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Die „Vttcn-orfcr Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- lag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. für die Ortschaften Mit wöchentlich erscheinender erscheinenden Beilagen „Handel Lokalzeitung Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahm» „» Inserat»» bi, „»mittag Uh», Inserate werden mit ,v pk. fiir die Spaltzetle berechnet Tabellarischer Satz nach bi- sonderen» Taris. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Lür die Redaktion verantwortlich Her man»» Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. 136. Sonntag, drn 12. November 1905. 4. Jahrgang. Bekanntmachung. Innerhalb der nächsten 8 Tage findet ein MW- I» I » I» «I < I I r» i in der hiesigen Freiwillige« Feuewehr statt. Um Beunruhigungen der Einwohnerschaften zu vermeiden, wird dies hierdurch bekannt gegeben. Stteudors-Akrill«, am 11. November 1905. Der Vorsitzende des Leuerlösch-Verbandes. Oertlichrs und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, U- November t»05. — Infolge des Landregens, der in den letzten Tagen unaufhörlich Tag und Nacht vom Himmel herniedergeströmt ist, führt die Röder erhebliches Hochwasser. — Zu der von uns kürzlich gebrachten Notiz über einen Truppenübungsplatz des 2. Königlich sächsischen Armeekorps ist zu be merken, daß nicht der Platz bei Belgern, sondern nach den jetzigen Verhandlungen der Platz bei Königsbrück in Frage kommt. — Neben Licht und Sonnenschein bringt uns der November auch das trübe, neblige Regenwetter, das wir von ihm gewöhnt sind. Vielleicht, damit wir nicht übermütig werden Immer näher rückt ja auch der crnstest- Tag des Jahres, der Buß- und Bettag. Vorher, an diesem Sonnabend haben wir Martini! Wer denkt da nicht an die Gans, die gut gebraten als „gute Gabe Gottes" bezeichnet wird. Doch die Zeiten, in welchen dieser Bratvogel erst am 11. November zum ersten Male gegeßen wurde, find längst vorüber. Jetzt kann der, der Gänsebraten essen will und das nötige Geld dazu hat und opfern will, ihn zu jeder Zeit haben. Und wenn auch vor kurzem 2 Millionen Gänse die für den deutschen Markt bestimmt waren, in Rußland „verloren" gegangen sind, Mangel an den schmackhaften Vogel besteht gottlob noch nicht. — Der „Dr. Anz." schreibt zum Eisen- bahnerstreik in Oesterreich der Streik der „passiven Resistenz"' der sich ursprünglich nur auf die Staatsbahnen in Böhmen beschränkte, hat nun auch die Nordwestbahn, die Nordbahn die Südbahn und verschiedene Staatsbahnen ergriffen. Der Ausdruck „passive Resistenz" sei wie folgt erklärt: Die Bahnarbeiter ver laßen ihre Stellungen nicht, besorgen nach wie vor ihren Dienst, halten sich aber bei der Er füllung ihrer Pflichten ausschließlich an ihre Instruktionen, die sie wortgetreu und nicht sinngemäß befolgen. Alle Mehrleistungen über die vorhandenen Vorschriften hinaus werden nach dieser Taktik natürlich auch verweigert. Der Verkehr erscheint danach nicht eingestellt aber es entstehen dabei solche Verzögerungen, Verschleppungen und Stockungen, daß eine Einstellung der Verkehrs sich in absehbarer Zeit ergeben muß, wobei die Eisenbahn verwaltungen aber verpflichtet wären, die Löhne weiterzuzahlen, da eine direkte Verletzung der Vorschriften durch die Arbeiter nicht nack gewiesen werden könnte. — In Tetschen macht sich der Streik der Eisenbahner bereits im Elb-UmschlagSverkehr sehr nachteilig bemerkbar; die Bestellungen der Wagen werden in Laube und Tetschen um 2 bis 4 Stunden verzögert und die Ausladungen und Einladungen gehen langsam von statten, so daß viel an soge nannten Kahn-Ueberlicgegeldern wird bezahlt werden müßen. In Laube wie in Tetschen sind bereits am Donnerstag die Abendbestellungen der Wagen unterblieben, so daß am Freitag keine Verladungen staltfinden konnten. Die Bestellung durch die Nordbahn und die Nord westbahn erfolgte aus dem Grunde nicht, weil die Umschlagsplätze keine entsprechende Be leuchtung haben, wie sie nach den Dienst vorschriften verlangt wird und mit Recht ver langt werden kann. -- Infolge Ueberfüllung der Bahnhöfe in Pilsen werden von jetzt bis mit 17, November Frachtgüter aller Art nach Pilsen loko bahn seitig nicht übernommen. Ausgenommen sind Für lebende Tiere, Lebensmittel, sowie Eilgut. Für Güter, die Pilsen nur berühren oder sich von unterwegs befinden, bleibt vorstehende Beschränkung außer Anwendung. Ebenso werden Güter für Triest Südbahn, Triest K. K. Stb., Triest Freihafen (Magazin) und Triest Freihafen Südbahn und K. K, Stb. in folge Güterandranges in Triest bis auf weiteres nicht angenommen, Eilgüter, lebende Tiere, leichtverderbliche Frachtgüter und Bier sendungen werden jedoch nach wie vor be fördert, ebenso auch Zuckersendungen für Triest Freihafen Südbahn und K. K. Stb. eisenbahnseitig bereits übernommene und unter wegs befindliche Güter werden noch ordnungs gemäß weitergeleitet. — Wiederzulaffung von Paketen und Wertbriefen nach Rußland. Pakete jeder Art, sowie Wertbriefe a. nach Rußland mit Aus nahme des General-Gouvernements Warschau (Russisch-Polen) und mit Ausnahme von Finn land (über Rußland), b. nach anderen Ländern im Durchgang durch Rußland werden von den Postanstalten wieder zur Beförderung an genommen und von ausländischen Postanstalten zur Weiterbeförderung wieder übernommen. Alle Paket- und Wertsendungen werden über Eydtkuhnen — Kibarty geleitet, Postfrachtstücke jedoch nur insoweit, als der Absender nicht die Leitung über Oesterreich (Podwoloczyska) vor geschrieben hat. Der Paketvsrkehr nach Finn land auf dem direkten Seewege über Lübeck oder über Schweden bleibt unverändert be stehen. — Die Wildpretsaison steht !jetzt auf ihrer Höhe. Vom 15. d. M. ab beginnt nach dem sächsischen Jagdgesetz auch die Abschußzeit für Ziemer und KrammetSvögel und «S gibt dann in Sachsen überhaupt kein jagdbares Wild mehr, welches nicht erlegt werden dürfte. Doch bereits in den nächsten Wochen wird dies anders sein, da vom 1, Dezember ab sowohl in Sachsen als auch in Preußen die Rebhühner nicht mehr geschoßen werden dürfen und am 15- Dezember auch das weibliche Rehwild wieder in die Schonzeit tritt. — Die Abnahme der Tagesdauer ist in keinem Monat so auffallend wie im November Die Sonne geht zu Anfang des Monats 7 Uhr 3 Min. auf, am Letzten kommt sie erst 7 Uhr 54 Min. über den Horizont und sinkt schon 3 Uhr 55 Min. unter diesen, während sie am 1. Novembertage 4 Uhr 36 Min. unterging. Sie weilt also am Monatsende 1 r/, Stunde weniger über dem Horizont als am Monatsanfang. Dresden. Die Arbeiterschaft der Firma Seidel und Naumann hielt am Mittwoch abend im Kristallpalast eine von nahezu 1800 Per sonen besuchte Versammlung ab, in der ein Verbandsbeamter des Metallarbeiterverbandes über „den Wortspruch der Fabrikleitung und was gedenkt die Arbeiterschaft zu tun" referierte. Danach sollen nach dem beigclegten Streik wieder ältere Arbeiter entlaßen worden sein, die teils dem Arbeiterausschuße angehören oder doch ein gewißes Vertrauen unter den dortigen Arbeitern genößen. Das müße als eine Maßregelung angesehen werden, weil die Gründe zur Entlassung in geringen Ver fehlungen, die sonst nicht beachtet wurden, ge funden worden seien. Die Arbeiterschaft müße demnach auf der Hut sein und alle der artigen Fälle sammeln, um im gegebenen Augenblick damit an die Oeffentlichkeit treten zu können. Man warnte jedoch davor, in einen Streik einzutreten, da die Zeit hierzu nicht günstig erscheine. Vertreter der christlichen und der Hirsch-Dankerschen Gewerkschaften pflichteten den Vorrednern vollständig bei und legten großen Wert darauf, daß die öffentliche Meinung auf Seiten der Arbeiter bleibe, denn mit Geld allein sei kein Streik erfolgreich durchzuführen. Irgendwelche Beschlüße wurden nicht gefaßt. — Nach einer amtlichen Mitteilung wurde am Dienstag in Oberwarthaer Flur ein un bekannter, etwa 50 bis 55 Jahre alter Mann von schmächtiger Gestalt, mit dünnem blonden Schnurrbarte erhängt ausgefunden und in di« BcicSnitzer Leichenhalle übergeführt. Er war bekleidet mit braunwollener Aermelweste, grau- schwarz gestreifter Hose, rotkariertem Halstuche, weiß und rotgestreiftem Barchenthemd, Halb stiefeln mit Seitenflecken und dunkelblauer Stoffmütze mit schwarzem Glanzlederschirm. Oberhermsdorf bei Deuben. Infolge eines anonymen Briefes, welchen der Hilfs lehrer an der Schule zu Oberhermsdorf zu geschickt bekommen, wurden Beobachtungen an einem zehnjährigen Schulmädchen wegen un menschlicher Züchtigungen durch seine Mutter angestellt. Es 'wurden an den Armen des schwächlichen Kindes talergroße, blutunter laufene Flecke, ein fast völlig blutunterlaufener Körper und angeschwollene Beine konstatiert. Unter solchen Verhältnissen wurde das Kind der Obervormundschaftsbehörde vorgestellt, welche sofort die Wegnahme des unglücklichen Mädchens von der Mutter anordnete, deren Unmenschlichkeit gerichtlich gesühnt werden wird. Pirna. Die hier bedienstete 21 Jahre alte Selma Zschiedrich aus Posta begab sich in vorvergangener Nacht nach dem Abort, wobei sie ein kleines Nachtlämpchen mitnahm. Das an Krämpfen leidende Mädchen ist nun jeden falls von einem Krampfanfall getroffen worden und dabei dem Licht zu nahe gekommen. Zum Entsetzen der in der Küche noch anwesenden Personen stürzte dann plötzlich, einer Feuer säule gleich, das bedauernswerte Mädchen herein und brach ohnmächtig zusammen. Ob wohl die Flammen erstickt wurden, hatte die Aermste bereits so bedeutende Brandwunden erlitten, daß an ihrem Aufkommen gezweifelt wird. Pulsnitz. Seit einiger Zeit ist die Um gegend von Pulsnitz wieder durch Zigeuner recht belästigt worden, Dieselben geben sich als Künstler aus und treiben dabei ihr Un wesen: Bei Anwesenheit der Zigeuner sind dem Bäckermeister N- in Weißbach 250 Mk. gestohlen worden. Man nimmt an, daß der Dieb unter dem Zigeunertrupp zu suchen ist Eine von der Gendarm, rie am Freitag in Friedersdorf vorgenommene Haussuchung war leider ergebnislos. Die Zigeuner führten eine Menge Waffen, als TeschinS, Dolche usw. bei sich, die polizeilich beschlagnahmt wurden. Döbeln. Der 17 jährige Schneidergehilfe Fritz Kühnau ist der Retter des oft und viel gelästerten Schneiderhandwerks geworden. Er hat infolge hervorragender Leistungen bei seiner Gesellenprüfung Ostern 1905 den Berechtigungsschein zu erleichterter Prüfung für Einjähr.-Freiwillige erhalten und diese Prüfung dann gut bestanden. Oberebersdorf bei Vensen. Beim Tief ackern fand der Landwirt Fürtig auf einem Felde 118 Silbermünzen. Sie stammen aus den Jahren 1615 bis 1680, Geyer. Eine Brandstifterin ist hier in der Person eines zwölfjährigen Schulmädchens er mittelt worden, von dem mehrere Boden kammerbrände, die in letzter Zeit dort zu ver zeichnen waren, angelegt sein dürften, Nach langem Leugnen gab das Mädchen zu, einen am 26. Oktober ausgebrochenen Brand ver ursacht zu haben, indem es ein Bett mit Streichhölzern anzündet». Da» Mädchen ver suchte damals den Verdacht der Brandstiftung auf einen Handwerkaburschen zu lenken. Frankenberg. Wie wenig manche Konkurse für die „Leidtragenden" abwerfen, zeigte die Schlußabrechnung einer hiesigen Pleite. Im Konkurs der Firma Pelz und John sollen bet der Verteilung 96689,56 M. Forderungen berücksichtigt werden. Der zu verteilende Maßebestand beträgt 30 857 Mk. Leipzig, In der Kaiserin Augusta-Straße stürzte am Freitag früh das Gerüst eine» Neubaues in der dritten Etage teilweise zu sammen. Glücklicherweise hielt der Bretterbau in der zweiten Etage stand, sodaß eine Anzahl abgestürzter Arbeiter mit dem Schrecken davon kam; nur einer, der Maurer Landgraf, erlitt erhebliche Verletzungen — Bei einem galanten Abenteuer stahl ein» Frauensperson einem älteren Herren die Brief tasche, welche eine Tausendmarknote, mehrere fällig« Kupons sächsischer Rente fund zwei Wechsel über 3800 Mk. enthielt. Zwickau. Am Mittwoch Nachmittag gegen ^/t5 Uhr wollte hier ein Geschirrführcr mit seinem Fuhrwerk, daß mit sogen. T-Trägern beladen war, von der Kohlenstraße über da« Schwarzenberger Gleis nach der Reichenbacher Straße einbiegen- Dabei blieb der Wagen plötzlich sitzen und konnte trotz ' aller An strengen nicht vom Bahnkörper entfernt /werden Um ein Unglück zu verhüten, eilte der Bahn wärter dem 4 Uhr 20 Min. nach Wiesenburg abgehenden Zug entgegen und versuchte ihn durch fortgesetzte Notsignale zum Halten zu bringen. Gleichwohl war der Zusammenstoß nicht mehr zu vermeiden. Der Zug rannte mit voller Wucht in die Seite de« Lastfuhr werkes hinein und riß letzteres eine Strecke weit fort. Dabei wurden der Wagen und die Bahnschranken total demoliert, die Träger stark verbogen und sonstiger Materialschaden an gerichtet. Personal und Pferde blieben jedoch unverletzt. Reichenbach. Von >em abends 8 Uhr 38 Minuten von Klingenthal—Zwota—Falken stein hier «intreffenden Güterzug« hat sich Mittwoch zwischen Treuen und Thoßfell ein Mann überfahren laßen, Er erlitt schwere Verletzungen. — Die günstige Wendung in der/ Geschäfts lage der Stickerei-Industrie gab bekanntlich nun auch den Stickern Veranlaßung, mit einer Lohnbewegung einzusetzen. In einer am Diens tag in Plauen i, V. abgehaltenrn Sticker versammlung ist beschloßen worden, „alle Mittel anzuwenden, um die günstige Konjunktur in der Stickereibranche zu benützen, damit durch Schaffung eines Lohntarife,» der Sommer wie Winter gültig ist, sowie durch Verkürzung der Arbeitszeit für die in der Stickereibranche be schäftigten Personen gesunde Verhältniße herbeigeführt werden." Es wurde eine Kommission gewählt, die mit den Fabrikanten und Lohnmaschinenbesitzern verhandeln soll. Plauen, Der „Vogtl. Anz." schreibt: Die größte einbogige Steinbrück« Europas wird in der illustrierten Zeitschrift „Wiener Bilder" die eben vollendete Eisenbahnbrücke über den Jsonzo, die Salcanobrücke bei Görz, genannt. „In der Salcanobrücke haben wir die größte Spannweite non Steinbrücken in Europa, die Spannweite beträgt 85 Meter," heißt «S dort in einem Aufsatze über diese Brücke. Da die Spannweite unserer im August geweihten „Friedrich August-Brücke" 90 Meter beträgt, so darf sie auch jetzt noch Anspruch auf den Ruf erheben, daß sie diejenige massive Brücke ist. deren Bogenspannweite noch von keinem anderen derartigen Bauwerke der Erde über troffen wird.