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Sonnabend, den 17. Oktober 1936 Nr. 244 88. Jahrgang Liese Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzliche« Donn- mrd Feiertage. Der Bezugspreis beträgt bet Abholung wöchentlich 45 Rpf., bei Lieferung frei HauS -0 Rps. Postbezug monatlich 2.80 RM. Im Falle höherer Gewalt oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder tückzahlung des Bezugspreises. — Preise und Nachlaßsätze bei Wiederholungen nach Preisliste Nr. 3 — Für das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an bestimmten Plätzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den Erscheinungstagen b«S vorm. 10 Uhr aufzugeben. — Verlag: Mohr <- Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann u. Gebrüder Mohr. Hauptschriftleiter: Walter Mohr, Pulsnitz; Stellv.: Walter Hoffmann, PulSnttz. Verantwortlich für den Hetmatteil, Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, PulSnttz; für Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. D. A. IX.: 2250. Geschäftsstellen: Albertstraße 2 und Adolf-Hitler-Straße 4. Fernruf 518 und 550 — — -er Pulsnitzer Anzeiger ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast z« Kamenz, des -tadtrates zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen der Amtr- gerichts Pulsnitz, sowie des Finanzamtes zu Kamenz Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Große Abrechnung in Frankreich Bilanz der Volksfrontherrschaft — Kampfaufruf gegen das Kabinett Blum 300 große französische Zeitschriften und Zeitungen, die in Paris und der Provinz erscheinen, veröffentlichen einen Aufruf an die Ration, der sich in schärfster Weise gegen die Regierung richtet, und die Bilanz aus vier Monaten Voltsfrontherrschaft und ihren Folgen auf außenpolitischem und innerpolitischem, wirtschaftlichem und sozialem Gebiet zieht. Die Volksfront-Negierung, so heißt es in dem Aufruf u. a., ist in Wirklichkeit eine sozialistische Negierung, die eine Gefangene der Kommunisten sei. Es wird daraus verwiesen, daß die kommunistische Partei ja selbst in einer parteiamtlichen Broschüre darauf hingewicscn habe, daß ein Volksfrontkabinett der kommunistischen Partei alle Möglichkeiten für ihre Agitation und Organisation gebe. Schon vor seiner Bildung sei das Kabinett ohnmächtig geworden und die eigentliche Macht sei in die Hände der unterirdischen Gewalten übergegangen, die die Sowje- tisierung des Landes vorbereite. Den Beweis bilde die von unsichtbaren Drahtziehern entfaltete und geleitete Streikbewegung. Die verführten Arbeitermassen hätten in ihrer Siegestrunkenheit jedes Urteil über das Mögliche und jedes Gefühl für die Gemeinsamkeit der Interessen aller Klassen und Berufszweige verloren. Die Volksfrontrcgicrung besitze weder Autorität noch Mut, sei eine Geisel in der Hand ihrer Gefolgschaft und werde dauernd von den Ereignissen überwältigt. Die Finanzpolitik des Kabinetts Löon Blum habe mit Ver schwendung begonnen und sich in der Abwertung voll endet. Die in den letzten Monaten errungenen Lohnerhö hungen würden schnell durch die Teuerung der Lebens mittel überholt werden. Die gleichen Mißerfolge seien auf außenpolitischem Gebiet zu verzeichnen. Der französisch sowjetrussische Pakt mache Frankreich zum Verbündeten einer Regierung, die von Deutschland gehaßt werde. Ruß land habe das größte Interesse daran, daß ein deutsch- französischer Krieg eine von ihm befürchtete Drohung auf den Westen abwende. Der Frieden könne durch den kleinsten Zwischenfall, durch jede Ungeschicklichkeit zerbrochen werden. Nichts könne besser werden, so lange die Männer, von denen die einen offen und sofort „alle Macht für die Sowjets" forderten, während die anderen es für klüger hielten, diesem Ziel in Etappen zuznstrcben, die Macht in der Hand hielten. Das Experiment Läon Blum müsse ein jämmerliches oder tragisches Ende nehmen. Daraus wartete» die Kommunisten, um den Generalstreik auszurnfen nnv ihre Diktatur mit ihren unvermeidlichen Folgen von Schrecken und SchänMchkeiten aufzurichten, wie iir Rußland und heute in Spanien. „Franzosen"', schließt der Aufruf, „nichts wird besser, solange Leute am Ruder sind, die für die Sowjetisierung des Landes offen oder versteckt eintreten. Das Experiment Blum muß eines Tages ein elendes oder tragisches Ende nehmen. Auf diese Gelegenheit wartet nur die Kommuni stische Partei, um den Generalstreik zu verkünden und ihre Diktatur zu errichten mit den Schrecken und Scheußlichkei ten im Gefolge wie einst in Sow;etrußland, in Ungarn, in Italien und heute in Spanien, wo die Volksfrontwahlen zwangsläufig eine blutige Katastrophe heraufbeschworen haben. Für uns ist die Gefahr die gleiche. Franzosen ohne Unterschied eurer Meinung, schart euch zum Schutz der französischen Zivilisation zusammen und tretet hinter die Männer und Gruppen, die dem perfidesten und gefährlich sten Feind der Zivilisation, dem Kommunismus, den Kampf bis aufs Messer geschworen haben!" Katholizismus und Moskau Offenes Bekenntnis eines österreichischen Bischofs zum Kampf des Führers gegen die rote Weltgefahr Eine Wiener Pressekorrespondenz, „Eichingers Zei tungsdienst", veröffentlicht einen Aufsatz des als Rektor der Nationalstiftung Anima in Rom amtierenden österrei chischen Bischofs Dr. Alois Hudal. In dem Aussatz wird ausgeführt: „Der Bolschewismus ist nicht eine zufällig vorüber gehende Parteirichtung sondern eine Seelenhaltung, in der ein stark nihilistischer Zug des von allen religiösen Bin dungen losgelösten dekadenten Judentums eine bedeutende Rolle spielt. Der Gegenkampf kann deshalb auch niemals rein organisatorisch gewonnen werden, weil er eine welt anschauliche Krise ist, sondern muß auf geistiger weltan schaulicher Grundlage geführt werden. Wer mit Aufmerksamkeit die geistige Entwicklung Ruß lands der letzten Jahrzehnte beobachtete, wird überdies bald sehen, daß die letzten Ursachen bolschewistischer Weltzer setzung nicht bloß in Rußland zu suchen sind, sondern daß wir es vielmehr mit einem Einbruch westlicher europäischer Dekadenz in die russische Seele zu tun haben, die durch ungesunde soziale, religiöse und staatspolitische Verhältnisse für eine solche Krise bereits vorbereitet war. Niemand leug net, daß in Rußland innerpolitische Umwandlungen sich vollziehen im Sinne eines Erwachens der früheren großen nationalen Vergangenheit des Reiches. Allein, dieser Vor gang ist so lange eine Täuschung Europas oder eine Un möglichkeit, als Millionen Menschen von einer Handvoll fremder Religionshasser beherrscht und in ihrer kulturellen Freiheit niedergetrampelt werden. Wir dürfen nicht ver gessen, daß es noch nicht so lange her ist, daß Rußland, zum Teil mit gefälschten Pässen, seine besten Agitatoren nach Deutschland gesandt hatte. In Berlin arbeitete Joffe, in Halle Sinojew, in München und im norddeutschen Indu striegebiet Radek, um das revolutionierende Deutschland zum wertvollsten Vorgelände der gegen Westen vorzutragenden Weltrevolution zu macken. Daß Deutschland bis jetzt nicht die revolutionäre Vor hut Rußlands für Europa geworden ist, wird das geschicht liche Verdienst des Nationalsozialismus bleiben, dessen erste Vorkämpfer für die Weltanschauung Moskaus niemals etwas übrig halten. Die Losung des Nürnberger Par teitages war für Anhänger und Gegner der Bewegung, wie immer sich der einzelne zum Programm stellen mag, mehr als der Aufschrei einer Nation gegen die militärische Amklammerungs- und Jsolierungspolitik der letzten Jahre, es war eine europäische Tat, die Rückgewinnung des Volkes aus die von Golt selbst gegebenen Werte: Volks tum, Boden, Heimat und Vaterland, in denen eine gewal tige Dynamik gegen den Einbruch fremder Welten gele- Len ist. Während der Bolschewismus wesentlich antireligiös ist, ja, die zur Religion erhobene Brutalität darstellt und den Begriff der Familie untergräbt, will der Nationalsozialis mus auf religiösem Boden bleiben, auch wenn der Begriff der Religion nicht ganz im Sinne der Ueberlieferung ge nommen wird, sondern sämtliche geistigen und religiösen Inhalte mehr nach politischen Gesichtspunkten geordnet wer den. Die Sendung des deutschen Polkes in Europaist gerade in der Gegenwart für diesen gan zen Kontinent entscheidend, und diese Aufgabe kann nur erzielt werden, wenn jene beiden Staaten, die jahrhundertelang in engster geschichtlicher Entwicklung ver bunden waren, ganz eines Herzens sind, auch in der Be- (Fortsetzung Seite 2) Paris stellt Rückfragen Wie weit geht die belgische Neutralität? Die Pariser Presse ist — offenbar auf Grund einer Anweisung aus dem Quai d'Orsay — in der Beurteilung des belgischen Schrittes etwas zurückhaltender geworden. Anscheinend will das französische Außenministerium Zeit gewinnen, um von Brüssel nähere Aufklärung über die Ncutralitätsankündigung des belgischen Königs zu errei chen. In amtlichen französischen Kreisen hält man es für notwendig, fcstzustcllcn, welche Erwägungen dem Beschluß Belgiens zugrunde gelegen haben, um danach die Hal tung Frankreichs der neugeschaffcnen internationalen Lage anznpassen. Wie aus Paris verlautet, beabsichtigt die französische Regierung, eine Note an die belgische Regierung zu sen den, in der Ausschluß darüber verlangt werden soll, wie Belgien sich die Neutralität eigentlich vorstelle. In diesem Zusammenhang würden Fragen gestellt werden über die von Belgien auf Grund des Locarnovertrages von 1925 übernommenen und am 19. März dieses Jahres in Lon don nach der deutschen Kündigung des Locarnopaktes von Belgien cingcgangcncn Verpflichtungen. Desgleichen werde die belgische Regierung ersucht werden, sich dar über zu äußern, welche Rolle sic in dem neuen Westpakt zu spielen gedenke, der unter Umständen abgeschlossen werden solle, und welche Rückwirkungen ihrer Ansicht nach die neue politische Orientierung Belgiens auf die Ab kommen der Gencralstäbc beider Länder haben könnte. Ebenso müsse klargcstcllt werden, welche Haltung Belgien gegenüber dem Völkerbundspakt cinzunehmen beabsichtige. Inzwischen will der Brüsseler „H a v a s" -Vertreter in belgischen diplomatischen Kreisen bereits eine Aus legung der Rede König Leopolds erhalten haben. Danach denke Belgien nicht daran, seine inter nationalen Verpflichtungen in den Papierkorb zu werfen. Es beabsichtige also nicht, sich vom Völkerbund zurück zuziehen. Zwischen den früheren im Locarnovertrag ent- Haltenen Verpflichtungen und den Verpflichtungen des Völkerbnndspaktes sei aber ein Spielraum vorhanden, Die belgische Regierung prüfe daher, wieweit sie sich fest legen solle innerhalb der Grenzen, die einmal vom Völ kerbund spakt und zum anderen von den etwa später zu übernehmenden Verpflichtungen gezogen würden, mit an deren Worten, für Belgien handele es sich einzig und allein darum, sestzustcllcn, inwieweit es durch die Unterzeichnung eines neuen Wcstpaktcs über die Verpflichtungen aus dem Völkerbundspalt hinausgehen müßte. Der Havas-Vertrcter will aus diesen Erklärungen — obwohl sie seiner Ansicht nach nicht völlig eindeutig seien — den Eindruck gewonnen haben, daß Belgien eine Bürgschaft der Mächte gegen einen etwaigen An griff wünsche, jedoch ohne die Gegenverpflichtung, diesen Mächten zu Hilfe zu kommen, falls sie angegriffen wür den. Was die französisch-belgischen Generalstabsabkom men anlange, stehe die belgische Diplomatie auf dem Standpunkt, daß eine Annullierung nicht in Frage komme, da es sich um rein technische Vereinbarungen handele. Frankreich forscht nach den Gründen Auch in der Pariser Presse sucht man nach den Grün den für die überraschende Sinnesänderung in Brüssel. Im „Journal" gibt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Kammer zu, daß der belgische Kurswechsel den Gedanken, den sich viele Franzosen von der über lieferten französisch-belgischen Freundschaft gemacht hät ten, widerspreche, aber er entspreche tatsächlich der Auf fassung von Zweidrittel der belgischen öffentlichen Mei nung,