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Zweites Blatt. WchMaü für Wik Kliff TharM DM, Ätbenlehk md Ke Umgkgenden. ImlsbluU für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. No. 48. Ium Sonntage Gnabmodogeniti. Joh. 11, 40: So du glauben würdest, solltest du die Herrlichkeit Gottes sehen. Ein österliches Wort für den Sonntag nach Ostern, das freilich vor Ostern gesprochen ward. Jesus sprach es zur bethanischen Martha, als sie entsetzt vor dem Ver wesungsgerüche zurückprallte, der aus der geöffneten Gruft ihres Bruders den Lebenden entgegcndrang. Der schreck liche Duft wollte ihren Glauben betäuben, daß Jesus hier noch helfen könne. Da griff der Herr barmherzig ihrem Glauben unter die Arme mit dem Wort: Habe ich dir nicht gesagt, so du glauben würdest, solltest du die Herrlichkeit Gottes sehens Ihr sinkendes Ver trauen belebte sich, und unmittelbar darauf wurde es königlich belohnt, zugleich für immer befestigt: Lazarus erstand lebendig vor ihren Augen unter dem Befehle des Herrn. Liegt einer unserer Lieben kalt und starr auf der Bahre, zeigen sich an dem theuren Leichnam schon die furchtbaren Spuren der Vergänglichkeit alles Irdischen, so will auch uns wohl das Herz entfallen, und das Ver trauen auf ein Wiedersehen kommt bedenklich in's Wanken. Bist du in dem Falle, in Marthas Falle, dann schaue nicht auf den todten Lazarus, sondern auf den lebendigen Herrn am Grabe des Lazarus. Dann präge dir, wenn auch unter heißen Thränen, sein Wort in's Herz, in dem die Osterglocken tönen: „So du glauben wirst, sollst du die Herrlichkeit Gottes sehen!" Auf das „Aber", das die Verzagtheit spricht, soll der Glaube sein „Dennoch, dennoch!" sprechen. Gottes Herrlichkeit soll über allen Christengräbern aufgehen wie über der Gruft des Lazarus, nachdem sie strahlend aufgegangen ist über jenem Felsengrabe im Garten Josephs von Arimathia. Auch weun unser Herz seine liebsten Wünsche, seine schönsten Hoffnungen und Pläne begraben muß, und ihre Wiederbelebung und endliche Erfüllung für immer dahin zu sein scheint, tönt des Herrn Stimme an unser Herz: „Habe ich dir nicht gesagt, so du glauben würdest, du solltest die Herrlichkeit Gottes sehen?" Auf den ver glimmenden Docht unseres Gottvertrauens gießt der barm herzige Heiland frisches Oel, damit er künftig noch Heller brenne als zuvor. Nur der ist wirklich unglücklich im Schmerze, der den Tröster zurückweist und eigensinnig im Schmerze wühlt — giebt es doch nach des Dichters Wort „eine Wollust des Schmerzes". Auch in Thränen glück lich wird der Mensch, der über offene Gräber zum offenen Himmel emporblickt: sein Blick begegnet dem milden Blicke des heiligen Trösters ans himmlischem Throne, und dieser Blick, mit süßem Zuspruche verbunden, macht das Herz erst still, daun froh. Rufe nur Jesum zu deinen, Weh herbei, wie Martha in ihrem Weh zu ihm sandte: was dir noth ist, besorgt er dann. Mit ihm zieht Heller Oster schein in's arme Herz hinein. Nie Handwerkerfrage. Der Reichstag nimmt am kommenden Dienstag seine durch die parlamentarische Osterpanse unterbrochenen Ver handlungen wieder auf, womit sich auch das Interesse der wichtigen Vorlage über die Organisation des Handwerks wieder in verstärktem Maße zulenkt. Denn in dem an hebenden nachösterlichen Abschnitte der Reichstagssession wird der genannte Gesetzentwurf den Mittelpunkt der Debatten bilden und da die Handwerker-Vorlage unter- allen Umständen bis Pfingsten zur Erledigung gebracht werden soll, so wird also die nachösterliche Tagung des Reichsparlaments die Entscheidung in der mm schon so lange schwebenden Frage der Organisation des Handwerks bringen. Wenn indessen der Verlauf der Generaldebatte im Reichstage über die betreffende Vorlage deren Zustande kommen die günstigsten Aussichten zu eröffnen schien, so haben letztere inzwischen durch die Vorgänge in der Kommission bereits wieder eine bedenkliche Trübung er litten. Bekanntlich genehmigte die Kommission für die Handwerkervorlage in erster Lesung eine vom Reichspar teiler Gamp beantragte abgeänderte Fassung des 8 100 (Zwangsinnungen) nut 9 gegen 6 Stimmen, welche eine Durchbrechung des Prinzips des Regierungsentwnrfes dar stellt. Nach dem Antrag Gamp soll die Zwangsinnung SsmmbeseS, den 24. April innerhalb eines bestimmten Bezirks eingeführt werden, wenn erstens kein Mitglied durch die Abgrenzung des Jnnungsbezirks an der Theilnahme am Genofsenschafts- leben und an der Benutzung der Jnnungseinrichtungen behindert wird, und wenn zweitens die Zahl der im Be zirke vorhandenen betheiligten Handwerker zur Bildung einer leistungsfähigen Innung ausreicht. Im Falle die Mehrheit der betheiligten Gewerbetreibenden der Einführung des Beitrittszwanges zustimmt, hat dann die höhere Ver waltungsbehörde die Verordnung über die Errichtung der Innung zu erlassen. Gegen diese vorgeschlagene Umge staltung der ursprünglichen Regierungsbestimmungen, welche faktisch der Herstellung obligatorischer Innungen gleich kommen würde, erklärte sich jedoch neben den Vertretern der Linken auch Staatssekretär Dr. v. Bötticher Namens der Reichsregierung, und betonte er ganz offen, daß ein solcher Beschluß die gcsammte Vorlage ernstlich gefährden würde. Es ist indessen nicht wahrscheinlich, daß die Kommissionsmehrheit den Antrag Gamp bei der zweiten Lesung wieder fallen lassen wird, und wenn dann auch das Plenum diese Abänderung billigen sollte, so wäre an gesichts des Widerspruchs der Regierung nachher das ganze Gesetz als gescheitert zu erachten. Man wird vor Allein in Haudwerkerkreisen gut thun, sich auf diesen möglichen negativen Ausgang der Reichs tagsverhandlungen über die Vorlage, betr. die Organisation des Handwerks, gefaßt zu machen und darum schon jetzt nach anderen Wegen zur Hebung und Kräftigung des eigenen Standes auszuspähen. Und solcher Wege giebt es, Gott sei Dank, auch jetzt uoch trotz der dem Handwerk so ungünstigen Zeiten und Verhältnisse, sie werden vor Allem durch das Vertrauen des Handwerkerthums auf die eigene Kraft gekennzeichnet. Die genossenschaftliche Selbst hilfe, die sich schon in anderen erwerblichen Kreisen der Bevölkerung so segensreich erwiesen hat, bietet sich auch für den Handwerkerstand als ein erfolgverheißendes Mittel zur Besserung seiner gesammten Lage dar. Bereits be ginnen denn auch die Innungen selber diesen Weg zu be schreiten. Beispielsweise hat der sächsische Jnnungsverband seiner Zeit beschlossen, in erhöhtem Maße für die Errich tung von eingetragenen Genossenschaften für Handwerker und namentlich für die Gründung von Rohstoff- und Ein kaufsvereinen thätig zu sein, und ein derartiges Vorgehen wird den, genannten Verbände um so leichter fallen, als ihm ja die sächsische Regierung nach den Beschlüssen des letzten Landtages zu diesem Zweck eine Million Mark als gering verzinsliches Grundkapital geliehen hat. Neben der Verallgemeinerung der genossenschaftlichen Selbsthilfe wird aber das Handwerk besonders bemüht sein müssen, einen der größten Uebelstände, an welchem es seit Jahrhunderten schon krankt, zu beseitigen, nämlich das Borgwesen. Von den Konsumvereinen kann das Handwerk lernen, was sich durch gehöriges Zusammeuraffen der Kräfte und kauf männisches Wirthschaften erreichen läßt, es sollte daher ernsthaft bestrebt sein, diesem Beispiel durch Einführung der sosortigen Baarzahlung für seine Erzeugnisse nachzu eifern. Freilich würde gerade der Handwerkerstand bei solchem Beginnen auf nicht zu unterschätzende Schwierig keiten, fußend in der langen Gewöhnung des Publikums an das Borgsystem, stoßen, aber mit Energie und Kon sequenz würden sie sich gewiß überwinden lassen, unstreitig zum Vortheil beider Parteien. Neue Mittel der Selbsthilfe für die Land- mrthfchaft. Wenn die Reichs- und Staatsgesetzgebung lheils regelnd, theils fördernd in Bezug auf das Gedeihen der Landwirthschaft eingreift, so wird inan sich im Allgemeinen damit begnügen müssen, da sich eine Erhöhung der Ge treidepreise durch die Reichsgefetzgebung als unmöglich herausgestellt hat. Sehr tüchtige Vertreter der Landwirth schaft weisen daher neuerdings in verstärkter Weise in den landwirthschaftlichen Vereinen auf neue Mittel der Selbst hilfe für die Landwirthschaft hin. Diese Mittel der Selbst hilfe erkennt man am leichtesten, wenn man die Ursachen der wirthschaftlichen Bedrängniß in der Landwirthschaft sich vergegenwärtigt und dann dort den Hebel einzusetzen be müht ist, wo noch geholfen werden kann. Die wichtigste f 18S7. Ursache des Nothstandes sind die bedeutend gesunkenen Getreioepreise, aber auch landwirthschaftliche Industrie zweige, wie die Spiritus- und Zuckerfabrikation, sind in einer Krisis, dagegen haben sich die Produkte der Vieh haltung bessere Preise bewahrt. Am schwersten wird von diesen Kalamitäten derjenige Landwirth betroffen, welcher auf der Grundlage der seit langen Zeiten steigenden Kon junkturen zu hohen Preisen bei Beginn der Krisis gepachtet oder gekauft hat; die in allen deutschen Staaten wachsende Verschuldung der Landwirthe zeigt nach dieser Richtung ein erschreckendes Bild. Der Staat soll und muß ja ein greifen und muß mindestens Erleichterungen für die Land wirthschaft schaffen, um die wirthschaftliche Krisis auf dem Lande nicht zu einer sozialen und politischen bösartig aus arten zu lassen, es muß aber auch dringend jedem Land wirthe angerathen werden, mehr als je zuvor Geschäfts mann im Ein- und Verkauf und dann auch Kulturtechniker zu werden, denn in einer Zeit, wo durch Verwendung künstlicher Düngemittel, des Salpeters, des Kalis, des Phosphors rc. die Ernte bedeutende Steigerungen erfahren kann, muß der Landwirth als Geschäftsmann und Kultur techniker auch mehr als je wissen und lernen, wie er seinen Vortheil findet. Die Mittel zur Abhilfe sind zunächst eine vermehrte Anwendung des Rechnens in der Landwirth schaft, der Buchführung, doch das größte Gewicht sollte man auf die Viehzucht legen, hier hat weniger eine quan titative als vielmehr eine qualitative Verbesserung einzu treten. Die Grundbedingung ist die Einheitlichkeit der Zucht; dann muß man die Leistungsfähigkeit der einzelnen Thiere ganz genau ermitteln und eine gute Zuchtwahl treffen. Jungviehweiden seien unbedingt erforderlich. Sehr nützlich ist ganz besonders die Anwendung künstlicher Düngemittel in ausgedehnter Weise, denn die Preise der Düngemittel sind mehr gefallen als die Getreidepreise. In diesem Sinne hat sich auch der Direktor ber großherzog lichen Ackerbauschule in Zwätzen, Professor Dr. Hansen, in einer Reihe von Vorträgen ausgesprochen. In der Landwirthschaft muß auch vor zu hohen Kauf- und Pacht preisen gewarnt werden, auch sind die Baulichkeiten auf das allernothwendigste Maß zu beschränken. Mehr Sorg falt muß man auf die Ausbildung der jnngen Landwirthe verwenden, denn die landwirthschaftlichen Schulen werden noch zu wenig benutzt. Vaterländisches. Wilsdruff, 23. April. Es ist einer der schönsten Züge im Charakter des sächsischen Volkes, daß es mit un erschütterlicher Treue und Anhänglichkeit an dem ange stammten Herrscherhause, mit dem es durch eiue tausend jährige Geschichte in Freud und Leid verbunden ist, fest hält, aber kein Tag des Jahres zeigt wohl mehr als der 23. April, der Geburtstag des allverehrten Kömgs Albert, wie tief die Liebe und Treue zum Herrscherhause und vor allen Dingen zum vielgeliebten Könige in den Herzen der Sachsen Wurzel geschlagen hat, denn dieser Tag ist ein Freuden- und Dankfest im ganzen Königreich Sachsen. Und fürwahr haben alle Sachsen die triftigsten Gründe auf ihren König Albert ganz besonders stolz zu sein, denn Weis heit und Pflichtgefühl, Liebe und Edelsinn, Beständigkeit und Treue in allen Sachsen und des Deutschen Reiches betreffenden Angelegenheiten zieren den edeln König Albert, dessen Name auch in ganz Deutschland und den mit uns verbündeten Großmächten mit Hochachtung und Liebe ge nannt wird, wie dies zumal auch durch das innige Freund- schaftsverhältniß zwischen dem König Albert und dem Kaiser Franz Josef von Oesterreich bewiesen wird. Unermüdlich und eifrig, verdienstvoll und segensreich ist König Alberts Walten für Sachsens Gedeihen, für die Förderung aller friedlichen Gewerbe, für die Hebung der Künste und Wissen schaften und für die Verbreitung der Bildung. Aber wenn wir nun wiederum mit dankerfüllten Herzen den Geburts tag des Königs begehen, so steigt auch wiederum in unserem Gemüthe die Erinnerung an die große Werdezeit des deutschen Reiches auf, wo sich König Albert, damals Sachsens Kron prinz, ruhmreich im blutigen Feldzuge als siegreicher Feld herr bewährte. Aehnlich wie Kaiser Wilhelm der Große unvergeßlichen Angedenkens hat auch König Albert erst in langer Friedensarbeit, dann in harter Prüfung sein Feld-