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Die ,Mten' ,rfer Zeitung" erscheint cnr.lstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. Annahm« von Inserat« bi, vormittag Uhr. Inserat« werden mit ,o p für dl» Spaltzeil« berechn» rabellarisch« Satz nach besonderem Laris Druck und Verlag von Hermann Rühle in KroZ-Okrrlla. Mr die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in töroß-Vkrilla No. 94. Mittwoch, den 7. August 1907. 6. Jahrgang. Der Einwohnerschalt von Ottendorf-Okrilla zur allgemeinen Kenntnisnahme, daß für das Königliche Standesamt vom 4. August ab a. c. folgende Geschästsstunden festgefitzt sind. Dies» finden statt Sonntags von mittags 12 bis nachmittags 2 Uhr ferner Montags, Dienstags. Donnerstags und Freitags von vormittag 10 Uhr bis nachmittags 1 Uhr, hingegen Mittwochs und Sonnabends keine Geschästsstunden. Es werden jedoch außer diesen Geschäftestunden so auch Mittwochs und Sonnabends, bei zufälliger Anwksknh'it, Anmeldungen u. s. w. entgegengenommen, doch kann dafür keinerlei Gewähr geleistet werden. Es wird gebeten, daß sich alle Interessenten an die Geschästsstunden halten wollen. Dieses alles gilt auch für Friedenürichterangelegcnheiten. Orossokriü», den 3. August 1907. Der Standesbeamte und Friedensrichter. Orrtliches und Sächsisches. Dtiendorf-Vkrilla, den ü. August ryo?. Dresden. Am Terrassenufer geriet am Sonnabend abend infolge Unachtsamkeit eines Knaben, der mit bissen beiden Geschwistern bc- s'tzle Kinderwagen auf der abschüssigen Gan;- bahn ins Rollen und stieß auf der Fahrbahn an einen Postwagen an. Hierbei wurden beide Kinder aus dem Wagen geschleudert und der 10 Monate alte Knabe tödlich überfahren. Den Postwagenkutscher trifft hierbei keine Schuld. — Auf der Radeburge-r Straße wurde gestern früh ein Pferd durch einem den Hammerweg herunterrasenden unbeladenen Militärleiterwagen totgefahren. Das junge, vor der Blumenhalle am Paulifriedhose stehende Lier war. um sich zu retten, auf den Fußsteig gesprungen, wurde aber von der Deichsel des in den Graben stürzenden Wagens durchbohrt, sodaß die Eingeweide herausdrangen Der Anprall an den Chausseebaum wurde da durch gemildert und das Leben des Kutschers, der an die Mauer geschleudert wurde, ge rettet. — Beim Einfahren in den König Albert- Hasen wurde Ende voriger Woche der Elbkahn de» Schiffseigner» Friedrich Kahe, Barby a. E., vom Sturme quer über die Hafenmündung ge worfen. sodaß e» mit „Kaffe" und „Heck" vollständig festgekeilt wurde und den Hafen sperrte. Trotz Ansetzen von Ankerwinden ge lang e« nicht, den Kahn frei zu machen. Erst «in Dampfer brachte ihn ab. Das Schiff hatte am Vorder- und Hinterteil Beschädigungen erlitten Königsbrück. Der schon oft erwogene Plan, unse.er Stadt und damit dem Nord- osten des Landes eine direkte Bahnverbindung Mit Großenhain zu schaffen, beschäftigt neuer dings wieder sehr lebhaft die interessierenden Kreise. Die Verwirklichung diese» Projekte« scheint seit der Anlage des neuen Truppen übungsplatzes bei unserer Stadt nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Trotzdem hat sich hier dieser Tage ein Ausschuß gebildet der die Bahnangelegenheit mit Eiser betreiben wird. Radeberg. Am Freitag wurde von der Polizei der hier wohnende Altwarenhändler Sch. und zwei Genoffen zur Hist gebracht und an das König!. Amtsgericht eingclikfert. Die selben haben in der letzteren Zeit mehrere Diebstähle. in dec Sächsischen Glasraffincue von Grohmann und Co. ausgesühr!, wobei Sch. den Hehler gemacht hat. Der Gesamt wert der nach und nach entwendeten Waren beträgt ca. 800 Mark. — Aufgegriffen wurde in hiesiger Stadt «in 13 Jahre alter Sckulknabc. welcher seinen bei Großenhain wohnhaften Eltern entlaufen «ar. Der Ausreißer wurde seinen Eltern wieder zugesührt. Deuben. Der 18jährige Kontorist Wolf, der am Mittwoch abend ein Mädchen durch einen Reoolverschuß verletzte, wurde am Sonn abend in den neuen Anpflanzungen am Fuße des Windberges mit einem Schuß in die rechte Schläfe ausgefunden. Paffanten schafften ihn in das KnappschastSkrankenhauS zu Burgk, wo ihm ärztliche Hilfe zuteil wurde. Man hofft, Wolf am Leben zu erhalten. Pirna. Ein schwerer Unglücköfall, der leider ein blühendes Menschenleben forderte, ereignete sich am Freitag vormittag in der Sandgrube bei Zatzschke. Von dort wollten mehrere Gespanne des Artillerie-Regiments Nr. 64 aus Pirna Sand holen. Beim Aus laden de» Sandes ging plötzlich eine Wand nieder und verschüttete den Artilleristen Beger von der 5. Batterie. Obgleich seine Kameraden sofort nach dem Unfall Rettungsversuche an stellten, konnten sie doch nicht zu dem Ver schütteten, der zu tief unter den Sanömaffen lag, gelangen. Erst als auf telephonischen Anruf au» Pirna vom Regiment Hilfe herbei geeilt war, konnte man zu dem unter dem Sande Begrabenen gelangen, und ihn nur als Leiche bergen. Niedereinsiedel. Durch eine AzetylengaS- explosion wurden am Mittwoch abend der Hausbesitzer Wenzel Beer, die bei demselben in Logis befindliche Olga Fischer aus Dresden, die dort wohnhafte Köchin Klara Loos und der in Sebnitz wohnhafte Elektrotechniker Jahn schwer verletzt. In dem Haus war Gasgeruch verspürt worden weshalb sich Beer mit einer brennenden Kerze in Begleitung der genannten Personen in den Keller begab. Gleich beim Eintreten in den Kellerraum entzündete sich das im Keller angesammelle Gas, wodurch Beer und die Fischer derart schwer im Gesichte, an der Brust und den Armen durch Brand wunden verletzt wurden, daß ihre Ueberführung in das Krankenhaus veranlaßt wurde, während Jahn und die Loos in häuslicher Pflege be lasten werden konnten. Oschatz. Jnsolge unheilbarer Krankheit hat ein in der Leipziger Straße wohnender 74 Jahre alter Privatmann seinem Leben ein Ende gemacht, indem er sich mit dem Hals aus eine über den Boden gespannte dünne Schnur legte, und sich so durch sein eigenes Gewicht erdrosselte. Plan nimmt an, daß er durch seine Schmerzen — er soll an Magen krebs gelitten haben — zu seinem Entschluß getrieben haben. Roßwein- Zwischen Marbach und Etzdorf stürzte der 17 jährige Landwirtsgi Hilfe Scheibe aus Zitzschkwig bei Kötzschenbroda vom Rade in den Straßengraben und erlitt dabei einen tödlichen Genickbruch. Freiberg. Eine Submissionsblüte ergab die erfolgte Oeffnung der sür den Bau der neuen Schießstände im Hospitalwalde ein- gegangenen Kostenanschäge. Es lagen sieben Angebote vor. DaS höchste, von einem Dresdner Unternehmer abgegeben, lautete auf 53 360,63 Mk. Die beiden niedrigsten, von einem Dresdner und Freiberger Unternehmer abgegeben, forderten 32823,08 Mark und 32299,72 Mark. Chemnitz. Daß der Bauarbeiterstreik hier seinem Ende entgegengeht, ergab sich aus einer Maurerversammlung. Dem Berichte über die Lohnbewegung war zu entnehmen, daß nur noch 52 Streikende zu unterstützen sind, 800 Streikende haben auswärts Arbeit genommen, zu neuen Bedingungen arbeiten 485 Mann, zu den alten Bedingungen arbeiten noch 452 Gesellen, 85 Polierer und 126 Lehrlinge. Die Streikleitung hat dem Arbeitgeberverband nun mehr folgende EinigungSvorschlöge gemacht: „Bei Ausnahme der Arbeit 47 Pfennige Stundenlohn, vom 1- August an 48 Pfennige bei 10Hzstündiger Arbeitszeit für Maurer und Zimmerer, für Bauhilfsarbeiter 10 Pfg. pro Stunde weniger". Hohenstein-Ernstthal. Im benachbarten Oberlungwitz entstand im Speckschen Gute Feuer, wodurch ein großes Seitengebäude eingeäschert wurde. Im Gebäude betrieb der Fabrikant Ernst Tippmann Strumpffabrikation. Der Schaden ist bedeutend, ist aber durch Ver sicherung gedeckt. Leipzig. In der Nacht zum Sonntag ge rieten in der Mühlstraße in Leipzig-Reudnitz mehrere junge Männer in Streit, der in Tät lichkeiten ausartete. Dabei wurde ein 37 Jahre alter Markthelser von seinem Gegner in deu Kopf gestochen und derart schwer verletzt, daß er sofort nach dem Stadtkrankenhause überführt werden mußte. — Bei dem gestrigen Radrennen auf hiesigem Sportplätze kam der Hamburger Thom Süden infolge Felgenbruchs zu Fall, wobei er sich eine schwere Gehirnerschütterung zuzog; der in bewußtlosem Zustande vom Platze Getragene sand im Stadtkrankenhaus Aufnahme. Glauchau. Auf der Ostseite des hiesigen Bahnhofs entgleiste von einem Zwickau- Chemnitzer Güterzuge beim Rangieren die Lokomotive mit der Hinteren Achse aus noch unaufgeklärter Ursache. Der Unfall verursachte keine nennenswerten Störungen im Betriebe, da die Eingleisung durch Mannschaften der Zwickauer Werkstätten alsbald erfolgte. Schneeberg. Von der Transmission er faßt wurde der 15 jährige Fabrikarbeiter Möckel aus Neustädtel, wodurch er am rechten Ober schenkel schwere Verletzungen erlitt. Plauen. In dem früheren Kopisten der hiesigen Ortskrankenkasse, Paul Albert, hat die hiesige Staatsanwaltschaft einen gemeingefähr lichen Schwindler festgenommen. Der bereits vorbestrafte 21jährige Mensch, der «in hoch- staplerisches Gewerbe betrieb, verstand es wieder, einer alten Verwandten 700 Mark abzulocken. Weiter schwindelte er einem Freunde 1500 M. ab, die er dadurch erhielt, daß er letzterem vormachte, er verschaffe ihm für das Geld StuatSpapiere, die im Steigen begriffen seien und Tausende von Mark einbrächten. Mit dem so erschwindelten Gelde lebte der Bursche lange Zeit herrlich und in Freuden. — Der ehemalige Kopist der hiesigen Orts krankenkasse namens Albert, der große Be trügereien verübt hat, wurde am 3. August nachmittags gegen 5 Uhr aus der Haft dem Untersuchungsrichter vorgesührt. In einem un bewachten Augenblick rannte Albert nach einem offenstehenden Fenster und stürzte sich vom zweiten Stockwerk in den gepflasterten Hof hinunter. Der Bursche erlitt sehr schwere Verletzungen, unter anderem auch einen doppelten Schädelbruch. Wenige Stunden darauf starb er. Aus -er Woche. Der Ministerpräsident von Frankreich, Herr Clemenceau, hat sich zur Kur nach Karlsbad begeben, nicht ohne vorher noch mit seinen Ministerkollegen eine wichtige Abmachung zu treffen. Demgemäß sollen nämlich die während des Winzeraufstandes im Süden der Republik verhafteten Führer der aufsässigen Winzer frei- gelassen und die zur Herstellung der Ruhe im Aufstandsgebiet entsandten Truppen zurück gezogen werden. Außerdem ward aber im Ministerrat beschlosten, für die Forderungen der Winzer (im bezug auf Schutz gegen die Wein- sälschung, Erhöhung des Zuckerzolles) weit gehendes Entgegenkommen zu zeigen. Der monotelange Ausstand ist also nicht vergeblich gewesen und Marcel Albert, den der Minister präsident mit 200 Mk. unterstützte, hat durch aus Recht behalten. Der kluge Weinbauer äußerte in Paris, die brutale Gewalt der Re gierung wird uns zwar schlagen, den endlichen Sieg aber werden wir behalten. Die fran zösische Regierung hat in ihren marokkanischen Angelegenheiten wenig Glück. Seit Monaten ieß sie durch die Presse Nachrichten verbreiten, denen zufolge die Ausländer in Marokko ver- chiedentlich durch Eingeborene belästigt wurden. Damit wollt« sie zeigen, wie notwendig im cherifischen Reiche die Aufrechterhaltung einer tacken französischen Truppenmacht sei. Jetzt ;at das an die Wand gemalte Gespenst Fleisch und Blut angenommen. In der Hafen- tadt Casablanca sind mehrere Franzosen er mordet worden und das Marine-Ministerium )at infolgedessen sofort zwei Kreuzer in die marokkanischen Gewässer entsandt. Wann end- ich wird die marokkanische Frage zufrieden- tellend gelöst sein? — Zu einer Zeit, da im englischen Parlament die national-irische Frage verschiedene Male verhandelt worden ist, wobei sich die Regierung redlich bemühte in weit gehendster Weise ihren liberalen Versprechungen gerecht zu weiden, haben die Iren wieder einmal einen Vorstoß gegen die Reichseinheit unternommen. Gelegentlich des Hafenarbeiter« treiks erklärlen sich die Schutzleute, um Ge- jaltsaufbesterung und Pensionsberechtigung zu erlangen, mit den Streikenden solidarisch. Der allgemeine Aufstand der bewaffneten Macht, deren Ausgabe es gewöhnlich ist, für Ruhe und Ordnung zu sorgen, erfüllt natürlich die Re gierung mit großer Sorge. Sofort hat sie ansehnliche Truppenmassen in die Hafenstadt beordert, um etwaigen Ausschreitungen gegen über gewappnet zu sein. Das hindert die Iren nicht, unverhohlen zu erklären, sie hielten jetzt die Zeit sür gekommen, um die Trennung von England endgültig durchzusühren. Man darf solchen Drohungen nicht unbedingt Glauben schenken, denn e» dürste den Iren schwer werden, ihren Drohungen durch irgend eine ernsthafte Tat Nachdruck zu verleihen, und Herr Campbrll-Bannermann hat recht, wenn er sagt daß die Iren nur immer schreien. — Auch die deutsche Regierung hat in gewisser Beziehung ernste Sorgen. Kaum ist der Auf stand in Südwest-Afrika, der dem Lande un geheure Opfer an Blut und Gut auferlegt hat, zufriedenstellend beendet, so kommt die Nach richt aus Kamerun, daß unter den Stämmen die am Tschadsee wohnen, der heilige Krieg gepredigt worden sei. Seit langer Zeit haben diese Stämme den Engländern und Franzosen zu schaffen gemacht. Jetzt haben die Hetzereien auf deutsches Gebiet übergegriffen. Wir können nur hoffen, daß es sich um Vorgänge rein örtlicher Natur handelt. Ist'» der lange angekündigte heilige Krieg, so wird Deutschland wieder vor eine schwere Aufgabe gestellt. — Im fernen Osten haben die Japaner jetzt so ziemlich das begonnene Werk vollendet. Sie haben die koreanischen Truppenverbände auf gelöst und werden ihre eigenen Soldaten im Lande unterbringen. Niemand vermag den Gang der Ereignisse aufzuhalten, der schnell zu einer gewaltigen Krise in Asien drängt. Be merkenswert ist unter diesen Umständen, daß Rußland gerade in diesen Tagen das Ab kommen unterzeichnet hat, worin es ausdrücklich auf das Recht verzichtet, in den koreanischen Dingen mitzuredcn. Um dieses jetzt sür Ruß land gegenstandslos gewordene Recht wurde dsr blutige mandschurische Krieg geführt und daß ein solches Abkommen zustande kommen konnte, zeigt am besten, wie sich die Macht« Verhältnisse im fernen Osten zugunsten Japan» verschoben haben.