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Srlqrmt wöchentlich drei »al u«d »war Dienstag, Donnerstag and Tannabend (Borinittag). Abonneventüprei« »atrstgt «erteljährlich 1 Mark 20 Pf. prienunsranäo. Ameigti für Inserat« werden bist spätesten« PtittqgS de« vorhergehende« DageS he« Erscheinen« erbeten und die EorPusspaltenzeilr mit tv Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend Amtsblatt für dm StadtgemLiuderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. HO. Donnerstag, den 1. Mai L879. 4. Jahrg. Tagssgrschichtr. Deutschland. Berlin, 38. April. Die Zahl der Petitionen, welche bezüglich des Zolltarifs an den Reichstag gelangen, ist noch in stetigem Zunehmen begriffen und noch niemals ist der Reichstag in einem solchen Umfange wie jetzt mit Broschüren überschwemmt worden, welche sich auf Vie Zoll- und Steuerfrage beziehen und deren Vertheilung an die Abgeordneten gewünscht wird. Im Großen und Ganzen ist im Reichstag die Neigung vorhanden, die Petitionen, so weit es sich irgend thun läßt, nicht unberücksichtigt zu lassen, während der Bundesrath beschlossen hat, Vie eingegangenen und eingehenden Petitionen über den Tarif auf Grund seiner Entscheidung zu den Akten zu nehmen. Berlin, 38. April. Zu unserer Gewerbeausstellung, die in wenigen Tagen eröffnet werden soll, gehen jetzt statt der gewaltigen Holz- und Eisenmaffen, Zinkformen und Stuckgebilde, die viele Wochen die Wege füllten, die Ausstellungsgüter selbst ein. Lange Wagenreihen nähern sich den Pforten und aus Kisten und Körben schälen sich die prächtigsten Bronzen und Krystalle, aus gewaltigen Pappschachteln die werthvollen Sammetroben und elegante Coiffuren aus. Die Mustersalons unserer Dekorateure füllen sich mit Möbeln, die nach Zeichnungen berühmter Architekten in den Ateliers von Berliner Kunsttischlern gefertigt worden sind. Kolossale Kronleuchter hängen von den Gebälken, seidene Draperien umhüllen die goldenen Firmen schilder der Aussteller. Draußen aber ist der öde Platz zu einem schönen Garten mit zahllosen Kiosken, Pavillons und Orchestersitzen und lauschigen Lauben umgewandelt. Von hervorragender Schönheit ist der Pavillon des Kaisers, zu dessen Seiten die Steinmetzmeister gefällige Monumente ihrer Kunst aufgebaut haben. Der Eröffnung der Ausstellung für das Publikum, welche am 1. Mai 13 Uhr statt findet, geht eine Feierlichkeit vor geladenem Kreise voran, zu welcher die Minister, die städtischen Behörden und andere Ehrengäste erwartet werden. Zwei Militärmusikkorps werden den feierlichen Einzug in die Hallen, die hoffentlich für Berlin Ehrenhallen werden, geleiten. Wie es heißt, beabsichtigt der Kronprinz, entweder schon zur Eröffnung oder in den nächsten Tagen zu erscheinen. Oesterreich. Wien, 38. April. Die Festlichkeiten zu Ehren der silbernen Hochzeit des Kaisers und der Kaiserin sind mit dem gestern bei günstigster Witterung abgehaltenen Festzuge abgeschlossen worden. Rufiland. Am 18. April, Nachts, waren die Wachen im Winterpalais und iiw Anitschkinpalais (der Wohnung des Großfürst- Thronfolgers) verstärkt morden. Man hatte erfahren, daß zu dieser Zeit die Nihilisten einen besonderen Putsch vorbereitet hätten. Feld marschall Großfürst Nikolaus weilte im Stabsgebäude und leitete persönlich die militärischen und polizeilichen Maßregeln, mehrere Straßen wurden abgesperrt und einige hundert Nihilisten arretirt. Kurz vorher hatte der reiche Commerzienrath Elissejeff eine Auf forderung erhalten, sofort 30,000 Rubel zu zahlen, falls er am Leben bleiben wolle. Er zog das Geldopfer der Gefahr vor, von desperaten Bösewichtern ermordet zu worden. — Moskauer Berichten zufolge wurden dort seit den eingeführten Außnahmsmaßregeln 1500 Ver dächtige verhaftet, darunter viele Studenten, Offiziere und Setzer der dortigen Druckereien. Viele der Verhafteten wurden bereits nach Sibirien deportirt. Jeder Gendarm ist berechtigt, jederzeit überall Haussuchungen vorzunehmen. — Aus der kleinrussischen Bezirksstadt Perejaslawl im Gouvernement Kiew wird dem „Kijewlianin" ge schrieben, daß dort am 31. d. eine ganze Ballgesellschaft von der Polizei verhaftet und in den Arrest geworfen wurde. Unter den Verhafteten befanden sich viele Beamte und mehr als die Hälfte Damen. Alle wurden einer körperlichen Untersuchung unterzogen und gleich Verbrechern behandelt. Der Gouvernementschef von Kiew gab jedoch Befehl, sämmtliche Verhafteten zu entlassen und schärfte den Polizeibeamten seines Gouvernements ein, nicht allzu streng die Regeln des Belagerungszustandes aufzufassen und unschuldige Versamm lungen, wie Bälle, Picknicks, Abenduuterhaltungen in Familienkreisen und dergleichen zu gestatten. Aegypten. Ein Engländer, welcher vor kurzem Oberägypten von Siut bis Luksor durchreiste, schreibt an die „Times", daß eine furchtbare Hungersnoth in dieser Provinz herrschte. „Wir haben", schreibt der Korrespondent, „zweihundert Meilen lang das Land in seinen entlegensten Theilen besucht und überall das schreckliche Elend gefunden. In der Stadt How sahen wir vor unseren Augen Fellahs auf den Straßen sterben und bei unserer Ankunft in den verschiede nen Dörfern tönten uns von allen Seiten Wehklagen und Gejammer entgegen. Kinder, welche buchstäblich nur aus Haut und Knochen bestanden, rauften sich gierig uni jedes Stück Brod, das wir ihnen gaben, ebenso auch um das Oel und die Ueberreste von Sardinen. In Keneh war das Elend wohl minder arg, aber man erzählte uns, daß noch vor ein paar Tagen einer der reichsten Grundbesitzer Aegyptens, welcher diese Stadt bewohnt, auf feine Kosten mährend einer Woche nahe an 7000 Fellahs mit Nahrungsmitteln versorgte. Aus anderen Ortschaften werden ähnliche Akte der Humanität gemeldet. In der Nähe von Siut ließ ein englischer Tourist während seines dortigen Aufenthalts an mehr als tausend Unglückliche, welche dem Hunger tods nahe waren, Lebensmittel vertheilen." Lokales and Sächsisches. Niederzwönitz, 30. April. Heute Nachmittag ^6 Uhr brach in dem hier, an der Stollberger Straße gelegenen, im Umbau be griffenen Friedrich Bonitz'schen Hanse Feuer aus, und brannte dasselbe bis auf die Umfassungsmauern nieder. Die Entstehungsursache ist noch unbekannt. Durch schnelles Eingreifen der freiwilligen Feuer» wehren von Niederzwönitz, Zwönitz und Kühnhaide wurde ein weiteres Umsichgreifen des Feuers verhindert. — Am Dienstag kamen im Aushebungsbezirk Stollberg als letzter Musterungstag 37 Mann aus der Ortschaft Niederzwönitz zur Vorstellung. Für tauglich wurden 6 Wann, zeitig untauglich 19 Mann, bedingt tauglich 8 Mann und für dauernd untauglich 4 Mann befunden. Hiermit endete das Ersatzgeschäft des Landwehrbataillons Chemnitz. — Trotzdem die Rinderpest in Böhmen erloschen ist, bleibt doch bis auf Weiteres, weil sic in Galizien noch fortdauert, entlang der ganzen sächsisch-böhmischen Landesgrenze die Durchfuhr von Rind vieh, Ziegen und Schafen, sowie von thierischen Theilen jeder Art in frischem Zustande ohne allen Unterschied verboten, wogegen der Verkehr mit Butter, Milch und Käse und getrockneten oder gesalzenen Theilen von Thieren nachgelassen ist. Mit Gespannen von Rind vieh ist der Verkehr zwischen böhmischen und sächsischen Grenzorten, ebenso oer gegenseitige Weidebetrieb gestattet. Verboten bleibt noch bis auf Weiteres das Abhalten von Viehmärkten in sämmtlichen mit Böhmen grenzenden aintshauptmannschaftlichen Bezirken. Die Kreis hauptmannschaften sind jedoch ermächtigt, in geeigneten Fällen Aus nahmen zu gestatten. Leipzig, 39. April Der hiesige Kausmann lind Cigarrenhündler Voigtländer hatte sich als Kassirer einer Privatgesellschaft an deren Kaffe vergriffen und als deshalb bei der Staatsanwaltschaft Anzeige gemacht wurde, der gerichtlichen Verfolgung sich entzogen. Er wurde deshalb steckbrieflich verfolgt, auch der Konkurs über sein Vermögen eröffnet. In einem Briefe, den er an einen Bekannten geschrieben, gab er seine Absicht kund, nach Amerika zu flüchten; man glaubte daher, daß er sich längst von Leipzig entfernt habe. Vorgestern erkannte ihn jedoch ein hiesiger Schutzmann in einem Herrn, den er hier ill der Plagwitzer Straße bemerkte und der, als er sich verfolgt sah, schleunigst in ein Haus flüchtete. Aus dem Keller desselben er-