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MsdmfferÄMblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter S Freitag, den 26. Oktober 1S28 «n,«i,euprri»: die 8„-sp«Ut»e R«»»,«ile 20 «xsg., die « gespaltnie geil« der amtlichen Bekanntmochu»,«« «««ich», plenni,, die L gespaltene Sieklamejeil« im tezllichrn Teile I «eich»mart. Nachweisung »gebühr 20 Reichepsennig«. geschriebeneEescheinung,. — - . tage und Platznarsch^ft«« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Ami Wnsoruff Nr. 6 berücksichtig,. Anjeige». annahmebitnorm.iOUHr. — " Für di« Richtigkeit dm durch Fernrus übermittelte»««,eigen übernehmen wir keine Darantie. Zeder Radauanspruch erlischt, wenn derDetr»,durch 252. — 87 Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, *»,e»lau- "sch-tm ,» »Len Werktagen nachmittag, »Uhr. »e,u«»preia, Bei Abholung in i «w. luiü^t»'«^ ^u-«°d«st.Ilro 2 «M. im Manat, bei Zustellung durch die Raten 2,R RM., bei Poftbestellmig Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend ^»Zeimü^^oru^ImFallehbherer tvemalt,Krieg »dersoniti^rBetrtebiftbrungen beftehtkeiuRnspruch ansLieserung ' I o er Kar,»ug de» Be,ug»prrtse». — Rückseudungleingesandter Schristftüekc ersalgt nur, wenn Porto beiliegt. Klage^ingezogen werden muh öderderAuttroggebertn Konku«, grrilt. «»zeige» nehmen nlle Bermiillungcstellen entgegen^ Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meiß«», des Amts- «enchts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Noffeu behördlicherseits bestimmte Blatt. Aiesenfeuer in der japanischen Hafenstadt Wakkanai. London, 25. Oktober. Wie aus Tokio gemeldet wird, M in der Hafenstadt Wakkanai, dem nördlichsten Punkt der ^sel Hokkaido, infolge einer Feuersbrunst 700 Häuser zerstört worden. Vier Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Wie wan glaubt, ist das Feuer auf Brandstiftung zurückzuführen. Die Reichsreform. „Richtlinien«, „Entschließungen« aus be- u enem und unberufenem Munde, aus offiziellen, offiziö- P und privaten Federn über alles das, was mit der chsreform in entferntestem Zusammenhang steht,' r» nun m Hülle und Fülle. Es gibl auch Konfe- nnzen Ausschüsse, jetzt auch Unterausschüsse, die vcr- MUdeln und beraten. Aber so unrecht hat der Vor- U'ende des Deutschen Beamtenbundes nicht, wenn er in ^:wr Rede auf der Berliner Tagung dieses Bundes uferte, daß man auch nur von den Anfängen einer Ver- 'valtungsreform nicht das geringste sehe. Neichsreform nnd Verwaltnngsreform hängen ja Ms engste miteinander zusammen; die Neuorganisation °ss Verhältnisses zwischen Reich und Ländern, die Be- emgung lebensunfähiger, aber teurer Staatsgebilde Men ja die Voraussetzung für eine Verwaltungs'rcform Haffen, damit man endlich an einen Abbau der kost- Hreligen Vielregiererei Herangehen kann. Deutschlands Bevölkerung hat nämlich zurzeit etwa iwanzig^Milliarden für öffentliche Bedürfnisse einschlicß- ich d»r Sozialversicherung aufzubringen gegen einen Por- BMsbetrag von sieben Milliarden. Und jene zwanzig -Milliarden dürften etwa ein Drittel des gesamten Volks- -uikommens darstellen! Aber das sind Dinge, die hundcrttausendmal gesagt Md geschrieben worden sind. Will man in der Länder- 'M'erenz diesen Dingen wirklich auf den Leib rücken, so Ml der zweite Unterausschuß, den die Konferenz einsetzte, M'-e ungleich wichtigere Aufgabe als der erste, weil dieser „unter der Aufrechterhaltung und der Bildung 'Mungsfähiger Länder über die Frage der territorialen ^igliederuug des Reiches Vorschläge machen" soll. Dabei Mn man so nebenbei ein kleines Lächeln einschalten: M Arbeit des Ausschusses soll besonders jenen Ländern die „durch Gemcnglage" einzelner Laudesteile eine ^Anders erschwerte und kostspielige Verwaltung be- OMen. „Durch Gemenglage" — ein wundervoll plastischer Ausdruck, dem Landwirtschaftsleben entnommen und dMerigkeiten wirtschaftlich hemmender Art darum treff- M illustrierend. Auch der Bauer, dessen Landbesitz zer- ^'Meli und zerfetzt ist, wird nie auf einen grünen Zweig wininen. Darum wäre es ein recht erheblicher Fort- Wenn die zahlreichen Exklaven, also diese Landes- s!/'- „in Gemenglage«, durch Austausch in ihrer natür- Mi-'N Umgebung aufgchcn würden. . Aber nun der zweite Unterausschuß. Dem wird schier unmögliches, aber unendlich Wichtiges aufgepackt. Er 'M eine klare AbgreuzungdcrZuständigkeit fischen Reich und Ländern bringen und sichern, -wo festsetzen, welche Verwaltungsausgaben dem Reich, Mlche den Ländern zukommen. Weiter: Vorschläge Wochen, welche Verwaltungsausgaben des Reiches nicht Mn diesem bearbeitet und erledigt, sondern den Länder- Mrwaltungen übertragen werden sollen. Nnd schließlich Musen, welche Aufgaben allein den Länderverwaltungen Vorbehalten bleiben oder neu zu übertragen sind. Aber wch ein besonders schwieriges Arbeitsfeld wird diesem weiten Ausschuß zugewiescu, nämlich die Besciti- lung des Dualismus zwischen dem Reich und Preußen als dem Gliedstaat, der zwei Drittel des Reichs- Mbictes umfaßt, wobei aber hiuzugefügt wird, daß diese Beseitigung im Nahmen der Gesamtlösung erfolgen soll, ^e herbciz'nführcn Aufgabe des Ausschusses ist. Diese beiden Unterausschüsse, die aus je drei Ncichs- ^uistern. sechs Ländervertretern und zwei Sachverstän den zusammengesetzt sein sollen, werden nun Anfang „ Meigber zusammentreten und ihre Arbeit beginnen — Made ein Jahr, nachdem die Länderkonfercnz von dem Mnnligen Reichskanzler Marx einberufen wurde. Und nur ^oße Optimisten mögen glauben, daß wieder binnen Jahresfrist ein Endresultat zu verzeichnen sein wird, ^ewiß enthält die Verfassung eine Reihe von Bestim- oningcn, in denen die Verwaltungszuständigkeitcn zwi- Am Reich und Ländern festgesetzt sind, aber — seit der Schaffung dieser Verfassung sind zehn Jahre verstrichen, fahrend derer das Leben nicht stillstand, aber auch die -lnschauungen sich änderten. Man hat nun wenigstens ein etwas genaueres Programm, an Hand dessen eine praktisch fort schreitende Arbeit geleistet werden könnte und — sollte, "icht wird sie nicht sein, vielmehr türmen sich die inneren 'Ad äußeren Schwierigkeiten sehr hoch. Die Strömungen ^heu häufig wirbelnd durch- und gegeneinander und es Mdars einer sehr geschickten Hand, das Schifflein der Reform hindnrchzusteuern. * Die Reichsregiernng hat die Länderregierungen auf- Mordert, die Vorschläge für die Vertreter einzusenden, von den Ländern in die Ausschüsse entsandt werden iollen. Amt die ReMatMSkmifereliz? Besprechungen Gilberts in Berlin. Beim Rcichsfinanzminister fand ein Essen statt, an dem der nach Berlin zurückgekehrte Reparationsagent Parker Gilbert, der Reichskanzler Hermann Müller, die Minister Hilferding und Curtius und Reichsbankpräsident Schacht teilnahmen. Parker Gilbert gab dabei eine kurze Darstellung über seine Reise nach Paris, London und Brüssel und die Ergebnisse seiner dortigen Unterredungen. Donnerstag unternahm Parker Gilbert bereits die ersten Schritte zu einer offiziellen Vorbereitung seiner Be strebungen, dis Konferenz über die endgültige Schulden festsetzung für Deutschland ins Leben zu rufen. Er hat seine Besprechungen mit den zuständigen Stellen ausge nommen und zunächst längere Zeit mit dem Reichsfinanz minister konferiert. In den nächsten Tagen sind eingehende Besprechungen über die Zusammensetzung und den Tagungsort der ge planten Kommission zu erwarten. Nach englischen Quellen wäre bei der Pariser Unterredung zwischen PoincarS und Churchill Berlin als der geeignetste Ort angesehen worden, wenn auch noch kein Beschluß gefaßt wurde. * Einheitsfront in der AepmMnrsWe zwischen Poris, London nnd Roni? Paris, 25. Oktober. Der „Intransigeant" stellt mit Be friedigung fest, daß in der Reparationsfrage eine Uöbereinstim- mmrg der Auffassung zwischen Paris, London und Rom erzielt Wochen sei. 8m übrigen fei es zu begrüßen, daß man sich ener Kenntnis nehmen, einer Genugtuung, die man ihnen wird nach fühlen können, denn noch bevor man sich in Berlin zu all den Fn gen geäußert hat, wird schon aus dem alliierten Lager berich tet, daß England und Frankreich in ihren Anschauungen überein- summLn und sogar Mussolini seine Zustimmung erteilt habe. Da bei wird es immer deutlicher, daß man in Westeuropa von der Auffassung ausgeht, daß als Grundlage sür die Festsetzung der deutschen Reparationszahlen die Schulden der Alliierten an Amerika zu dienen hätten. Daß auch Deutschlands Leistungsfähig keit bei der Festlegung der Reparationssumme mitzusprechen hat, darüber jindet sich in der sranzösischen Presse in den letzten Wo chen keine Zeile. Von umso größerer Wichtigkeit scheint es da gegen sür Frankreich zu sein, welche Summe Poincare sür den Wiederaufbau der zerstörten Gebiete, die Kriegsschäden und die Pensionen verlangen wird. So besteht denn die Gefahr, daß, wenn man in Berlin die Politik des stillschweigenden Zuhörens fvrlsetzl, ohne die deutschen Anschauungen auch nur durch die Presse ins Ausland dringen zu lassen, Deutschland noch vor dem Zusammmtritt der SachverstänHigenkonserenz vor vollendeten Tatsachen stehen wird. Aufgabe des Weftflager der Graf Zeppelin? Neuyork, 26. Oktober. Falls das Luftschiff bis Freitag früh 10 Uhr nicht gestartet sein sollte, wird wahrscheinlich aus gisch mit den Vorbereitungen für me Sachverständigenkvnfersnz befasse. Wie der Intrasigeant urteilen auch die meisten anderen französischen Blätter, Hie mit Genugtuung von der Einheitsfront den Westflug überhaupt verzichtet werden, weil Eckener unter allen Umständen Anfang der nächsten Woche zurückfliegen will. Eckener müsse sein deutsches Programm einschließlich des Be suches von Berlin unter allen Umständen einhaltsn, da es infolge der Wetterverhältnisse nicht mehr weiter verschiebbar sei. Vie SeMaeht mit arm Haubmörürr Wie RallbmörderKei-ger verhaftet wurde Von drei Handgranaten schwer verletzt. Der hisher vergeblich gesuchte Bandit Heidger konnte in Köln in dem von der Polizei belagert gewesenen Viertel in einem Hause gestellt werden. Zwischen dem Räuber und der Polizei entspann sich wiederum ein leb haftes Feuergefecht. Die Polizei sah sich gezwungen, den Banditen mit Handgranaten zu bekämpfen. Hierbei wurde Heidger schwerverletzt. Er ist in das Krankenhaus eingeliesert worden. Der Polizei wurde gemeldet, daß Heidger sich in einem Mansardenzimmer der Villa der Colonia-Versiche- rungsgesellschaft aufhalte. Heidger war von einer Haus angestellten entdeckt worden, die er mitdem Todebe drohte, falls sie ihn verraten würde. Es gelang ihr dennoch, die Polizei zu benachrichtigen, die sofort ein größeres Polizeiaufgebot an Ort und Stelle entsandte. Sie stellte den Mörder in einem Mansardenzimmer. Der Aufforderung der Polizei, sich zu ergeben, leistete Heidger keine Folge, im Gegenteil griff er wieder zu seiner Waffe und schoß aus die Polizeibeamten. Dabei wurde ein Beamter in den Kopf getroffen. Um die Polizeibeamten nicht weiterer Gefahr auszusetzen, zog man sich zurück und ging mit Handgranaten gegen ihn vor. Von drei Handgranaten am ganzen Körper schwer verletzt, wurde der Raubmörder ins Krankenhaus eingeliefert. Er schwebt in Lebensgefahr. Zu den Verletzungen des Polizeibeamten wird noch ge meldet, daß die Kugel zwar auf operativem Wege aus dem Kopf entfernt ist, aber doch noch Lebensgefahr besteht. Zm Feuerkampf mit dem Verbrecher. Uber den Kampf mit Heidger werden folgende Ein zelheiten bekannt: Der Verbrecher war zunächst vermutlich an der Fassade des Hauses in die oberen Räume geklettert. Er zwang die Dienstmädchen mit vorgehaltenem Revolver, ruhig zu bleiben. Diese benachrichtigten aber General direktor Ortel, der zunächst seine Kinder einschloß. Als er aus nachdrücklichen Wunsch seiner Gattin die Kinder zu sich hinüberholen wollte, stand hinter der Tür im Eß zimmer bereits der Mörder. Er hielt ihm die Pistole aus die Brust mit einer Bewegung, sich ruhig zu Ver halten. Der Generaldirektor flüchtete in sein Badezimmer. Diese Bewegung hatte der Chauffeur beobachtet, der sofort auf die Straße lief und Alarmschüsse abgab. Hierdurch wurden die Streifen aufmerksam und das Überfallkom mando konnte benachrichtigt werden. Schon nach wenigen Minuten war Heidger eingekreist. Jetzt begann das schwierige Werk, festzustellen, in welchem Raum er sich verborgen hielt. Die Kriminal- polizci und die Schuvolcutc dranacn in das Kaus ein und durchforschten jeden Raum, bis man endlich' in das süd östliche Eckzimmer der obersten Etage kam, wo sich Heidger verborgen hatte. Als er merkte, daß die Verfolger ihm auf der; Fersen waren, rückte er sämtliches Mobiliar gegen die Tür. Die Polizeimannschaften versuchten, die Tür ein- zudrücken, was aber nur teilweise gelang, da es eine sehr schwere Tür war. Bei dieser Gelegenheit erhielt der Oberwachtmeister Maiboom einen schweren Kopfschutz. Man «ahm nunmehr Handgranaten zu Hilfe und sprengte damit zunächst die Tür. Die Polizeimannschaften warfen eine zweite Granate in den Naum und forderten Heidger auf, herauszukommen. Nach der zweiten Handgranate lud er nochmals seine Pistole und erst nach der dritten Hand granate schrie er, kam aber immer noch nicht heraus. Er satz unmittelbar neben der Tür zusammenge- kauert und hielt in jeder Hand einen schutzfcrtigen Re volver, bis ihn schließlich ein unvermuteter Schutz zur Strecke brachte. Er hatte einen Brustschutz und einen Bauchschutz erhalten und schwere Verletzungen im Gesicht. Abschiedsbriefe des Banditen. Bei Heidger sind Briefe ausgefunden worden, die er aus Bogen aus Schreibblocks, die sich in dem Zimmer befanden, während der Belagerung geschrieben hat. Diese Briefe sind an den Vater, an die Geschwister, an ein Mädchen und an die Staatsanwaltschaft gerichtet. Diese Briese lauten: „Liebe Geschwister, wenn Ihr mir verzeihen könnt, so verzeiht. Ich habe viel an Euch gesündigt. Aber ich strauchelte von einer Grube in die andere. Immer, immer tiefer. Daß ich mal zum Mörder würde, hätte ich nie geglaubt. Lebt wohl! Ich bin ja doch Euer Bruder, lebt wohl! Heinz, Dich schadete ich vielleicht am meisten. Aber auch Du wirst dem Toten wohl verzeihen, was Du dem Lebenden nicht kannst.« „Lieber Vater, die Zeit eilt. Sie kommen schon. >zch will Dir noch schnell danken sür alles Gute, das Du an mir getan. Du warst so gut, wie ein Vater nur sein kann. Set der Mutter niemals böse und helfe sie durch Gute, diesen Schicksalsschlag zu ertragen. Lebe wohl, Papa! Dein Sohn Hans.« Der Bries an die Braut lautet: „Liebe Marie, wenn Dir auch vielleicht an meinem letzten Gruße nichts gelegen ist, aber «ein, Du zürnst mir nicht, denn Dn hast mich geliebt, wle ich Dich. Ich habe viele Mädels kennengelernt, doch geliebt habe ich Dich, nur Dich allein. Liebe Marie, wenn Du meine Gedichte haben Willst so bitte den Herrn Staatsanwalt, er möchte sie Dir aus händigen, und ich glaube, er wird es eventuell tun. Denn damit können sie doch nichts ansangen. Wenn sie auch nicht schön sind, so schrieb ich sie doch in Liebe zu Dir. Ich küsse Dich schnell noch einmal. Sie kommen, sind schon zwei Türen nebenan. Lebe wohl! In Liebe Dein Hans.« An die Staatsanwaltschaft: „Ich möchte Sie bitten, beim Karl Lindemann bei der Verurteilung zu berücksichtigen, daß Karl Lindemann wohl furchtbar leichtsinnig ist, aber allein solch einer Tat wie ein Überfall nicht fähig ist. Er stand vollständig unter meinem Einfluß. Er wollte ein Leben führen, ohne viel zu arbeiten, und er kam in meinen Bann und damit ins Ver-