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MsdmfferTageblatt für Äürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Si/SSÄS W-ch-nbl-tt für WII«»r>lff L Um«°,-»d Anzeigknprri«! die 8 gespaltene Ran»,eile 20 «xfg., die 4 gespalten« Zeil« der amtlichen Bekanntmachungen 40 »eich». Pfennig, die 8 gespaltene Reklamezeil« tm tertlichrn Teil« 1 rieichnmark. Rachweisungegebrchr 20 rieichepsennige. P«, geschriebene Erscheinung,. tage und Platzoorschristrn w-rd-n nach M°giichk-it Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 b-rü-ksichtigt. «n,^«. .... . . „ neaa.e» u annahm« bl« v-rm.wuhr. — — — u Mr di« «ich«,»eit der tetgernnd SeschSstrstellen - - , R.e.i.l,-««r,in<>en b-iiedt kein Anspruch auf Liesrrung V i ' . . durch Fernruf übermtttrltenA>e,ri,«a Sber»«hmen wir keine »-ranttr. Jeder Rabatianspruch erlischt, wenn derBete«, »nrch ftellnngen entgegen. ZmFallehöherer Gewalt, Kri^odersansngerBMiebrWru g ^rg »enn Port» beiliegt. Klage eingezoge« werden mag oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Angeigen nehmen alle Bermittlllngrftelltnentg«grn. der Jeitung oder Kürzung des Bezugspreise».— «iicksendnng etng-fandtcr iSchriiiirulur erfoeg > , ,, ,, . . . Das Wilsdruffer Taaeblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts, gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Noffen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 221 — 90. Jahrgang Wilsdrufs-Dresden Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 22. September 1931 ver kankrott äer Solüwährung. Das entthronte Pfund. Und nun auch England . . .1 Mit Anspannung de letzten Kräfte hatte das deutsche Volk den furchtbaren Stof noch einigermaßen parieren können, der gegen unser, Währung geführt worden war. Nun muß auch England seine Kräfte noch energischer, noch rücksichtsloser zusammen rassen, um wieder festen Boden unter den Füßen zu ge Winnen. In breitem Strom waren auch aus England di, ausländischen Kredite abgeflossen und die damit erfolgen den Goldabzüge konnten nur teilweise ersetzt werden durck die Stützungsaktionen in Paris und Newyork. Die groß« Welle des Mißtrauens nagte kreditzerstörend un aufhörlich an dem festen Bollwerk, das für die Welt di« Bank von England so lange bedeutet hatte. Was schier sicherer zu sein als die englische „5-Pfund-Note", die jc unbedingteste Geltung hatte ringsum den ganzen Erd ball, — denn hinter ihr stand der „Kredit" Englands, dac felsenfeste Vertrauen auf die Sicherheit der Bank von Eng land, der Glaube an die Unerschütterlichkeit der englischer Währung. Aber was ist heute noch unerschütterlich, noch — unerschüttert. Die alten Mittel der Währungs- und Kreditstutzunc helfen auch in London nichts mehr. Wir haben das jc auch in Deutschland schmerzlich genug erfahren, als du Diskontschraube nicht mehr „faßte" und daher zur Zwangs- bewirlschaftung der Devisen und zu einer Zahlungssperr« gegenüber dem Ausland gegriffen werden mußte. Jetz> erfolgt ähnliches in England. Auch dort hatte die scharst Diskontheraussetzung kaum eine Wirkung gehabt, hattt den Abfluß von Gold und Devisen nur wenig hemmen aber nicht verhindern können. Infolgedessen war dei Gold- und Devisenvorrat in denKellerr der Bank von England immer mehr zusam mengeschmolzen, verging aber auch der Stützungs kredit den man von den Amerikanern und den Franzose, erhalten hatte, wie der Schnee in der Sonne. Und das Waren doch immerhin mehr als anderthalb Milliarden Mark, 80 Millionen Pfund Sterling gewesen, mit dener Englands Währung und Kredit vor unmittelbar drohen den Gefahren behütet werden sollte! Es war zu wenig. Überall in der Welt konnte die englische „5-Pfund Rote" umgetauscht werden gegen Gold; denn überall ir der Welt besaß England Kredit und Vertrauen. Damit is es nun, wenigstens wohl für Monate, aus und vorbei England zahlt nicht mehr in Gold und du Kunde von diesem Beschluß der Bank von England durch zuckt die Welt wie ein Blitzstrahl, der die ganze Krise ir einem noch grelleren Licht erscheinen läßt als dies etwa di« deutsche Katastrophe des Julis getan hatte. Die englische Handelsbilanz zeigte in den erster acht Monaten 1931 einen k a t a st r o p h a l e n E i n f u h r Überschuß von rund drei Milliarden Mark, außerden war ein großer Teil der von England draußen unter gebrachten Kredite und Kapitalien „festgefroren", z. B. ir Deutschland — oder gar überhaupt verlorengcgangen Nicht minder katastrophal war die englische Ausfuhr zurückgegangen, und wir wissen nur allzu genau, daß all« Anstrengungen gerade Englands erfolglos geblieben sind die zollpolitischen Hemmnisse und Hindernisse für seiner Handel fortzuräumen —, von den politischen gar nicht zr reden! Selbst der mannhafte Entschluß des Ministeriums Macdonald und der großen hinter ihm stehenden Parla mentsmehrheit, durch lief einschneidende Maßnahmer wenigstens in den Staatshaushalt rasch und rücksichtslos Ordnung zu bringen, hat doch nicht derart gewirkt, das man um die zeitweise Aufhebung der Goldeinlösungs- Pflicht für die englischen Noten herumkommen konnte, hie Goldwährung also vorläufig aufgeben muß. Damit iß für die englische Währung hauptsächlich der Kredit Eng lands in der Welt „die Deckung". Ob diese ausreicht, wird tw.Wesentlichen davon abhängen, daß das alte, einst sc "^küekliche" England die Sanierung seiner Finanzen durch zufuhren vermag. Und ob es endlich gelingt, die kata strophalen Störungen auszuschalten, die immer wieder von der geradezu irrsinnig gewordenen Gold „ver- teNun g" in der Welt ausgehen und die Weltwirtschafts- kri,e schon zu einer Krise unseres ganzen Wirt chafts- systems machen. Wird nun dieser jüngste, sicherlich nicht aber letzte Stoß des wirtschaftlichen Erdbebens endlich jene zur Be- smnung und zur Zusammenarbeit zwingen, die über die Macht innerhalb dieses Systems verfügen? Der Boden, dem steht, das Gold, die Goldwährung, ist ins und überall klaffen im Gebäude dieses Wirtschaftssystems Nisse, die die Einsturzgefahr ^°hend und deutlich anzeigen. Hoffentlich wird die d«rzu führen, daß man in,', Reparaturarbeit herangehl und pch nicht, wie bisher, nur zu kümmerlichem Flickwerk ausreichend. das ist längst schon nicht mehr Politik und Gold. Deutschland, Frankreich und das englische Gold. Die in der Geschichte Englands einzig dastehende Maßnahme zur Bekämpfung der Finanzkrise hat auch in Berlin ungewöhnlich nachhaltigen Eindruck gemachr. Die Auswirkungen für Deutschland werden, darüber iß man sich in Berliner politischen Kreisen durchaus klar, keineswegs erfreulich sein. Es scheine, so wird erklärt, daß die große Krise für England eigentlich jetzt erst eingeireten sei, während sie für Deutschland technisch über wunden schiene. Ob Frankreich aus dieser Sachlage den Schluß ziehen werde, daß Europa tatsächlich dem Ab grund zutreibe und daß infolgedessen die französische Politik in andere Bahnen gelenkt werden müsse oder ob Frankreich in seiner Blindheit glaube, angesichts dieser Situation noch mehr erreichen zu können, das hänge von der Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit der führenden Per sönlichkeiten in Paris ab. Es sei allerdings fast zu fürch ten, so wird weiter erklärt, daß die Franzosen sich sagen würden, daß je schwächer ihre Gegner im politischen Gegen spiel seien, um so größer die Aussichten sür die Festi gung der französischen Hegemonie in Europa sein würden. Der frühere Reichsbankprüsidem Dr. Schacht hat in einer Unterredung über die Auf hebung des englischen Goldstandards erklärt, Englands Aktion sei von ungeheurer finanzieller Bedeutung sür die ganze Welt. Der englische Markt habe immer die Grundlag« der internationalen Goldwährung dargestellt. Was England jetzt tue, bedeute die Revision des in 1 er - nationalen S ch u l d e n s q st e m S. Englands Schritt zeige in drastischer Weise, daß die wirtschaftliche Struktur der Welt nicht auf unbegrenzte Zeit durch falsche politische Maßnahmen von oberst zu unterst gekehrt werden könne. Er hoffe, daß die Wirkung des englischen Schrittes für Deutschland günstig sein werde. In Berliner offiziösen Kreisen weist man hinsichtlick der etwaigen Rückwirkungen daraus hin, daß di« deutscherseits etwa nötigen Maßregeln bereits seit den Juli getroffen worden sind; besonders durch die Devisen verordnung und durch das Stillhalteabkommen sei Deutsch land hinreichend gedeckt. Die Frage, ob England tatsäch- sich eine Abkehr vom Goldstandard vorhabe, sei noch keineswegs geklärt. Infolgedessen könne auch zu dei Frage, ob sich daraus eine Abkehr Deutschland« vom Goldstandard entwickeln könne, nicht Stellung ge nommen werden. In einer Hinsicht erhofft man sich viel leicht sogar eine gewisse günstige Rückwirkung von der englischen Vorgängen: zeigen sie doch allen Kapital- flüchtigen auf das deutlichste, wie unsicher die Kapital anlage auch imAusland geworden ist * Die deutschen Börsen warten av. Keine Panikstimmung. Mit Rücksicht auf die Schließung der Londoner Börst und anderer europäischer Börsen fand eine Notiz vor Wertpapieren, Devisen und Metallen an der Börse an Montag nicht statt. Der freie Handel in diesen Werter war nicht zulässig. Devisenkurse wurden in der Ncichsban! festgcstellt. Die Börsenräume waren heute wie üblich geöffnet Die Beteiligung war infolge des hohen jüdischen Feier tages nicht sehr stark. Infolge der drastischen Maßnahmen, die man in London gefaßt hat, ist die allgemeine Lage natürlich vollkommen ungeklärt. Trotzdem war in Vörsen- kreisen keineswegs eine Panikstimmung sest- zustellen. Man verweist vielmehr darauf, daß von diesem Ereignis aus ein Anfang zur Besserung ein treten könne. Wie aus Köln gemeldet wird, fiel die Börse dort am Montag wegen der Londoner Ereignisse aus. Der Vorstand der Wertpapierbörse in Hamburg teil« mit, daß die Hamburger Wertpapierbörse bis auf weiteres geschlossen bleibt. Die Börse inFrankfurtam Main wurde zwar offen gehalten, es wurden jedoch keinerlei Notierungen vorgenommen Ein freier Börsenhandel fand gleichfalls nicht statt. Auch in München fand eine Notierung von Wertpapieren nicht statt Der Freihandel in Wertpapieren war verboten. Auch die wichtigsten europäischen Börsen außer Paris haben geschlossen. Dsr „urmNiasiHare" Franc. Pariser Börse bleibt offen. Die plötzliche Zuspitzung der englischen Finanzkrrsc hat in französischen politischen und Regie- rungs kreisen größte Bestürzung ausgelöst. Dir französische Regierung befaßt sich bereits mit den dringen den Hilfsmaßnahmen, die sie im Verein mit der Federal Reserve Bank zu ergreifen beabsichtigt. Der Gouverneur der Bank von Frankreich, Moret, erklärte, daß die fran zösische Regierung nach einem eingehenden Studium der Lage beschlossen habe, die Pariser Börse nicht zu schließen. Man werde höchstens einige Einschränkungs matznahmen durchführen. Frankreich habe im übrigen keinerlei Grund, beunruhigt zu sein. Seine Währung sei sehr fest und der Goldbestand von Frankreich sowie der Dollarkredit, über den sie in Newyork verfügten, machten den Franc un antastbar. * Starke KurrrWiiW an der Pariser Börse. Paris, 21. September. Die Pariser Börse, die am Mon tag als einzige Weltbörse geöffnet ist, begann angesichts der englischen Krise außergewöhnlich nervös. Die Festsetzung der ersten Kurse bereitete wiegen des großen Angebots und der ge ringen Nachsrage starke Schwierigkeiten. Die Börse schloß zu niedrigsten Kursen mit etwa 10 bis 15 v. H. Verlust vom Wert fast sämtlicher Papiere. Das englische Pfund wurde amtlich nichk notiert und wirb auch nach einer Erklärung des französi- schen Finauzministers nicht notiert werden. Im Freihandel wur den von Bank zu Bank zunächst Kurse von 110 bis 115 und schließlich 102 Franks gezahlt. Die Reichsmark wurde mit 500 Brief gehandelt. Vorläufig ist noch nicht zu erkennen, wie sich die Lage weiter gestalten wird. Die Banken verweigern alle Auskünfte, doch nimmt man allgemein an, daß auch die Börse in Paris vorübergehend geschlossen werden muß. ü- Bor der LMdsMr Börse. Der Eindruck der Vorgänge in England. Vor der Londoner Börse hatten sich große Men schenmengen angesammelt, so daß der Verkehr in den umliegenden Straßen fast völlig stockte. Die Tore der Börse waren geschlossen, was seit Menschengedenken nicht vorgekommen ist. Die schon monatelang tobende Schlacht um die Stabilität des Pfundes und um die Stellung des Londoner Finanzmarktes ist verloren. Obwohl der Engländer den Ernst der Lage empfindet und sich auch die Bankwett keineswegs darüber täuscht, klingt doch aus allen Unterredungen das feste Vertrauen heraus, daß England auch diese Krise überwinden werde. Das Publikum i st ruhig. Von keiner Stelle wird ein Ansturm auf die Kassen oder auch nur ein außer gewöhnlicher Bedarf von Bargeld gemeldet. Die Stim mung richtet sich gegen Amerika und besonders gegen Frankreich. Beiden Ländern wird vor- geworsen, daß sie das innere Wesen des Goldstandards nicht verstanden haben, sich ihrer Verpflichtungen als Be sitzer von 30 Milliarden Gold nicht bewußt sind und damit die in langjährigen Erfahrungen erworbene und veredelte Finanzpraxis Londons durchkreuzt und vereitelt hätten. Es fehlt auch nicht an Worten der Kritik über dieeigenk Politik, die nur zu gern bereit war, den französi schen Wünschen nachzugeben. Seit Juli sind aus London rund vier Milliar den Mark abgezogen worden. Man schätzt die Höhe der ausländischen kurzfristigen Kredite in London auf etwa fünf Milliarden Mark, wovon rund zwei Milliarden auf die Bank von Frankreich und den Französischen Staat entfallen dürften, während die französischen privaten Konten meistens gekündigt und geräumt sind. Der Rest entfällt in erster Linie auf Amerika, die Schweiz, Holland, Schweden und Belgien. Etwa drei Milliarden britische Staatspapiere dürften sich in ausländischen Händen befinden. Sie wurden in den letzten Tagen lebhaft zum Verkauf angeboten. So stellte sich die Lage dar, die die Regierung zwang, sofortige Maßnahmen zu ergreifen. * Die Not Englands. Der englische Botschafter Sir Horace Rumbold hat dem Reichskanzler einen Besuch abgestattel und ihm von den Maß nahmen der englischen Regierung im Zusammen hang mit der Finanzkrise Mitteilung gemacht. Der Botschafter juchte anschließend den St-^ sssekretär im Auswärtigen Amt, son Bülow, auf. -k Kein Goldbarrenverkauf nach dem Ausland. Die Bank von England unterband am Montag den Ver kauf von Goldbarren nach dem Auslande. Die Krise vor dem Llnterhause. Die Mitglieder des Unterhauses waren sämtlich auf ihren Plätzen, als die Sitzung eröffnet wurde. Die Stimmung war sehr erregt; alles erwartete mit großer Spannung die Mrt- teilungen der Minister. Auch der Prinz von Wales war er schienen. Schatztanzler Snowden »rächte den Gesetzentwurf ein, nach dem Abfatz 2 des Ab schnittes 1 des Goldstandardaesebes vom Kabre 1925 auwe-