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Amts- und Anzeigeblatt für den Amtsgerichtsbezirk Eibenstock und dessen Umgebung Bezugspreis vierteljährl. M. 1.50 einschlietzl. des „Zllustr. Unterhaltungsblatts" und der humoristischen Beilage „Seifenblasen" in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. für Eibenstock, Larlsfeld, Hundshübel, Neuheide, GbersWtzengrün, Schönheide, Zchönheiderhammer.Sosa,Unterstützengrün,wildenthal usw. «el..Kdru Kmtrblatt. Berantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. 87. Jahrgang. Somabeud, de« 8. Oktober Erscheint täglich abends mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage für den folgenden Tag Anzeigenpreis: die kleinspaltipe Seile 12 Pfennige. Sm amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pfennige. Fernsprecher Nr 210. Diphtherie-Sera mit den Kontrollnummern: 1016—1030 aus den Höchster Farbwerken, 192—196 aus der Merck'schen Fabrik in Darmstadt, 137—141 auS dem Serumlaboratorium Ruete-Enoch in Hamburg, 226—227 auS der Fabrik vormals Schering in Berlin ind, soweit sie nicht bereits früher wegen Abschwächung pp. eingezogen sind, wegen Ablaufs »er staatlichen Gewährdauer zur Einziehung bestimmt worden. Dresden, am 4. Oktober 1910. Ministerium des Innern. Iswolski. Seit einigen Tagen liegt die amtliche Bestätigung vor, daß der bisherige russische Minister des Aeußeren JswolsA aus diesem Amte scheidet, um den Pariser Botschafterposten zu übernehmen. Schon vor mehr als Jahresfrist hat man Iswolski Rücktrittsabsichten nach gesagt, aber immer wieder wurde die Entscheidung hin ausgeschoben, weil es schwierig ist, für einen derartigen verantwortlichen Posten wie das Portefeuille des Aeu- ßern eine geeignete und auch eingearbeitete Persön lichkeit zu finden, 'd a eine Stockung in der Führung der Amtsgeschäfte leicht verhängnisvoll werden könn te. Die russische Diplomatie war von je eine recht tüch tige, die slawische Verschlagenheit bei äußerlicher Kor rektheit und Verbindlichkeit kam den Vertretern Ruß lands zugute. Auch Iswolski hat manche Erfolge auf zuweisen gehabt, wenn er vielleicht auch seine glän zende Karriere zum Teil der Protektion der Kaiserin- Mutter zu verdanken hatte. Seit früher Jugend im Auslande beschäftigt, gewann er eine reiche Erfahrung, seine große Kenntnis der auswärtigen Verhältnisse machten ihm die Arbeit ziemlich leicht. An dem Zu standekommen der Entente mit dem früheren schärf sten Rivalen Rußlands, mit England, hatte er beträcht lichen Anteil, obwohl sich nicht leugnen läßt, daß das 'Hauptverdienst hierfür König Eduard von England zu fiel, dem an einer Mächtekoalition gegen Deutschland ungemein viel lag, um die Hauptmacht des Continents zu isolieren, und der darum dem langjährigen russi schen Gegner die Hand entgegenstreckte. Im großen und ganzen operierte Iswolski recht geschickt und erfolg reich, sein Glück verließ ihn erst, als die Balkanfrage wieder aufgerollt wurde. Den Balkan hatte Herr Is wolski sich als eigentliches Terrain ausersehen, um die große Niederlage in Ostasien gegenüber den Japanern wieder auszugleichen und das frühere Uebergewicht des Zarenreiches auf dem Gebiete der Weltpolitik wieder herzustellen. Freilich hatte er sich hierbei verspeku liert, er hatte seine eigene Kraft überschätzt und nicht mit den Tatsachen gerechnet. Vor allem war es ihm entgangen, daß die Türkei durch die friedliche Revo lution der Jungtürken innerlich erstarkt war und daß man es nicht mehr mit einem zerfallenen und in ab steigender Linie sich bewegenden Staate zu tun hatte, wie früher, wo man immer vom Sultan als den kran ken Mann sprach und wo eine Aufteilung des Türken reiches in nächster Nähe zu sein schien. Iswolski woll te den russischen Einfluß auf dem Balkan wieder stär ken und vor allem für sein Land freie Bahn aus dem Schwarzen Meere ins Mittelländische Meer erkämp fen, indem er versuchte, Oesterreich, Frankreich und England für die Eröffnung der Meerenge zu gewinnen. Aber Aehrenthal, der aus seiner langjährigen Botschaf tertätigkeit in Petersburg Herrn Iswolski in allen sei nen Vorzügen und noch größeren Schwächen sehr ge nau kannte, erwies sich als der Stärkere, der von Is wolski zweifellos inszenierte serbische Konflikt brachte ein volles Fiasko statt des erwarteten großen Erfol ges, und mit der Superiorität Rußlands auf dem Bal kan war es infolgedessen erst recht dahin. Immer hin war diese diplomatische Niederlage Rußlands eini germaßen auffällig, wenn man in Betracht zog, daß Rußland als Verbündeten Frankreich und als intimen Freund England hatte; von dieser Seite aber war Rußland völlig im Stich gelassen worden, weil man in Paris wie in London sich nicht bemüßigt sah, für Rußland die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Schon damals erwartete man den Rücktritt Iswolskis, indes sen wurde ihm eine Gnadenfrist gewährt, die sich recht lange hingezogen hat, wohl nicht in letzter Linie, weil man zunächst keinen geeigneten Nachfolger für ihn fand, der geneigt oder im Stande wäre, unter so schwierigen Verhältnissen die Leitung der auswärtigen Angelegen heiten zu übernehmen. Iswolski geht nun nach Paris, um dort den verstorbenen Nelidow abzulösen. Während dessen Geschäftsführung war ersichtlich in den letzten Jahren eine Erkaltung zwischen Petersburg, und Paris eingetreten und dem alten Herrn war es nicht möglich gewesen, das alte Verhältnis im vollsten Umfange wie derherzustellen; man betrachtete die Situation nüchter ner als in den 80er Jahren, wo man sich aus Deut schenhaß den Russen in die Arme Leworfen und.sich ihnen ganz und gar verschrieb. Vielleicht erwartet man von Iswolski das, was Nelidow nicht gelang, ob es ihm gelingen wird, muß abgewartet werden. Iswolski ist als ziemlicher Ränkeschmied bekannt und infolge seines Fiaskos im serbischen Konflikt gilt er auch als kein all zuschwärmerischer Anhänger Deutschlands. Angesichts der deutsch-französischen Beziehungen ist dieses Mo ment von ziemlicher Bedeutung und man wird daher das Wirken Iswolskis in Paris deutscherseits aufmerk sam verfolgen müssen, um vor eventuellen unliebsamen Ueberraschungen gewahrt zu bleiben. Die UmwülzungW Portugal. Es bestätigt sich immer mehr, daß die Revolution der Republikaner in Portugal von langer Hand vorbe reitet gewesen ist, wenn auch ihr Ausbruch durch die Ermordung Bombardas, des Leiters der republikani schen Parteiorganisation in Lissabon, beschleunigt wor den zu sein scheint. Wie nach den „(Ä-ening News" portugiesische republikanische Führer im August in Lon don beruhigende Versicherungen darüber abgegeben ha ben sollen, daß durch die Umwälzung an den Bezieh ungen Portugals zu England nichts geändert würde, so wird jetzt berichtet, daß bereits die englischen Hei ratspläne des Königs gescheitert seien, weil man in London von republikanischer portugiesischer Seite über die schwankende Stellung des portugiesischen Thrones unterrichtet worden war. Die Erfolge der Republikaner bei den Wahlen waren allerdings geeignet, sie mit Zuversicht zu erfüllen, und hätten für die berufenen Verteidiger der Monarchie eine Warnung sein sollen. Von vier Mandaten im Jahre 1906 stiegen sie auf 7 im Jahre 1908 und auf 14 im laufenden Jahre. Ent scheidend war dann, daß ihr Bestreben, in Heer und Flotte Anhänger und Mithelfer zu finden, Erfolg hatte. Wenn jetzt Manuel II., den letzten König aus dem Hause Braganza und Koburg, ein tragisches Geschick ereilt hat, so trifft es ihn nicht schuldlos. An eigener und seiner Väter Schuld ist er zu Grunde gegangen. Das grause Ende seines Vaters und Bruders wäre ge eignet gewesen, dem Königshause neue Sympathien zu werben. Aber sie erstickten im Keime, als bekannt wur de, daß das Königshaus sich von der Regierung, die dazu kaum ein Recht besaß, Millionenvorschüsse aus der Staatskasse hat bewilligen lassen. Dann hat auch diese Revolution ihre Lola Montez gehabt. Es konn te nicht die Zuneigung des Volkes zu König Manuel vermehren, daß dieser Einundzwanzigjährige, der an den europäischen Höfen auf Brautschau herumreiste, die blutige Erinnerung an den 1. Februar 1908 in den Armen einer Varieteekünstlerin zu vergessen suchte. Selbstmord des Palastkommandauten. Der Gouverneur und königliche Palastkommandant Ge neral Gorjas hat sich erschossen. Gorjas hatte den König, die Königin und den Hofstaat in den bombend sicheren Kellerräumen untergebracht und leitete mit wahrem Heroismus die Verteidigung des Palastes ge gen die Aufständischen. Erst als der General bemerkte, daß unter seinen eigenen Leuten Verschworene sich be fanden, die den Belagerern die Zugänge des Palastes öffneten, gab er die königliche Sache verloren, schrieb einige Abschiedsworte an den König und schoß sich aus seinem Revolver eine Kugel in die Schläfe. Auf einem Tisch fand man einen mit Bleistift geschriebenen Zettel des Polizeipräfekten von Lissabon vor, in dem gesagt wurde, das jeder Widerstand vergeblich sei, da das d. und 16. Infanterieregiment sowie das 1. Jägerregi ment, auf das man mit Sicherheit gerechnet hatte, nach Beseitigung der höheren Offiziere zu den Revolu tionären übergegangen seien und sich des Arsenals be mächtigt hätten. Diese letzte Meldung des Präfekten bezieht sich auf die blutigen Zusammenstöße in den Kasernen, wo sich die monarchistischen Offiziere gegen den Widerstand der revolutionären Truppen ohnmäch tig zeigten. Die Offiziere erwarteten immer noch Zu- , zug von königstreuen Truppen aus den Provinzstädten, doch scheint die Bahnverwaltung diese Militärzüge ab- s sichtlich verzögert zu haben. Ueber den Aufenthalt des Königs lauten die Nachrichten noch immer widersprechend. Von den heute vorliegenden Telegrammen seien folgende ver zeichnet : Lissabon, 6. Oktober. Gestern abend' um 11 Uhr erließ Präsident Braga folgendes Mani fest an die Armee und Flotte: „Die provisorische Re gierung der portugiesischen Republik begrüßt die Trup pen zur Lande und zur See, die, mit dem Volke zu sammenwirkend, die Republik zum Glück des Vater landes begründet haben. Sie vertraut auf den Patrio tismus aller. Die Republik ist für das gesamte Volk da, und die Regierung hofft daher, daß die Offiziere der Armee und Flotte, die sich an der revolutionären Bewegung nicht beteiligt haben, sich im Hauptquartier stellen werden, um die uneingeschränkte Loyalität ge gen die neue Verwaltung zu versichern. Mittlerweile müssen die Revolutionäre alle ihre Stellungen besetzt halten Für Verteidigung und Befestigung der Republik. Vigo, 6. Oktober. Hier laufen fortwährend un kontrollierbare Meldungen über die Entwicklung der Dinge in Lissabon ein. So heißt es, daß die end gültige Entscheidung jn der Hauptstadt trotz der Ein setzung einer provisorischen, republikanischen Regierung noch nicht gefallen sei, da sich mehrere königstreue Regimenter auf dem Anmarsch aus der Provinz nach Lissabon befänden, so daß die Entscheidungskämpfe noch bevorständen. Die portugiesischen Loyalisten, so wird weiter behauptet, erhoffen Hilfe von der spanischen und der englischen Regierung. Paris, 6. Oktober. Der heutige Ministerrat wird sich mit den Ereignissen in Portugal beschäf tigen und entscheiden, ob ein französisches Kriegsschiff nach Portugal entsendet werden soll. Nach Privat- mcldungen aus Lissabon soll sich der König, die Köni gin-Mutter und Großmuttter nach Masfra, ungefähr 7 Meilen von Lissabon entfernt, geflüchtet haben. Mas fra besitzt ein königliches Schloß, sowie eine starke Gar nison. Immerhin sind die Nachrichten über den wirk lichen Aufenthalt des Königs noch sehr widersprechend. London, 6. Oktober. Die englische Regierung hat den in Gibraltar stationierten englischen Kriegsschiffen Befehl erteilt, unverzüglich nach den portugiesischen Gewässern abzugehen. Offiziell wer den diese Kriegsschiffe entsandt, um die englischen In teressen wahrzunehmen. Der Londoner „Matin"-Koc- respondent erklärt sich jedoch ermächtigt, mitzuteilen, daß diese Schiffe die Mission erhalten haben, wenn notwendig, dem König eine Zufluchtsstätte zu ge währen und ihm in jeder Weise behilflich zu sein, sich in Sicherheit zu bringen. Es ist sicher, daß König Ma nuel sich gn Bord des „Sao Paulo" befindet; ein hier eingegangenes drahtloses Telegramm bestätigt dies in formeller Weise. Andererseits gilt es ebenfalls als sicher, daß der König sich nicht an Bord des New-Castle geflüchtet hat, denn sonst hätte die englische Regie rung diesbezügliche Nachrichten erhalten. Außerdem ist es sicher, daß der König das Königliche Palais ver lassen hat, denn das Bombardement des Palastes durch die Kriegsschiffe wurde erst in sinkender Nacht einge stellt. Innsbruck, 6. Oktober. Nach einer Meldung, die heute früh im Schloß Mentelberg in Tirol bei Verwandten des Königs Manuel eingegangen ist, be findet sich der König und seine Mutter, wie mit Bestimmtheit festgestellt ist, auf dem im Hafen von Lissabon liegenden englischen Kriegsschiff „New-Castle" unter sicherem Schutz. Tagesgcschichte. Deutschland. — Vorbereitungen zur Kronprinzen reise. Der Kronprinz bereitet sich seit längerer Zeit eingehend auf seine große Fahrt nach Asien vor. Schon seit Anfang Juli läßt er sich über die Gebiete, die er auf seiner Reise berühren wird, regelmäßig wissenschaftliche Abcndvorträge halten, die an der Hand von Karten und Lichtbildern die Grundzüge der Geographie der einzel nen Länder, ihr Klima, ihre Pflanzen- und Tierwelt,