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Dr. 248. Freitag, 24. Oktober 1S13. S. Zohrgang. r. >«« »«s id. le. auer > zur > am Ka- eiche d. Diese Nummer umfaßt 8 Sette«. Das Wichtigste vom Tage. Das Reichsschatzamt hat eine Denkschrift über die Vergütung der ReichSkassen an die Einzeln aaten für die Verwaltung und Er hebung der Zölle und ReichSfteuern auSge- >> arbeitet. 4> Der Herzog-Regent von Braunschweig berief für nächsten Montag einen außerordentlichen ' Landtag ein.*) * In Berlin begann vor der 2. Strafkammer des Land- . 4- gerichts 1 der.Prozeß gegen den früheren Kruppbeamten Brandt und den Direktor EcciuS. * Nach «nbestiitigten Meldungen zufolge soN England in kurzer Zeit die Insel Sansibar und die Walftschbat an Dentschlanv abtret««.*) * Die Verein igten Staaten von Nordamerika werden ohne Rücksicht auf England in Mexiko un abhängig vorgehen. -I Näherei stehe an anderer Etell«. Die Arone von Portugal. Prätendenten gibt es viele in Europa, aber wenig« nur mit irgendwie ernsten Aussichten. Die franzü- ch fischen Prätendenten sind recht sttedlich« Herren, di« sich damit begnügen, daß ihre respektiven Anhänger Sire zu ihnen sagen und dev spanische Prätendent Don Jaime gar macht mehr durch seine Schulden al» durch seine Bestrebungen gegen Mlplhvn»' Thron von sich redeni. Die Welsen, die jetzt so sehr im Mittelpunkt der Debatte stehen, verzichten al» Prätendenten auf Han nover vor allem aus jeden Gewaltakt und betonen, so oft es geht, daß sie immer und alles von dem Gerechtig keitsgefühl Preußens erwarten. Um die Liste voll zu machen, sei noch eine Prätendentin erwähnt, die aller dings selbst nicht daran denkt, irgendwelche Ansprüche zu erheben, aber wider ihren Willen ein« Anzahl ver. schvobener Anhänger hat, die sie Königin von England nennen. Es ist die- die Gattin de» bayerische« Prtnzregenten, di« au» der 'Familie Stuart » statmmt, der die Oranter in England ein End« setzten. ' Ein Prätendent mit den frischesten Ansprüchen und, wenn nicht alle» täuscht, der einzige in Europa, der ge- . Wisse Aussichten hat, ist der Exkönig Manuel von Portugal. Die portugiesisch« Republik ist erst fast aus den Lag drei Jahr« alt, aber schon hat sie drei heftig« Kris«« erlebt, die auf monarchische Umtriebe zurück« zufahren sind. Dreimal hat die Republik gesiegt und den Feind schon vor der eigentlichen Schlacht geschlagen. Aber di« Monarchisten sind zäh und e» ist kaum an zunehmen, daß sie ihre Bemühungen so schnell aufgeben werden. Nun ist «S allerdings eine Binsenwahrheit, daß der stete Tropfen den Stein höhlt und ein immer er neuter Ansturm schließlich der Hindernisse Herr Wird. Ebenso aber ist e» sicher, daß stet» Mißerfolg« jede Partei demoralis'ecen und daher «in wiederholtes Fehl s.-ürgen der Monarchtstenputsche dem Don Manuel nichts Günstiges weissagt. Nun ist es die einfache Frage r Wer hält den Kamps länger au», der König oder die Re publik? Die Republik hat den unschätzbaren Vorteil, daß sie im Besitz ist. Das verleiht ihr eine UeberlegenAit, der schwer ein Aequidalent gegenüber zu stellen ist. Außerdem hat sie «inen gewissen Idealismus sür sich, der trotz aller Skandale noch nicht erstickt ist. Sie hat das Land von vielen Lasten befreit, sie hat die über üppig wuchernden Kongregationen aufgelöst und hat an lden Taten der vertriebenen KvnigSfamili«, an deren' »Verschwendung von Staatsgeldern und Korruption der Verwaltung durch Bestechung und den Gtellenkauf, eine so gute Folie, daß ihre Handlungen stet» In guter Be leuchtung stehen. Da» Königtum andererseits hat an den Sünden der Vergangenheit schwer zu tragen. Aller dings ist «S Tatsache, daß in den Augen von Monarchi sten ein vertriebener König sofort ein gut Teil feiner Fehler verliert. Aber in Portugal selbst find die Geld geschäft« de» König» Carlos und die Skandal« der Kö nigin Maria Pia noch in zu guter Erinnerung, vllS Paß selbst da» LegitinMitsprinzip die unbedeutende Er scheinung Don Manuel» mit dem nötigen Schimmer um. gäben könnt«. Außerdem ist e» ein schlimme» Zeichen für di« Disziplin der monarchischen Verschwörer, daß ihre Pläne immer wieder sv schnell entdeckt, also verraten Werden. Die allgemeine Korruptton ein«» entarteten Volke» dringt eben auch in die Reihen der Führer der monarchischen Partei und bringt ihre Anstrengungen vorzeitig zu Fall. Di« neue Revolution ist in zwei Tagen unterdrückt Worden. E» Wird einig« Zeit dauern, eh« der Kampf um die Krone von Portugal fortgesetzt wird. E» ist leichter, auf die Hochzeitsgeschenke die Widmung an Von König von Portugal gravieren zu lassen, al« seinen Namen selbst einer Zett und einem Land« aufzuprägen. Wenn Mari. Manuel nach seinem'bisi- hertgen Auftreten in der Oesfentlichkeit beurteilen darf, so ist er nicht gerade «in Tatenmensch, der Parteien mit sich fortvettzen und die Umstünde nach seinem Willen zurechtschmieden kann. Er pocht auf sein Recht, er läßt da» Prinzip für sich Wirken, wv di« Person ak- lei n Wirk«, kann und wird daher nur einer inneren Krankheit der Republik, nicht der Gesundheit seiner ergenen Sache einen Steg verdanken. Politische Tagesschau. >u« 24 Oktober. * Di« nene vrdmmg ver Dinge in Braunschweig. Herzog-Regent hat zum nächsten Montag, den 27. vk- tober, «inen außerordentlichen Landtag ein berufen. Die Aufgabe de» Landtags wird «S sein, die wetteren Schritte zu beschließen, die durch die bevor« stehend« Aufhebung der Bunde-ratSVeschlüsse von 1888 und 1907 geboten erscheinen. Voraussichtlich wird da^r ^>er Bundesrat sein« Entschließung b i S zum nächsten Sonnabend getroffen haben. Die braunschweigische Stadtverordnetenversammlung bewilligte zum Einzug« de» Herzogs Ernst August 25 000 Mark zur AuSsthmÄ- kung der Stadt. * Kein Rücktritt Zer» vmr Bulach». Wolfs» Tele graphische» Bureau ist zu der Mitteilung ermächtigt, daß die Meldung eine- auswärtigen Blatte» von dem angeblich bevorstehenden Rücktritt de» Staatssekretär» Freiherrn Zorn von Bulach und de» Unterstaatssekretär» Dr. Petri auf freier Erfindung beruht. * Erhöhung ver Einfuhrzölle sür KMuernn« Di« bet Anwesenheit de» KolontalstaatSstkretär» in Dual» telegraphisch gemeldet« beabsichtigte Erhöhung der Ka- meruner Einfuhrzölle ist durch Erlaß einer Verordnung de» Gouverneur» in Siner Sonderautzgab« de» Kame runer Amtsblattes zur Tatsache geworden. Dio neu« Verordnung trifft in Wirksam« Weift di« wichtigsten zur Einfuhr gelangenden Artikel. Unter anderem Wurde der Zoll für alle Textilwaren auf 18 Prozent de» wert«« erhöht, Eisenwaren jeder Art werden in Zukunft mit 20 Pvozent de» Wert« derzottt. Bon spezifischen "Zöllen sind drei von besonder« Wsthtigkett, der Rei» zahlt pro Tonn« 20 Mark, getrocknet« Fisch« pro Tonn» 80 Mark, Saiz 60 Marl. ^Alkoholzolltstauf SMark pro Liter erhöht worden. * Neich»tag»erfthwahl. Mu« N«uMarkt lvde» pfalz) Wird unterm 28. Oktober gedrahtet r Bei deq Reichstagsersatzwahl für den Abg. Kohl (Zentrum) er hielt Leder« (Zentrum) 11S4S, Dollinger (liberal und Bauernbund) 1000, Tvummert (voz.) 827 Stimmen. Led«r«r ist somit gewählt. * Der Noyalistenpntsch in Portugal. Di« portugie sisch« Regierung erklärt, Oe hab« gewußt, Vatz mo narchistisch« Au»schüss« in Wrropa und vrastliea auf da» Au-brechen von Unruhen hofften, von den« die Zeitungen voreilig gemeldet hatten, daß sie stattge funden hätten. In den kleinen Gruppen von Mani festanten hab« sich nur ein Soldat befunden. Zu den Leuten, di« in Lissabon und Oporto verhaftet wurden, hätten »ur einig« Militärpersonen gehört. In Oporto hab« Wed« eine Demonstration noch «in Ver such zu ein« solchen stattgefunden. Die Demonstration in Dian na, an der drei oder vier Soldaten tetlgenom- men hätten, sei ohne Bedeutung gewesen. Aaffee. Nachdruck rxrioln» Wir modernen Menschen, denen das liebliche Getränk Kaffee zu einem unentbehrlichen Lebensbedürfnis gewor- den i>st. haben natürlich gar keine Zeit und vielleicht gar kein Interests mehr, danach zu fragen, wem wir denn eigent lich diesen sogar von den Dichtern neben dem Mer und " Wem besungenen Labetrank zu verdanken haben. Und doch ist es noch nicht allzulange her, kaum 2S0 Jahre, daß der . Kaffee seinen Einzug in Europa, und zwar zunächst in Frankreich am Hofe König Ludwig» XIV. als Geschenk "des Sultan» Soliman IV., hielt. Schon etliche Zeit zuvor hatte man ja auch in England ihn kennen gelernt, ab« erst die Hofgesellschaft des jugendlichen Roi Eoleil kann da» Der- . » dienst Mr sich in Anspruch nehmen, ihn seßhaft in Europa gemacht zu haben. Die Liselotte, das Pfälzer Fürstenkind, di« es fertig brachte auch am französischen Hofe deutsch zu Vlei- ben, weiß mancherlei voll der Rolle zu erzählen, die der «Kaffee dort spielt«, und uns erscheint es vielleicht merkwür dig, daß sie seihst an diesem neuen Getränk so gar keinen Ge fallen fand, daß ihr der Kaffee vorkam, wie ruß und feig- bonnen, und sie 'schmerzliches Heimweh nach der heimischen biersub hatte, die ihr nicht im Magen wehe tu«. Bald hat- len sich natürlich auch öffentliche Kaffeehäuser aufgetan; im > geselligen, politischen und literarischen Leben der Haupt stadt fingen «sie an, ihre Rolle zu spielen, und es ist nicht zu leugnen, daß sie einen wohltuenden Gegensatz zu dem wüsten Treiben in der Kneipe mit seinen lärmenden Zechereien bil deten. Damals schon, wie heute, bildeten die Ze'tungen ei. «O nen wichtigen Bestandteil de» Kaffeehause», und nament lich in den großen Handelsemporten glaubte man bald nicht mehr ohne den Besuch seine» Kaffeehauses sein zu können, und das Kaffeehau» in Marseille, nahe an der Börse, »um Beispiel, wo man sich versammelte, Tabak zu rauchen, von W Geschäften zu reden und sich mit Spielen ein Vergnügen zu MV machen, ist ein markantes Beispiel dafür. Michelet in sei ner Geschichte Frankreichs nennt den Einzug des Kaffee» die glückliche Revolution, das große Ereignis, da» neue Daseins formen schuf, und di« Temperamente mäßigte. Schon früher als nach Frankreich, war der Kaffee nach England und Italien gekommen. Aber schon im 'Jahre 1674 richteten auch die Frauen London» eine Eingabe an das Parlament, daß die Männer viel zu sehr in den Kaffeehäusern sitzen und dadurch ihr« Gesundheit ruinieren, so daß ihre Nachkommen bald nur ein Geschlecht «von Pygmäen und Mf- fenlsein werden, van Holland kam der Kaffee 1670, zunächst fertig geröstet, nach Deutschland, und 1S8S entstanden di« ersten Kaffeehäuser in Nürnberg und Regensburg, erst 1721 in Berlin, obwohl dort am Höfe schon 1S7V Kaffee getrunken wurde. Ein merkwürdiger Briefwechsel zwischen einem Herrn vom Smiten in Amsterdam und einem Groß händler Hervand in Merseburg, in dem der wohlehrbaren Hausfrau Anweisung zum Kochen de» Koffeyi gegeben wird, datiert freilich schon aus dem Maimond 1S87; gute Erfahrun- gen Hot indessen Frau Hervand mit dem Getränke, zu dem sie Fleischbrühe verwendete, offenbar nicht gemacht, denn besagtem vom Smiten wurden, da da» ganze Personal der Firma Hervand noch durch den Genuß «von Kaffee krank wurde, 16 g. Gr. Mr Purgtrmtttel in Anwendung gebracht, was er sich von den groben Merseburgern ernsten« verbat. In Deutschland stellten sich ohnedem der Einführung de» Kaffe« große Schwierigkeiten entgegen, nicht nur, weil da- Mr sehr viel Geld in» Ausland ging, sondern besonder» auch, weil dadurch di« Brauereien sehr stark geschädigt wurden. Man berechnete, daß dadurch jährlich 240000 Tal« außer Land wanderten, und man belegt» den Kaffee mit, sehr hohen Abgaben, wobei der sehr starke Kaffeegeruch die amt liche Kontrolle anßerordentlich erleichterte. Namentlich Friedrich »er Große war es, der da» Kaffeevekbot streng handhabte, und nur d": Adligen, den höheren Beamten und Geistlichen war da» Koffeekochen zu Hause gegen eigene iBvennscheine gestattet. Nach Oesterreich, da» ja heute so recht eigentlich das Land der Kaffeehäuser ist, kam der Kaffee auf sehr eigentümliche Weise. Al» am 12. Septem ber 1688 da» türkische Heer, das zwei Monate lang Wien belagert hatte, in die Flucht geschlagen wurde, überließ man die großen Kaffeevorräte, die "inan in ihrem Lager sand, einem Polen, der sich bei der Belagerung besonder» aus gezeichnet hatte, und dieser errichtete da» erste Kaffeehaus: Zur blauen Flasche. Schon 1705 weiß denn ein Reisender zu , berichten, daß die Stadt Wien voll Kaffeehäuser sei, und ' darin hat sich ja bekanntlich bis heute nicht» geändert. In Deutschland standen di« Kaffeehäuser namentlich in der ersten Zeit ihre» Entstehen», da sie zumeist weibliche Be dienung hatten, in keinem sehr hohen Ansehen, und «mara che» Frauenzimmer-Lexikon von 1718 behandelt di« Kaffee menscher al« verdächtige und liederliche Frauenzimmer kei. neswogs sehr sänsttglich. In Leipzig gar'» «inen Kaffti baum, dessen nicht nur Zachariä in seinem Gedicht der Rena- mist, sondern auch kein geringer« al» Schill« kn ttne« Briefe an den Mannheimer Buchhändler Schwan rühmend Erwähnung tut. Erst freilich, al» der Kaffee so recht eigent lich zum Hau», und yamiliengetränk würde, konnte er in Deutschland sicheren Fuß fasten, und die Frauen waren e», die ihm hierfür den Weg ebneten, und Zwar in solchem Maße, daß bald auch Vce Satire sich dieser 'weiblichen Vorliebe Mr da» braune Getränk bemächtigt«. Ja, so klagt «in Ehemann in einem damaligen Lustspiel, da» ist da» einzige, was ich an meiner Frau zu tadeln habe. Früh, wenn sie aufsteht, so trinket sie Kaffee, wenn wir vom Tische gehen, so trinket st« »Kaffee, wenn e» Mnffe schlägt, wieder Kaffe«, ich werd« bald zum armen Mann darüber — und man weiß, daß auch in Schiller» Kabale und Lieb« der Musik»» MM« sein« Frau den vermaledeiten Kaffte zum Vorwurf macht, obgleich schon lang« zuvor die Poesie ihm «in Loblied gesungen hat. wenigsten» finde ich in zwei alten Zeitungen Poem« über .hn. Scherzhafte» Lobgedicht nennt stch da» ein«, und da» H > - ----- - .. —