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äLSSL Mttwoch, IS. Juli IS14 S.)-thrgLNg Diese Nummer umfaßt 8 Seiten. Offerten In der Nähe der Feste Bohen bet Lötzen wurde ein russischer Spion, der Vermessungen an den Festungswällen vornahm, verhaftet. Er gab an, ein russischer Major zu sein. Aus Mexiko wird gemeldet, daß Huerta» Abreise auf einem Dampfer von Veracruz aus unmit telbar bevor steht.*) Der ungarische Ministerpräsident Graf Tisza ist in Wien eingetroffen, um sich über den Stand der Untersuchung der Seraje- woer Ereignisse und über die Lage in Bel grad zu informieren. Das Wichtigste vom Tage. Die Reichsressorts sind zurzeit mit de, Aufstel lung der neuen Etatforderungen beschäf tigt, die bis -um 1. August betm Reichsschatz, amt eingereicht sein müssen. Das Kriegsgericht der Berliner Kommandantur ver urteilte den Bizefeldwebel Pohl wegen Ver rats militärischer Geheimnisse zu 1b Jahren Zuchthaus.*) sofort ion. ng! US ver- Seeder leone», n sind, eciclor, rennen t nlcdt Littre ll» will, oclel ' äeut- Inserot sieben ä, Familienangehörigen und wer bleiben mußte, verbrachte di« Nacht im GssarrdtschaftSgebäude. Die Nacht ging schließlich ohne tragisch« Ereignisse vorüber. AbÄt wo Rauch ist, muß auch Feuer sein. Die ganze ungeheuere Aufregung der Beteiligten beweist zum Müdesten, wat man in der jetzigen Situation dort unten an der Balkan- lint« alles für mbglich hält. Und au» dem, wa» für möglich gehalten wird, kann jederzeit nur allzu leicht Wirklichkeit werden. Au» der Erregung werden ja ost die unsinnigsten und verhängnisvollsten Taten ge boren. Man muß also di« Nachrichten aus Belgrad für bedenklich« Zeugnisse einer Lage halten, die zu neuen unliebsamen Ueborraschungen jederzeit explodieren kann. Offenbar muß die österreichische Bevölkerung Belgrads unter den Sorben in der letzten Zett hochgradige Aufreg ung und Feindseligkeit beobachtet haben, um zu Dem Glauben an ein Attentat gekommen zu sein. Und wer will beschwüren, daß.eS nicht tatsächlich beabsichtigt war? Wenig« Wochen noch dem Verbrechen von Serajewo hat man jedmrsalls ein gutes Recht, auch mit solchen Eventualitäten ernsthaft zu rechnen. Ist es doch ge radezu erschreckend, zu sehen, wie wenig Mühe sich die be enclc77 et so enäeo pkleiw Iglns - w es älese im es i clsnn Herten klle. Dem chinesischen Präsidenten Juanschikai »vollen der VizHrästdent und der Kriegsminister den TitelHenwu (Göttliche Majestät) anLteten. -> Nähr«» sifh« an anderer «lelle. Serbische Verhetzung. Eine unheimliche Nacht haben di« Oestorreicher und namentlich die österreichische Gesandtschaft in Belgrad durchgemacht. Man war auf einen schweren Angriff durch die serbischen Nationalisten gefaßt. Der österreichische Gesandte von GieSl hatte vorher schon in feierlichster Weise den serbischen Ministerpräsidenten Paschitsch aus gesucht und ihm die Verantwortung aufgeladen für al- les, was in der bevorstehenden Nacht der österreichischen Gesandtschaft widerfahren könnte. Von der österreichi schen Bevölkerung flüchtete ein großer Teil, soweit er dazu in der Lage war, sich selbst oder wenigstens die als lwetim man krampfhaft den geistreichen Reiseonkel spielen will, mit dem man sich manchmal recht lächerlich macht. Es ist, und davon dapf doch auch «in Ton geredet werden, etwas ganz Schönes, und sogar Beneidenswertes um die sogenannte Leutseligkeit, und der gebildete Mensch auf Reifen weiß gang genau, wieweit er von dieser schätzenswerten Gabe im vornehmen Hotel oder einfachen Gaschos Gebrauch machen darf. Aber auch hier den goldenen Mittelweg. Zstgestanden: es ist nicht leicht, alle Launen und Wtnsche und Befehle der Gäste gu befriedigen, und di« Menschen, die das nun einmal tun müssen, beneide ch nicht um ihren Beruf. Aber wir sind zuletzt einander doch so fremd, wie ein Grönländer einem Buschneger, und sie tun zuletzt eben- doch auch nur ihre Pflicht im Leben, wie wir. Mit einem freundlichen Dank, einem guten Wort, und zuletzt beim Abschied mit einem Vielsagenden Händedruck kommen wir auch hier weiter als mit einer Zu- traulichkeit, die Mr ost «falsch gedeutet und schnöde miß. braucht wird. Denn wenn irgendwo, so ist der Tratsch und der Matsch im Hotel und in der Sommerfrische so nett da heim, daß «r einen aus Schritt und Tritt belauert. Ls ist ein Spruch van altercher: Wer seine Frau lieb hat, der läßt sie zu Hause. Auch auf der Sommerreis«? Da, ist eine kitzliche Frage, und ich »muß recht diplomatisch sein, um darauf «in« allseitig befriedigende Antwort zu finden, wie man zu sagen pflegt. L- ist natürlich Übe, jeden Aweifel erhaben, daß di« Frau einer längeren Er holung weit bedürftiger ist, als der Monn, besonder», wenn sie eine Wintersaison mit drei heiratsfähigen Töchtern hin ter sich hat. Es ist ferner «in« kaum zu bestreitende Tat fache, hast die beste Erholung eines Mannes manchmal die Erholung»' und Badereise seiner Gattin ist. — Mer es gibt eben dach auch noch Idealist«», die meinen, allein zu zweien sei es «Len doch am schönstem Namentlich, wenn da» Ziel irgendein welwimsamer Windel ist, wo man sich behaglich dchnen und strecken kann, wi« es einem beliebt, wo man Nicht Mm Tag fünfmal Toilette machen und nicht jeden Morgen «in goldene» Amanggerl wechseln lassen mutz, um nur di« notwendigsten Bedüchntsse zu bestreiten. Wo keine befrackten jb-llfteHüngtti«e «m einen Herumwedeln, und IMP' Mutmaßliche Witterung am.16. Juli: Schwach« Lustbewegung, meist Südost, heiter, seh, warm, trocken, G«. witterneigung örtlich. 'WO Wr äie Reise. Früher, also damals, als wir nach sehr jung waren, da zählt« man das Reisen -um Bergnügjsm, zu den Son derrechten jener Glücklichen, die über mehr Mammon ver fügten, als der einfache bürgerlich« Mensch. Und dieser fand sich mit einer solchen sozialen Tatsache ganz sch Mich- friedlich zurecht. Er blieb in seinen vier Wänden, baute in seinem Gärtchen seinen »Kohl, begoh seine Blumen und war damit gänzlich zufrieden.^ Das ist nun heute ja frei lich anders, ganz anders. Heute reist all«», sei «s in vle Sommerfrische, sei es ins GÄirgs. Man hält das Mr « ne einfache Pflicht des gesellschaftlichen Anstandes, die man er füllen muß, auch wenn es nur mit dein gewagtesten Mitteln geht. Mm ist nämlich Kulturmensch, und als solcher einer von denen, die eines schönen Tages nach den Anstrengungen des Berufes und des Stammtische», einfach zusammen- klappen und sich deshalb schleunigst miss di« Bahn befördern, um irgendwo in einem stillen Winkel oder in einem faWonablen Seebad, seinen Mitstreitern um die Genüsse des Lehens mft seiner Arbeitsüberbürdung zu imponieren. Nq, mir gönnen einem jeden fein Vergnügen. Di« Finan zen anderer Leute gehen uns nichts an -- wir verlangen van ihnen nur, daß sie, wenn wir mit ihnen unterwag» da und dort -üfaiMmentrMen, sich so benehmen, dah wir -sie in- irgendeiner Biildungsklasse unterzubringen vermögen. Aber da hapert'» «ben doch manchmal bedenklich! Man sagt, da» Reisen sei «ine Kunst. Mag fein, daß da» je- weil» stimmt, obwohl man es heutzutage doch einem riesig bequem macht. Da» Benehmen auf der Refft indessen >— das ist Lein« Kunst da» ist eine «inftche Sache de» na türlichen TaLt«», Md so lange ich mm auch schon in der Welt umhevfahve, slo habe ich doch nie.Stunden, daß einer schlecht gefahren wäre, wenn er diesem folgt«. SMst- verständlich, sine gewiss« Nonchalance, wie d« schön« deutsche Wort heißt, kann man sich immerhin Mxchllegen Das «sieht vvrnehm aus und zeigt, daß man sich dasRotftn allmählich angewöhnt hat. Es braucht doch nicht j«oer Mensch sofort zu merftn, und zu wissen, wo man den grötze- hat man wenig Ahnung davon, wi« fern Oesterreich g«. rade solche Gewaltakte liegen? da fragt man nicht nach dem schweren Herzleiden, an dem Herr von Hartwig schon lange krankte und das allerdings durch die suvcht- xrren Aufregungen anläßlich der letzten serbisch-österret- hischen Vorkommnisse auf die härtesten Proben ge stellt wurde. Nur von einem einzigen Gedanken sind ote Serben beherrscht; um ihn dicht sich iHv ganzes Tun und Fühlen: da» ist der Haß gegen Oester reich. Die Furcht vor ihm; di« Meinung, daß e» für die ganze auswärtige Politik Oesterreich» überhaupt keine andere Aufgabe geb«, äl» da» benachbarte Serbien zu verschlingen. Und allein aus dieser echt fanatisch-einsei tigen Verranntheit heraus wird nun alles ausgelegt, was Oesterreich tut, ja auch das, was «S nicht tut, was nur irgend mit Bezug auf Oesterreich irgendwo in der Welt geschieht. Und so rüstete sich Belgrad, das Leichen begängnis des russischen Gesandten fast wie das eines serbischen Nattonalhelden pomphaft zu begehen. Nir gendwo, selbst in der russischen Heimt nicht, war für Herrn von Hartwig» Sarg ein so großartiges Geleit zu erwarten, als in Belgrad, wo ihm zu Ehren sogar die rüchttgte Omladina, die serbisch« Nationalistenorganisa-st Geschäfte geschlossen sein werden. Und aller Oesterreicher- tion, gegeben hat, und noch gibt, die moralisch« Mttver-Uhaß wird sich bet dieser Willkommenen Gelegenheit wie- antwortung für die Ermordung de» Erzherzogspaar«»»der sammeln und entladen. So begreift man alle Be- abzulehnen. Sie beschwert fi chdarüber, daß man in Bos-1 fürchtungen und Aufregungen, die in Belgrad durch das nien Unschuldig« verfolge, daß man In falscher Verallge-I Gerücht von einem neuen Attentat entfacht werden konn- metnerung jeden Serben für verdächtig nehme — ad« noch kein Wort des Bedauern» über da» Attentat und sein« Urheber selbst ist von Setten dieser Organisation laut geworden. In der Tat «ine etwa» seltsame Lrsthei- nung inmitten der europäisch zivilisierten Welt! Ab« da» ist überhaupt di« raffinierte Tcckttk, oder di« fanatisch« Ueberzeugung der Serben — wobei da» «ine ebenso gefährlich war« wie da» ander«! —, daß ei, gentlich st« di« Märtyrer, die unschuldig Verfolgten seien, daß da» Attentat von Serajewo de« Oesterret- chern nur willkommene Handhabe zur Unterdrückung der Gerben in der Donaumonarchie und zur steten Kriegs drohung nach Belgrad hin sei. Und nun kam in diese Sttumrung hinein noch der plötzliche Lod von Oesterreich» Hauptgogner, de» Herrn Hartwig, de» russischen Ge sandten in Belgrad! Und — welch sonderbar« Fügung der Weltgeschichte! — ausgerechnet in der österreichisch«« Gesandtschaft selbst mutzte ihn der Herzschlag treffen! Wie leicht war e» da, in den ungebildeten fanatisierten Massen sofort den schauerlichen Verdacht zu erwecken, daß di« Oesterreicher an diesem unerwarteten Todesfall nicht ganz unschuldig seien! In Serbien selbst steht man ja doch auf einer Kulturstufe, der Gift und Dolch al» po litische» Handwerkszeug nicht so fremdartig Vorkommen, wie un» Wetter fortgeschrittenen Mitteleuropäern; da niemand ftimvs Berns« schämen, aber es ist auch nicht durchaus nötig, daß er ihn mit aus die Reift nimmt. Er stolpert manchmal ganz eklig und eckig darüber, und sich vor seinen! Mitmenschen, lächerlich zu machen, das hat dach ge wiß niemand nötig. Mft: etwa» viisl natürliche Freiheit in Bewegung und Gedanken. Und dabei, wi« es dem Kulturmenschen van heute geziemt, wenigstens eim« kleine Dosis von Rücksichten aus seine Redenmenschen, auch wenn solche männlichen oder gar älteren weiblichen Geschlecht» sind. Man braucht des wegen^ sogar, wenn man erster Klasse fährt, seine Füße mit den bekannten gelben Sticheln nicht jpst auf die Bank gegenüber zu logen, braucht auch in Gegenwart einer Dame nicht gerade seinem Reisegefährten allerlei Herrenwitze zu erzählen. Es geht auch ganz gut ohne diese und andere Eigenarten, und man kann trotzdem in den Respekt eines sehr netten Herrn bet seinen Reisegefährten kommen. Ich weiß «s ganz wohl zu Witzen, wenn der Mann ans Reisen auch in seinem Aouheren elegant und sauber aussicht. Es ist nun einmal so, Hast man aus dem äußeren Habitus auch auf den inneren schlicht. Dazu braucht es nun keiner Biigeyalben, keiner Glliacchandschuhe, keiner kurzen, eng lischen Pfeife und keiner Stehkragen bis zu den Ohren oder Halsbinde mit SiNrilibrillanchem. Dazu braucht e» nur «tner gewiss«, PvopertSt und einer Pünktlich- k e t t, aus der man bald genug erkennt, mit wem man es Lu tun bat. Dazu braucht es auch keiner gar zu aufdringlichen Redseligkeit und lliiterhaltungsoer- such«. Man mutz ja nicht, wie selbiger Herr, mit den ich vor einiger Zeit von morgen» 4 Uhr bi» abend» 7 W in einem Wagenabteil allein fttz, sich absolut au-schroeigen. Aber MM braucht seinem mitreWden Gefährten auch nicht schon nach einer halbem Stund« fein« ganze Familien, und Berufsgeschicht« an den Hal» zu Höngen und ihm dabei Dinge zu erzählen, di« man gelinde ackägH. selbst nicht gkrulm. «vrnchme und freundliche ZuMhatung, das Talent, in solcher Unterhaltung hübsch an der Oberfläche zu bleiben, liebe, zu ftndftmm ab» sich gar ftlbft ftndftren zu lassen: ich -lauft, mw» fährt damit meft besser vUd Wgmchm-r. Auer Tageblatt WW Myei-er für -as Erzgebirge mit Ker wöchentlichen Unterhaltungsbeilage; Muer Sonntagsblatt. «rl'.ftrag«' ^prechchm-e ürr Nröaktioo mit ftmuahm, -rr Sonntag, nachmittag» 4—S Uhr. — Lärgramm-flSnsi,, Lagrblatt stErzgrbirg». ftrnsftsch«, -S. wA Z-KaN kür onvnlangt Nag,fan-t« Manuskript, kam, SnvShr nicht ««»«. «NWWitMWÄU Nr. 161 ben. Man begreift, daß in einer noch ungeklärten Situa tion, wo die Fäden der Verschwörung von Serajewo noch im Dunkeln liegen und vom Verdacht bi» in die serbischen Regierungsgebäude hinein verfolgt werden, daß da von kleinsten Zufällen und Fügungen unter Umständen di« schwerwiegendsten Ereignisse abhängen. Welch beklemmende Situation für ganz Europa, einen solchen Vulkanherd unmittelbar an den Grenzen fei- ner höchsten Kultur zu wissen! Von dem Fanatismus eine» kleinen Volke», wie es die Serben trotz de» Balkan- fkMS Immer noch sind, den Weltfrieden abhängen zu sehen! Wahrlich, in jener urcheiMttchen Nacht der Belgrader österreichischen Gesandtschaft mutzte ganz Europa mitzttternl Wann wird e» endlich wi«. der mit einigem Vertrauen nach diesem bösen Wetter winkel Hinschauen können? Die österreich-serbische Spannung. Offenbar haüdie serbische Regierung umfassendere Mph- mchmen getroffen, um die angedrohten Angriffe ihrer Un tertanen aus Leben und Eigentum der in Belgrad lebenden Oesterreicher und Ungarn AU verhüten. Jedenfalls ist es in Belgrad vollkommen ruhig geblieben. (Siche den Leit artikel. Die Red.) Doch besteht die Spannung, wie auch ng rmieten blatteS. gen c. Licht, «ng nieten, ilattes.