Volltext Seite (XML)
M« sd UMH Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstag-, Donnerstags und Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich l MI. 30 Pfg., durch die Post bergen 1 Ml. 54 Psg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. und Umgegend. Amtsblatt Inserate werden MontagS, Mittwochs und Freitag? biS spätestens 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 15 Psg. pro viergelpaltene Korpuszeile. Außerhalb des AmtsgcrlchtsbezirlS Wlsdmfs 20 Psa. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 "/, Ausschlag. flrr die Kgl» Amtshauptmannschaft Weihen, sür das Lgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Mlsdruy, sowie für das Kgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Wtanueberg, Birkenhain. Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Gruno bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach^,Keflelsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Mittitz-Roitzschen, Munzg, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmieoewaloe, Sora, Steinbach bei Kefselsdorf, Steinbach bet Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistrovp, Wtldberg. Druck und Verlag vou Arthur Zschunke, Mlsdrait. Für die Redaktion und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, sür den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. No. 112 Dienstag, de« 24. September 1907. «6. Jahrg Wilsdruff, 23. September 1807. Deutsches Reich. Der Herr Major. Der deutsche Kronprinz ist unter Enthebung von dem Kommando zur Dienstleistung beim Regiment der Gardes du Corps zum Major befördert worden. Da die Ernennung des Kronprinzen zum Hauptmann am 18. September staltfand, hat er genau vier Jahre in diesem Dienstgrade gestanden. Damals, wie jetzt wieder, erfolgte die Beförderung unmittelbar nach Beendigung der Herbst- manöver. Dem Heere gehört er seit seinem zehnten Ge. burtStage, dem 6. Mat 1892 an, an dem er als Leut nant in das 1. Garde.Regiment z. F. eingereiht wurde. 1896 kam cr, wie die »Voss. Ztg" in Erinnerung bringt, in das Kadettenhaus in Plön, legte dort im Februar 1899 die FähnrichSprüfung ab und trat dann zu aktiver Dienstleistung in das 1. Garde-Regiment z. F. ein, in dem er am 29. Mai 1900 die Offiziersprüfung mit vem Prädikat „vorzüglich" bestand. Am 1. September des selben Jahres wurde er zum Oberleutnant befördert. Im Frühjahr 1901 bezog er die Universität Bonn und nahm zwel Jahre später nach Beendigung seiner Studien wieder den militärischen Dienst auf. Im September 1903 rückte er, wie bereits bemerkt, zum Hauptmann und Kompagnicchef auf, befehligte als solcher die 2. Kom pagnie des 1. Garde-RegimentS z. F. zwei Jahre lang und wurde dann zur Dienstleistung in das Regiment der Gardes du Corps kommandiert, in dem er bisher die Letb-Eskadron befehligt hat. An seiner Stelle ist jetzt der Rittmeister von Tschirschky und Bögendorff zum Kommandeur der Leib-Eskadron ernannt worden, während der Oberleutnant Graf v. Westphalen zum Rittmeister und Eskadronchef im selben Regiment aufgerückl ist. Zur Erkrankung des Grotzherzogs von Baden. Im Befinden des Großherzogs ist keine Besserung zu verzeichnen. Der Großherzog ist matt und schlummert viel. In den Funktionen des Körpers machen sich Folgen der unzureichenden Herztätigkeit bemerkbar, gez. Geheimrat Dr. Fleiner, Hofrat Dr. Dreßler. Auf der Brautfchau im „Gotha". Dom Luiz Filippe, Herzog von Braganza und Kron prinz von Portugal, kehrt gegen Ende dieses Monats von seiner Afrikareise nach Europa zurück und maw trifft bereits in Lissabon Anstalten, um ihm bei seiner Ankunft, die auf den 28. September f stgesetzt ist, einen feierlichen Empfang zu bereiten. Der portugiesische Thronfolger ist am 21. März d. I. 20 Jahre alt geworden und ein stattlicher, kräftiger junger Mann, der, wie man erzählt, die ausgesprochene Verehrung geerbt hat, die sein Vater weiblicher Schönheit entgegenbringt. Ein Grund mehr, dem Prinzen jetzt, da er nach den herrschenden fürstlichen Anschauungen heiratsfähig geworden ist, eine passende Lebensgefährtin zu suchen und nach einer solchen im „Gotha" Umschau zu halten. Denn es versteht sich, daß das junge Mädchen, welches auserwählt werden soll, einst die Krone einer Königin von Portugal und Algarbien zu tragen, auS einer der souveränen Dynastien Europas stammen muß. Natürlich muß die Prinzessin auch der katholischen Religion angehören und muß ihr Lebensalter dem des Kronprinzen entsprechen. Da ist nun die Auswahl keine sehr große. Es gibt nämlich nicht viel mehr als gerade ein Dutzend junger Prinzessinnen, die alle diese Eigenschaften erfüllen. Dazu gehören fünf Erzherzoginnen von Oesterreich, die hübschen Töchter des Erzherzogs Friedrich und seines Bruders, des Erzherzogs Karl Stephan ; zu ihnen gesellen sich noch die jüngste Schwester der Gräfin Montignoso, die jetzt 16jährige Erzherzogin Agnes Maria Theresia von Oesterreich-Toskana, sowie deren Kusine, Maria de los Dolores Beatrix, die älteste Tochter des Erzherzogs Leopold Salvator, eine Enkelin des spanischen Thronprätenbentcn Don Carlos. Dann ist da unter den zwanzig Kindern, die der Herzog von Parma aus zwei Ehen sein eigen nennt, die seit dem letzten April 17jährige Prinzessin Franziska Josepha. Das sind die einzigen ehereifen Prinzessinnen der seit Jahrhunderten durch immer neue Bande des Blutes miteinander verknüpften Gruppe der Häuser Habsburg und Bourbon. In Bayern befinden sich die drei jüngsten Töchter des Prinzen Ludwig, Hildegard, Wiltrud und Hclmtrudis, im Heiratsaltcr, aber nur die jüngste von ihnen, die Prinzessin Helmtrudis, die im August 16 Jahre alt wurde, könnte hier in Betracht kommen. DaS Fürstenhaus Monte negro, dieser Emporkömmling von gestern, hat noch zwei sehr hübsche Töchter zu vergeben, die als Schwestern der Königin von Italien und von zwei russischen Großfürstinnen gewiß Anspruch auf „gute Partien" erheben dürfen; es sind dies die 26jährige Prinzessin Xenia und die 20jährige Prinzessin Wer«. Vielleicht ist indessen doch eine Prinzessin aus deutschem Hause als die künftige Kronprinzessin von Portugal anzusehen, nämlich die Kusine des Kron prinzen, die älteste Tochter des Fürsten Wilhelm von Hohenzollern, die 17jährige Prinzessin Auguste Viktoria, ein Patenkind der deutschen Kaiserin. Hofleute, die die Kunst verstehen, das Gras wachsen zu hören, wollen wissen, daß diese junge hohenzollernsche Prinzeß, deren Vaier als preußischer Generalmajor die 3. Gacde-Jnfantcrie-Brtgade in Beilin befehligt, auf der Brautschaultste des jungen portugiesischen Thronfolgers ganz obeuansteht, — also, wenn man sich eines sportlichen Ausdruckes bedienen darf, „heißer Favorit" sei. Der Schutzengelbrief im Manöver. Unerbauliche Manövrrertnnerungen nehmen, wie aus Stuttgart gemeldet wird, die württembergischeu Sol- baten mit heim. In Oberschwaben, dem „königl. württem- bergischen dunklen Erdteil", wo die Manöver des 13. Armeekorps in diesem Jahre stattfanden erschien zum Em pfang der Soldaten folgendes Inserat: Hüte dich! Schutzengelbrief an Mädchen Zar Berherzigung für die Zeit der Einquartierung. Von einem Seelsorger. Manöver! Soldaten im Quartier! Welch ent' gegengesetzte Gefühlt rufen diese Worte in den Herzen wach! So sehr sich die muntere Schar der Knaben auf die Soldaten freut, ebenso begreiflich ist es. wenn die Seelsorger, die ehrbaren Mädchen und deren Eltern dem Tage der Einquartierung mit bangem Herzen entgegensetzen; ist es leider nur zu wahr, daß es unter den Soldaten sehr schlechte Subjekte gibt, verkommene Gesellen, die schon mit der teuflischen Absicht die Garnison verlassen, während der Manöver möglichst viele Mädchen zu verführen. Und in der Tat wurde durch die Einquartierung in sittlicher Beziehung schon entsetzlich viel Unheil angerichtet, das aber dann wie die Flur schäden nach dem Abzug der Soldaten nicht wieder ge reinigt werden kann. Wachet deshalb und betet, ihr Mädchen und ihr jungen Frauen, deren jungfräuliche Reinheit und weibliche Züchtigkeit als kostbarstes Kleinod gilt. — „Hüte dich!" so ruft dir, edelgesinnte Leserin, ein treubesorgter Freund aus dem Priffter- stande zu, dem die bange Sorge vor den Einquartier ungen, mit denen Heuer auch seine Pfarrei bedacht werden soll, die Feder in die Hand gedrückt hat, um unsere Mädchenwelt auf die ihr in diesen Tagen drohende Gefahr aufmerksam zu machen und ihr zu gleich zu zeigen, wie sie trotz derselben ihre schönste Tugend bewahren kann Das „Inserat" des Pfarrers hat seine Wirkung getan. Die Unteroffiziere eines Regiments schreiben da- rüber mit berechtigter Entrüstung an die „Neckar-Atg.": Als wir in Ä. einrücklen, da stand der katholische Pfarrer vor der Tür und betete — nicht für das Heer, für die Verteidiger des Vaterlandes, sondern wohl im Sinne des „Inserats". Und späier wurde uns gesagt, daß sämtliche junge Mädchen „auf Anraten des Herrn Pfarrers" über Feld geschickt worden wären. Aber dies ist ja nicht zum erstenmal vorgekommen. Dagegen sollte sich ein Geistlicher jedenfalls nicht so weit vergessen, sich in solchen Ausdrücken den Soldaten gegenüber auszu lassen, denn daß die Q-artierleute auf ihren Brief hin ihre angemeldeten Soldaten mit Mißtrauen und Unbe- Hagen empfangen, haben wir schon in R. teilweise em pfinden müssen. Nebenbei ist dieser Brief eine Beleidig ung der ganzen deutschen Armee, denn schlechte Subjekte und verkommene Gesellen werden in der Armee nicht ge duldet Dagegen wird sich jeder, der des Königs Rock trug oder trägt, verwahren, vom Offizier herab bis zum Gemeinen. — Daß das Inserat nicht einen evange ¬ lischen Geistlichen zum Verfasser hat, braucht wohl nicht erst betont zu werden. Red. o. W. W. Referendar Lenik, der bekannte Zeuge aus dem Hauprozeß, der jüngst auch eine Boschüre über den Prozeß herausgegeben hat, wurde am Freitag in Karlsruhe in der Berufungsinstanz vor der Strafkammer wegen Vergehens gegen die Sittlichkeit und Erregung öffentlichen Aergerniffes zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Das Schöffengericht hatte ihn srelgesprochen. Das rote Dorfparlament tu Steinbach. Der aufgelöste sozialdemokratische Gemeinderat des Dorfes Steinbach, das durch die Krawalle anläßlich der Gcmeinderatswahl bekannt geworden ist, scheint während seiner Amtszeit übel gehaust zu haben. Das geht aus einer Mitteilung des „Saatfelder Kreisblattes" hervor. Man höre: „Gegen den Schulzen von Steinbach ist eine Untersuchung im Gange, weil er der Gemeinde mehr Kohlen berechnet haben soll, als sie erhalten hat. Dieser Schultheiß hat die Kohlen, welche unter dem früheren Schultheißen die Gemeinde zu Schulzwecken selbst bezog, auf seine» Namen kommen lassen, wofür er sich nun von der Gemeinde Provision vergüten ließ. Gegen den Rechnungsführer der „Genoffen" wurde von der eigenen Tochter Anzeige wegen eines an ihr verübten Verbrechens erstattet. Eine Bestrafung konnte nicht mehr erfolgen, weil die Sache verjährt war. Zum Schieds mann wurde von de« „Genossen" einer ihrer besten Führer gewählt, welcher bereits wegen normwidriger Elgcntumsbegrtsfe einen Kursus hinter schwedischen Gar dinen durchgemacht hatte." Es geht doch nichts, so meint die „Tgl. Rdsch." dazu, über die Harmlosigkeit der Zu- kunftsstaatler. St. Bureaukratius ist in Baden schwer gekränkt worden, hat sich aber auch gerächt dafür. Ein Lokomotivbeamter in Karlsruhe hatte auf dem sogenannten Kotzlcnkritikzettel, mit dem über die Güte und Brauchbarkeit der Kohle ein Urteil abgegeben wird, die Kohle als „mittelmäßig" bezeichnet. In diesem Fall ist jedoch die Verwendung des verstümmelten, sprach lich unrichtigen Wortes „mittel" vorgeschrieben. Ergrimmt ob dieses Verstoßes diktierte der technische Vorgesetzte — ein Techniker, Praktiker mußte es also auch noch sein — dem Kühnen, der keinen unrichtigen Gebrauch seiner Mutter sprache im Schriftverkehr mit seinem hohen Vorgesetzten machen mochte, fünfzig Pfennig Strafe mit Eintrag ins Strafregister. 50 Pfg Strafe für richtiges. Deutsch. Das bringt auch nur St. Bureaukratius fertig! Koloniales. Nach telegraphischem Bericht des Gouverneurs aus Windhuk hat Morenga Ocanje verlassen; er wich auf englischem Gebiet mit 20 Gewehren nach Norden aus, wird sich uns sonach nicht stellen. Die Engländer hoffen, mit deutscher Unterstützung Morenga noch einholen zu können. Das Zusammenwirken mit der Kappolizei funktioniert gut — „Reuters Bureau" meldet: Aus Washington wird berichtet, day das Kommando deS Majors Elliot Morenga bei Witpan in der Kalahari angegriffen hat, als er auf dem Wege war, sich mit Simon Copper zu vereinigen. Morenga, sein Sohn, sein Onkel, sowie 3 seiner Anhänger sollen getötet sein, während auf fetten der Engländer ein Korporal getötet und 1 Soldat verwundet sein sollen. Ausland. Abermals ein tschechischer Ueberfall aus einen Deutsche«. Der als Einjährig-Freiwilliger in Trovpau (Oester- reichisch-Schlesien) dienende Prager Mediziner Victor Ohmach wurde auf einem abendlichen Spaziergange von tschechischen Burschen, deren Gruß er deutsch erwidert hatte, überfallen, und trieb die Angreifer mit dem Seitengewehr zurück. Diese holten ihn in der Nähe der Stadt auf einem Wagen wieder ein und wiederholten bewaffnet ihren Angriff. Hierbei wurde der Einjahrig-Freiwillige durch Messerstiche und Knüttelhiebe schwer verletzt. Er wurde durch eine Ambulanz der freiwilligen Rettungsge- sellschaft ins Spital gebracht. Die Täter flüchteten un erkannt.