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KilÄnOrNgeblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 6 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 AW. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 NM., bei Poffbestellung r.NM. zuzüglich Abtrag- . . ... . gebühr. Einzelnummern ILNpfg AllePostanstalten IDDÄbNvIa" für Ä)fiHorUsf U. UlNtlEÜENv Postboten und unsereAus- tragerund Geschäftsstellen nehmen zu jeder Zeit Be stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung Ker Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Lürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20Apsg., die 1 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40Neick.- pfennig, die 3 gespaltene Aeklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Oiachweifungsgebühr 20 Reichspfennige. 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Uns fehlt in Deutschlands parlamentarischem Leben das wohltätige Institut der Nachwahlen; stirbt ein Abgeordneter des Reichstages, der Länder- oder der Kom munalparlamente, so rückt der Nachfolger auf der Pariei liste nach ohne Rücksicht daraus, wie sich die politische Stimmung in der Wählerschaft inzwischen entwickelt hat. Aber es gibt für diesen Mangel ein anderes „Barometer", das allerdings keineswegs mit absoluter Sicherheit, aber im großen und ganzen richtig die Stimmung der Wähler aufzeichnet und aufzeigt: die Neuwahlen zu irgendwelchen Länder- oder Kommunalparlamenten, also solche für ein größeres Gebiet. So blickte man denn auch mit einiger Spannung dem Ergebnis der braunschweigischen Wahl für die dortigen Stadtparlamente und Kreistage entgegen. Die Parteien hatten sämtlich ihre „Kanonen" für den Wahl kampf eingesetzt; von Hitler bis Thälmann hatten wohl alle Parteiführer sich an der Agitation beteiligt. Zudem war es die erste Wahl nach den bekannten Ereignissen im Reichstag, die eine scharfe Zuspitzung der innenpolitischen Gegensätze verursacht hatten, und schließlich standen nicht minder bekannte Vorkommnisse in Braunschweig selbst so zusagen zur „Wahldiskussion". Im Braunschweigischen Landtag gibt es eine Rechtsmehrheit, die auch die beiden Minister stellt, — kurz, aus einer ganzen Reihe von Grün den sah man mit Hoffnung oder Besorgnis, jedenfalls mit erheblicher Erwartung dem Wahlausgang entgegen, und man tat natürlich bei allen Parteien sein möglichstes, um als Sieger aus dem Kampfe hervorzugchen. Nun liegt das Ergebnis dieses Kampfes vor, das ver schieden zu beurteilen ist, je nachdem man es in Vergleich stellt zu den Resultaten der vorhergehenden Kommu nal w a h l e n selbst oder zu den Stimmziffern der Par teien vom 14. September 1930, dem Tag der letzten R e i ch s t a g s w a h l. Dabei ist vornweg zu bemerken, daß diesmal insgesamt 30 000 Stimmzettel weniger ab gegeben wurden als am 14. September, und das macht ein Sinken der Wahlbeteiligung um 10 Prozent aus. In diesem Rahmen haben nun die Sozialdemo kraten jetzt einen Stimmenrückgang um gerade 10 Pro zent zu verzeichnen, bleiben aber doch die stärkste Partei. Gewonnen haben die Nationalsozialisten um Eineinhalbtausend Stimmen, noch mehr die K o m m n - »isten, während die andern teilweife in Listenvcrbin- k>Ung stehenden Parteien zwischen den Nationalsozialisten NNd den Sozialdemokraten ganz erheblich an Stimmen eingebüßt haben Mit allem Vorbehalt — denn man darf die geringere Gesamtbeteiligung nicht vergessen! — läßt sich also wohl sagen, daß die Sozialdemokraten einen ge wissen Verlust an die Kommunisten zu verzeichnen haben, daß die Nationalsozialisten ihre Stimmenvermehrung sich »ns den Parteien von den Deutschnationalen bis zur Staalspartei herausholteu und daß hier auch die Masse der Nichtwähler sitzt. So sind z. B. die Sozialdemokratie und die Mitte einschließlich der Deutschnationalen im braunschweigischen Stadtparlament gegenüber ihrem bis herigen Besitz erheblich zurückgegangen, während die Nationalsozialisten und die Kommunisten sich ganz ge waltig verstärken konnten, — doch gilt dies natürlich nicht für einen Vergleich der heutigen Ergebnisse mit denen des 14. Septembers, sondern mit denen der schon viel länger zurückliegenden letzten Kommunalwahlen. Die Beurteilung des Wahlergebnisses kann also nur recht allgemein erfolgen, ist kaum so eindeutig, daß nun daraus stärkere Rückwirkungen etwa auf die politische Haltung der Reichslagsparteien abzuleiten wären. Vielleicht wird allerdings die Sozialdemokratie einiger maßen besorgt den Abfall eines Teiles ihrer Anhänger Zum Kommunismus betrachten und Gegenmaßnahmen erwägen. Eindeutig ist das Wahlergebnis zwar für die Nationalsozialisten, aber auch hier ist der Fortschritt im wesentlichen aus nichtsozialdemokratischen Kreisen erfolgt M ist außerdem längst nicht so groß wie bei den früheren s^Wegen dieser Partei. Das Zusammenschrumpfen "r zwischen ganz rechts und ganz links stehenden Par- -elcn, herdemesührt teils durch Abmarsch der Wähler nach Flügel,, teils durch Fernbleiben von der Wahl, ist das eig^j^w, vor allem hervorstechende Wahlergebnis von allgemeiner Bedeutung Aber damit ist nur die Ent wicklung fortgesetzt, die in den septembcrwahlen so stark zum Ausdruck kam, — allerdings ist^n dieser Entwicklung Ein erheblich verlangsamtes Tempo fcstzustellen. DiebraunschweigischenWahl^ e^eindewahlen und Neichstagswahlen. schw^I, politischen Schlußfolgerungen aus den braun- die Eichen Kommunalwahlen sind schwer zu ziehen, da R e j pinsle der Wahl vom 1. März weder mit den den lagswahlen vom 14. September noch mit weite"^"^"6swahlen vom gleichen Tage ohne Reims, verglichen werden können. Bei der Wahl zum (zum r>^^"'den im September rund 317 000 Stimmen niai nur »00 Stimmen) abgegeben, während dies- m e n w 1"^ 283 »00 Stimmen, also 3 4 0 0 0 Stim - zurückznfuur-^ "bg^ben wurden. Dies ist darauf listen für P.^» von 447 Gemeinden Einheits- bat also rur , emerndewahlen aufgestellt waren. Das äur Nolae gehabt, datz rund 11 Prozent weniger Aenn Schacht Diktator wäre „Wutz mit de» Reparationen!" „Was würden Sie tun, wenn Sie Diktator in Deutsch land wären?" fragte ein schwedischer Pressevertreter in Stockholm den früheren Reichsbankpräsidenten Dr Schacht. Schacht antwortete, nach einer Meldung ans Stockholm, daß er unter anderem durch geeignete Maß nahmen die Produktion der Landwirtschaft steigern und industrielle Unternehmungen in landwirt schaftliche Gegenden verlegen würde. Zunächst müsse die Arbeitslosigkeit behoben werden; keine einzige Aus ländsanleihe dürfe mehr ausgenommen werden, son dern die Kapitalbildung muffe aus eigener Kraft erfolgen Auf die letzte Frage, was Schacht, wenn er Diktator wäre, mit den Reparationen tun würde, antwortete er: „Morgen früh um 8 Uhr würde ich aufhörcn, einen Pfennig zu zahlen." Die Kriegsschuldfrage. Untersuchungsausschuß zusammengetreten. Der Untersuchungsausschuß des Reichstages für die Kriegsschuldenfragen wählte den Abg. Dr Bell (Zentr.) zum Vorsitzenden Der nationalistische Abg. Stöhr nahm an den Verhandlungen teil. Die Kommunisten, denen nach dem Verieilungsschlüssel der Vorsitz in diesem Ausschuß zustand, haben sowohl auf den Vorsitz, als auch auf den stell vertretenden Vorsitz verzichtet. Oer Inhalt -es Flolienabkommens. Stabilisierung des französisch-italienischen Stärke verhältnisses. Im „Giornale d'Jtalia" erklärt Gajda im Rahmen der ihm auferlegten Diskretion die Bedeutung des Ab kommens wie folgt: 1. Herabsetzung der französisch-italienischen Flotten programme und die Verlangsamung der Floltenbauten. 2. Gleichheit der französischen und italienischen Bau programme, die sowohl sür die Schlachlschisse und Flug zeugträger als auch für die Kreuzer zu 10 000 Tonnen, die leichten Kreuzer, die Torpedobootszerstörer sowie Unter seeboote gelten. 3. Eine französisch-italienische Baupause. Neubauten dienen nur dem Ersatz der alten Schiffe. 4. Verminderung der Gesamttonnage. 5. Die Vertagung bis Ende 1936, das heißt bis zur dritten Konferenz der fünf großen Flottenmächte. Gajda wendet sich dann gegen die von einigen deut schen Blättern ausgesprochene Befürchtung mit folgenden Worten: „Wir verstehen wirklich nicht die Unzufriedenheit, mit der in Berlin die Verhandlungen in Rom und Paris und ihr glücklicher Abschluß begleitet wurde. Deutschland wird nicht berührt." Regikrunasettläruns im englischen Unterhaus. Auf Fragen über Hendersons Flottenverhandlungen erklärte Unterstaatssekretär Talton im Unterhaus, es sei ein solches Matz von Übereinstimmung erzielt worden, datz es nach Ansicht des Autzenministers zu einer Rege lung der Begrenzung der Seerüstungen führen würde, soweit dies durch den Londoner Flottenvertrag noch nicht geschehen sei. Dieses Abkommen würde nunmehr den Ne gierungen der Vereinigten Staaten, Japans, der Do minien und Indiens unterbreitet werden. Die „Erneuerung der «roßen Entente". Die Ansicht Polens. Die polnische Presse begrüßt die in Rom erfolgte fran zösisch-italienische Flottenverständigung beinahe aus nahmslos als eine Erneuerung der großen Entente. Die trügerischen Hoffnungen Deutschlands auf eine Aus nutzung der französisch-italienischen Gegnerschaft hätten endgültig Schiffbruch erlitten. * Flottenpakt und Landabrüstung. Deutschland und die neuen Flottenverhandlungen. An zuständiger Stelle in Berlin wird die englisch- französisch-italienische Flotteneinigung grundsätzlich nur vom Standpunkt des großen A b r ü st u n g s g e d a n - k e n s aus betrachtet. Vian erwartet allerdings, daß, wie bereits vor einigen Tagen zum Ausdruck gebracht wurde, die neuen Abmachungen die allgemeine Land abrüstung nicht hemmen oder stören dürften. Eine endgültige Stel lungnahme wird voraussichtlich erst in zwei bis drei Tagen nach Bekanntwerden der dem Abkommen zugrunde liegenden Einzelheiten möglich sein. Obwohl Einzelheiten zu der amtlichen Mitteilung über den Abschluß der Flottenverhandlungen noch nicht bekanntgegcben wurden, so glaubt man doch, daß Italien Frankreich gewisse Zusagen hinsichtlich des Baues von 10 000-Tonncn-K reuzern gegeben hat, nachdem Frank reich sich zur Herabsetzung seiner Unterseeboot en n a g e bereit erklärt hätte. Stimmen abgegeben wurden als zur Reichstagswähl. Welchen Parteien diese 34 000 Stimmen aus den kleinen Gemeinden zugute gekommen wären, ist sehr schwer zu sagen. Ein Vergleich mit den Reichstagswahlen ergibt nach den vorläufigen Ergebnissen folgendes Bild: Parteien Kommunalwahlen Reichstagswahlen 1. März 1931 14. Sept. 1930 SPD. 113 210 126 993 Nat.-Soz. 84 611 83 492 Bürgerliche 61 157 82 400 Kommunisten 26 232 21 314 Da die SPD. in den kleinen Gemeinden nicht sehr stark vertreten ist, muß man annehmen, daß von den 34 000 weniger abgegebenen Stimmen der größte Teil auf die bürgerlichen Parteien und die Nationalsozia listen entfallen würde. Man darf hiernach also an nehmen, daß die bürgerlichenParteien und die SPD. leicht verloren haben, während Nationalsozialisten und Kommunisten leicht gewonnen haben dürften. Sehr groß dürften aber die Verschiebungen gegenüber der Reichstagswahl nicht sein. Dieses Urteil wird auch durch die in der Stadt Braunschweig und in den Kreisen er zielten Mandatsziffern bestätigt. Immerhin ergibt sich ein gewisser Ruck nach rechts. So haben die Sozialdemokraten die Mehrheit in der Stadt Braunschweig verloren, da ihnen jetzt mit ihren 14 Mandaten sieben Bürgerliche, 10 National sozialisten und 4 Kommunisten gegenüberstehen, während die Sozialdemokraten in den Kreisen, von denen sie bisher vier beherrschten, von sechs nur in dreien die Mehrheit behalten haben. Die Zahl der Mandate. Braunschweig. In den Braunschweiger Kreisen haben die Sozialdemokraten 42, die Nationalsozialisten 32, die Bürger lichen 21 und die Kommunisten 7 Mandate erhalten. Für die Stadt Braunschweig ist die Zahl der Mandate noch nicht end gültig errechnet. Ist der Tiefstand der Krise erreicht? Der Reichsarbeitsminister ist optimistisch. Der Haushaltsausschutz des Reichstages setzte seine Be ratungen über den Haushalt des Reichsarbeitsministeriums fort. In der Aussprache stimmte Reichsarbeitsminister Dr. Stegerwald der von sozialdemokratischer Seite betonten Ansicht zu. datz neben der Hilfe für die Landwirtschaft auch die Wirkungen aus die Ausfuhr berücksichtigt werben müßten. Die Lanowtrtschastshilfe könne nicht allein in einem hohen Zollschutze bestehen. Es sei zu bedenken, datz in Deutschland zurzeit etwa 15 Millionen Menschen unmittelbar von der Landwirtschaft lebten. Durch den Außenhandel würden zehn bis zwölf Millionen Personen beschäftigt Etwas ganz Entscheidendes sei von der Verkürzung der Arbeitszeit nicht zu erwarten. Um über die Krise hinweg- zukommcn, stehe die Reichsregierung nach der Vertagung des Reichstages vor großen und schweren Tagen. Die Preissenkung habe sich bisher noch nicht genügend ausgewirkt. Der Minister betonte ausdrücklich, datz er ein Ausbleiben der Preissenkung im gröberen Ausmaße auch bei der Lohnpolitik in Rechnung zu stellen habe Er glaube im übrigen, daß wir jetzt den Tiefstand der Krise erreicht hätten und im kommenden Jahr mit größerer Erleichterung rechnen könnten. 1931 sei aber noch ein schweres Jahr. Riesenbetrug mit gefälschten Attbeschnachweisungen. Über hundert Sladt- und Provinzialverwaltungen geschädigt. Das Dresdener Kriminalamt veröffentlicht folgendes: Nach dem Inkrafttreten des deutschen Anleihe- ablösungsgesetzes ist die Stadtverwaltung Dres den durch Einreichung gefälschter Altbesitznachweisungen bei der Aufwertung nicht unerheblich geschädigt worden. Die Spur wies nach Amsterdam. Nach Holland ent sandte Kriminalbeamte stellten fest, daß die Einreicher der Stücke zu einem Konsortium gehörten, das unter der Führung eines in Amsterdam ansässigen Effektenmaklers stand. Dieser hatte durch Vermittlung in Berlin wohnender Personen große Posten deutscher Stadt- und Provinzialanleihcn — außer von Dresden und Leipzig auch von Berlin, Ham burg, Düsseldorf, Münster, Suttgari und anderen Städten — aufkaufen und durch Mittelspersonen nach Holland -bringen lassen. Dort wurden die Stücke als A l 1 - besitz, der bekanntlich höher aufgewerlet wurde, frisiert. Es wurden Nummernverzeichnisse und Erklärungen an- gcfcrtigl, wonach die Papiere angeblich seit dem in Frage kommenden Stichtage im Besitze der Einreicher gewesen waren. Die Verzeichnisse wurden notariell beglaubigt Als Eigentümer der Stücke fungierten die Helfershelfer ses Maklers, meist ältere Leute, die für ihre Gefälligkeit eine kleine Entsckädiauna erhielten. Unter irgendwelchen