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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Bormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich 1 Mark so Ps p?-«nnm«rLn<tn. Inserate werden bis spätestens Mittags deS vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltevzeile mit lo Pf., unter „Eingesandt" mit so Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stabtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. «3.Sonnabend, den 2. Juni 1883. 8. Jahr«. Die für Montag den 4. Juni dieses Jahres angesetzte Versteigerung eines Flügels in Kühnhaide hat sich erledigt. Stollberg, am 31. Mai 1883. Der Gerichtsvollzieher beim Königlichen Amtsgerichte daselbst. Appolt. Für unsere Laudwirthschast. Drei triftige Gründe sind es, welche uns veranlassen, einmal eine Lanze für die Landivirthschaft zu brechen. Zunächst ist die öffentliche Meinung der europäischen Culturländer heutzutage mehr auf practische und technische Fortschritte des Erwerbslebens als auf politische Fragen gerichtet und es ist daher offenbar auch an der Zeit, die gewaltigen Hebel moderner Technik und des Verkehrswesens mehr und mehr der Laudwirthschast nutzbar zu machen, dann hat aber auch-die landwirthschaftliche Bevölkerung, die in allen Cultur- staaten noch immer die Mehrheit ansmacht, ein Recht darauf, ihre Berufsthätigkeit in gleichem Maße ertragssähig und gewinnbringend zu gestalten, als es bei der Industrie und dem Handel der Fall ist und schließlich giebt es bezüglich des landwirthschaftlichen Betriebes sehr alten und tief eingewurzelten Vorurtheilen entgegenzukämpfen. Wenn der Landwirth über schlechte Ertrüge klagt, und den Vor zug des Handels und der Industrie vor seinem Berufe rühmt, so meint er damit nicht selten, daß die Laudwirthschast zu sehr vom Wetter abhänge und ihre Leistungsfähigkeit nicht in dem Maße wie diejenige der Industrie und des Handels durch Maschinen und be queme Verkehrswege gefördert werden könne. Diese Klage hat eine theilweise Berechtigung, aber auch nur eine theilmeise, indem eben die Ernte vom Regen und Sonnenschein abhängt, auf die kein Mensch einen Einfluß hat, und auch deshalb die sorgfältigste Bearbeitung und Düngung des Bodens noch lange keinen vermehrten Ertrag zu liefern braucht. Die Wechselfälle der Witterung muß also der Land wirth in den Kauf nehmen, ebenso wie der Industrielle und der Kaufmann die Ueberproduction, die Handelsstockungen nnd die Bank rotte. Im Uebrigen können aber auf dem landwirthschaftlichen Ge biete noch außerordentlich viel Verbesserungen stattfinden, wenn auf demselben mehr wissenschaftlicher, industrieller und connnercieller Geist zu einer systematischen Wirkung kommt und was damit geweint ist, kann man sehr leicht begreifen. So klagen die meisten deutschen Landwirthe über zu geringe Erträge der Roggenernteu, da der Roggen zu billig sei. Auf eine Vertheuerung dieser so allgemein wichtigen Brodfruchl zu warten, ist der auswärtigen Concurrenz gegenüber und im Hinblick auf unsere arme Bevölkerung ein Unding, der Roggen wird im Wesentlichen nicht theurer werden, mit Aus nahme von Jahren der Mißernten, für unsere Landwirthe bleibt also nichts übrig, als soweit als möglich den Noggenbau einzuschränken und dafür die beste Sorte Malzgerste zu bauen, wie man es in ver schiedenen Gegenden Bayerns, Sachsens, Schlesiens und Thüringens bereits thut, denn die beste Malzgerste liefert ganz andere Nentabili- tätserträge als Roggen. Dies ist nur eins von zwanzig Beispielen, wo die Ernteerträge durch den Bau einer anderen Körner- oder Futterpflanze vermehrt werden können oder wo statt des Körner baues Viehzucht oder Milchwirthschaft als weit ertragsfähiger ein treten könnte oder wo man schließlich durch den Bau einer Judustrie- pflanze statt der gewöhnlichen landwirthschaftlichen Betriebsart den Ertrag des Grund und Bodens verdoppeln kann. So baut man seit einer Reihe von Jahren in der Provinz Posen mit großein Vortheile Hopfen in einer solchen ausgiebigen Weise wie man' ehedem nicht zu denken wagte und in den Provinzen Sachsen, Hannover und in einigen Gegenden der Nachbarprovinzen blüht der Bau von Zucker rüben derartig, daß der Zuckerrübenbau nebst der Erzeugung des Rübenzuckers als eine der Hauptstützen der deutschen Landivirthschaft angesehen werden muß, denn der deutsche Rübenzucker hat sich den Weltmarkt erobert. Schließlich wollen wir noch an einem seltsamen Beispiel erwähnen, wie die Art des Betriebes die Erträge einer Landivirthschaft total ändern kann. In der Provinz Sachsen wurde vor drei Jahren ein Rittergut auf weitere zwölf» Jahre verpachtet, welches alljährliche Pacht statt der bisherigen 24,000 Mark nunmehr um 50,000 Mark jährlich von einem sich um die Pacht bewerbenden Landwirthe erstanden wurde. Darüber entstand bedenkliches Kopf- jchütteln in vielen dortigen landwirthschaftlichen Kreisen und man sagte stch allgemein, daß entweder der alte Pächter besagten Ritter gutes steinreich geworden sein müsse oder der neue Pächter bald einen schmählichen Bankrott machen werde. Aber keins von beiden war der Fall, der vorhergehende Pächter war bei seiner billigen Pacht nicht steinreich, sondern nur ein bescheidener Rentier geworden und der neue Pächter hat jetzt gute Aussicht, ein reicher Mann zu werden, denn er hegt auf dem Rittergute mit großem Erfolge Zuckerrübenbau und Mastviehzucht, während sein Vorgänger nur die gewöhnliche Landivirthschaft betrieben hatte. Wo steckt also bei der Landwirth- schaft der Segen? Allerdings zunächst am Regen und Sonnenschein, aber außerdem bleibt der menschlichen Intelligenz noch ein so weiter Spielraum, daß derselbe Sonnenschein und Regen auf demselben Acker bei dem einen fünfzig, bei dem andern hundert Mark Ertrag liefert. politische Kundschau. Deutschland. Die Dispositionen für die Sommerreise des Kaisers sind zwar noch nicht genau festgesetzt, indessen weichen sie in ihren allgemeinen Umrissen von denjenigen früherer Jahre in keiner Weise ab. Gegen Mitte Juni gedenkt sich der Kaiser zum Antritt der gewohnten Sommercur nach Ems zu begeben, an welche sich ein mehrtägiger Aufenthalt auf der lieblichen Bodensee' Insel Mainau, dem bevorzugten Sommersitze der großherzoglich badischen Familie, schließen wird. Ans den Besuch in Mainau wird die ge wohnte Nachcur an den heilkräftigen Quellen Gastein's folgen, nach deren Beendigung der Kaiser voraussichtlich noch einige Zeit auf seinem Sommer-Schlosse Neu-Babelsberg residiren dürfte. Ueber die diesjährige Badecur des Reichskanzlers Fürsten Bis marck liegen noch immer keine bestimmten Nachrichten vor; Berliner Blätter wollten wissen, daß der Fürst im Laufe dieser Woche in Kissingen eintreffen werde, doch scheint sich diese Nachricht bis jetzt noch nicht bestätigt zu haben. In Berlin tagen Reichstag und Abgeordnetenhaus wieder un ermüdet neben einander und wenn beide Häuser auch möglichst Rück sicht auf einander nehmen, so muß doch schließlich die parlamen tarische Thätigkeit unter dieser unfreiwilligen Concurrenz leiden. Wie lange dieser Uebelstand noch andauern wird, läßt sich nicht sagen, da beide Parlamente noch viel Arbeitsmaterial 'zu erledigen haben, namentlich was den Reichstag anbelangt. In letzterem nimmt die dritte Lesung der Gewerbeordnungsnovelle mehr Zeit in An spruch, als ursprünglich wohl beabsichtigt mar, denn bis Schluß der Mittwochssitzung war das Haus erst bei 8 56b angelangt. Sehr verzögert wird die Weiterberathung des genannten Gesetzentwurfes durch die vielen hierzu gestellten Amendements und Anträge, deren Annahme fast durchgängig im Sinne der conservativ-clericalen Mehr heit erfolgt ist und wodurch verschiedene Beschlüsse zweiter Lesung beseitigt und die ursprünglichen Bestimmungen wiederhergestellt wor den sind. So wurde am Dienstag bei 8 35 (Turn-, Tanz- und Schwimmunterricht) der Antrag des conservativen Abg. Ackermann, welcher die Versagung des Gewerbebetriebes schon wegen Unzuver lässigkeit der betreffenden Gewerbetreibenden fordert, unter Ablehnung der hierzu von liberaler Seite gestellten Gegenanträge angenommen. Auch am Mittwoch leuchtete den liberalen Arkkrägen kein freund licherer Stern, vielmehr wurden fast durchgehends die von conser- vativer Seite gestellten Anträge genehmigt, wodurch zunächst die ur sprüngliche Fassung von Nr. 10 des 8 56, wonach Druckschriften, welche geeignet sind, in sittlicher und religiöser Beziehung Aergerniß zu geben, vom Colportagehandel auszuschließen sind, wiederhergestellt wurde. Bei 8 56a, wurden die einschränkenden Bestimmungen be züglich der Ausübung der Heilkunde und der Vermittelung von Darlehns- und Nückkaufsgeschäften angenommen und die hierzu vor liegenden mildernden liberalen Amendements abgelehnt. Dagegen lehnte das Haus bei 8 56b den Antrag Ackermann: die Bestimmung, daß in Senchefällen der Bundesrath das Verordnungsrecht hat, daß dasselbe aber dem Reichstage vorzulegen ist und erlischt, wenn det;