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WWdnOrTaMatl Da« Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats z« Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die8gefpaltcne Raumzeile 20 Goldp.fennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeilc im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rcchweisungsgedühr 20 Goldpfennig. Vor geschriebene Erscheinungs- tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berilcksichiigt. Anzeigen, annahme br» vorm.lOUHr — -- . . — - Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabaltanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, La» »Wil.druffcr Tageblatt- erscheint täglich nach«. 5 Uhr sllr den Taa B-ruasvr-ir: »ei Abholung in d«G«schSstsstelle und den Ausgabestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2 so Md., bei Postbestellung ? MH. zu,»glich Abtrag» . . ., Einzelnummern >SPfg. «Lc Postanftallen Tdvchenblatt für A)ilsbruff u, Umtleaend Postboten und unsere Ans ager und Geschäftsstellen , — "— -. nehmen zu jeder Zeit Be- »ellungen «»»gegen. Im sonftige. Betriebs,tbrungen besteh, kein Anspruch aus Lieferung d" Zeitung »der Kürzung de» Bezugspreises. Ruchsendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr,50. — 86.Iahrgang Telegr-Adr „Amtsblatt- Wilsdruff - Dresden Postscheck Dresden 2640 Dienstag, den 1. März 1927 Moskau an London. Die russische Regierung hat geglaubt, auf einen groben Klotz einen groben Keil in Anwendung bringen zu müssen. War die Note, dir vor einigen Tagen durch das englische Kabinett nach Moskau gerichtet war, auch entschieden genug, so ist die Antwort, die London jetzt von dort erhielt, noch viel deutlicher. Würden sich zwei Länder früher der artige Noten zugesandt haben, so würde man ohne weiteres mit einem bevorstehenden Krieg gerechnet haben; aber... Was vorauszusehen war, ist geschehen: die Sowjet- segierung antwortet auf die englische Drohung, die d r P l o- malischen Beziehungen mit Rußland zu losen und den englisch-russischen Handelsve r t r a g zu kündigen, mit einem ziemlich höhnischen: „Bute sehr. Wenn ihr durchaus wollt, dann haben wn ;n Moskau nichts dagegen! Dann mag die englische Regierung du Verantwortung dafür tragen, wenn sie Beziehungen zer stört, deren Aufrechterhaltung im Interesse beider Zander liegt." Und nun packt Litwinow, der Verantwortliche für die Antwort, gründlich aus iu einer Form, die "ne gewisse diplomatische Hemdärmeligkeit darstellt.. Die Note spricht von der „fixen Idee" Englands, daß allüberall in der Welt, wo das englische Imperium Schwierigkeiten habe, nun sofort die Sowjetrcgierung und ihre Agenten als die Schürer, Hetzer und eigentlich Schuldigen bezeichne: werden. Und man holt sofort zum Gegenhieb aus, indeni in der Note nun eine ganze Reihe scharf antirussischei Äußerungen aufqeführt werden, die von führenden eng lischen Staatsmännern getan worden sind. Weiter geh, es in diesem lieblichen Ton: „Die Anormalität der englisch russischen Beziehungen ist auch die Folge davon, daß die britische Regierung in ihrer Note an Rußland bewußt von den allgemein üblichen internationalen Normen und Ge pflogenheiten und selbst elementaren Anstandsregell abwcicht und von Zeit zu Zeit an die Sowjet regierung allgemein gehaltene unbegründete An schuldigungen richtet, auch sich erlaubt, mit dci Sowjetregierung im Ton einer Drohung mi einem Ultimatum zu reden." Dann kommt es faust dick; die russische Regierung erhebt nämlich die Beschuldi gung, einzelne Mitglieder des Londoner Kabinett- suchen sich mit „ehemaligen zaristischen Diplomaten uni Vertretern der Gegenrevolution" zu verständigen, die au ein erneutes Eingreifen hinarbeiten. Derartige Versuch aber „gestatten der öffentlichen Meinung der Sowjet Union nicht, jene Rolle zu vergessen, die Großbritanniei bei der ersten Intervention gespielt" habe. Wenn schließ lich auch von einem „unerhörten und präzedenzlosen Ton gesprochen wird, den die englische Note gegen den rus fischen Volkskommissar des Auswärtigen, Tschitscherin angeschlagen habe, so wirkt der Schluß der Antwort Ruß lands fast als Ironie, sich nämlich bemühen zu wollen sämtliche Differenzen zwischen den beiden Ländern zi beseitigen und wirklich normale Beziehungen herzustellcn Man hat sich also gegenseitig mit erfrischender Deut lichkeit die Meinung gesagt; denn der abgrundtiefe Gegen fatz zwischen den angelsächsischen Staaten und Sowjetruß land, zwischen West und Ost wird in diesem Notenwechse klar genug enthüllt. Daß nun aber irgend etwas wirkliä geschieht, daß die englische Regierung ihre Drohungei wahr macht, ist ebenso unwahrscheinlich wie etwa der n der russischen Note angcdeutete Jmerventionsversuch mi Hilfe der russischen -Emigranten. Was in den Jahre, 1948 bis 1920 nicht glückte, gelingt jetzt noch viel weniger das weis; man in London ebenso genau wie iu — Mos Lau, wo man ganz zweifellos auch jene Sätze in der Aut worwote, die diese angeblichen Verhandlungen mit Emi grauten berühren, selbst nicht ernst nimmt. Englau hat Sorgen genug, als daß es wagen könnte sich in ei, neues, so gut wie aussichtsloses Abenteuer, zu stürzen Demgemäß bezeichnet auch die englische Presse diese Ant Wortnote zwar als beleidigend und praktisch in haltslos, vollgestopft mit falschen Behauptungen, lehn es aber ab, den Meinungsstreit fortzusetzen. Diese ganz Aktion dient daher nicht gerade einer Förderung de, englischen Ansehens. Eine scharfe Aste Litwinows. Abbruch der russisch-englischen Handelsbeziehungen? Die russische Regierung hat sich mit ihrer Antwort auf die englischen Vorwürfe einer antienglischen Pro paganda sehr beeilt. Sie hat dem englischen Geschäfts träger in Moskau jetzt eine Note zugehen lassen, deren Inhalt nunmehr bekannt wird, die die englischen Be schuldigungen abweist, sich selbst gegen die englische Re gierung richtet und feststsllt, daß England sich einen u n - erhörten und beispiellosen Ton gegenüber dem russischen Außenminister erlaube. Die russische Antwortnote wird natürlich im Eng lischen Unterhaus zur Sprache gebracht werden, wobei von feiten der Regierung eine Erklärung über die eng- lisch-rnssischen Beziehungen abgegeben werden wird. Welche Schritte England auf die Note Rußlands hin unternehmen wird, ist noch nicht bestimmt. Jedenfalls steht fest, daß man in politischen Kreisen Englands damit rechnet, daß die englische Negierung die in ihrer Note ausgesprochenen Drohungen nach Annullierung Stresemanns Reise nach Genf Staatssekretär v. Schubert in San Remo. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 28. Februar. Der deutsche Außenminister wird sich, wie nunmehr ziemlich endgültig feststeht, von San Remo aus Anfang nächster Woche voraussichtlich direkt nach Genf begeben, um dort den Vorsitz auf der Ratstagung des Völker bundes zu führen. Morgen oder übermorgen wird der Staats sekretär des Auswärtigen Amtes, v. Schubert, nach San Remo sahren, um den Minister vor der Genfer Tagung noch einmal per sönlich zu sprechen. Ob der Staatssekretär dann erst noch einmal nach Berlin kommt oder von San Remo aus den Minister nach Genf begleitet, steht noch nicht fest. Wohl aber rechnet man in politischen Kreisen damit, daß der deutsche Gesandte in Warschau, der, wie gemeldet, morgen von Berlin nach Warschau zurückkehrt, wahrscheinlich ebenfalls noch Genf fahren wird, da dort Be sprechungen zwischen dem deutschen und dem polnischen Außen minister in Aussicht genommen sind. An diesen würden dann wahrscheinlich auch v. Schubert und der deutsche Gesandte Rau scher teilnehmen, da zurzeit während der Unterbrechung der deutsch-polnischen Handelsvertragsverhandlungen alle aus die deutsch-polnischen Wirtjchastsinteressen bezüglichen Fragen von der deutschen Eesanbschaft in Warschau behandelt werden. * Briand und Chamberlain reisen nach Genf. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes" Paris, 28. Februar. Wie in gut unterrichteten Kreisen verlautet, wird sich Briand am 6. März nach Genf begeben, wo er vermutlich zwei bis drei Tage bleiben wird. Auch die An wesenheit Chamberlains wird sich nicht länger ausdehnen. Keine KiindigW des enM-rnWen HandekMuMenr. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". R i ga, 28. Februar. Nach Meldungen aus Moskau wirb in Kreisen, die der Sowjetregierung nahestehen, eine Kündigung des russisch-englischen Handelsabkommens durch England, wenn überhaupt, so doch nicht vor der nächsten Woche, erwartet. Offi ziell verlcutel, daß die Sowjctregierung unter den gegebenen Um ständen keinerlei neue Schrille beabsichtigt, solange die britische Regierung nicht erklärt, daß der Zwischenfall erledigt sei. Kei«e englische Antwort ans die Sowjetvolk. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". London, 28. Februar. Chamberlain teilte heute nach mittag im Unterhause mit, daß die Regierung keine Antwort auf die russische Note beabsichtige. Auf eine Anfrage erwiderte Bald win, daß sich demnächst eine Gelegenheit zur Besprechung der ruffischen Frage bieten werde. Keine Annahme der EiMmswl »ar >828. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Neu york, 28. Februar. Der Senat, der am 4. März ouseinandrrgeht, hat die Beratung der Eigentumsbill von der Tagesordnung abgesetzt, so daß, wenn nicht etwas ganz Unvor hergesehenes geschieht, die Bill in dieser Sitzungsperiode nicht mehr zur Verhandlung kommt. Dies bedeutet den Sieg der Ob- struklion und die Verschiebung der Bill mindestens bis zum Ende des Lahres. Die Eigentumsvorlage dürfte demnach bis nach den Präsidentenwahlen 1928 überhaupt keine Aussicht auf Annahme haben. Oer englische Oberkommandierende in Schanghai» Neue Befestigungen der Engländer und Franzosen. Das Truppcntransportschiff „Mcgantic" mit dem Oberkommandierenden der für Schanghai bestimmten englischen Truppen, Generalmajor Duncan, an Bord ist in Schanghai cingetroffcn. Er hat nach seiner Ausschif fung eine militärische Besprechung abgehalten und dann mit seinen; Stab die Verteidigungsanlagen besichtigt. Generalmajor Duncan ist uach seiner Ankunft in Schang hai erkrankt und liegt mit leichtem Fieber in seinem Hotel zu Bett. Die britischen Truppen haben die Verteidigungs linie auf 20 Meilen um die Niederlassung herum aus gedehnt, also sich weiter in chinesischem Hoheitsgebiet eingegraben. Sie sind zum Teil im amerikanischen Country Klub einquartiert. Die Franzosen verstärken ihre Stacheldrahtver haue, die sich jetzt um die ganze Konzession herumziehen. Dem Quai d'Orsay liegt ein amtliches Telegramm aus Peking vor, nach dem die Offensive der kantonesischen Armee zum Stillstand gekommen ist. Das Eintreffen der uordchinesischeu Truppen hat es der Armee des Mar schalls Sun gestattet, 20 Kilometer vor Schanghai eirzk feste Stellung zu beziehen und zu halten. des Handelsabkommens wahrmachen, während sic die diplomatischen Beziehungen weiterbestehen lassen wird. Reuter weiß zu melden, daß von einem Teil der englische» Regierung, der bereits dis englische Note für Vie! Zu milde gehalten hat, die rassische Antwort als u n - verschämt betrachtet wird. Als unverschämt bezeichnet auch ein Teil der Presse die russische Note, ferner finden sich übereinstimmend in der öffentlichen Meinung Englands bezüglich der rus sischen Antwort die Ausdrücke „frech, arrogant und her ausfordernd". Allerdings sind die Kritiken der Blätter ziemlich vorsichtig gehalten und mit verschwindenden Ausnahmen findet sich kein Blatt, das der Regierung den Abbruch der Beziehungen zu Rußland anempfehlen würde. * Or. Siresemann ist beunruhigt. Deutschland und die englisch-russischen Beziehungen. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Tele graph" schreibt: Die Besorgnis der deutschen öffentlichen Meinung über die gegenwärtige Spannung der englisch russischen Beziehungen wird, wie ich höre, von der deutschen Negierung und dem deutschen Auswärtigen Amt geteilt. Herr Stresemann selbst soll sehr beun ruhigt sein und die Möglichkeit seiner Rückkehr nach Berlin vor dem Zusammentreten des Vötkerbundrates, auf dessen Tagung er den Vorsitz führen wird, erwägen. Inzwischen hat er Lord d'Abernon einen Besuch abgr- staitet, drr in der Lage gewesen sein dürste, den deutschen Minister bezüglich irgendwelcher grundsätzlicher Mißver- ständniys zu beruhigen, die in Berlin hinsichtlich der Grundsätze der britischen Politik entstanden sind. Der Korrespondent erklärt für unrichtig die in Deutschland und in Europa verbreiteten Nachrichten, daß Großbritannien Polen eine Anleihe von zehn Millionen Pfund Sterling versprochen habe, wofür Polen englisches statt wie bisher französisches Kriegsmaterial kaufen werde, zweitens, daß Großbritannien, welches Polen als Sturm bock gegen Rußland zu gebrauchen wünsche, versprochen habe, keine Revision der deutsch-polnischen Grenzen way ;end einer Periode von 15 bis 25 Jahren znzulassen, und drittens, daß das Fehlen einer Bezugnahme auf die Rhein- landräumuug auf der Togesorduung des Völkerbundrate,, » auf Polnischen Druck znrückzuführen sei. Isnirum und Bayerische Volksparieä. Auf dem Wege zu einer Arbeitsgemeinschaft. In politischen Kreisen sind seit einiger Zeit Gerüchle verbreitet, die von einer Annäherung zwischen Zentrum und Bayerischer Volkspartci wissen wollten. Diese Gerüchte scheinen auf Tatsachen zu beruhen, denn es haben in den letzten Wochen Verhandlungen stattgefunden, die oas Ziel verfolgen, zunächst eine Arbeitsgemein schaft der beiden Reichstagsfraktionen herbeizuführcn, nm bei politischen Entscheidungen das Schwergewicht ihrer politischen Kraft gemeinsam zur Wirksamkeit zu bringen. Die Zentrumsfraktion des Reichstages hat sich, wie die Germania meldet, bereits einstimmig für die Schaffung der Arbeitsgemeinschaft ausgesprochen, ebenso sie Fraktion der Bayerischen Volkspartei. Die Verhand lungen nehmen einen guten Verlauf und nähern sich, wie das Blatt weiter zn melden weiß, ihrem Ziele. Die einzigen Schwierigkeiten bieten nur noch die Verhältnisse in der Pfalz, wo sich der Zwiespalt zwischen den beiden Parteien an; stärksten ausgedrückt hat. Doch hofft mau, daß auch hier die Schwierigkeiteu behoben werden würden. Die Germania betont weiter, daß die Schaffung einer Arbeitsgemeinschaft zwischen den beiden Reichstagsfraktioncn einen verheißungsvollen Anfang zur politischen Einigung des deutschen Katho lizismus darstellt, was um so mehr zu begrüßen sei, als der Liberalismus vorkriegsmäßiger Färbung sich iu Deutschland wieder zu regen beginne und seinen Einfl! ü