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WMV für MÄmff Erscheint wöchentlich zweimal u. zwar Dienstags und Freitags. — Abonnementspreis - vierteljährlich 1 Mk., durch die Post ' bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne j Nummern 10 Pf. Thmimdt, Men, Ziebenlehn und die UnlMnden. Imtsölukt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 85. Freitag, den 23. Oktober 1891. Daß dem Rendanten bei dem Königlichen Amtsgerichte Wilsdruff Herrn Frernz Lsnis Busch die Verwaltung der Ortsstempeleinnahme zu Wilsdruff vom Königlichen Finanz ministerium übertragen worden ist, wird hiermit bekannt gemacht. Dresden, am 19. Oktober 1891. Königlicher Kreisstenerrath. St-k. A u c t i o n. Dienstag, den 2«. ds. Alts., Vormittags IjO Uhr, gelangen in hiesiger Stadt 1 Kuh und 1 Kalbe gegen sofortige Baarzahlung zur Versteigerung. Bieterversamm lung im Hotel Adler hierselbst. Wilsdruff, den 19. Oktober 1891. Ger.-Vollz. Für die zur Konkursmasse des Braumeisters Fridrich Reinhard Jahn gehörige Scheune Fol. 420 des Grundbuches No. 10811 des Brandkatasters für Wilsdruff sind deni unterzeichneten Konkursverwalter fünfzehnhundert Mark Kaufpreis geboten. Diejenigen, welche gesonnen sind, auf gedachtes Grundstück mehr zu bieten, ersuche ich, ihre Gebote schriftlich bis zum 25. d. M. an mich gelangen zu lassen. Das Grundstück ist schuldenfrei, und ist der Kaufpreis spätestens bei Reeognition des Kaufes zu zahlen. Dresden, am 21. Oktober 1891. Der Konkursverwalter. Rechtsanwalt «iL8lav Flüller. Tagesgeschichte. Immer näher rückt der Termin heran, von welchem an die Ansprüche auf In v a lid e n re nte erhoben werden können. Nach dem Gesetze ist die Geltendmachung dieser Ansprüche während der Nebergangszeit, d. h. während 5X^^ Wochen nach dem 1. Januar 1891 von der Voraussetzung abhängig, daß mindestens für die Dauer eines Beitragsjahres oder 47 Wochen auf Grund der Versicherungspflicht die gesetzlichen Bei träge entrichtet worden sind. Es waren nun Zweifel darüber aufgestiegen, ob auf die hiernach erforderliche Zeit eines Bei tragsjahres auch Krankheiten und Zeiten militärischer Dienst leistungen anzurechnen feien, wie es im allgemeinen im Gesetze vorgeschrieben ist. Diese Zweifel sind durch eine Entscheidung des Reichsversicherungsamtes beseitigt, in welcher das Amt die streitige Frage bejaht hat. Personen also, welche, nachdem sie nicht lediglich vorübergehend in ein die Versicherungspflicht be- begründendes Arbeits oder Dienstverhältniß eingetreten waren, wegen bescheinigter, nnt Erwerbsunfähigkeit verbundener Arbeit für die Dauer von sieben oder mehr auf einander folgenden Tagen verhindert gewesen sind, dieses Verhältniß fortzusetzen oder Behufs Erfüllung der Wehrpflicht zum Heere oder zur- Marine eingezogen gewesen sind, werden diese Zeiten als Bei tragszeiten auch auf das erste Beitragsjahr in Anrechnung ge bracht werden. Es heißt jetzt mit Bestimmtheit, daß dem 'Reichstage eine Forderung für die Befestigung Helgolands zugeben wird. Die Gesammtkosteu sollen sich angeblich auf 10 Millionen Mark belaufen. Die Meldungen über den zu erwartenden offiziellen Be such der russischen Majestäten am Berliner Hofe gelegentlich ihrer Heimreise von Kopenhagen nach Petersburg verdichten sich immer mehr. Dieselben haben jetzt durch das am Montag Mittag erfolgte Eintreffen der russischen Jacht „Polarstern" im Hafen von Neufahrwasser anscheinend eine weitere Bekräftigung erhalten, da angenommen wird, daß es sich um eine Probe fahrt des „Polarstern" handelt. Selbstverständlich muß aber auch jetzt erst noch eine bestätigende Meldung über das Zu standekommen des nun schon so oft angekündigten Czarenbesuches am Berliner Hofe abgewartet werden. Ein Bund zur Hebung des Mittelstandes hat sich in Berlin konstituirt, dessen Ziele aus folgenden Bestimmungen der Satzungen ersichtlich sind. Der Bund stellt sich die Auf gabe, „die wirthschaftliche Lage der selbstständigen Handwerks meister und kleinen Gewerbetreibenden durch Einwirkung auf die Gesetzgebung und durch Selbsthilfe zu heben und das 'Nationalbewußtsein des deutschen Mittelstandes zu stärken". Diese Ziele will der Bund erreichen „durch energische Agitation für die Aenderung der Konkurs-Ordnung, für Beseitigung oder wesentliche Einschränkung der Zuchthausarbeit, Einschränkung des Hausirhandels, Aenderung des Submissionswesens und Ein schränkung der Gewerbefceih'eit". Der Bund plant ferner die Gründung von Genossenschaften zur Anschaffung billiger Roh produkte, von Handwerkszeug, u. dergl., er will seine Mitglieder über Kreditsuchende informiren und Rechtshilfe in Prozeßsachen gewähren. Mitglied des Bundes kann jeder selbstständige deutsche Handwerker und Gewerbetreibende werden. Vorigen Sonntag hat in Frankfurt die Schlußfeier der elektrischen Ausstellung stattgefnnden. Der erste Vorsitzende des Vorstandes schilderte den Verlauf der Ausststellung, indem er die Verdienste aller Mitwirkenden der Reihe nach würdigte und allen den Dank aussprach. Nach dieser Ausführung stell ten 455 Firmen einen Werth von über 7 Millionen Mark aus; besucht wurde die Ausstellung von über 1,200,000 Personen, sodaß auch das finanzielle Resultat als ein günstiges zu be trachten sei. Hierauf entwickelte Professor von Helmholtz in' längerer Rede die Fortschritte der Elektrizität bei der Ausstell ung, sowie deren nachgewiesenen Werth und Erfolg. Der Fi nanzminister von Miquel, mit allgemeinem Beifall begrüßt, sprach über den praktischen 'Nutzen der Ausstellung, der zweifel los bedeutend sei - unsere deutsche Industrie habe bei diesem Wettstreite sehr wohl bestanden; wesentliche Verdienste hätten dabei der Vorstand, wie die Garantiezeichner; er schloß offiziell mit den Worten: Ende gut, Alles gut. Auf dem Erfurter Parteitage der Sozialdemokratie ist endlich die Bombe geplatzt. In der Montagsfitzung des Kon gresses wurde nach sehr erregten Verhandlungen seitens der an wesenden Oppositionsmitglieder die Erklärung abgegeben, daß sie aus der Partei austrüten, worauf dieselben den Sitzungs saal verließen. Dieser AuSgang der Differenzen zwischen der sozialdemokratischen Opposition und der Parteileitung ließ sich vorausseheu, da die Oppositionsmitglicdcr sich weigerten, der eingesetzten Untersuchungskommission Rede und Antwort zu stehen. Vermuthlich werden nun die Herren Wildberger, Werner und Genossen eine besondere Partei gründen, mit welcher die alten sozialdemokratischen Führer jedenfalls zu rechnen haben werden. In der erwähnten Sitzung ging es anch scharf über- Vollmar her, welcher wegen seiner bekannten gegen Bebel ge richteten Kongreßrede von den Delegirlcn Fischer Berlin und Liebknecht scharf angegriffen wurde. Dem gegenüber vertheidigte Herr v. Vollmar nochmals seinen Standpunkt und ließ durch blicken, daß er eventuell ebenfalls seinen Austritt aus der Partei bewerkstelligen werde. Bebel warf Vollmar vor, er habe mit seinen früheren Ansichten völlig gebrochen, und verbreitete sich dann über die auswärtige Politik, hierbei eine Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich um jeden Preis verlangend. Im weiteren Verlaufe der Sitzung zog der Delegirte Oertel seinen die Haltung v. Vollmars tadelnden Antrag zurück, wo durch sich der bäuerische Sozialistenführer für befriedigt erklärte. Ani Schlüsse der Montagsfitzung genehmigte der, Kongreß eine von Bebel beantragte Resolution, welche sich für Beibehaltung der jetzigen Parteitaktik und für möglichste Agitation bei den Wahlen, sowie für unbedingte Aufrechterhaltung der Disciplin, aber gegen Erlangung von Zugeständnissen seitens der herrschenden Klassen erklärt. Ein schauerliches Verbrechen ist in Woltwiesche, sAmt Salder in Braunschweig) verübt worden. Der Schlächter Hartmann ermordete seinen Schwiegervater, Frau und Sohn und wgrs dann die schrecklich zugerichteten drei Leichen in eine Jauchegrube. Darauf ließ der Mörder sich von deni von Hildesheim kommenden Eisenbabnzuge todtfahren. Vor der Strafkammer zu Memel spielte sich kürzlich ein Prozeß ab, der in kaufmännischen Kreisen viel von sich reden macht. Auf der Anklagebank befanden sich der Obertelegraphen assistent Samland und der Kaufmann Wenzel. Samland, ein etwa 50jähriger Beamter, der bereits 25 Jahre sich in seiner Stellung befand, soll in den Jahren 1886 bis 1890 wieder holt das Telegraphengeheimniß preisgegeben haben. Er hatte 3000 Mark Gehalt, befand sich stets in Geldverlegenheit, und in dieser Lage ließ er sich dazu bewegen, dem Kaufmann Wenzel gegen Gewährung von Geschenken und Darlehen den Inhalt von bestimmten Telegrammen mitzutheilen, die an Konkurrenden Wenzel's gerichtet waren. Wie aus der Verhandlung hervor ging, sind einige Konkurrenden des W. durch diese Handlungs weise ganz bedeutend geschädigt worden. Der Gerichtshof er kannte gegen Samland auf 2 Jahre Gefängniß und 3 Jahre Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter und gegen Wenzel auf 9 Monate Gefängniß. Den am letzten Sonntag Abend stattgefundeneu Zusammen stoß des Breslau-Berliner Schnellzuges mit einer Rangiermaschine bei der Einfahrt in den Bahnhof Kohlfurt schildert ein Theilnehmer an der Fahrt, wie folgt: Der um 10 Uhr 32 Minuten von Breslau abgelassene Schnellzug hatte dort eine größere Anzahl Passagiere, vorwiegend Berliner, ausgenommen, die Koupees des Zuges, Ser I. bis 3. Wagenklasse, sowie Schlafwaggons fübrt, waren stark besetzt. Um 12 Ubr 50 Minuten 'nachts, als der Zug etwa noch 100 Meter von der Station Kohlfurt entfernt war, wurden die zumeist schlafenden Passagiere durch schrille Nothsignale geschreckt, und im nächsten Augenblicke verspürten die Wageninsassen eine furchtbare Er schütterung, ein unheimliches Krachen und Brechen wurde ver nehmbar. Sofort wurde allen klar, daß hier ein Zusammen stoß stattgefunden, und in wilder Flucht verließen die Passagiere die Wagenabtheilungen. Der Anblick, der sich ilmen bot, war ein entsetzlicher; eine Rangiermaschine war in schräger Richtung in den Zug hineingefahren, wahrscheinlich infolge vorzeitiger Verstellung der Weichen. Obwohl beide Züge sich in gemäßigter Fahrgeschwindigkeit befanden, hatte der Zusammenstoß doch eine furchtbare Wirkung. Den, gleich hinter den beiden Maschinen und dem Gepäckwagen angekoppelten Schlafwaggon folgte ein Wagen zweiter Classe, in welchem die Rangiermaschine hinein gefahren war. Der Waggon war durch den Anprall umgeworfen, die Seitenwand war zertrümmert und auf die letztere hatte sich die Lokomotive hinaufgeschoben. Der Schornstein war in das erste Coupee des nachfolgenden Wagens dritter Classe hineinge drungen und sandte nun eine enorme Rauchmasse in dasselbe hinein, die Passagiere desselben in die Gefahr des Erstickungs todes bringend. Durch die Oualmentwickelung wurden die neun Personen, welche in diesem Konpee saßen, der Besinnung beraubt; nur ein einziger, ein Kaufmann, hatte noch so viel Besinnung, daß er die Thür aufreißen und ins Freie stürzen konnte. Hier erholte er sich bald soweit, daß er mit Hilfe an derer Hinzugekommeuen die betäubten Koupeeinsassen aus dem Koupee herausheben konnte; ein Theil derselben erholte sich bald wieder in der frischen Luft, während es bei mehreren Damen stundenlanger Bemühungen bedurfte, uni dieselben wieder ins Leben zurückzubrmgen. Auch aus den übrigen Waggons wurden zahlreiche ohnmächtige Personen herausgehoben, die nach deni Stationsgebäude geschafft wurden. Auch der Schlafwagen war aus dem Geleise herausgeworfe», während die beiden Lo komotiven des Schnellzuges umgeworfen und demoliert waren. Sowohl seitens der Passagiere, soweit diese Hilfe leisten konnten, als auch von dem Bahnhofspersonal wurden die Rettungs arbeiten sofort vorgenommen, welche sich ganz besonders schwierig bei deni zertrümmerten, nnr noch einen Bretterhaufen bilden den Wagen zweiter Klasse gestalteten. Hier mußte die ganze Decke abgehoben werden, um die unter den Trümmern und der hineingefahrenen Rangierlokomotive befindlichen eingeklemmten Passagiere, welche jamniernd um Hilfe riefen, hervorzuholen. Soweit der Theilnchmer an der Fahrt, der selbst Brandwunden an der linken Hand und am Unterarm durch den eindringen den Rauch der Rangierlokomotive davongetragen, bemerken konnte, sind vier Personen schwer verletzt, darunter 2 Heizer, deren Köpfe zerfleischt waren, und die auch an Kopf und Hinterleib schwere Verletzungen erhalten hatten. Der zufällig im Zuge anwesende Arzt, Ur. Kaliski aus Rosenberg i. Schl, übernahm den Samariterdienst bis zum Eintreffen mehrerer Aerzte aus Kohlfurt, da sich alsbald eine große Anzahl Passagiere meldeten