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WtckÄ für MMf Erscheint wöchentlich zweimal u. zwar Dienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne I Nummem 10 Pf. ThmM äitbenlkhn md die UmMilden. Imtsblatt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen, j Jnsextionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Kgl. Amtshauptmannschaft Meißen^ für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 61. Freitag, den 31. Juli 1891. Bekanntmachung, das Maden in der Elbe betreffend. Die Königliche Amtshauptmannschaft als Elbstromamt findet sich veranlaßt, wiederholt in Erinnerung zu bringen, daß durch Bekanntmachung vom 15. Mai 1880 bei Geldstrafe bis zu 60 Mk. oder entsprechender Haftstrafe verboten worden ist, in der freien Elbe an nicht besonders abgesteckten Badeplätzen sowie ohne Badehosen zu baden. Die Ortspolizeibehörden der an der Elbe gelegenen Ortschaften haben nicht nur die Aufrechterhaltung dieses Verbotes zu überwachen, sondern auch für Beschaffung geeigneter Bade plätze zu sorgen und die Absteckung derselben durch schifffahrtskundige Personen, bez. unter Mitwirkung der hierzu beauftragten Elbstromaufseher ausführen zu lassen. Meißen, am 28. Juli 1891. Königliche Amtshauptmannschaft als Elbstromamt. Tagesgeschichte. Der „Reichs-Anzeiger" schreibt: Se. Majestät der Kaiser ist am 23. d. Mts. Abends an Deck der „Hohenzollern" auf dem durch den Regen glatten, feuchten Fußboden ausge glitten und hat sich dabei leicht amrechtenKnieverletzt, so daß Schonung des Fußes erforderlich ist. Es werden aus diesem Grund in der nächstenlZeit Berg- und Landpartien nicht stattfinden können. Das Allgemeinbefinden des Kaisers ist gut. Der Kaiser nahm gestern an der^gemeinschaftlichen Mittagstafel an Deck Theil. Die „B. P. N." schreiben: Die zahlreichen Nnglücksfälle, welche sowohl in Deutschland als in anderen Ländern in letzter Zeit auf denMsenbahnen vorgekommen sind, haben der preußischen Eisenbahnverwaltung, obwohl die preußischen Eisenbahnen weniger betheiligt waren, den Anlaß gegeben, nach allen Richtungen hin die eingehendsten Untersuchungen sowohl in Bezug auf die Kon struktion der Bahnanlagen, als in Bezug auf Sicherheit' des Betriebes, wie auch in Bezug auf die Inanspruchnahme des Personals für den Dienst eintreten zu lassen. Das reisende Publikum^darf sich der vollen Zuversicht hingeben, daß es auf den preußischen Staatsbahnen mit völliger Sicherheit verkehren kann, und daß weder Mängel der Anlagen, des Materials, noch der Betriebseinrichtungen, noch auch eine Ueberlastung des mit dem Betriebe und der Ueberwachung der Bahnen betrauten Personals Anlaß zur Gefährdung der Reisenden geben. Der „Vorwärts" schreibt in seiner Nummer 171 : „Das Haupthinderuiß der Agitation auf dem Lande liegt in der Schwierigkeit, an die Leute heranzukommen! Ist einmal ihre Aufmerrsamkeit erweckt — sind sie einmal für unsere Ideen interessier, so folgt der Rest ganz von selbst." Dieses zweifel los aufrichtige Bekenntnis; zeigt den Landbewohnern den richtigen Weg, welchen sie beschreiten müssen, um die sozialdemokratische Agitation abzuwehren. Nicht herankommen lassen! Darin liegt der Schwerpunkt der Gegenagitation. Das „Belehren" über Ziele der Umsturzpartei halten wir da, wo die Verhältnisse zur Zeit noch gesund liegen, nicht allein nicht für nutzbringend, sondern für geradezu schädlich; wozu die „Auf merksamkeit erwecken" ? In der Polemik mit Heuchlern und Schmeichlern zieht der ehrliche Mensch doch nur den Kürzeren. Die Sozialdemokraten sind Revolutionäre, also Verbrecher an Kirche und Staat, an Gott und dem Monarchen; diese kurze „Belehrung" möge den Landleuten eingeprägt werden; dann werden die Umsturzagitatoren schon den richtigen Willkommen in den Dörfern finden! Die Meldung verschiedener Blätter, daß der Abg. Singer sein ganzes Vermögen der sozialdemokratischen Partei geschenkt habe, machte bekanntlich bald der abschwächenden Nachricht Platz, daß er sich von der Summe von 100 000 Mark zu Gunsten seiner Partei getrennt habe. Auch diese Nachricht wurde ange zweifelt und jetzt erfährt man aus zuverlässiger Quelle, daß an dem ganzen Gerede.gar nichts gewesen ist und daß Herr Singer, der Großkapitalist, seine etwaigen Anwandlungen, sich für die Partei pekuniär zu opfern, siegreich überwunden hat. Jedenfalls aber ist das erreicht worden, daß er in allen Zeitungen wieder einmal genannt worden ist und daß dabei den „Genossen" klar gemacht worden ist, wie werthvoll für sie der reiche Abgeordnete ist. Herr Singer ist nach unserer Kenntniß der Dinge vielmehr den, System zugeneigt, durch öftere kleinere Gaben seinen ver blassenden Ninibus aufrecht zu erhalten und damit ein lebendiges Beispiel dafür zu geben, wie groß die Macht des Kapitals gerade unter der Sozialdemokratie ist. Aus dem Spreewalde wird große Wassers - noth gemeldet. Ein Hochwasser, wie seit 1854 kein ähnliches den Spreewald heimgesucht, verwüstet jetzt denselben, sowie die anstoßenden Felder und Wiesen. Die Deiche, welche oberhalb des Spreewaldeö von Cottbus an aufgeführt sind, brachen. Der Schaden ist vorläufig noch nicht absehbar. In den drei Gemeinden Burg allein sind über 3000 Menschen jeglicher Nahrung beraubt, sie wissen heute nicht, wovon sie morgen leben werden, über 6000 Morgen des fruchtbarsten Acker- und Wiesenlandes stehen unter Wasser, viele tausend StückenZVieh haben eben falls keine Nahrung. Die Leute, bis über die Knie im Wasser stehend, hacken Kartoffeln, sie fahren im Kahne über die Getreide felder und schneiden im Wasser die Roggenähren, um doch noch etwas zu retten. Hilfe, schleunige Hilfe thut dringend noch. In den anderen Ortschaften des Spreewaldes Leipe, Lehde sieht es kaum besser aus. Man befürchtet den Ausbruch von Krank heiten. Aus Mähren, Schlesien und Galizien kommen immer neue Hiobsposten über die durch andauernde Regengüsse veranlaßten Wasserschäden. Der österreichische Theil der Oder-Niederung steht jetzt schon zum dritten Male unter Wasser. Das ge schnittene Getreide wurde weggeschwemmt, Kartoffeln und Ge müse vernichtet und ganze Dörfer überschwemmt. In Stern berg und Umgebung hat der Schäferbach großen Schaden an gerichtet. Oswiecim wurde durch Austritt des Solaflusses über schwemmt und viele Häuser unbewohnbar gemacht. Prag, 28. Juli. Die „Politik" legt auf das Ent schiedenste Verwahrung dagegen ein, daß die Anhänglichkeit des tschechischen Volkes an Kaiser und Staat und die auf so zahlreichen Schlachtfeldern glänzend bewährte Treue angezweifelt werde. Das Blatt betont, daß die Tage, an welchen der Kaiser in Böhmen weilen werde, um sich von den Fortschritten der Kultur zu überzeugen, zu den herrlichsten Festtagen der Bevölkerung Böhmens gehören werden. Kronprinzessin Sophie von Griechenland, die Schwester Kaiser Wilhelms muß sich, so melden die „N. N.", noch ein mal der Taufe nachgriechischemRitus unterziehen, diese auffallende Mittheilung geht heute aus Athen zu. Der Patriarch von Konstantinopel hat die Erklärung abgegeben, daß er die Prinzessin noch immer als eine Heidin ansehen müsse, da nur die durch Eintauchen aller Körpertheile voll zogene Taufe als giltig angesehen werden könne. Die Prinzessin hatte sich geweichert, vor dem Popen vollständig entkleidet zu erscheinen, und dieser hatte sich im Einverständnisse mit der Heiligen Synode von Athen bereit erklärt, sich damit zu be gnügen, ihr Kopf und Stirn zu salben. Der Patriarch von Konstantinopel hat jetzt nun seinen strengen Tadel gegen diese Nachgiebigkeit der Heiligen Synode ausgesprochen und verlangt kategorisch, daß die Prinzessin sich noch einmaltaufenlasse. Merkwürdigerweise stehen jetzt fast sämmtliche Athener Blätter die sich früher über die Giltigkeit oder Ungiltigkeit der Taufe gar nicht aufgehalten hatten, auf seiner Seite. Wie mit Be stimmtheit versichert, soll sich die Kronprinzessin Sophie nun ent schlossen haben, den Tausact noch einmal an sich vollziehen zu lassen. Paris, 26. Juli. Bei der Station Saint-Mands, Kanton Vincennes, fuhr gestern Abend der von Joinville - le- Pont kommende Ergänzungszug in den voraufgegangenen Hauptzug hinein. Der Gepäckwagen und drei Personenwagen des Hauptzuges, die mit Reisenden dicht besetzt waren, wurden umgestürzt. Mehrere Wagen thürmten sich auf einander auf; ein mit Gas beleuchteter Wagen gerieth in Brand. Aus den Trümmern erschollen durchdringende Hülferufe. Die Rettungs arbeiten wurden sofort in Angriff genommen. Die herbeige eilte Feuerwehr löschte den Brand und die Eisenbahnbediensteten gingen sofort daran, die Verwundeten unter den Trümmern hervorzuziehen. Sämmtliche Personen, die sich in den beiden letzten Wagen befanden, haben schwere Verletzungen erhalten und sind in einem überaus bedauernswerthen Zustande unter den Trümmern hervorgezogen worden. Bis jetzt wurden 49 Todte und gegen 100 Verwundete gemeldet, von welchen 9 ihren Verletzungen bereits erlegen sind. Ueber das Eisenbahnunglück wird weiter berichtet: Die Mehrzahl der Todten ging durch Feuer und Wasser zu Grunde; es vergingen wohl 40 Minuten bevor es gelang, Wasser zu beschaffen, und als man endlich die Hydranten in Thätigkeit setzte, wurden solche Unmassen Wasser auf die brennenden Wagen geworfen, daß manche der Opfer, welche vielleicht nur verwundet waren, ihren Tod durch die Wassermassen fanden. Der Maschinenführer und der Heizer sind wunderbarer Weise gerettet; dieselben hatten sich, als sie erkannten, daß sie die Maschine nicht mehr anhalten konnten, auf die Verbindungsbrücke zwischen Lokomotive und Tender geworfen. — Die Eisenbahndirektion macht bekannt, die Zahl der Todten betrage 35, die der Verwundeten nur einige 30, fügt jedoch hinzu, es seien diese Zahlen nur als provisorische, nicht als definitive anzusehen. Die von der Eisen bahndirektion angegebene Zahl der Verunglückten ist zu niedrig, thatsächlich sind etwa 50 Personen todt und etwa 100 ver wundet. Der Besuch der französischen Flotte in Kronstadt beschäftigt unausgesetzt die Aufmerksamkeit der englischen Presse. Während der Besuch als Ereigniß von nicht zu unterschätzender politischer Wichtigkeit betrachtet wird, tritt jedoch zumeist die Neigung zu Tage, ihn mehr als platonischen Sympathieausdruck, denn als Pfand inniger Freundschaft der zwei Regierungen zu beurtheilen. Der „Daily Telegr." drückt seine Meinung über die Annäherung Frankreichs an Rußland dahin aus, daß sie in ihrem gegenwärtigen Stande, dem Aus tausch von Gastfreundschaft und Höflichkeiten bleiben werde. Die „Morningpost" sagt, es dürfe aus dem Umstande, daß der Zar die Gesundheit Carnot's unter den Klängen der Marseillaise ausgebracht habe, nicht im Mindesten gefolgert werden, daß Rußland von seiner bislang beobachteten Politik der Zurück gezogenheit, ja fast der Jsolirung nur um ein Haar breit ab weichen werde. Was England betreffe, so neige es zu den Centralmächten auf Grund seines Friedensbedürfnisses, nicht im Mindesten aber aus dem Wunsche, Frankreich, mit dem es keine Streitursache habe, hintenanzusetzen. Englands Freundschaft für den Dreibund begründe sich auf Interessengemeinschaft, ver wickele das Land nicht in Streitigkeiten mit irgend welcher Macht und lasse die Beziehungen Englands mit Frankreich und Ruß land gänzlich ungefesselt. Der „Standard" andererseits ver hehlt nicht, daß er gewisse Bedenken habe. In den Ereignissen in Kronstadt erblickt er die Antwort des Zaren auf die Er neuerung des Dreibundes. Rußland habe allerdings nicht ein ausdrückliches Bündnis; mit Frankreich geschlossen, aber offenbar sei Alexander !ll. willens, solchen Bund im geeigneten Augen blicke einzugehen. Frankreich habe lange die Hand zur Freund schaft ausgestreckt, der Zar habe sie endlich ergriffen. Die fran zösische Flotte könne, wenn sie nach Portsmouth komme, auf herzlichen Empfang rechnen. England sei ohne Hintergedanken oder Vorbehalt bereit, sich mit Frankreich an irgend einer Friedens liga zu betheiligen. Inzwischen könne es nur denjenigen herzlich die Hände schütteln, die in diesem Punkt genau so wie England denken. Frankreich. Die Pariser Zeitungen sind rein aus dem Häuschen ob des freudigen Empfanges ihrer Flotte in Kronstadt durch die russischen Panslavisten. Warum auch nicht? Wir Deutsche wissen ja ganz genau, daß die Panslavisten in Rußland nur zu häufig aufspielen. Die Staare richten sich schon darnach, aber nicht immer der Zar, und das ist an der Sache das Beste. Selbst der Präsident Carnot hat geglaubt, zu der Sache das Seinige beitragen zu sollen. Aus seine Anweisung sind zwei im Krimkriege erbeutete und bisher in Paris aufbewahrte russische Heiligenfahnen zurückgeschickt. Man sagt ja, daß kleine Geschenke die Freundschaft erhalten sollen. Der Kronprinz von Rumänien richtete an den König ein Schreiben, worin er wegen der ihm bereiteten Ver drießlichkeiten um Verzeihung bittet und der Heirath mit der Vacarescu endgiltig entsagt. Bei Hofe ist man bereits mit Heirathsprojekten bei der Hand, welche dazu dienen sollen, den Prinzen seine erste Liebe, Fräulein Vacarescu, vollständig ver gessen zu machen. Und zwar soll eine englische Prinzessin da zu ausersehen sein, durch standesgemäße Neigung die Herzens verirrung des romantischen Jünglings zu korrigiren. Prinz Ferdinand soll sich demnächst nach England begeben und über dies heißt es, daß der Prinz von Wales im August nach Sinaia kommen wird, um bezüglich des erwähnten Projektes Rücksprache zu Pflegen. Schon einmal war die Rede von einer Verlobung des rumänischen Thronerben mit einer englischen Prinzessin, und zwar mit einer Tochter des Herzogs von Edinburg, welcher bekanntlich mit einer orthodoxen Fürstin, einer Tochter des Kaisers Alexanders II. von Rußland, verheirathet ist. Da somit die für den Prinzen Ferdinand bestimmte Lebensgefährtin eine „rechtgläubige" Mutter besitzt, so glaubt man, daß eine solche Verbindung dem rumänischen Volke sympathisch sein werde. Nun ist das Projekt dieser englischen Heirath wieder ausge nommen worden,