon 111. Zeilen ist cs in Frankreich Sitte, daß das Staats oberhaupt bei wichtigen Anlässen im Lande uinhcrreist und politische j Reden hält, etwa sö wie Abgeordnete und andere Bewerber um öf-