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1ö. ,ahrs«mg. Zrrttag, Sen IS. Mat I-L7. Nr. IIS. ! SLSS-WZESZLZsVKMMS Muer Tageblatt::°.«S Vas Wichtigste vom Lage. DK Neubildung dr» preußischen «abt- nett» kn Ginn« der veränderten Partetgruppierung im Reich wird unmittelbar nach Pfingsten stattftnden. Der Vertreter Englands in de» Rhetn- landskommission ist in London angekommen, um die Aufhebung der Zollgrenze am Rhein, sowist di« Räumung.von Düsseldorf, Dut»- burg und Ruhrart zu besprechen. » Fünfundzwanzig hervorragende englische Ban kier» haben gestern abend eine Erklärung unter- zeichnet, in der die Beseitigung jeder dem Hftndel aüferlegte« Einschränkung gefor dert wird. In den Reihen der polnischen Insurgenten ift Oberschlesien beginnt sich Kampfesmüdip- leit bemerkbar zu machen, da e» Korfanth nicht gelingt, die notwendigen Löhnungsgelder autzubringen. Das Votum Stresemanns. Ter Abgeordnete StresemanN, der Führer der Deutschen Volkspartei. der in den letzten Tagen im Brennpunkt der politischen Aufmerksamkeit gestanden hat, neigte bekanntlich bis dicht vor der Entscheidung zur Annahme des Ultimatums, für die er nur ge wisse Zusicherungen von den Berliner Ententevertretern erhalten wollte, aber nicht erhalten konnte, so daß er schließlich ebenfalls mit Nein stimmt«, wie di« große Mehrheit seiner Fraktion. Er veröffentlicht- gestern in der Täglichen Rundschau einen langen Artikel, der seine Haltung in jedem Stadium rechtfertigen soll. Man muh zunächst anerkennen, daß er sich durch Besonnenheit des Abwägens und durch ruhigen Ton auSzeichnet. Strese- mann führt aus, daß die ersten Bedenken gegen ein Nein aus den Kreisen des Zentrums gekommen seien, dessen Wählerschaft zum großen Teile in den besetzten Gebieten wohne, und er kennzeichnet dann den Gewis- senSkampf, mit dem er und alle in diesen Tagen ge rungen haben, durch di« Frage: Ob di« nationale Pflicht gebiete, in furchtlosem Widerstand zu verharren oder positiv durch ein Bekenntnis zum Ja Wertvolles und Unersetzliche» für Deutschland zmretten. Er führt auS: Tie Treibhaushitze des Gemüt» muß in Deutsch land in Stunden der Entscheidung über Sein oder Nichtsein des Lande» der kühlen, realpolitischen Er wägung Weichen, die sich vor allem darüber klar ist, daß zunächst das Reich erhalten werden muß. Einen BergleW der Annahme de» Ultimatum» mit der Unterzeichnung de» FriedenSvertrage» von Ver sailles lehnt er mit Entschiedenheit ab, weil diesmal kein Anerkenntnis der Verantwortlichkeit Deutschlands für den Krieg gefordert worden sei. Gegenüber dem Teutschnationalen Dr. Helfferich, der auf die preußische Geschichte der Zeit vor 100 Jahren verwiesen hat, be tont er, daß Stein und Hardenberg ebenso wie der Kö nig .damals al» Feiglinge beschimpft worden seien, weil sie Forderungen anerkannten, denen sie sich au» der Zwangslage de» damaligen preußischen Staate» nicht glaubten entziehen zu können. Gr erklärt dann, das Ausbleiben der gewünschten Zusicherungen, namentlich für Oberschlesien, habe ihn bewogen, gegen da» Ulti-> matum zu stimmen. GS ist bekannt, daß trotzdem sech» Mitglieder der Deutschen Bolkspartei, darunter hervor ragende Politiker, M« Dr. Heinze, von Raumer, von Kardorff, bei ihrem Ja geblieben sind. Ttrese- mann deutet zum Schluß an, daß die Durchführung de» FriedenSvertrage» ohne die Mitwirkung der Deutschen Bolkspartei nicht möglich sein werde, worin wir mit ihm einig sind. Wir hoffen mit ihm, daß die Einheit«, front derer, die gewillt sind, ihre Kräfte in den Dienst der Erhaltung und de» Wiederaufbaues de» Reiches zu stellen, in nicht zu ferner Zukunft hergestellt sein möge. Stresemann schließt: Wenn wir au- eigenem Entschluß nicht zu ihr finden, dann wird der furchtbare Ernst der Zukunft sie un» aufzwingen. — Man wird darin zwar noch kein Versprechen der Bolkspartei sehen können, bald in die Reichsregierung, wieder «inzutreten, aber die Mvg- lichkeit erscheint ihrem Führer offenbar keineswegs aus geschlossen. P Ja-Sager und Neia-Sager. Die ReichStag-drucksach« über di« namentlich« Ab stimmung Aber da-Ultimatum der Entente liegt be reit» vor. Danach wurden insgesamt SSS Stimme» ab gegeben, von denen drei ungültig waren, von den güb ttgen Stimmen waren 220 Ja und 172 Nein? «in Ab geordneter, Bornefeld.Ettmann (Ztr.), enthielt sich der Abstimmung. Da» Zentrum stimmte im übrigen ge schlossen mit ja, ebenso die sozialdemokratisch« Fraktion und die Unabhängigen. Die Deutsch, nationale Bolkspartei stimmte geschlossen mit nein, von der Deutschen Volk-Partei stimmten mit ja die Abgg. Dr. Heinze, v. Kardorff. Frau v. Oheimb, v. Raumer und Freiherr v. !ubab«n. Die Demo kratisch« Bartet hat sich in zwei ziemlich gleich« Telle -«spotten. Mit ja stimmten u. a. die Abgg. Graf Bernstor ff, Dr. Bühme-Magdeburg« Dr. Dernb urg, Dr. Getzler, Dr. Hi«v«r. De. Koch, Dr. vachnicke, Dr. Pe tersen. Dr. Schiffer und Dr. Schücking. Drki Mitglte- der der Demokratischen Partei waren nicht anwesend von der Bayrischen Volk-Partei stimmten mit ja di« Abgg. Don schab und Schirmer. Die Welsen stimmten mit nein. Vk Annahme -esUltlmatums beüingungslos erfolgt. Di« von Ententeseite verbreitete Nachricht, der deutsche Botschafter in London Sthamer Hobe betderUeberreichungdrr deutschen Ant wortnote Bedingungen gestellt, di« von dem eng lischen Premierminister schroff zurückgewiesen worden seien, wird vom Auswärtigen Amt dementiert mit der Bemerkung, doch dies« Meldung den nicht vorhandenen moralischen Niederbruch Deutschland» bei der Anncchrue de» Londoner Ultimatum» in tendenziöser Weis« be tonen soll. E» wird nochmal« ausdrücklich festgestellt, daß deutscherseits keinerlei Bedingungen an die Annahme de» Ultimatums pxknüpft wurden. Nach Mit- teilungen des Auswärtigen Amte» entspricht ferner die Nachricht Berliner Blätter, daß durch die Berliner Entente kreise auf da» Auswärtige Amt irgendwel cher Truck zur Annahme de» Ultimatums ausgeübt worden sei, in keiner Weise den Tatsachen. Eine Kundgebung -es Reichsbürgerrats. Ter Präsident de» RetchSbürgerrats hat an die Reichsregierung Line Kundgebung gerichtet, in der e» heißt: Ter Reichsbürgerrat fordert zum ersten, daß die Reichsregierung mit allen Mitteln auf Innehaltung der im Ultimatum der Entente enthaltenen Zusage der Nichtanwendung von Sanktionen besteht, daß sie weiterhin unser Recht auf Erhaltung d«S unge teilten Oberschlesien bei Deutschland mit aller Kraft wahrt. Sollte die Entente jetzt den von der französischen Presse angekündigten Versuch einer Durch führung der Sanktionen unter Berufung auf irgend welche Scheingründe machen, so müsse di« Reichsreaie- rung Pie Zusage zur Erfüllung der Forderungen de» Ultimatum» zurürkrehmen. Zum zweiten steht der Reichsbürgerrat den letzten Weg zur Rettung nur in dem mit vollem Ernst betriebenen Versuch zur Erfüllung der einmal eingegangen«n Verpflichtun gen. Ter Reichsbürgerrat hält e» für seine Pflicht..ge rade in dieser Stunde da» ganze Volk zur Erhaltung de» in Deutschland erreichten sozialen Fortschritte» und zum Wiederaufbau einer von sozialistischen Theorstn freien Sozialpolitik auszurufen. Er sieht die einzig» Möglichkeit zur Wiedererweckung P«S deutschen Kraft bewußtsein» in einem bi» zur äußersten Grenz« getra genen Widerstand gege » d« n sozial« n R ückschr t t t, der durch das Diktat der Entente dem deutschen Volke zugemutet wird. Sefrltigung -er Sanktionen! Einem Pressevertreter erklärte Graf Sforza, die Entscheidung des Deutschen Reichstage» sei der erste Schritt zur Verwirklichung de» europäischen Friedens. Schon auf der Londoner Konferenz hab« er voraustzesagt, Pie deutsche Regierung werde da» Utti- matum annehmen in der Ueberzeugung, hierdurch die hauptsächlichsten Ursachen de» noch gegen Deutschland bestehenden Hasse» und Grolle» zu beseitigen und eine wirtschaftliche Erneuerung Europa- zu ermöglichen, wo für den starken und gesunden Organismus, wie es zwei-' fello» Deutschland sei, einen gewaltigen Vorteil bedeute. Tie nunmehr erfolgende Ausgabe d«r deutschen Schuld verschreibungen werd« bet den Gläubigerstaaten den Eindruck Hervorrufen, daß man endlich von Worten zu Taten übergegangen sei. Al» Besitzer solcher Schuldverschreibungen seien die Ententemächte naturge mäß gn Deutschland» wirtschaftlichem Wiederaufbau in teressiert. Ebenso entsteh« für Deutschland ein un»< mittelbarer Vorteil durch die Aufhebung aller über die Bestimmungen de- Versailler Vertrage» hinaus an gewandten Sanktionen und die Beseitigung der neuen Rhein-ollinle. Net ftrichrtagMimgal an rinem Lage. Dreimal beschletzeasähi» Nicht weniger al» drei Sitzungen hielt gestern der Reichstag ab. Tie erste fand mittag Am 1 Uhr statt. Tie Genehmigung zur Strafverfolgung de» Abg. Tho ma» (Kom.) wegen Beleidigung, Unterschlagung und Meineid» wurde nach einem Antrag de» Geschäftsord nungsausschusses nicht erteilt. Gin schleuniger Antrag Hoffmann (Kom.) verlangte die sofortige Entlassung de» Abg. Thoma» au» der Strafhaft in der.Gefangenanstalt Land»b«rg am Lech in Bah«m. Abg. Brodaus (Dem.) berichtete über die Verhandlung»» de» GeschästSord-^ nung-ausschusse-, der Vorschläge dem Antrag di« Zu stimmung nicht zu erteile«. Thoma» soll in einer Versammlung jn München zum Hochverrat und Lande»' verrat und zum Umsturz der bestehenden.Staatsform aufgefordert haben. Bei der Abstimmung bezweifelte Abg. Emminger (B. BP.) die Beschlußfähigkeit de» Hau st». (Psui-Rufe Set den Kommunisten.) Präsident Löb« stellt« fest, daß da» Hau» nicht beschlußfähig war und beraumte die nächste Siitzrmg auf eine Viertel stunde später an. , Um 2 Uh, wusch« die zweit« Sitzung eröffnet. Neu auf die Tagesordnung gesetzt war d«r Bericht do» Recht» au-schusse- über den Antrag Müller-Franken (Soz.) über Abänderung der ver-ch»»«, »er Vst »-«devrichte. Abg. Radbruch (Soz.) berichtet« üb«r bst «ul- schußverhandlungen. Der Ausschuß schlägt ein« End' schließ»«» vor. Danach sollen Jugendlich« nur dann von.Sondergach-ten abgeurtellt werden, wem» ihr« Straftat mit der von Erwachsenen kn Zusammenhang sicht. Jn Reichsgericht-- und Schwurgericht-sacheN ipll ein« Verteidigung nötig sein. Die Einlassungsfrist soll von 24 Stunden auf drei Tage erhöht w«rd«n. In allen Fällen soll ein« Anklageschrift, wenn auch ein« verkürzte, notwendig.stin. Zum Schluß wird fteiert Verkehr der in Untersuchungshaft Befindlichen mit ihrem Verteidiger verlangt. Der AuSschußantrag wurde ohne Erörterung einstimmig angenommen. Ta» neue Gebührengesetz für di« Aus land »b eh övden ging an den Hauptau-schuß. Der Gesetzentwurf über di« Regelung de» Verkehr» mit Getreide wurde dem volkswirtschaftlichen Ausschuß überwiesen. Angenommen wurde ein Antrag de» Aus- schufse» für soziale Angelegenheiten, die Reichsregierung zu ersuchen, einen Gesetzentwurf so zeitig vorzulegen. Laß noch im Laust de» Frühjahre» eine Gesetzesvorlage über Ausgestaltung der Leistungen in der Wochenhilfe erfolgt. ES folgte die zweite Beratung «ine» Gesetzes über eine erhöhte Anrechnung d«r während de» Kriege» zurückgelegten Dienstzeit der Be- amten. Bei der Abstimmung Aber 8 1 bezweifelte Abg. Hoffmann (Kom.) die Beschlußfähigkeit de» Hause». Ter Präsident beraumte die nächst« Sitzung auf 2. IS Uhr an. Tagesordnung: Petitionen. » Präsident Löb« eröffnete die dritte Sitzung um 2.20 Uhr. Zahlreiche Bittschriften wurden ohne Aussprach« erledigt. Eine Eingabe über den Schutz de» Saarge» gebiete» wurde der ReichSregterung zur Berücksichtigung überwiesen. Ter Ausschuß zur Ausführung de» Frie- denSvertrage» forderte baldmöglichst ein Weißbuch über die Lage im Saargebiet. Damit war di« Tagesordnung erledigt. Nach umfangreicher Geschäst-ordnung-auS- sprach« beschloß da» Hau», die nächste Sitzung am Diens tag. den 31. Mai, abzuhalten. Ter Präsident erhielt die Ermächtigung, wenn die politischen Verhältnisse e» notwendig machen, auch früher eine Sitzung «inzub«- rustn- Abg. Hofßnann (Kom.) beantrag«, Hst Entgegen nahme einer Regierungserklärung auf di« Ta gesordnung der nächsten Sitzung zu setze». Dafilr stimm ten auch die beiden Rechtsparteien. Da die Abstimmung zweifelhaft war, mutzt« «in Hammelsprung stattfinden, der die Beschlußunfähigkeit de» Hause» ergab. E» blieb somit bei dem Vorschlag de» Präsidenten, der erklärte, daß er e» für selbstverständlich halte, daß die Regierung eine Erklärung abgeben wird. Ultimatum Aorfanchs anWarschau Korsautq droht mit Loolösung Roepolon» »nd vborschlosk« »o» Warschau. Korfanth und die leitenden Persönlichkeiten de» Posener Teilgebietes, denen sich! angeblich auch General Josef Haller angeschlossen haben soll, haben der War schauer Regierung «in Ultimatum gestellt, in dem sie fordern, daß die Regierung «unwahr au» ihrer abwartenden Haltung hexau «treten und sich unter dem angeblichen Drucke der Volksstimmung auch offiziell mit den Aufständischen spltdartfch erklären soll. Andernfalls drohen sie mit der Loslösung per «Ha ma!» preußischen Teilgebiet« untar Ausrufung einer ukabhängipe« oberschleftsche« Volksrepu blik, die mit jener vereint zu einem politisch »war an Warschau angelehnten, wirtschaftlich und verwaltungs technisch gänzlich unabhängigen Staat zusammengefaßt werden soll. Di« Hauptträger der Ide* find die pol nischen Nativnaldemokraten in Posen und Westpreußen mit dem früheren Präsidenten de» Pari« str Nationalkomitee», Adam Dmowsft, dem Füh rer der großpolnischen Truppen, General Lotvbor« MuSnicki, und dem Domherrn Adams« au- Posen an der Spitze. Lies« drei Männer sind geschworen« Feinde de» StaatSchefS Pi lsud sfi und seiner Regierung, in gleicher Weist aber fanatisch« Deutschenhasser. Zweimal haben sie bereit- die Verlegung pe» Schwergewicht» des polnischen StaatSgedanken» von Warschau nach Po sen versucht, Heid« Male ist «S ihnen mißlungen. Jetzt halten sie den Augenblick erneut für gekommen, nach dem General Towbor-MuSnickt die militärische Leitung de» oberschlesischen Aufruhrs in di« Händ« bekommen und General Haller sich mit ihnen solidarisch «rWrt hat. Korfanth und Sehda soll« an di» Spitz» der neuzubildenden Posener Regierung treten. Posener Truppen Haden neuerding» «ine lebhafte Propagan da für den Posener Autonomiegedanken entfaltet. Die Franzosen solle« diesem Plane nicht abgeneigt gegen« überstehen. Sie hoben Abschrift de» Ultima tum» erhalten und sind daher Aber die wetteren Pläne und Absichten Korfanth» unterrichtet. Italimtsche Rest « Mnsch«. Nach einer Meldung, per Schlesischen volk»z»ttunft hat dst italienische Regierung eftm Rot« «och Warschau gerichtet, in der sie für dt« Tötrmgp«r Ita lienischen Offizier« un- Soldaten ft» Oberfchlsfi« ein»