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Erscheint! wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). AbonnementSpreiS beträgt vierteljährlich I Mark so Pi Ämcher für Inserate werden bi- spätesten- Mittags des vorhergehenden Lage« deS Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit "> Pf-, unter „Eingesandt mit 20 Ps. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtflemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Redaction, Druck und Verlag von E. Bernhard Ott in Zwönitz. Donnerstag, den !0. Juli 1884. .-HS- 81. 9. Jahra. Die Transportmittel der Sächsischen Eisenbahnen. Einen ebenso interessanten als lehrreichen Einblick in die gewaltige .Summe von Transportkräften, die der moderne Verkehr sich dienst bar macht, bietet die soeben veröffentlichte „Nachweisung der Trans portmittel und deren Leistungen auf den Königlich Sächsischen Staats eisenbahnen im Jahre 1883". Am Schluffe des genannten Jahres waren auf den Sächsischen Staatsbahnen und den vom Staate mit- verwalteten Privatbahnen insgesammt 756 Locomotiven vorhanden, darunter blos 14, die nur noch leichte Arbeit verrichteten, nachdem sie ihre Namen Greis, Panther, Krokodil, Alligator, Gazelle etc. zum Theil 35 Jahre lang ehrenvoll getragen. Fast die Hälfte der iin activen Dienst stehenden Locomotiven ist in den 70r Jahren gebaut worden, 222 Stück allein in den Milliardenjahren 1871—1874. Den Eilzugsdienst versahen 91 Maschinen. Die Leistung der gejammten Locomotiven belief sich im Jahre 1883 auf 16>/z Millionen Kilo meter (2'/z Millionen Deutsche Meilen), die sie im Zugsdienste zu rücklegten; außerdem machten sie 790,000 Kilometer auf leerer Fahrt und 929,000 Stunden thaten sie Rangirdienst oder standen geheizt in Reserve. Im Zugsdienste wurden 2,100 Personen- und 21,000 Güterwagen mit einem gesammten Eigengeivicht von 2^ Millionen Ctr. so oft hin- und herbewegt, daß ihre 47,000 Achsen zusammen einen Weg von 615 Millionen Kilometer (Achskilometer) zurücklegten. Sollte ein 2achsiger Wagen allein diese Kilometersumme leisten, so würde er, Tag und Nacht unausgesetzt in Bewegung und mit der Eilzugsgeschwindigkeit von 60 kiloineter pro Stunde, doch 587 Jahre 120 Tage dazu gebrauchen und in dieser Zeit jede Linie des Sächsischen Eisenbahnnetzes 75,000 Mal hin und zurück befahren müssen. Die Einzelleistungen der Locomotiven sind natürlich sehr verschieden. Im Allgemeinen entfielen durchschnittlich auf eine jede 22,500 Kilometer (3,000 Deutsche Meilen), auf eine Eilzugsmaschine durchschnittlich 34,600 Kilometer, auf eine Personenzugsmaschine 28,200, auf eine Güterzugslocomotive 25,500, auf eine schinalspurige 14,940 und auf eine Locomotive für gemischte Züge 14,780 Kilometer. Die höchste Leistung im vorigen Jahre ergab sich bei der Eilzugslocomotive „Stolpen", welche auf der Linie Chemnitz-Zmickau-Hof im Ganzen 61,882 Kilometer zurücklegte; die höchste Leistung unter allen activen und ausrangirten Locomotiven seit ihrer Existenz ivar mit 1,109,036 Kilometer bei der Maschine „Darmstadt" zu verzeichnen, welche Ende vorigen Jahres 21 Jahre'im Dienste stand; diese Locomotive hat mithin alle 7 Jahre einen der Entfernung zwischen Erde und Mond gleichkommenden Weg zurückgelegt. Die Quelle, aus welche die Kraft für jene Leistungen im Jahre 1883 floß, waren etwa 200 Millionen Kilogramm (4 Mill. Ctr.) Kohlen — ein Quantum, welches 400 Eisenbahnzüge, jeder aus 50 Waggons bestehend, füllen würde. Die Kosten für die an den Locomotiven nötbigen Reparaturen betrugen insgesammt 1,280,000 M. oder 1,765 M. durchschnittlich für jede Locomotive. Für den vorzüglichen Zustand des Locomotivenparks der Sächsischen Bahnen spricht der Umstand, daß 1882 im ganzen Deutschen Reichsgebiete durchschnittlich eine Locomotive 20,103, speciell in Sachsen aber 22,428 Kilom. leistete, der durchschnittliche Kohlenverbrauch bei jeder Locomotive in Deutschland 13,1, in Sachsen nur 12,1 irA. pro Lokomotivkilometer und der Neparaturaufwand dort 14,8 Pfg. in Sachsen dagegen nur 8,8 Pfg. Kilometer betrug. Locale und sächsische Nachrichten. — Thalheim. Bis zum Jahre 1840, affo vor nahezu 44 Jahren gab es hier älteren Mittheiluugen zufolge 38 Bauerngüter, 16 Gärtner- und 99 Häusler-Nahrnngen mit 1821 Einwohnern, deren Hanptnahrungszweig schon damals die Strumpfwirkerei mar. Die 269 Meister mit ungefähr 500 Stühlen bildeten seit 1839, bis wohin sie der Hohenecker Innung einverleibt gewesen waren, ihre eigene höchsten Orts bestätigte Innung mit einer Ordnung und Lade ver sehen. Außer den Strumpfwirkern gab es damals noch 5 Bäcker-, 5 Schneider-, 3 Schuhmacher-, 2 Schmiede-, 2 Tischler- und 3 Zimmer meister hier. Sodann zählte unser Ort noch 3 Baumwollspinnereien, 2 Bleicheanstalten, 4 Mahlmühlen, 1 Oel- nnd 1 Brettmühle, sowie am obersten Ende des Dorfes ein Eisenhammerwerk. Ein Erbgericht mit noch 2 anderen konzessionirten Schankwirthschasten boten den hiesigen srohen und lebenslustigen Bewohnern hinlängliche Gelegenheit zur Erholung. — Der in Aussicht genommene Fcchtabeud der deutschen Reichsfechtschule hier findet nächsten Montag, den 14. Juli, abends 8 Uhr im Erbgericht statt. (Siehe Inserat ds. Blattes.) Die deutsche Neichsfechtschule ist nicht eine Anstalt, welche der Ausbildung im Gebrauche von Hieb- und Stoßwaffen dient, nein, sie treibt die Fechterei in viel edlerem Sinne, im Sinne der Wohlthätigkeit und der helfenden Menschenliebe! Ihr Zweck und ihr Ziel ist die Ver- sorgung armer verlassener Waisen, die Errichtung von Reichswaisen- Häusern. Die Fechlerei besteht nur im Werben von Mitgliedern und wird geübt im Kreise fröhlicher Leute und bei freudigen Gebern unter dem Motto: Mele Wenig machen ein Viel! Mitglied der deutschen Reichsfechtschule wird jeder, der sich eine Jahresmitgliedskarte für 30 Pf. erivirbt, und Fechtmeister (Fechtmeisterin) wer eineFecht- schule von mindestens 20 Mitgliedern gründet. — Zlv önitz, 9. Juli. Gestern Abend feierte der hiesige Gesang verein „Liedertafel" einen Familienabend in den Parkanlagen des Herrn Rentier Austel zu Niederzwönitz. Ein höchst effectvoller An blick bot sich den Anwesenden zum öfteren dadurch, daß zu wieder holten Malen Buntfeuer angebrannt wurde. Ueberhaupt gebührt Herrn Rentier Austel der herzlichste Dank für das überaus freundliche Entgegenkommen, welches wie auch früher, so auch gestern Abend der Zwönitzer Liedertafel von Herrn Rentier Austel entgegen gebracht worden ist. Möge es gestattet sein, diesen Dank an dieser Stelle in herzlichster Weise zum Ausdruck zu bringen. Da der Abend auch vom schönsten Wetter begünstigt war, so gestaltete sich der Abend für die Mitglieder der Liedertafel und ihren mitanwesenden Frauen zu einem höchst genußreichen, und sei auch den werthen Gästen, die durch ihre Theilnahme zur Verschönerung des Ganzen mit beitrugen, ein herzliches „Grüß Gott!" dargebracht. — Bei Selbstdeclarationen zur Einkommensteuer-Einschätzung be finden sich Landleute häufig in dem Jrrthum, daß sie den Verbrauch von Lebensmitteln rc. aus den Erträgnissen der eigenen Wirthschaft entweder gar nicht oder nur in ganz geringem Grade in Anrechnung bringen. Sie haben sich oft überhaupt noch gar kein Exempel ge macht, welche Ausgaben der Stadtbewohner allein für die in seinem Haushalt dringend nothwendigen landwirthschaftlichen Erzeugnisse hat. Würde der Landwirth all' das Getreide, das er selbst verbäckt, das Gemüse, Eier, Butter, Stroh rc., was er verbraucht und was er Alles, ohne in den Beutel greifen zu müssen, von seinen erzeugte» Vorräthen entnimmt, mit solchen Preisen zur Rechnung bringen, wie sie der Stadtbewohner dafür anlegen muß, der Landwirth würde er staunen über das viele Geld, welches eine Hauswirthschaft nur nach dieser Richtung in Anspruch nimmt. Aber die in der Landwirthschaft emporgewachsenen Personen sind daran gewöhnt, ihre selbst erwirth- schafteten Lebensmittel als etwas Naturgegebenes zu verbrauchen, ohne deren Geldwerth in Anrechnung zu bringen. Daher declariren oft behäbig lebende Wirthschaftsbesitzer zu Steuereinschätzung Ein kommenbeträge, für welche sich kaum ein alleinstehender Gemerbe gehilfe zu erhalten verinag. Es ist eine Gerichtsverhandlung gegen oen Gutsbesitzer Julius Hermann Gießmann in Babisnau bei Dres den, der sein Jahreseinkommen auf 879 Mark abgeschätzt hatte, erwähnenswert!). Es wurde ihm nachgewiesen, daß sein Vermögen etwa 33,000 Mark und sein jährliches Einkommen mindestens 2000 M. beträgt und er wurde wegen Steuerhinterziehung zu 120 Mark Geldstrafe und in die Kosten des Gerichtsverfahrens verurtheilt. — In der wider den Posamentier Carl Ferdinand Grunert aus Geyer und 7 Genossen wegen betrüglichen und einfachen BankerottS sowie Gläubigerbegünstigung, wegen des Verbrechens 8 212 der Konkursordnung, wegen Beihülfe, Begünstigung und Hehlerei am Montag und Dienstag, den 7. und 8. Juli d. I., vor dem kgl. Schwurgerichtshofe zu Chemnitz stattgefundenen Hauptverhandlung sind verurtheilt worden: 1) Posamentier Carl Ferdinand Grunert zu 3 Jahren Gefüngniß, 2) Kaufmann Carl Robert Grunert zu 2 Jahren Gefängniß, 3) Drechsler Heinrich August Grunert zu 1 I. Gefängniß, 4) Kaufmann Evmund Ferdinand Grunert zu 9 Monaten Gefängniß, 5) Buchhalter Reinhard Thcoder Heber aus Obercrinitz zu 2 Jahren Gefängniß, 6) Frau Therese Pauline Mühle zu 2 Monaten Ge fängniß, 7) Frau Thekla Grunert zu 11 Monaten Gefängniß, 8) Strumpf- fattor Christian Friedrich Erdmann Frank wurde dagegen freigesprochen.