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TharM Men, Menlehn und ine Umgegenden. Imlsblukl für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk. 55Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. No. 133. Dienstag, den 16. November 1897. Zuv gefl. Beachtung! Des Bußtages wegen gelangt die nächste Nummer unseres Blattes bereits morgen Dienstag Abend 28 Uhr zur Ausgabe. Inserate müssen bis spätestens Nachmittag 5 Nhr in unseren Händen sein. Wilsdruff, 1,. November i8«-r. Geschäftsstelle des Amts- und Wochenblattes für Wilsdruff re. Bekanntmachung. Die in Gemäßheit von Art. ll. 8 6 der Allerhöchsten Verordnung vom 21. Juni 1887 — Reichsgesetzblatt S. 245 flgd. — nach dem Durchschnitte der höchsten Tagespreise des Hauptmarktortes Meißen im Monate September d. I. festgesetzte und um fünf voin Hundert erhöhte Vergütung für die von den Gemeinden resp. Ouartier- wirthen innerhalb der Amtshauptmannschaft im Monate Oktober d. I. an Militär-Pferde zur Verabreichung gelangte Marschfourage beträgt 7 Mk. 74,3 Pf. für 50 Kilo Hafer, 3 „ 67,5 „ „ 50 „ Heu, 2 „ 31 „ „ 50 „ Stroh. Meißen, am 11. November 1897. Königliche Amtshauptmannschaft. I. A. v»» »»«o. Tagesgerichte. Der Kaiser traf am Freitag Abend, von Kuchhelna über Königshütte kommend, in Pleß ein. Unterwegs wurde dem kaiserlichen Herrn in Königshülte, wo er das dortige Hüttenwerk eingehend besichtigte, eine festliche und begeisterte Begrüßung von der dortigen Bevölkerung zu Theil. — Die Kaiserin wohnte am Freitag der Ein weihung der prächtig erneuerten Schloßkirche in Plön bei, begleitet von, Kronprinzen und vom Prinzen Eilel Fritz. Der vielbesprochene Zwischenfall, zu welchem sich die Ablehnung des dem Zaren in Darmstadt zugedacht gewesenen Besuches des Großherzogs von Baden gestaltete, hat nunmehr durch eine bemerkeuswerthe Entschließung des russischen Herrschers seine endgiltige Beilegung erfahren. Durch einen Erlaß des Zaren wird die Einsetzung eines stündigen russischen Geschäftsträgers in Karlsruhe verfügt nud zugleich der bisherige außerordentliche Gesandte Ruß lands bei den Höfen von Stuttgart und Karlsruhe, Fürst Kantakuzene, seiner Stellung an letzterem Hofe enthoben und blos noch für Stuttgart beglaubigt. Fürst Kanta- kuzcue hatte schon bisher seinen amtlichen Wohnsitz in der württenbergischen Hauptstadt und kam von dort nnr gelegentlich nach Karlsruhe herüber, die russische Geschäfts vertretung vom badischen Hofe bestand also eigentlich nur dem Namen nach. Nunmehr aber hat Kaper Nikolaus die Einsetzung eines eigenen russischen Geschäftsträgers m Karlsruhe angeordnet, und da eine derartige diplomatpche Vertretung des Zarenreiches am Karlsruher Hofe schwer lich aus politischen Gründen nothwendig geworden ist, so muß diese Maßregel offenbar als eine glänzende öffentliche Genugthuung betrachtet werden, die man jetzt dem Groß herzog Friedrich von russischer Seite wegen des Darmstadt- Karlsruher Zwischenfalles giebt. In den letzten Tagen waren über den Gesundheits zustand des Fürsten Bismarck beunruhigende Gerüchte verbreitet, dieselben haben sich indessen glücklicher Weise als völlig unbegründet herausgestellt. Nur hatte der Fürst seit einiger Zeit wieder sehr an seinen alten Gesichts- schmerzen und an Schlaflosigkeit zu leiden, doch ist es gegenwärtig mit diesen Schmerzen wieder besser geworden. Vom Fürsten Bismarck wird den „Leipz. N. N." A. geschrieben: „Fürst Bismarck hat in der letzten Zeit Politisch eine bemerkenswerthe Zurückhaltung gegen früher beobachtet. Es liegt dies nicht nur an seinem zunehmen den Alter, sondern wohl auch daran, daß ihm der Gang der deutschen Politik jetzt weniger Anlaß bietet, sich durch Vermittelung der Presse zu den Tagesfragen oder den Maßregeln der Regierung critisirend, warnend oder ratheud zu äußern. Von inneren Fragen hat ihn in der letzten Zeit namentlich die des bayerischen Reservatrechtes in der Militärgerichtsbarkeit beschäftigt, und es ist, wie ich be- stimmt weiß, auf sein direktes Eingreifen zurückzuführen, wenn die „Hamb. Nachr.", nachdem sie anfänglich die Reservatrechtsfrage weniger relevirt hatten, dies plötzlich mit großem Nachdruck thateu, was in Bayern ersichtlich Befriedigung erregte. Dies entspricht ganz dem Verhalten, das Fürst Bismarck während seiner Amtszeit den Bundes staaten gegenüber beobachtet hat. Dieses war stets von dem einen Prinzip der möglichsten Schonung der Rechte und Besonderheiten der deutschen Bundesstaaten beherrscht und hat zur Folge gehabt, daß alle deutschen Bundes fürsten in dem Altreichskanzler einen überzeugten und treuen Wahrer ihrer Rechte erblickten, sowie das höchste Vertrauen zu ihm hegten. Das große Vertrauen, das der Fürst bei den Oberhäuptern der verschiedenen Bundesstaaten genießt, findet noch jetzt bei jeder Gelegenheit, die sich bietet, Ausdruck in entsprechenden Kundgebungen, und es dürfte dereinst für den Schreiber deutscher Geschichte sehr werth- voll sein, von diesen in Friedrichsruh angehäuften Zeug nissen fürstlicher Dankbarkeit und fürstlichen Vertrauens dem großen Kanzler Kaiser Wilhelms I. gegenüber auch nach dessen Ausscheiden aus dem Amte in seinem hohen Alter Kenntniß zu erlangen. Viel bemerkt wird die Audienz, welche der neue deutsche Staatssekretär des Aeußeren und bisherige Bot schafter am italienischen Hofe, v. Bülow, anläßlich feines Scheidens aus Rom beim Papst hatte. Die Audienz dauerte volle Stunden, es dürste demnach hierbei eine ergiebige Aussprache zwischen dem Papste und Herrn v. Bülow stattgesunden haben. Auch die Gemahlin Bülows, eine Italienerin, wurde von Leo Xlll. empfangen. Hieraus statteten Herr und Frau v. Bülow dem Kardinal-Staats sekretär Rampolla ihren Abschiedsbesuch ab. Gleiwitz, 12. November. Der „Oberschl. Wanderer" meldet: Gestern Nachmittag gerieth der Holzschacht der Lythrandra-Grube bei Anlonieuhütte in Brand, der erst gegen 11 Uhr nachts gelöscht werden konnte. Sieben Arbeiter sind dabei leider ums leben gekommen. Zu dem neuesten Schwindel Ahlwardts, daß die Loeweschen „Judenflinten" nach Hörde verkauft worden seien, wo man sie dann eingeschmolzen habe, wird von dem wirklichen Lieferanten alter Waffentheile an den Hörder Bergwerks- und Hüttenoerein geschrieben: „Es handelt sich dabei um zerschlagene Waffen von den Königlichen Artillerie-Depots Metz und Rastatt. Diese kaufte ich im öffentlichen 'Submissionswege und verkaufte sie als alten Stahl nach Hörde." Unglaublich, aber wahr! Ju Berlin soll der Revolution ein Deckmal gesetzt werden. Mit großer Mehr heit haben bekanntlich die Berliner Stadtverordneten dem Antrag zugestimmt, „den Magistrat zu ersuchen, mit ihnen in gemischter Deputation über die Errichtung eines Denk mals für die am 18. März 1848 Gefallenen zu berathen." In allen deutschen Gauen hat dieser Beschluß eine große Entrüstung hervorgerufen und sehr scharf sind die Urtheile, welche dabei in zahlreichen hervorragenden Organen der Tagespresse abgegeben wurden. So spricht die „Kölnische" von einem „direkten Angriff gegen das Herrscherhaus", während die „M. Allg. Ztg." in dem gefaßten Beschlusse einen „hohen Grad von Vermessenheit" steht. Der heimliche Uebertritt einer evangelischen Pfarrerstochter zur katholischen Kirche hat über ein Predigerhaus in einem Dorfe der Umgegend von Halle schweres Leid gebracht. Die Pfarrerstochter war im letzten Sommer besuchsweise zu Verwandten in einer rheinischen Stadt gereist. Die junge Dame, musikalisch gut veran lagt, wurde dort bekannt mit einer katholischen Lehrerin und beide musizirten ost zusammen und besuchten klassische Konzerte. Nach einiger Zeit holte die katholische Lehrerin die Pfarrerstochter regelmäßig zum Morgenspaziergang ab, ohne daß sich die Verwandten dabei etwas Arges denken konnten. In Wirklichkeit wurde aber die evangelische Pfarrerstochter während der Morgenstunden in der katho lischen Religion ohne Wissen ihrer Verwandten unterrichtet, und nach einigen Monaten schickte die Pfarrerstochter ihre Sachen ins Vaterhaus zurück mit der Anzeige, daß sie zur katholischen Religion übergetreten sei; die Eltern möchten nicht nach ihr forschen und fragen, sie bleibe der „allein selig machenden katholischen Religion" ergeben. Sie war verschwunden; Deckadressen wiesen auf Loudon und Paris hin. Der evangelische Vater und Pastor, dem man das Herzeleid über solches Erlebniß nachfühlen kann, schrieb an den Bischof, erhielt aber eine ausweichende Antwort und zuletzt gar keine mehr. Endlich wurde der Aufenthaltsort der Tochter in Paris erforscht. Die Mutter schrieb einen flehenden Brief an die Tochter, ins Vater haus zurückzukehren; aber die Tochter schrieb fest und be stimmt zurück, sie sei eine Braut Christi und wolle in der katholischen Kirche leben und sterben. Eine nähere Dar legung des römischen Bekehrungseifers, der die sehr sensible, exzentrisch veranlagte junge Dame der lutherischen Kirche entfremden konnte, wird nächstens in einer evangelischen Zeitschrift erscheinen. Die Präsidentschaftskrisis im österreichischen Ab geordnetenhauses ist beendigt. Mit der unerwartet hohen Mehrheit von 186 Stimmen wählte das Haus am Freitag den bisherigen 1. Vizepräsidenten, den Polen Abrahamowicz, an Stelle des freiwillig zurückgetretenen Dr. Kathrein zu seinem ersten Vorsitzenden; 127 Stimmzettel waren leer, 7 Stimmen zersplittert. Die deutsche Liuke demonstrirte gegen diese Wahl durch vorübergehenden Auszug, während Abrahamovicz sein neues Amt mit einer versöhnlichen Rede antrat. Bei der hierauf fortgesetzte» Debatte über die Ministeranklageanträge der Linken wegen der Sprachen verordnungen gab Ministerpräsident Graf Badem die über raschende Erklärung ab, daß die Regierung den nationalen Ausgleich in Böhmen event. selbst in die Hand nehmen werde, zugleich unter Anspielung auf die umlaufenden Krisengerüchte energisch versichernd, die Regierung denke gar nicht daran zu verschwinden. Im fiebrigen klangen die Auslassungen Badems ungewöhnlich entgegenkommend gegenüber den Deutschen; will es der Polengraf bei letzteren zur Abwechslung wieder einmal mit dem Zucker brot versuchen? Die ganze Sitzung endete nach viel stündiger Dauer damit, daß das Haus den Antrag des Tschechen Pazak, es möge über die schwebenden Minister- anklagenanträgo zur Tagesordnung übergegangen werden, mit 177 gegen 171 Stimmen annahm, ein Sieg freilich, auf welchen Badem nicht sonderlich stolz zu sein braucht — 6 Stimmen Mehrheit! — In der ungarischen Hafen stadt Fiume haben Bürgermeister und Stadtverordnete - sämmtlich Kroaten — ihre Aemter niedergelegt, als Protest gegen die ungarischen Gesetze, welche die Regierung für Fiume einführen wollte. Wien. Im Ministerium herrscht große Aufregung und Entrüstung über die gestrige Studentendemonstration. Sie richtet sich in erster Reihe gegen die Polizei, weil sie