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A-orker Wochenblatt. Mittheklungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfter Jahrgang. Perl« für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 16 gr. Sächs., bei Beziehung del Blatte« durch Botengclegenheit 12 Gr. Sächs. 30. Erscheint jeden Donnerstag. 25. Juli 1839. Vergleichungen. Motto: Nichts ist so gering, daß e« nicht für den Verständigen Etwas werden könnte. Es glcbt Leute, welche die zarten Keime des poli tischen Lebens Im teutschen Vaterlandc hcrabzusetzen und lächerlich zu machen suchen, indem sie denselben die Großartigkeit der politischen Verhältnisse Groß- brittanniens und der in ihnen sich bewegenden Cha raktere entgegen halten; dagegen aber jede Beru fung auf das Gute und Vortbeilhaftc in der engli schen Staatsvcrfassung als unvaterländische Gesin nung zu verschreien bemüht sind. ES gicbt auch an dere Leute, welche einem gewissen vornehmen Libera lismus nicht ganz abhold sind, oder doch mindestens mit ihm kokettiren, und dennoch ihre vermeintliche 'Würde gänzlich zu vernichten wähnen würden, soll ten sic sich zu Gunsten und Im Sinne der liberalen Ideen in der großen Klasse der in unsern gesellschaft lichen Verhältnissen untergeordneten Stände, dem eigentlichen Stütz « und Zielpunkte des Liberalismus, bewegen. Was sagen aber nun alle diese Leute dazu, wenn wir in England hochgestellte Männer, nicht et wa chartistische Volksrcdncr, welche ungeheure Volks versammlungen, gegen die unser teutschcs Hambacher Fest ein Kinderspiel ist, für die Verbesserung der Stellung der Arbeiterklassen bearbeiten, auch nicht radikale Parlamentsmitglieder, die ein immer weiteres Fortschritt» in der Verfassungsverbesscrung beharr lich erstreben; auch nicht Reformer, die die Verfas sung, wie sie besteht, zum Nutzen der Freiheit anzu- wcnven suchen; ja nicht einmal'Wighs aus der Klaffe der volksfrcundlichen Aristokraten Englands; nicht einmal die jetzigen Im Ganzen als liberal geltenden Minister; sondern Hochtorys, Anhänger und Vcrthei- digcr des aus längst vergangenen Zeiten Hergebrach ten, zum Bestehenden aber Veralteten, Männer, wie inen Sir Robert Peel, einen Lvtd Lyndhurst, einen Hekzog v. Wellington, nicht etwa blos den Versamm lungen Milliarden besitzender, über Königreiche gebie tender Kaufmannsgcsellschaften, oder weitläufige Herr schaften zum Eigenthume habender Grundbesitzer, oder auch auf das materielle Wohl des Landes gewal tigen Einfluß übender Jndustrievereine beiwohnen, sondern, wie dicS im vergangenen Monate geschehen, der Einladung zur Jahresversammlung der Londoner Schneidcrzunft bereitwillige Folge leisten, und noch dazu vor den Herren, deren Beruf weder an das gewaltige Kriegsschwerdt, noch an die gewandte Diplomatenfeder, sondern an die bescheidener» Werk zeuge der Scheere und der Nadel geknüpft ist, ihr politisches Denken und Handeln zu verthcidigen, zu rechtfertigen und deren Beifall für dasselbe zu gewin nen sich bemühe» sehen? Schneider und Aristokraten, wie es ihrem materiellen Gewichte nach keine anderen in der Welt giebt, vor dem Richtcrstuhlc der politi schen Meinung der Ersteren! kann das wohl einer teut schen politischen Seele zu Kopfe, bei uns, wo Minister oft rS schon für ein großes Jugcständniß halten, wenn sie aus fast übergroßer Gnade Ständcversammlungcn einige dürftige Aufschlüsse über den Gang der Ver waltung mittheilcn, oder die — lästigen Frager wohl auch mit der kurzen Antwort abfertigen, die Sache gehe sie nichts an. Vor mehren Jahren allerdings sah man wohl auch bei uns in Teutschland hier und da Staatsbeamte auf eine Weile von dieser ihrer Höhe herab steigen, dem und jenem aus dem großen Haufen ohne sonderlich ängstliche Auswahl freundlich die Hand drücken und mit vorher und nachher unge wohnter Vertraulichkeit sich mit ihnen in ein Gespräch einlaffcn, dessen Inhalt Versicherungen seiner wohl wollenden Gesinnungen gegen das allgemeine Beste waren. Aber eben nur eine Weile; denn hat man das unbändig sich anstellcnde Roß nur erst durch Streicheln wieder zum Parlren gebracht, so sucht man auch bald wieder die Peitsche hervor. Wer hat nun aber Recht? Haben jene englischen Aristokraten der Würde ihres Standes eine schmähliche Biöse gegeben