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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Freitag, den w. Dctoüer t862. 19 (41.) Berantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Bon dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis sür den Vierteljahrgang beträgt ty Ngr. und ist jedesmal vorauszubezahlen. Sämmttlche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl iin der Redaction), als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. Hie Redaction Umschau. Es ist kaum glaublich, daß man sich in Preu ßen nach 12jährigem Berfaffungsleben noch um die einfachsten Fragen des Staatsrechts streitet. In der Verfassung steht es klar und deutlich, daß die Minister keine Ausgaben machen dürfen, die nicht von den Abgeordneten bewilligt sind und diesen Satz hat selbst Herr v. Manteuffel, der sonst nicht immer genau nach dem Gesetz fragte, nicht anzutasten ge- wagt. Freilich sorgte er durch seine Landräthe und Gensdarmen dafür, daß ein Haus zu Stande kam, welches nur immer „Ja" sagte. Herr v. Bismark- Schönhausen , der in Paris eine gute Schule durch gemacht hat, tritt jetzt auf mit der Behauptung, wenn die Kammer die Mehrausgaben für das Mi litär nicht bewillige, so müßte er versuchen, ohne Budget weiter zu regieren, d. h. die Ausgaben doch zu machen. Er nennt das Notyrecht der Re gierung. Waldeck, der alte Obertribunalsrath, legte Protest dagegen ein, daß man einen Zustand der reinen Willkür Recht zu nennen wage. Die Re gierung kann die Kammer auflösen und nach Hause schicken, aber sie ist dafür verantwortlich, daß kein Geld ausgegeben wird, das nicht verwilligt ist. Die Minister scheinen über die ferneren Schritte noch nicht einig zu sein; nun sie hart vor dem Verfas sungsbruche stehen, mag doch mancher trübe Ge danke über sie hinziehen. Um einen Finanzminister zu finden, nuißte der König wieder in die Man- tevffel'sche Regierung zurückgreifen. Herr v. Bodel- schwingh hat sich nach mehrmaligem Ablehnen end lich bereit finden lassen, den säuern Posten anzu- vehmen. Der König soll über die Hartnäckigkeit des Abgeordnetenhauses tief erbittert sein, und im Volke herrscht eine trübe Stimmung. Wie anders war es vor 4 Jahren! Wie jauchzte ihm ganz Preußen entgegen, als der damalige Regent er klärte, nur mit dem Gesetz in der Hand regieren zu wollen. Und jetzt scheint er sich der Partei ganz in die Arme werfen zu wollen, die ihn als Kron prinzen schmählich behandelte, ihn mit ihren Spio nen umstellte und von jedem Einfluß fernhielt. Welch anderes Bild bietet Belgien. Als König Leopold der Belgier vorige Woche zum erstenmal nach langer, gefährlicher Krank heit sich wieder seinem Volke zeigte und von Schloß Lacken aus in Brüssel feinen Einzug hielt, wollte das Volk ihm die Pferde ansspannen; er wehrte es ab. Da aber der Zug ein Triumphzug ohne Gleichen wurde, da der König sah, wie Hundert- tausende in jubelnder Freude ihm zujauchzten, da brach er in seiner Antwort an den gratulirenden Bürgermeister in die Worte aus: Ja, es ist süß, nach 32jähriger Regierung von seinem Volke in dieser Weise begrüßt zu werden, sich so mit ihm eins zu fühlen und mit freudiger Sicherheit sagen zu können: Belgiens Bestehen ist von nun an ge sichert. 50 Schulgemeinden im Osnabrückschen habe» sich an den König von Hannover gewendet und bitten um Zurücknahme des neuen Katechismus. Der Ton der Adresse ist ein solcher, wie man ihn vom Dorfe nicht gewöhnt ist. „Urtheilen Ew. Majestät selbst", sagen die Bauern an einer Stelle, „ob wir mit einem Manne (wie der Eonststorialrath Münchmeyer) nicht in fortwährendem Streite leben müssen, der öffentlich (in Leipzig) erklärt hat: „Wo noch keine Lust zum Lesen beim Volke ist, rege man sie nicht an. ES ist nicht zu wünschen, daß derBauer Zei tungen liest. Auch das Verlangen nach