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Anzeiger für Sonnabend, den U. März 1882 7. Jahrq. AO Inserate werden biS spStestenS Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspalten zelle mit w Pf-, unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. prssnuioeraaäo. Zwönitz und Umgegend Organ für den Stabtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. Tagesbericht. — Leipzig, 7. März. Aus dem Innern der Thomaskirche ertönte gestern Abend in der elften Stunde heftiges Pochen, als wenn Jemand durch die verschlossene Kirchenthür Auslaß begehre. Vorübergehende Passanten, welche dieses auffällige Geräusch wahr- nahmen, setzten den Küster hiervon in Kenntniß, welcher seinerseits wiederum einen Schutzmann herbeiholte, um der Ursache des sich wiederholenden lauten Pochens näher nachzuforschen. Man öffnete die Thür und fand denn in der Kirche einen harmlosen Kircheiibe- sucher, der denselben Abend auf seinem Sitze eingenickt war und den Thürenverschluß verschlafen hatte. So klärte sich die anfangs allen Anwesenden verdächtige und unheimliche Geschichte höchst einfach auf. — Zwickau, 9. Mürz. Dem Vernehmen nach ist Herr Pre mierlieutenant von Mücke hier an Stelle des am 1. April d. I. aus Gesundheitsrücksichten aus dem activen Militärdienst scheidenden Herrn Hauptmann Töpolt zum Hauptmann und Compagnie-Chef der 1. Compagnie des hiesigen Regiments befördert worden. — Die St. Nicolaigemeinde in Chemnitz wird wahrscheinlich eine eiserne Jnterimskirche erhalten. Die Anregung hierzu ist von einem Herrn auögegangen, der während seines längeren Aufenthaltes in England derartige Kirchen mehrfach in Gebrauch sah und bewährt fand. Die der Nicolaigemeinde und neuerdings auch dem Kirchen vorstand zu St. Petri angebotenen Kirchen offerirt die Firma Isaak Dixon in Liverpool, eine der leistungsfähigsten ihrer Art in England. Dieselbe stellte allein in den letzten 6 Jahren 40 eiserne Kirchen in verschiedenen Theilen Englands, sowie in Amerika auf. Die Kirchen werden von der Firma bis an Ort und Stelle geliefert und kosten fix und fertig incl. der Kosten des Transports, der Aufstellung und der inneren Ausstattung an Bänken, Gas- und HeiznngSeinrichtungen, Kanzel und Altar, jedoch excl. Orgel und Glocken, zu 4 bis 500 Sitzplätzen ca. 23 000 bis 25 000 Mk., zu 6 — 800 Sitzen 26 bis 30 000 Mk. Die Verschiffung könnte innerhalb weniger Wochen, vom Tage der Bestellung ab gerechnet, erfolgen, in wenig Monaten würde die Gemeinde in der Lage sein, dieselbe für ihre Gottesdienste in Gebrauch nehmen zu tonnen. Die Kirchen, von denen eine An zahl in Abbildung mitgetheilt werden, sehen leicht und gefällig aus. — Buchholz, 8. März. Die in voriger Woche erfolgte Zah lungseinstellung der seit mehreren Jahren hier bestandenen und nicht allein in Sachsen bekannten Schuh- und Stiefelfabrik von Schönfeld und Comp. trifft eine große Anzahl von Familien ziemlich hart. Das genannte Hans, welches namentlich Knaben- und Kinderstiefel fabri- zirte, beschäftigte eine beträchtliche Menge von Arbeitern, die nun insgesammt brodlos geworden sind und sich neue Arbeit suchen müssen, was gegenwärtig gar nicht so leicht ist, da auch in dem Haupterwerbszweig unserer Gegend, der Posamentenbranche, gegen wärtig nicht allzu großes Leben herrscht. Trotzdem vergeht aber fast kein Tag, an welchem nicht hier oder in der Schwesterstadt das oder jenes Vergnügen stattfindet, und sind die Jnseratentheile des hiesigen wie der Annaberger Blätter die beste Illustration dafür, daß der Erzgebirger trotz kärglichen Verdienstes und oft gebotener einfachster Lebensweise seinen Humor und seine Lebenslust nicht ver liert. Die höheren Gesellschaftsklassen sind während des Winters nur auf einige wenige Gesellschaftsvergnügen angewiesen, und wird in denselben vielfach auf's Lebhafteste beklagt, daß kein Theater vor handen ist, welches, wenn es dem Volksgeschmack und der Zeitrichtung entsprechend, geleitet werden würde, auch zweifelsohne prosperiren mühte. — Falkenstein. Ihre Maj. die Königin Carola hat unserer Stadt eine recht ansehnliche Summe — 600 Mk. — zu dem Behufs überwiesen, daß die aus der Schule zu entlassenden Knaben, ins besondere die Söhne der Weber, welche sich einer anderen Profession als der Weberei zuwenden, entsprechende Unterstützungen von obiger Summe erhalten sollen. Obgleich nun, wie eine Feststellung unter den Fortbildungsschülern ergeben hat, der Prozentsatz der Weber lehrlinge gegen früher ein bedeutend geringerer geworden ist, indem unter den jungen Lenken vom 14. bis 17. Jahre nur 20»/^, gegen 60 — 70»/y früher, die Weberei erlernen, so ist man doch in den maßgebenden Kreisen bemüht, die Aufmerksamkeit der Arbeiter bevölkerung, soweit als möglich, anderen Berufskreisen zuzuführen, welche die Arbeiter besser nähren und ihnen eine sorgenfreiere Zukunft in Aussicht stellen. — Adorf, 7. März. Es ist eine höchst eigenthümliche Sache, daß unsere Bürgerschaft seit dem Brande vom 4. Februar wegen eines etwa drohenden nenen Feuers in großer Angst war und fast von weiter nichts sprach als vom Brande. Und leider sind die Befürchtungen durch freche Buben immer von Neuem geweckt wor den. So fand sich kürzlich an einer Scheune die Prophezeiung von einem nahen Brande angeschrieben, ohne daß der Thäter zu ermitteln gewesen wäre. Darum ist es auch erklärlich, daß die Aufregung sich furchtbar gesteigert hat. Wenn man allerdings die mit Schindeln bedeckten Häuser am Pfortenberg, am Sand oder in der Hallgasse sieht, so möchte einem auch bange werden. Das Un glück ist diesmal zwar auf wenigere Familien beschränkt als das letzte Mal; aber die Betroffenen sind theilweise noch beklagens- mcrther als manche derjenigen, die beim letzten Brande mit in Frage kamen, weil von den neuesten Calamitosen die meisten fast gar nichts retten konnten, da sie zur Zeit des Ausbruchs noch auf Arbeit waren. Ein Mann hat sich übrigens bei oem Versuche, 2 Ziegen zu retten, Hände und Gesicht gefährlich verbrannt. Es gewinnt die Annahme, daß das Feuer angelegt worden ist, immer mehr an Wahrscheinlichkeit; denn in dem Hause, wo es auskam, wurde mit dem Lichte außerordentlich vorsichtig umgegangen. — Reichenbach, 7. März. Ein wie man sogleich sehen wird für das Besitzthum seiner Mitmenschen nicht ungefährliches Indivi duum ist Dank der Vigilanz des Herrn Gendarm Ackermann-Mylau gestern Nachmittag seiner verbrecherischen Thätigkeit enthoben und in das hiesige Amtsgerichtsgefängniß abgeliefert worden. Ein hier zugewanderter Bummler, namens Stein, aus Charlottenburg gebürtig, war vor einigen Tagen hierselbst arretirt und im Nathsgefängniß inhaftirt worden, aus welchem er gestern früh wieder entlassen wor den war. Eine Stunde später traf nian die in ihrer äußeren Er scheinung schon wenig Vertrauen erweckende, untersetzte Person in Netzschkau wieder, dortselbst lebhaft bemüht, allerhand Gold- und Werthsachen zu verkaufen. Der alsbald regsam gewordene Verdacht führte den „armen Reisenden" in die Hände des Gendarmen und nunmehr fand man, welch' bedeutenden Schatz Jener bei sich hatte nnd den derselbe aus einem versteckten Plätzchen seiner zuletzt einge nommenen Arrestzelle im hiesigen Rathhause wollte hervorgezogen haben. Eine goldene Damenuhr, ein gleichartiges Medaillon mit der Photographie eines älteren pädagogischen Herrn in Werdau, ein goldenes Kreuz mit Emaille Einlage, 2 Ringe darunter ein mit 8. D. 1842 gezeichneter Trauring, Brache, Klemmer u. A. m., das Alles harrte noch der Verwendung in den Händen seines unrechtmäßigen Eigenthümers, indeß Herr Gendarm Ackermann jeder weitere Even tualität durch sofortige Arretur zuvorkam. Die weitere Untersuchung wird ergeben, auf welche Weise der Verhaftete in den Besitz der zahl reichen, offenbar gestohlenen Kostbarkeiten gelangt ist. — Bad Elster, 3. Mürz. Die hiesigen Einwohner haben vorgestern eine Versammlung abgehalten, um das Project wegen Erbauung einer Pferdebahn von hier nach dem Bahnhofe zu be- rathen. Man war einstimmig in dem Urtheile, daß durch eine solche Anlage die Beförderung der Passagiere nicht nur bequemer und schneller, sondern auch billiger zu bewerkstelligen sei als mit dem Omnibus, und daß namentlich auch der Transport des nicht unbe-. deutenden Passagier- und Frachtgutes viel einfacher und angenehmer werden würde. Bezüglich der Rentabilität glaubt man, daß 7—8 Procent Gewinn zu ermöglichen sein dürfte, da man seitens der zu