Volltext Seite (XML)
MsdmfferTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Au-ei-enpreis: die 8gespaltene Raumzelle 20 Goldpfemrig, die 2gespalteneZeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- pfenuig, die 3gelpalteneReklameze«e im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Nachweisungsgebühr 20 Goldpfennige. Dor- wndrn nach Möglichst Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 -nnahmrbisvorm.louhr ! F2r die Richtigkeil der durch Fernrus übermitteitcnAnzeigeuadernehmcn wir keine Garantie. Jeder Rabaltanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogcn werden muß oder derAuftraggeder in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Dermittlungastcllen entgegen. Nassonale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ >»« .»««»ruffer Tageklatt» erscheint täglich n-chm. ä Uhr fltr de, folgend«» »ezur-prei«: «ei «dhoiun, t» »M »^chS»,st-lle und de« «-.gabest-llen r Mk. im Monat, bei Zustellung durch dir «otr» r,« M»., bei Postdestrllun, N-'Po^L Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend W^L'nH ! «Eg" nnd Geschästeftellen ———— nehmen zu jeder Feit 8« «räungeu entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung »rr Arttu», odrr Kürzung der Bezugspreises. — Rücksendung eiugesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Pas Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr.144. — 84 Jahrgang Teieg-Adr .Amtsblatt« Wilsdruff - Dresden Postscheck Dresden 2640 Mittwoch, den24 JunL1S25 M Mm über den WerbeiWM. Lialienische Spannungen. Man hat das System Mussolinis in Italien schon recht oft als dem Untergang verfallend bezeichnet und es schien auch wirklich eine Zeitlang, als ob ihm die geeinigte Opposition aller nichtfaschistischen Parteien sehr ernsthafte Schwierigkeiten machen würde. Mussolini ver suchte — es mag jetzt ein halbes Jahr her sein — auch, wenigstens etwas einzulenken, die Opposition, die sich dem Parlament fernhielt, wieder zur Rückkehr iu das Gebäude auf dem Monte Citorio, der Abgeordnetenkammer, zu ver anlassen. Das gelang ihm aber nicht und Mussolini schwenkte wieder in die politische Linie eines unbedingten Faschismus zurück. Er hat das damals anzukündigen sich auch gar nicht gescheut und erklärt, er werde ganz besonders scharfe Maßnahmen der Beamtenschaft und der Presse gegenüber ergreifen. Er konnte diese Maß nahmen in gesetzliche Formen kleiden, weil er ja über eine außerordentlich starke, ihm fast unbedingt folgende Ntehrhcii in Kammer und Senat verfügt. Nun sind diese Maßnahmen auch wirklich Gesetz geworden —, mau kann zu Mussolini politisch stehen wie man will: Mangel au Rüüsiclnslosigkeit, an schärfstem Durchgreifen, an unbe- dmgtcsicm Hinwegsetzen über sogenannte bürgerliche Grundrechte, wird ihm niemand vorwerfen können. In dieser Art ist er der Gegensatz zum Kommunismus, fvie dieser seine Ausprägung'in Sowjetrußland gefunden hat und wie er sich auch in Italien im Jahre 1921 durchzu setzen versuchte. Recht wirv eben das, was derGewält st a b e r als Recht zu formulieren und durchzusetzen in der Lage ist. Die jetzige Annahme jener beiden Gesetze beweist aber vor allem, daß die Opposition gegen Mussolini ihre Stunde versäumt hat und dem Angriff ihres Gegners unterlegen ist. Diese Niederlage noch zu verstärken, hat nun Mussolini noch eine andere, ihm überaus erwünschte Gelegenheit Man hat vor kurzem, als Mussolini nicht unbe- vcninch erkrankt war, sich über diese Fraae eines even tuellen Nachfolgers unterhalten und dabei ist vor allem der Name Gabriele d'An nunzios gefallen. Ein vor kurzem beröffentliches Bild zeigte übrigens den „Duce", den Herzog Mussolini, in trautester Harmonie mit d'Annunzio, auf einem schwerarmierten Motorboot den Gardasee unsicher machend. d'Annunzio hat ja den Italienern Fiume verschafft und ist, wenn man will, der Veranlasser des Eintritts Italiens in den Weltkrieg und damit die Ursache der italienischen Eroberung. Unter dem Druck Englands und Frankreichs hat Italien mit Ingo- slavien den Vertrag von Rapallo (nicht zu ver wechseln mit dem gleichnamigen deutsch-russischen) abge- schlossen, in dem Jugoslawen bekanntlich Fiume, abge sehen von einem Hafenteil — Porto Baros —, verlor. Aus dieser Tatsache verstand Mussolini nun sehr geschickte Angrifssmöglichkeitcn seinen Gegnern gegenüber auszu nützen. Er hat nämlich jetzt in der Kammer Mitteilung davon gemacht, daß die damalige Abtretung dieses Hafen- teils auf Veranlassung des Außenministers Grafen Sforza erfolgt sei; dieser, „ein Lügner und Vcräter", sei dafür verantwortlich zu machen, nicht er, Mussolini. Diese Angriffe des Ministerpräsidenten auf eine nicht nur Politisch sehr hochstehende Persönlichkeit hat schon Aufsehen genug erregt, noch mehr allerdings dadurch, daß sie durch die — Verhaftung des Bruders des Grafen Sforza er gänzt wurde, da der Graf selbst in Frankreich weilt. Nicht ganz ungetrübt ist das Verhältnis des Faschis mus zum Heiligen Stuhl in Nom. Mussolini selbst stat ja alles darangesetzt, um mit der katholischen Kirche ein nicht nur freundliches Verhältnis herbeizuführen, son dern darüber hinaus geradezu ein Bündnis abzuschließen. Die Wiedereinführung des Religionsunterrichts in den Schulen durchzusetzen, die ständige Betonung des christlichen Charakters der Volksschule, der energische Kamps nament lich gegen das in Italien seit 200 Jahren antikirchliche Freimaurertum liegen in dieser Linie. Mussolini hat mit seiner Politik nach dieser Richtung hin viel Erfolg gehabt; erschwert wurde sie aber durch die Tatsache, daß die Popolari-Partei — die etwa der deutschen Zen trumspartei entspricht — natürlich eine starke Förderung durch die kirchlichen Organisationen erfuhr. Sie ist aber antifaschistisch, gehört der.Opposition gegen Mussolini an, ist vielleicht sogar die Führerin in ihr. Es bedeutete ein großes Entgegenkommen des Vatikans Mussolini gegen über, daß der Vorsitzende der Popolari, DonSturdzo, der katholischer Priester ist, angewiesen wurde, sein Partei amt niederzulegeu und völlig aus der Politik auszuscheiden. In einer ganzen Reihe von Ansprachen bei zahlreichen Ge legenheiten hat der Pap st immer wieder betont, daß die Kirche mit der Parteipolitik nichts zu tun habe, hat das aber auch geäußert gegenüber den Bestrebungen auf dem rechten Flügel der Popolari, eine katholische, fafchisten- freundliche Partei zu gründen. Trotzdem scheint die rein liche Scheidung zwischen kirchlichen Organisationen und Vereinen auf der einen Seite, den Parteiorganisationen aus der anderen Seite doch nicht klar durchgesührt zu sein, denn man hört immer wieder von faschistischen An griffen auf katholische Vereinshäuser und Vereine, was dann damit begründet wurde, daß diese mit den verhaßten Popoloren identisch seien. Aus Beschwerden von kirchlicher Seite bat Mussolini «s Lwar an Warnungen nicht sehlen Eigener Feinjprcchdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". London, 23. Juni. Lord Haldane sprach gestern vor einer Versammlung von Mitgliedern des Klubs der 80 und des 1920-Klubs über die deutsch englischen Beziehungen. Lord Haldane ging zuerst ans die Entstehungsgeschichte des Sicherheitspaktes ein und beleuchtete seine politische Bedeutung im Nahmen der englischen Nachkriegspolitik. Auch er sei der Ansicht, das; die gegenwärtige Lage in Europa durch die Ablehnung des SicherheitspaktK zwischen England, Frankreich und den Vereinigten Staaten im Jahre 1919 entstanden sei. Er begrüßte die gegen wärtige Möglichkeit der Sicherung des europäischen Friedens, die die Hauptaufgabe der englischen Politik bilden müsse. Im Verlaufe seine Ausführungen kam Haldane zu dem Ergebnis, daß vieles an dem deut schen Angebot noch unklar wäre und empfahl als Gesamteinstellung Vorsicht und Zurückhaltung gegen über dem deutschen Angebot. In der darausfolgenden Diskussion machten sich zwei verschiedene Strömun gen bemerkbar. Einige der Redner vertraten die fran zösische Auffassung der europäischen Lage und wiesen aus die angeblichen deutschen Gefahren hin. Diese Auffassung wurde aber von anderer Seite zurüü- gewicsen. DieUnterreduug des deutschenBotschasters mit Briand. Paris, 23. Juni. Zu der Unterredung des deutschen Botschafters von Hoesch mit Briand liegt eine halbamtliche Radionote vor, in der gesagt wird, daß der Besuch des Herrn von Hoesch völlig uner wartet kam. Im Nahmen einer allgemeinen Unter haltung habe Botschafter von Hoesch die Frage auf ¬ lassen, aber anscheinend immer noch nicht mit großem Erfolg. Denn das Amtsblatt des Vatikans, der „Obssr- vatore Romano", veröffentlicht eine Ansprache des P a p stes an Pilger aus Perugia, in der er Angriffe der Faschisten auf katholische Studenten in überaus eindrinig- licher Art verurteilt und daran die unmißverständliche Mahnung knüpft, daß derartige Gewalttaten schon längst nicht mehr vorkommen dürften, wenn sie nur pflicht gemäß verhindert und bestraft worden waren. Mussolini wird diese Mahnung zweifellos zu wür digen wissen, denn er hat Feinde genug, um es nicht ris kieren zu können, es mit jenen zu verderben, die ihm gegen über sich einer freundlichen Neutralität befleißigen. Dazu ist er viel zu viel Realpolitiker, der Phrasen gegenüber noch niemals Nachgiebigkeit bewiesen hat. Darin liegt seine Macht. Und zweifellos ist, daß für ihn die Zeit eines gewissen Schwankens, einer Unsicherheit und nicht unehrlich gemeinten Nachgiebigkeit vorbei ist. Deswegen j auch die starke Betonung der Gespanntheit der außen- politischen Lage Italiens; nach alter erfolg reicher Gewohnheit wendet er die Blicke Italiens dahin, um im Innern freie und darum rücksichtslos ausgenutzte Bahn zu haben. Werfall auf eine chinesische SrfrMHaK. Ein politischer Racheakt. Paris, 22. Juni. Die chinesische Unabhangigkeitsbcwegung hat gestern ihre Wellen bis nach Paris geschlagen. Dort verübten etwa- 1VÜ in Paris ansässige Chinesen, unterstützt von fran zösischen Kommunisten, einen überfall auf das chinesische Gesandischaftsgebäude, nahmen den Portier und einen Diener gefangen, drangen in das Arbeitszimmer des chinesischen Gesandten ein und zwangen ihn, nachdem alle Telrphonleitungc» durchschnitten waren, einige Schrift stücke zu unterzeichnen, unter denen sich auch ein Aufruf an die chinesischen Arbeiter, Studenten und Kaufleute „gegen de» Imperialismus der fremde« Mächte" befand. Ferner wurde an die „Republican Daily News" ein Tele gramm gerichtet, in dem den Chinesen in Schanghai die Sympathie ausgedrückt wird. Gleichzeitig wurde auch an den französischen Ministerpräsidenten ein Brief abgeschickt. Unter dem Zwauae der Verhältnisse musste der Gekaudte geworfen, ob Frankreich zu einer Politik der Ber- stündignng und der Entspannung gegenüber Deutsch land bereit sei. Briand habe nicht verfehlt, diese Zu sicherung zu geben, wobei natürlich als Voraus setzung gelte, daß einer solchen Verständigung mit Deutschland die Achtung vor den bestehenden Ver trägen zu Grunde liege. Am Quai d'Orsay habe man den Eindruck, daß Stresemann die Garantievertrags verhandlungen keineswegs abzubrechen wünsche. Der deutsch-spanische Handelsvertrag. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes" Berlin, 23. Juni. Wie die Morgenblätter melden, ist der Austausch der Ratifikationsurkunden zu dem deutsch-spanischen Handelsvertrag am 21. die ses Monats in Madrid erfolgt. Eine Proklamation der britischen Negierung in Hongkong. Paris, 23. Juni. Nach einer Meldung aus Hongkong hat die britische Negiernng in den Straßen der Stadt eine Proklamation angebracht, der zufolge nachstehende Maßnahmen beschlossen wurden: 1. Brief- und Telcgrammzensur; 2. Durchsuchung der Gebäude und Wohnungen; 3. Ausfuhrverbot von Lebensmitteln, Gold- und Geldwerten ohne beson dere Erlaubnis. Die britische Negierung hat ferner bekannt gegeben, daß sie den Schutz der Ausländer übernehme und wenn ein Beamter im Dienst getötet wird, den Hinterbliebenen eine Entschädigung von 225 Pfund Sterling gezahlt wird. Telegrammen aus Schanghai zufolge ist die Schiffahrt vollkommen ein gestellt. Sämtliche Kulis haben die Arbeit nieder gelegt. alle ihm vorgelegten Schriftstücke unterzeichnen. Als die von dritter Seite herbeigcrufene Polizei erschien, ergriffen die Täter die Flucht, doch gelang es ihr, zwei au deui überfall beteiligte Personen zu verhaften. Ter überfall stellt einen Racheakt einiger Mitglieder der chinesischen Kolonie in Paris dar, da die Pariser Polizeibehörden auf Ersuchen des chinesischen Gesandten eins revolutionsfrenndlicbe chinesische Versammlung, die vor einigen Tagen dort stattfinden sollte, verboten hatten. Llmsichgrsifsn Ser AufmHt'östVegung. London, 22. Juni. Alle hier aus China eintreffenden Nachrichten lasse» deutlich erlettnen, daß sich der Aufstand in allen Teile» drs j Landes weiterhin aüsdehnt. Die FrcmdeNsiedümgcu sind . zum Teil von Frauen und Kindern wieder verlassen z worden. In Hongkong ist die Lage so ernst geworden, vast f dort die Freiwilligen mobilisiert worden stndt Dis Wut der Massen richtet sich nach wie vor gegen England, dessen Waren, besonders Tabakerzrugnisfc, vollständig boykottiert werden. Wie groß der Hast gegen England ist, geht auch aus einer Entschlicstung hervor, die Vertreter der Studenten in Peking gefaßt haben, und in der der Abbruch der diplomatischen Be ziehungen zu England gefordert wird. * Chinesische SiUdienkommission in O.ulschland. In der Reichshauptstadt ist am Sonntag der General sekretär des chinesische» Präsidenten, General Hsu Shu- Tseng, in Begleitung einer chinesischen Delegation, be stehend aus chinesischen Politikern, Militärs und Tech nikern, eingetroffen. Die Delegation, die auch vom Reichs präsidenten und der Reichsregierung empfangen werden wird, wird in Deutschland etwa 3—4 Wochen bleiben und u. a. Hamburg, Essen, München, Frankfurt und Leipzig aufsnchen. Die Polizei hatte bei der Ankunft der Chinesen um fangreiche Vorsichtsmaßnahmen getroffen, da die in Berlin wohnenden Chinesen stark unter den Eindrücken der re volutionären Vorgänge in ihrer Heimat stehen. So ver anstalten sie unter der Parole „China denChinesen" in Verbindung mit den Kommunisten in Berlin große Massenkundegbungen, auf denen sowohl chinesische wie deutsche Agitatoren auftreten,