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Der Name selbst könnte vielleicht irreführen. Es handelt sich bei dieser Zusammen kunft um die Vertreter der nationalen Min derheiten in den einzelnen Staaten, besonders in denen, die auf Grund der Friedensverträge neu entstanden sind oder einen beträchtlichen Zuwachs an Land und damit auch an Mitgliedern fremder Nationen gewonnen haben. Dieser neue Geufer Kongreß erfuhr gewissermaßen eine Einleitung durch die Verhandlungen der Berliner Tagung der Interparlamentarischen Union. In dem Berichte des Generalsekretärs spielte die Behandlung der Minoritäten in den einzelnen Staaten eine große Rolle. Es konnte deshalb nicht ausbleiben, daß sich in der Vollversammlung der Union eine längere Debatte über das Minoritäten problem entspann. Dabei fand besonders die Rede des Ver treters der deutschen Minderheiten in Lettland, Schie mann, ein außerordentlich starkes Interesse, der mit Be dauern seststollen mußte, daß sich die Lage der Minder heiten im allgemeinen verschlechtert habe. Von Lettland mußte er löblicherweise zugestehen, daß man dort schon eine immerhin erträgliche Lösung gefunden hat, so daß es der deutschen Minderheit in Lettland möglich wurde, sich aktiv zum Lettischen Staate einzustellen, so daß von dieser Seite aus wohl kaum Erschwernisse für Lettland zu er warten sind. Wie Herr Schiemann gleichzeitig feststellte, hat aller dings die Anzahl der Beschwerden der Minder heiten beim Völkerbunde nachgelassen. Er hat aber gleichzeitig den Nagel auf den Kops getroffen, als er dazu die Erklärung abgab, daß bei den Minderheiten der Grund zu Klagen nicht geschwunden ist, sondern daß diese nur das Vertrauen zum Völkerbünde ver loren haben. Das ist eine Feststellung, die sich immer hin der Völkerbund gesagt sein lassen muß. Hier hat der Völkerbund ein Urteil von Leuten, die nach den Statuten des «ovrrcrviiirvc? knrrwans abs seine Schützlinge zu gelten haben. Der Minderheitenkongreß fällt mit den Beratungen des Völkerbundrates zusammen. Von verschiedenen Sei ten wird das als ein Mangel hingestellt, weil sich die Minderheiten dadurch der so wichtigen Resonanz durch die Presse begeben. Es wäre vielleicht praktischer gewesen, die Tagung vorher abzuhalten, um gewissermaßen dem Völkerbundrate die Wünsche der Minderheiten in den ge faßten Beschlüssen vorlegen zu können. Ein Hinderungs grund für diese frühere Tagung des Minderheiten kongresses war allerdings die Interparlamentarische Union und es ist zu hoffen, daß der Völkerbundrat we nigstens an den Anregungen dieser Union nicht vor übergeht. Für uns Deutsche ist die Minderheitenfrage besonders eine Frage des Herzens geworden. Durch die Friedens verträge sind so viele deutsche Volksgenossen unter die Herrschaft frömder Nationalitäten gekommen, daß man direkt sagen kann, daß die Minderheitenfrage für Europa auch eine deutsche Frage geworden ist. Aus diesem Grunde ist es kein Wunder, wenn alle Staaten mit einer großen deutschen Minderheit nur Gegner dieser Mino ritätenbewegung sind und es bei den Völkerbundverhand lungen so darstellen, als ob es sich hier um Bagatallen und letzten Endes um innere Angelegenheiten des betreffenden Staates handelt. Besondere Quertreibereien wurden immer von den Polen gemacht, die auf dem letzten Minder- hcitenkongreß insofern eine Sabotage verstohlen, als sie durch Konstruktion einer friesischen Minderheit in Deutsch land ein neues unterdrücktes Volk gefunden zu haben glaubten und dann unter Protest mit einigen anderen den Saal verließen, als man den Friesen das Recht der Vertretung auf dem Minderheitenkongreß nicht zngestehen wollte. Nach den bisherigen Erfahrungen ist es nicht anzu- nehmen, daß auch diese Minoritätentagung Wesentliches an dem Geschicke der nationalen Minderheiten ändert. Doch werden hoffentlich die Reden nicht überall ungchört verhallen. Sie sollten dazu dienen, das Gewissen der Welt aufzu rütteln, der mau zeigt, wie von verschiedenen Seiten versucht wird, der Minderheit ihr höchstes Gut, ihre Sprache, zu rauben. Von italienischer Seite wird ja immer hervorgehoben, daß es für Italien bei der geringen prozentualen Anzahl von fremden Ele menten keine Minderheitenfrage gibt. Hier wird immer vergessen, daß es sich nicht um über das ganze Land zer streute vereinzelte Individuen, sondern, wie in Süd tirol, um große Komplexe mit eigener Kultur und eigener Sprache handelt. Vielleicht lassen sich alle die Staatsmänner, die da glauben, durch Zwang eine Minder heit entwurzeln zu können, die Worte Schiemanns durch den Kopf gehen, der besonders unterstrich, daß man m i t Gewalt nie eine Assimiliation erreichen kann, daß man dagegen durch wohlwollendes Eingehen und Verständnis für die nationale Eigenart der Minder heit es erreichen kann, daß diese, auch wenn sie zwangs weise dem neuen Wirtschaftsstaate einegliedert ist, doch ein treues Element dieses Staates wird. Bestelle« Sie dar Mlrdrasser Tageblatt Kellog Vertrag und Abrüstung Einladung zum Inedenspakt an alle Mchte. Dr. Stresemann in Baden-Baden. Nach der Unterzeichnung des Kriegsächtungspaktes in Paris am Montag gab der französische Minister des Äußeren, Briand, ein Diner, zu dem die bevollmäch tigten Unterzeichner der verschiedenen Mächte, darunter auch Dr. Stresemann, das Diplomatische Korps sowie die Mitglieder der französischen Regierung und eine Reihe von Deputierten und Senatoren erschienen waren. Im Anschluß an das Essen wurde ein Empfang abgehalten. Dienstag mittag kurz nach 12 Uhr reiste der deutsche Außenminister Dr. Stresemann mit dem fahrplanmäßigen Zuge von Paris nach Baden- Baden ab. Puf der Fahrt zum Bahnhof fuhr ihm der Wagen des Polizeipräfektcn von Paris voraus. Auf dem Bahnhof wurde Stresemann von einem Vertreter des französischen Außenministeriums und den Herren der deutschen Botschaft empfangen. Dr. Strefemann verab schiedete sich herzlich noch vom Kupcefcnster aus. Auf der Reise nach Baden-Baden begleiteten ihn Lcgationsrat Ncdlhammer, Konsul Bernhard sowie der ärztliche Be rater, Professor Hermann Zondeck. Kurz vor seiner Ab reise hatte Dr. Stresemann noch eine Rundfahrt durch Paris unternommen. Zahlreiche Delegierte fremder Mächte hatten am Montag den Wunsch geäußert, von Dr. Stresemann empfangen zu werden, so u. a. der englische stellvertretende Staatssekretär Lord Cushcndun und der belgische Minister des Äußeren Hymans. Dr. Stresemann konnte diesen Wünschen jedoch mit Rücksicht auf sciuen noch nicht ge festigten Gesundheitszustand keine Folge leisten. Strese mann wird in Baden-Baden für mehrere Wochen Aufent halt nehmen. Am Sonntag hat er eine Besprechung mit dem Reichskanzler M üllcr - Franken, der auf der Reise nach Genf in Baden-Baden Station machen wird. Oie Unterredung mit poincare. Im Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzungen steht natürlich die Besprechung, die Dr. Stresemann mit dem französischen Ministerpräsidenten Poincar 6 gehabt hat. Es werden alle möglichen Vermutungen geäußert, doch ist tatsächlich nichts bckanntgewordcu, was über den Kreis einer Kombination hinausgeht. Zwar schreibt das Blatt „Petit Parisien", cs sei offenbar, daß im Laufe einer einstündigen Unterredung der deutsche Minister sich nicht darauf beschränkt habe, seine Befriedigung über den Auf enthalt in Paris zum Ausdruck zu bringen. Das Blatt glaubt zu wissen, daß Poincarö mit lebhaftem Inter esse die Ansichten der deutschen Negierung über die Rhein landräumung entgegengenommen habe. „Excelsior" geht noch weiter und sagt: Stresemann habe die Möglichkeit einer allgemeinen Regelung der Repa rationen und Kriegsschulden angeschnitten. Beide Staats männer hätten aber beschlossen, auch nicht die geringste Information über den wirklichen Inhalt ihres Gesprächs an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen. So muß man alfo den kommenden Verhandlungen in Genf überlassen, ob das, was für die endliche Anbahnung des Verständnisses zwischen Deutschland und Frankreich in Betracht kommt, nun endlich in Fluß gebracht wird. Gedankenaustausch Coolidge—Doumergue. Der Präsident der'Vereinigten Staaten hat an den Präsidenten der Französischen Republik nach der Unter- Dr. Stresemann unterzeichnet den Kellogg-Pakt. Zeichnung des Paktes ein Telegramm gerichtet, in dem er ausdrückt, er sei sicher, daß überall in der Welt der Wille zum Frieden bestehe. Mit dem Pakt sei ein großer Schritt vorwärts geschehen zur Aufrechterhaltung der friedlichen Beziehungen zwischen den Ländern und ein hochwichtiges Dokument in der Geschichte der Zivilisation geschaffen. Präsident Doumergue antwortete, auch nach seiner Überzeugung entspreche der Pakt den tiefsten Wünschen der Menschheit und er sei sicher, daß auch die bei der Unter zeichnung nicht anwesenden Mächte alsbald sich an dem Friedensinstrument beteiligen würden. Einladung an die Nichtunterzeichner. Nach einer amtlichen Mitteilung aus Paris hat die amerikanische Regierung ihre Vertreter in den interessierten Staaten sofort angewiesen, den Regierungen der Mächte, die den Pakt nicht unterzeichnet haben, die Tatsache der Unter zeichnung und den Text des Vertrages mit den Beitritts- bcdingungen bekanntzugeben. Es wird dabei bemerkt, daß die Regierungen schon jetzt dem Vertrage beitreten können, ohne sein Inkrafttreten abzuwarteu. Nur bei zwei Mächten sei Amerika nicht in der Lage gewesen, die Einladungen aus zusprechen: erstens bei Sowjetrußland, mit dem sie keine diplo matischen Beziehungen unterhalten, und zweitens bei A s g h a- nistan, das sie zwar anerkannt habe, wo sie aber keinen offiziellen Vertreter besitze. Die französische Regierung hat veshalb die Mitteilung an diese beiden Machte übernommen. Nußlands Antwort. Der französische Botschafter Herberte in Moskau über reichte dem stellvertretenden Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten, Litwinow, die offizielle Einladung an die Sowjetregierung, dem Kellogg-Pakt beizutreten. Litwinow ersuchte den Botschafter, ihm ein Verzeichnis aller Regierun gen zu übermitteln, denen die gleiche Aufforderung zugegangen sei. Ferner bai er um Einsichtnahme in die gesamten diplo matischen Aktenstücke, die sich auf den Kellogg-Pakt beziehen. Litwinows Abrüstungszweifel. Gleichzeitig gab Litwinow eine Mitteilung der Sowjet regierung an den Generalsekretär des Völkerbundes bekannt, in der Ablehnung der durch Deutschland vermittelten Einladung zur Teilnahme an der Vorbercitungskommifsion des Völkerbundes zum Entwurf einer Vereinbarung über die Kontrolle der Rüstungsindustrien ausgesprochen wird. Dazu sagt die russische Ablehnung weiter: Da durch den Völkerbund nichts geschieht, um die tatsäch liche Abrüstung durchzuführcn, ist die Sowjctrcgiernng der Meinung, daß ihre Teilnahme an der Konferenz zur Vor bereitung der Kontrolle über die Rüstungen nur dazu bei trage» würde, die Völker der Welt in die täuschende Meinung zu versetzen, daß etwas für die Aufrichtung des Friedens geschieht. Erste Beitrittserklärungen. Von den Nationen, die mittlerweile aufgefordert sind, dem Kellogg-Pakt beizutreten, haben bereits vier Länder telegraphisch ihre Zusage erteilt. Das sind Dänemark, Südslawien, Rumänien und Peru. Wie aus Washington gemeldet wird, hat Staats sekretär Kellogg nunmehr auch die Absicht aufgcgebcn, einen Besuch in Irland zu machen. Von London hatte er bereits früher Abstand genommen. Kellogg reist am 29. August auf dem Schiff „Leviathan" von Cherbonrg direkt nach Amerika zurück. Keis ElltgegknkWMv in der MWWsM? Berlin, 28. August. Die Neuyorker Presse veröffentlicht heute nähere Einzelheiten über die gestrigen Besprechungen zwi schen Poincare und Dr. Stresemann. Der New Porl Herald weiß zu berichten, Stresemanns Ersuchen um Rheinlandräumung sei in einer Weise erfolgt, die im stärksten Gegensatz zu allen Er wartungen gestanden habe. Stresemann habe seine Forderung nach Räumung auf den veränderten Geist zwischen Frankreich und Deutschland aufgebaut und habe auf seine eigene Anwesenheit in Paris hingewiesen, die den letzten Beweis für die Annäherung darstelle, die seit Locarno dauernd Fortschritte gemacht habe. Diese neue Freundschaft sollte mit der Zurückziehung fremder Truppen von deutschem Boden vergolten werden. Stresemann sei so weit gegangen, auszusprechen, daß, wenn Frankreich sich in seiner Ein stellung gegenüber der Rheinlandräumung vom Geist der An näherung nicht beeinflussen lasse, er, der deutsche Außenminister, der in Deutschland als Exponent der Annäherung gelte, es in näch ster Zeit unmöglich finden könnte, des nationalistischen Geistes in Deutschland Herr zu werden. Es liege ihm, so habe Dr. Strese mann betont, vor allem daran, jo nach Berlin zurückzukehren, das; er dem deutschen Volke beweisen könne, daß her neue Geist in Frankreich ebenso gewürdigt werde wie in Deutschland. Der Pariser Korrespondent des Herolds, der betont, daß er die Informationen von ganz zuständiger Seite erhalten habe, er klärt weiter, es scheine außer jedem Zweifel zu stehen, daß Poin- cares Antwort bereits im voraus festgelegt war. Poincare habe ge antwortet, daß die Frage der Besetzung andere Alliierte ebenso de-